Volkswagen Golf GTE Testbericht

Mit dem Golf GTE will Volkswagen die Ansprüche an Sportlichkeit und Umweltfreundlichkeit verbinden. Der Plugin-Hybrid soll im optimalen Zustand gut 50 km rein elektrisch fahren und als Unterstützer des Turbobenziners an die Leistung von Golf GTD und Golf GTI so ziemlich herankommen. Wir haben Praktikabilität und Performance im Testbericht untersucht. Von Thomas Majchrzak

VW-Chef Martin Winterkorn hatte im Frühjahr in China die „größte Initiative für E-Mobilität“ verkündet. Neben den Voll-Elekto-Autos e-up! und e-Golf zählen dazu auch der Porsche Panamera S E-hybrid, der Audi A3 e-tron und eben der neue Golf GTE. 2016 sollen noch Audi A6 und VW Passat ebenfalls als Hybrid folgen. Ganz neu ist die Idee eines Hybrids ja keineswegs, aber wenn Volkswagen etwas anpackt, dann hat es aufgrund der enormen Marktmacht immer signifikante Folgen.

Das Konzept des e-Golf ist rein elektrisch, und zwar bewusst eben auf Plattform eines normalen Golfs, um die Elektromobilität nicht krass abzuheben von anderen Fahrzeugen, wie etwa beim BMW i3. Den e-Golf hatten wir bereits hier im Fahrbericht.

Nur was steckt hinter dem GTE? Reicht die Batterieladung, um ihn in der Regel ganz elektrisch zu betreiben? Und ist er von der Performance her vergleichbar mit einem Golf GTI? Macht dieses Konzept überhaupt für den Kunden Sinn?

Im Golf GTE steckt ein 1.4 Liter TSI mit 150 PS und ein Elektromotor mit umgerechnet 102 PS. Das macht zusammen 204 PS bei einem System-Drehmoment von 350 Nm. Komische Rechnung? In der Tat kann man die Leistungswerte nicht genau aufaddieren, denn Verbrennungs-Motoren liefern die Leistung in bestimmten Drehzahlbereichen; der Elektromotor dagegen hat keine ähnliche Leistungskurve. Um beide PS-Zahlen vernünftig miteinander aufaddieren zu können, müssten beide Motoren auf derselben Drehzahl laufen – was technisch keinen Sinn ergibt.

In unserem Beschleunigungstest erreicht der Golf GTE den angegebenen Wert von 7,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h:

Die Höchstgeschwindigkeit liegt mit dem Benziner bei 222 km/h, rein elektrisch bei 130 km/h. Der Claim lautet schließlich: „Sportlich wie der Golf GTE oder Golf GTD“.

In puncto Sportlichkeit steht der Golf GTE seinen rein Benzin verbrennenden Brüdern in der Tat in Nichts nach – und das in doppelter Hinsicht. Fährt man rein elektrisch, profitiert man von der Kraft des Elektromotors, weil die Drehzahl wie schon beschrieben immer sofort aufrufbar ist. Fühlt sich an die Vollgas auf Knopfdruck. Aus dem Stand heraus kann man kaum schneller sein. Bis zum Erreichen der 100 km/h wird dann aber der Verbrenner nötig, um einen exzellenten Beschleunigungswert zu erzielen. In der Verbindung von Elektro- und Benzinmotor ergibt sich gefühlt eine rasante Beschleunigung, die dann auch zahlenmäßig mit dem Golf GTD mithalten kann. Der GTD braucht nur 0,1 Sek. weniger auf 100 km/h. Lediglich der klassische Golf GTI kann mehr, er braucht eine ganze Sekunde weniger. Aber durch die Andersartigkeit der Beschleunigung vom Elektromotor fühlt sich der GTE teilweise sogar schneller an. Unser Fazit zur Performance: Wer die geballte Power im Golf möchte und nicht direkt zur Topversion Golf R greifen will, der erhält im Golf GTE mehr als ausreichend Kraft. Das Lenkrad gibt im GTE-Modus übrigens auch mehr Widerstand, und falls optionale adaptive Dämpfer eingebaut sind, werden diese auch straffer.

