Ford Ka – Abschied von einer Designikone

Ford Ka Concept -Foto: Ford

Weil Kleinwagen nur kleine Gewinnmargen abwerfen, unterliegt Ford bei der Nachfolgeregelung für den Ka nur zu gern der Idee vom Weltauto. Und damit so was kontinentalübergreifend die Geschmacksnerven trifft, wird beim Design kein großes Risiko eingegangen. Das Resultat ist ein massenkompatibles, in Brasilien entworfenes Mainstream-Modell, das irgendwann ab 2015 auch zu uns kommen wird. Als erster Ka mit fünf Türen und vollwertiger Rückbank, doch ohne Verbindung zum als Design-Ikone verehrten Ur-Ka von 1996. Von Thomas Imhof

„One Ford, one manufacturing“. Das ist das Mantra, welches im Reich des „Blue Ovals“ aktuell gebetsmühlenartig rauf- und runter gepredigt wird. Sicher auch inspiriert vom modularen Querbaukasten (MQB) des Volkswagen-Konzerns, will nun auch Ford beweisen, dass man Autos für die ganze Welt entwickeln und sie an jedem beliebigen Standort mit identischer Qualität auch produzieren kann. Auch schon in der Vergangenheit waren die Oberen in Detroit immer wieder einmal mit der Idee eines Weltautos schwanger gegangen – unter anderem beim ersten Mondeo, der in den USA als Ford Contour und Mercury Mystique angeboten wurde. Sein Codename CDW 27 mit dem „W“ für „World“ zeugte vom Globalisierungsprozess. Weitere Weltautos waren auch der stilistisch polarisierende erste Focus und – in jüngerer Zeit – der aktuelle Fiesta und der Mondeo. Letzterer läuft als „Fusion“ längst in den USA, während sich seine Einführung in Europa wegen der für Ende 2014 anstehenden Schließung des bisherigen Mondeo-Werkes Genk (Belgien) immer mehr verzögert.

Weltautostrategie "One Ford" - Foto: Ford
Weltautostrategie „One Ford“ – Foto: Ford

Während dem aktuellen Fiesta die Weltauto-Idee aus der Design-Perspektive nicht geschadet hat, degeneriert der 1996 als Stil-Ikone verehrte Ka (siehe unsere separate Story) in dritter Generation zu einem massenkompatiblen Auto. Das in Bombay ebenso keinen Anstoß erwecken darf wie in Bangkok, Berlin oder Buenos Aires. Als nicht anderes als routiniert verpackten Mainstream muss man jene schon sehr seriennahe Designstudie bezeichnen, die Fords Executive Chairman Bill Ford jüngst am brasilianischen Ford-Standort Camaçari enthüllte. Im dortigen Design-Center – das auch schon den Kompakt-SUV EcoSport verantwortete – wurde das Auto entwickelt, im dortigen Werk soll es auch weit vor einem späteren Europa-Start auch noch in diesem Jahr anlaufen. Damit läutet Ford auch das Ende der beim aktuellen Ka praktizierten Kooperation mit Fiat ein.

Es ist zwar der erste Ford Ka mit fünf Türen und einer vollwertigen Rückbank, hat aber bis auf die Modellbezeichnung nichts mehr mit dem vielfach preisgekrönten Original gemeinsam. Der beim Fiesta noch gut ins Gesambild passende trapezförmige “Aston Martin“-Grill wirkt hier ebenso wie die weit nach oben gezogenen Scheinwerfer arg gekünstelt, während am Heck ein Hauch 1er-BMW durchscheint. Immerhin wirkt die Seitenlinie nun flüssiger und ein wenig dynamischer als beim pummeligen Ka II, der sich gewisse Fixpunkte mit dem Plattformbruder Fiat 500 teilen muss. Was auch auf die von heute 3,62 Meter um 15 bis 20 Zentimeter gewachsene Fahrzeuglänge zurückzuführen ist.

Für den Innenraum verspricht Ford „für die Fahrzeugklasse ungewöhnlich hochwertige Materalien“ sowie das Sync-Infotainment-System plus Docking-Station für mobile Endgeräte und eine leistungsstarke Klimaanlage. Als Motorisierung sind die vielfach ausgezeichneten Dreizylinder-EcoBoost-Benziner gesetzt. So gibt sich der neue Ka als waschechtes Weltauto, das exakt dem Konzept der „One Ford“-Strategie entspricht.

