BMW Zukunft und Marktchancen für die Freude am Fahren

BMW führt weiter unter den Premium-Herstellern, gerade die starke Position in den USA hat BMW in den letzten Jahren so erfolgreich gemacht. Doch in China hängt man hinterher. Dazu kommen neue Fragen der Mobilität: Elektro, Kohlefaser, alternde Gesellschaft, Entwicklung der Märkte… quo vadis, BMW? Autogefühl sieht fünf große Herausforderungen für die Marke. Von Thomas Imhof und Thomas Majchrzak

BMW i3 - ideal für die Stadt auch wegen des kleinen Wendekreises Foto: BMW
BMW i3 – ideal für die Stadt auch wegen des kleinen Wendekreises Foto: BMW

1. Läuft die Submarke „i“ so gut weiter, wie sie angelaufen ist?

Hierzulande wird die Elektromobilität gerne noch totgeredet, obwohl die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten ist. In den USA, aber auch zum Beispiel in Norwegen oder den Niederlanden, ist man da schon viel weiter. BMW hat mit dem i3 den Schritt gewagt, anders als zum Beispiel beim e-Golf auch beim Exterieur-Design und bei der Ergonomie und Materialauswahl für den Innenraum völlig eigenständige Ideen umzusetzen. Und erreicht, dass das Modell sogar die markentypische „Freude am Fahren“ vermittelt. Auf den von Medien und Kunden – speziell in den USA – fast schon euphorisch aufgenommenen Hybrid-Sportler i8 treffen diese Attribute gleichermaßen zu. Keine Frage: Die Submarke i ist bestens gestartet, laut BMW-Chef Nobert Reithofer ist man sogar selbst ein wenig überrascht über die starke Resonanz. Die Frage lautet nur: Wie geht es weiter? BMW muss der Versuchung widerstehen, die E-Palette nun zu schnell auszubauen. Was auch nicht passieren wird, allein schon wegen Kapazitätsobergrenzen für Batterien und Kohlefaserzellen. Wir würden uns einen längeren i3 (mit mehr Platz auf der Rückbank) und einen wirklichen Stadtflitzer (i1 oder i2) wünschen. Man darf nicht vergessen: Die Investitionen für den i3 waren immens und auch das Thema Kohlefaser ist ein Vabanque-Spiel. Geht der Poker auf, hat BMW Jahre Entwicklungsvorsprung vor allen anderen, wenn nicht, hat man viel Geld in den Sand gesetzt. Der große Aufwand für die i3-Produktion mit Kohlefaser-Chassis kann nur bedeuten, dass man plant, die Kohlefaser-Technologie auch in anderen Modellen einzusetzen. Was ja schon jetzt bei M-Modellen teilweise der Fall ist.

BMW 6er Cabrio, Foto: BMW
BMW 6er Cabrio, Foto: BMW

2. Wie kann man das Markenprofil halten, das Brand Image wahren?

Die deutschen Premium-Hersteller müssen einen immer breiteren Spagat ausführen: Hier das inzwischen doch schon sehr umweltsensible Europa mit seiner Abneigung vor zu viel Protz und PS, dort Nordamerika und China, in denen noch immer das Motto „Big sells well“ zählt. Für BMW heißt das, ein Janus-Gesicht aufzusetzen: Hier der i3 und ein 1er mit unter 100 g/km CO2, dort demnächst ein X7 und wohl auch eine noch oberhalb der 7er Limousine positionierte große Limousine. Dazu die M-Modelle als Ausweis ultimativer und auch in Europa von einer nicht unbedeutenden Klientel noch immer geschätzten Performance. Doch BMW ist – wie schon der i3 zeigt – flexibel, lernfähig und facettenreich. Der neue Dreizylinder-Motor wird künftig auch einen 3er-BMW antreiben und für den Active Tourer hat man sogar die heilige Kuh „Heckantrieb“ geopfert. Da mögen einige Grashüter der Marke aufgeheult haben – doch BMW selbst hat herausgefunden, dass die Frage nach den angetriebenen Rädern für die Mehrheit der Kunden längst nicht so heiß diskutiert wird wie in einschlägigen Foren. Fakt ist aber auch: Der Luxus-Markt wird weltweit stabil bleiben und sogar noch eine Zeitlang zunehmen. Solange die chinesische Ober- und gutverdienende Mittelschicht noch weiter wächst und in den USA ein Liter Benzin billiger ist als ein Liter Wasser. Also braucht BMW weiter einen X5/X6/X7 und einen 7er. Zugleich werden die Bevölkerungen in Europa, aber auch zum Beispiel in Japan dramatisch älter. Da hat man mit dem Active Tourer, der auf die Bedürfnisse von Familien und auch älteren Autofahrern Rücksicht nimmt, rechtzeitig reagiert. Besteht jedoch nicht das Risiko, sich mit eher pragmatischen statt emotionalen Autos und Fronttrieblern sein Markenimage zu verwässern? Wir denken, die richtige Mischung macht es, Mercedes zeigt das ganz gut mit der B-Klasse. Gefragt sind hier die Designer und Fahrwerksingenieure, die auch solchen Modellen die typische BMW-DNA einimpfen. Und die besteht in erster Linie aus Fahrspaß, modernsten Motoren und einem unverzichtbaren Premium-Feeling.

Hier hat BMW zumindest in den Basisversionen schon aktuell etwas Nachholbedarf – zumal die Konkurrenz von Audi und vermehrt Mercedes aktuell speziell beim Thema Innenraum-Ambiente stark aufholt.