Also ist es für Golf GTI und Golf GTD Kunden durchaus erwägenswert, die Elektromobilität in ihr Fahrkonzept mit einzubauen. Es lohnt sich natürlich nur, wenn man den Elektroantrieb auch in der Regel nutzt oder zumindest mit-nutzt.

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Wie man sich im Golf GTE vorwärts bewegt, das ist nicht ganz so kurz und einfach zu erklären. Der so genannte E-Mode ist per Knopfdruck links neben dem Automatikwählhebel zu aktivieren. Bei der theoretischen elektrischen Reichweite von 50 km würde der Golf GTE, sei die Lithium-Ionen-Hochvoltbatterie denn immer voll aufgeladen, für die meisten Alltagswege reichen. Denn der Großteil der deutschen Autofahrer fährt eine niedrige zweistellige Kilometerzahl pro Tag. Da die Batteriekapazität nicht so groß ist wie beim e-Golf, dauert der Ladevorgang dementsprechend auch nicht so lange. Nach Angabe von Volkswagen dauert es drei Stunden und 45 Minuten, bis der Golf GTE an der normalen Haushaltssteckdose wieder voll aufgeladen ist. Einfach das VW-Logo vorne wegklappen und den serienmäßig mitgelieferten Stecker einsetzen. Sobald dieser steckt, wird er automatisch abgeschlossen, damit ihn niemand entwenden kann. Erst wenn alle Türen einmal geschlossen wurden und der Wagen mit der Fernbedienung einmal zugeschlossen und wieder aufgeschlossen wurde, lässt sich der Stecker wieder entnehmen.

Im Lieferumfang enthalten sind das normale Stromkabel für die Haushaltssteckdose sowie ein Schnell-Ladekabel für eine Wallbox oder öffentliche Ladesäule. Die Kabel sind recht sperrig und nehmen Kofferraumplatz ein – wenn man diese immer spazieren fährt, nicht allzu optimal.

Hat man eine Garage mit Strom oder kann sich Strom in die Einfahrt legen, reicht die Ladezeit über Nacht zum nächsten Tag auf jeden Fall mehr als aus. Eher sogar schon von Feierabend bis zum Schlafengehen. Das Laden an einer Wallbox oder öffentlichen Station (RWE & Co.) soll zwei Stunden und 15 Minuten dauern. Daraus können wir schlussfolgern: Bei reinen Elektroautos mit großer Kapazität macht es Sinn, sich eine Wallbox zu besorgen, weil die gesamte Ladezeit um die Hälfte reduziert wird. Bei den Plugin-Hybriden wie dem Golf GTE wird die normale Haushaltssteckdose offensichtlich ausreichen.

Die Gesamtreichweite beträgt rund 940 km. Somit ist es zum Beispiel möglich, längere Strecken über Land mit dem Benziner zu fahren und in der Stadt dann rein elektrisch. Ein realistisches Szenario, denn gerade Städte mit Luftproblemen wie in China könnten künftig erlassen, dass es Null-Emissionen-Zonen in den Städten gibt, analog der derzeitigen Umweltzonen in Deutschland. Dafür wäre ein Golf GTE perfekt. Soll der Golf GTE gerade deswegen in China so gepusht werden? Weiß der Volkswagen-Vorstand mehr über die Pläne der chinesischen Regierung in puncto Plugin-Hybride und Elektrofahrzeuge? Vermutlich schon.

Wie genau die elektrische Reichweite ausfällt, hängt davon ab, wie man fährt und wie das Terrain beschaffen ist. Wir merken in unserem Test, dass bergauf der Kilometerzähler fast im Sekundentakt sinkt. Beim Bergabfahren kann man aber locker schon auf kurzer Strecke eine zweistellige Kilometerzahl wieder gewinnen.