Vollwertiger Viersitzer: Die dritte Generation des Ka ist vor allem funktional und massenkompatibel Foto: Ford
Vollwertiger Viersitzer: Die dritte Generation des Ka ist vor allem funktional und massenkompatibel Foto: Ford

Ford rechnet bis 2017 für das so genannte Sub-B-Segment mit einem weltweiten Volumen von 6,2 Millionen Fahrzeugen. Gegenüber 2012 wär dies ein Anstieg von 35 Prozent und läge weit über dem bis dahin weltweit prognostizierten Wachstum für den Gesamtmarkt von nur zwölf Prozent. Zielgruppe für den neuen Ka sind städtische Kunden in aufstrebenden Schwellenländern, allein 44 Prozent des Wachstumsvolumens werden auf Südamerika und Länder in Südostasien entfallen, sagt Ford.

Als Ka mit Stufenheck wird der neue Figo künftig für Ford in Indien auf Kundenfang im Segment unterhalb des Fiesta gehen. Und löst dann den noch auf dem alten Fiesta basierenden und 2010 eingeführten Vorgänger mit Hatchback-Karosserie ab. Für das Design des Neulings war das US-Studio Ford USA zuständig – und man muss sagen, dass man schon unscheinbarere Limousinen mit „Rucksack“ gesehen hat. Die Frontpartie des Figo hingegen ist eine 1:1-Kopie des Brasilien-Ka.

Ford Figo Concept - Stufenheck-Ka für Indien - Foto: Ford
Ford Figo Concept – Stufenheck-Ka für Indien – Foto: Ford

Ob Ka oder Figo: Nun wird klar, warum die neuen kompakten Ford für Schwellenländer so sein müssen wie sie sind: Kunden in Indien, Brasilien oder Thailand sind sehr preissensibel und vor allem auf gutes Platzangebot und fünf Türen erpicht. Viele Airbags und PS oder gar Feinheiten wie ein ESP sind weniger wichtig als in Europa. Denn nichts soll einen möglichst günstigen Einstiegspreis schmälern.

Charmeur und Imageträger: Twingo I - Foto: Renault
Charmeur und Imageträger: Twingo I – Foto: Renault
Müder Abklatsch - Twingo II (2008) - Foto: Renault
Müder Abklatsch – Twingo II (2008) – Foto: Renault

Zu den ikonischen Kleinwagen, die in den letzten Jahren aus Designer-Sicht eine ähnliche Abwärtsentwicklung wie Fords Ka durchmachten, gehören der Renault Twingo und der Nissan Micra. Der kleine Franzose gefällt auch noch gut 20 Jahre nach seinem Debüt durch umwerfenden Charme, lupenreines One-Box-Design – eine Art Mini-Minivan – und die das Kindchenschema bedienenden Scheinwerfer. Sein glanzloser Nachfolger von 2008 verkauft sich zwar trotz seines an die PSA-Zwillinge Peugeot 106/Citroen Saxo angelehnten Design erstaunich gut, taugt aber nicht mehr als Image-Träger. Die dritte Twingo-Generation steht schon in den Startlöchern – wegen des Joint-Ventures mit smart mit Heckantrieb und – wie man hört – einem erneuten, eher mutlosen Designentwurf. Dem Vernehmen nach schwebte den Renault-Designern zu Beginn ein Entwurf mit Anklängen an den kultigen R5 vor – doch verließ sie schon bald der Mut.

Nissan Micra K12 (2003-10) - kultiger Japaner - Foto: Nissan
Nissan Micra K12 (2003-10) – kultiger Japaner – Foto: Nissan

Der aktuelle Nissan Micra (Code K13), für Europa in Indien gebaut, gab sich bei seinem Deutschland-Debüt im März 2011 als doch recht braver Abklatsch des allein schon wegen seiner Scheinwerfer-Glubschaugen gute Laune verbreitenden Vorgängers (K12). Doch Nissan reagierte ungewöhnlich schnell – nach einem schon zwei Jahre nach der Einführung vorgenommenen Facelift sieht der „K13“ nun deutlich origineller und selbstbewusster aus. Man kann Ford nur wünschen, dass man auch beim Ka künftig wieder mehr Mut beim Design zeigt. Zumal ihn ja die modebewussten Frauen immer besonders liebten.

Micra K13 (2011) - braver Nachfolger Foto: Nissan
Micra K13 (2011) – braver Nachfolger Foto: Nissan
Micra K13 (2013) - Mut zur Stilkorrektur - Foto: Nissan
Micra K13 (2013) – Mut zur Stilkorrektur – Foto: Nissan

Denn dass Kleinwagen trotz des immer stärker wirkenden Kostendrucks trotzdem gehobene Designansprüche erfüllen können, zeigt der in einer Art modernem Bauhaus-Stil gestylte Volkswagen Up! Der Fiat 500 fällt auch in diese Kategorie, was er aber alleine seinem Retro-Design verdankt. Um so schwerer wird sich Fiat mit einem Nachfolger tun, denn ein solches Design ist – siehe Porsche 911 oder Mini – im Grunde nicht grundlegend zu verändern.

Text: Autogefühl, Thomas Imhof
Fotos: Ford, Renault, Nissan

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