Der neue Mini Cooper S auf Puerto Rico, Foto: Mini
Der neue Mini Cooper S auf Puerto Rico, Foto: Mini

3. Wie geht es weiter mit MINI?

Mini ist sicher eine der größten Erfolge der jüngsten Automobilgeschichte. Weniger aufgrund der vor allem anfangs sogar veralteten Technik der Modelle, sondern als Folge einer glänzenden Marketingstrategie, die die Autos trotz objektiv gesehen überhöhter Preise in großen Stückzahlen auf den Markt gebracht hat. Die Imagepositionierung passt und das Konzept einer extremen Variantenvielfalt wird von den Kunden nur zu gern genutzt. Doch ist Mini ein Selbstläufer? Wir glauben nicht. Einerseits tut man gut daran, sich in der nun dritten Generation von einigen überflüssigen Modellvarianten – wie u.a. wohl dem Paceman – zu trennen. Weniger sollte künftig mehr sein. Zum anderen ist das neue Modell mit 3,82 Meter Länge längst kein klassischer „Mini“ mehr. Soll heißen: Größer darf eine vierte Generation keinesfalls mehr werden, sonst konterkariert sich die Marke irgendwann selbst. Beim Design sind ebenfalls nur behutsame Modifikationen erlaubt – weil sonst allzu schnell das klassische Mini Design verwässert würde. Es wird also spannend zu beobachten sein, wie es BMW in den nächsten Jahren schafft, den Mini-Hype am Köcheln zu halten. Offen-Versionen sind weiterhin ein Muss, aber auch einen Pick-up und eine Version mit Elektromotor könnte man sich gut vorstellen.

BMW X3, Foto: BMW
BMW X3, Foto: BMW

4. Wie entwickelt sich der Markt für BMW in China?

Weil Audi durch die Rückendeckung von Volkswagen einen viel früheren Markteinstieg hatte und frühzeitig auf die Limousinen mit langem Radstand setzt, ist BMW hier ins Hintertreffen geraten. Der aktuelle 7er gilt im „Reich der Mitte“ als zu wenig repräsentativ – daher beeilte sich BMW, auf der jüngsten Auto China in Peking eine Art 9er Limousine auf den Stand zu stellen. Ein solches Modell ist auch deshalb gefragt, weil Mercedes noch eine extralange S-Klasse-Variante (als Maybach-Ersatz) im Köcher hat. Zugleich wird es in China für BMW entscheidend sein, über die Händler eine tiefere Durchdringung des Marktes zu erzielen. Insgesamt sehen wir die Erfolgschancen, hier Audi einzuholen und zu überholen, jedoch zumindest kurzfristig als niedrig an. Aber das könnte sich alles ganz schnell ändern, sollte es China irgendwann doch einmal ernst meinen mit der Elektromobilität: Dann stünde BMW sofort in den Startlöchern, übrigens auch mit dem selbst entwickelten Elektro-Scooter. Aber auch Volkswagen hätte von Beginn an gute Karten…

BMW i3 aufgeschnitten - Foto: BMW
BMW i3 aufgeschnitten – Foto: BMW

5. Wie behalte ich als Hersteller zufriedene Händler?

Alle Hersteller müssen sich überlegen, wie sie künftig mit dem Händler-Modell umgehen. Zum einen gibt es viele unzufriedene Händler mit geringen Margen, zum anderen floriert auch noch das Geschäft mit Neuwagen im Internet. Trotzdem muss gerade BMW einen Weg finden, die Händler bei der Stange zu halten. So dürfen schließlich nur speziell autorisierte Händler mit spezieller „Fortbildung“ einen BMW i3 verkaufen. Und wenn man als Händler wieder viel investieren muss auf eigene Kosten und dann sogar noch wieder sein ganzes Autohaus re-möblieren darf, findet man das sicher nicht toll. Wir finden: Man darf die Rechnung nicht ohne die Händler machen. Auch wenn man das Internet-Geschäft anbieten sollte und durch den direkten Vertriebsweg schließlich nicht noch Händler-Marge abgeben muss, wird ein großer Teil der Verkäufe weiterhin über die Händler erfolgen. Gerade aus dem Hause BMW kommen da häufig sehr strikte Vorgaben und man sollte mit den Händlern sorgsamer umgehen. Gerade Premium-Modelle werden sicher auch in Zukunft viel über Händler verkauft. Dazu sind die Kunden zu anspruchsvoll, wollen das Auto „erfühlen“ und Probe fahren. Bei Kleinwagen und Anbietern wie Dacia oder anderen Importeuren, aber auch bei einem VW up! hingegen könnte sich das Käuferverhalten stärker ändern. Insgesamt wird es aber in Zukunft sicher weniger Autohändler geben und auch Werksniederlassungen werden – siehe schon heute bei Mercedes und BMW – zunehmend auf- oder abgegeben. Die BMW Zukunft und Marktchancen sehen grundsätzlich gut aus, aber einfacher wird es sicher nicht.

Text: Autogefühl, Thomas Imhof & Thomas Majchrzak
Fotos: BMW

Weitere interessante Beiträge zur Diskussion der Entwicklung deutscher Premiumhersteller sind nun auch erschienen bei:
buzzriders.com, Überblick und Daimler-Fokus
rad-ab.com, Schwerpunkt Audi
dondahlmann.de, Schwerpunkt Mobilität