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Funktionsweise der Antriebe

Interessant ist auch der Blick in die technischen Details des Golf GTE: Insgesamt drei Kupplungen steuern den Vortrieb. Zwei Fahrkupplungen vom DSG/Doppelkupplungsgetriebe und eine Trennkupplung zwischen Turbobenziner und Elektromotor. Diese Trennkupplung sorgt auch dafür, dass der TSI in der Segelfunktion von den angetriebenen Vorderrädern abgekoppelt wird, damit beim reinen Rollen des Fahrzeugs kein Sprit verbraucht wird. Der Golf GTE bietet keinen Allradantrieb wie manch andere Hybrid-Fahrzeuge, das Konzept sieht bewusst vor, dass beide Antriebe über die Vorderräder gehen. Das spart Kosten bei der Konstruktion.

Von vorn betrachtet, befindet sich links im Motorraum der TSI, mittig die E-Maschine (im DSG-Gehäuse) und rechts das Doppelkupplungsgetriebe. Die Batterie wiegt 120 kg und liegt im Fahrzeugboden vor der Rücksitzbank. Das hält den Schwerpunkt niedrig.

Grundsätzlich startet der Golf GTE als Elektrofahrzeug, es sei denn, die Batterie weist nicht genügend Ladung auf oder die Temperatur ist zu niedrig. Dann sind insgesamt fünf Betriebsmodi anwählbar:

– E-Mode (rein elektrisch)
– GTE-Mode (beide Antriebe arbeiten als „Boost“; bei optional adaptivem Fahrwerk wird dieses straffer)
– Battery Hold (Elektroantrieb wird beim Bremsen aufgeladen und wirkt aufgrund geringer Ladung nur ggf. unterstützend; Batterie-Ladestatus wird auf demselben Level gehalten)
– Battery Charge (Batterie wird bevorzugt aufgeladen, unwirtschaftlich, da es über einen verstärkten Einsatz des Benziners erfolgt)
– Hybrid Auto (Batterie wird viel genutzt, um Sprit zu sparen)

Am sinnvollsten im Alltag erscheint in dieser Betrachtung der Hybrid Auto Modus. Dass man die Batterie durch einen verstärkten Einsatz des Benziners lädt, macht nur Sinn, wenn man z.B. über Land fährt und merkt, dass die Batterie leer geht und man bald in eine Stadt kommt und dort elektrisch fahren muss oder will.

Zusätzlich ist neben dem normalen Drive-Mode der Automatik auch ein „B“-Modus über den Automatikwählhebel aktivierbar. Dieser bietet dann eine größere Rekuperation für die Batterie, so kann man zum Beispiel bei einer langen Strecke bergab die Batterie aufladen und die Bremsen schonen.

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Allerdings hat Volkswagen auch für das Bremsen ein cleveres System entwickelt: So wird beim Bremsvorgang zunächst die Rekuperation benutzt, und erst wenn die Bremswirkung noch stärker sein soll, dann kommen auch die Scheibenbremsen zum Einsatz. Somit kann man auch automatisch über den Bremsvorgang die Batterie aufladen, ohne dass man sich Gedanken darüber machen muss, Bremsenergie zu verschwenden. Lediglich über längere Gefälle-Strecken ist es komfortabler, den „B-„Modus einzulegen, weil man dann in der Regel den Fuß komplett von der Bremse nehmen kann.

Ganz nebenbei wird der Volkswagen Golf übrigens mit dem GTE zum weltweit ersten Auto, das mit allen derzeit relevanten Antriebsarten angeboten wird: Benziner, Diesel, rein elektrisch (e-Golf), Plugin-Hybrid (GTE), Erdgas (bivalent plus Benzin).

Golf GTE Preise und Ausstattung

Der Basispreis für den Golf GTE in Deutschland liegt bei 36.900 Euro. Darin enthalten ist eine durchaus umfassende Serienausstattung, etwa LED-Scheinwerfer, das Radiosystem Composition Media mit 6,5-Zoll-Display, Klimaautomatik sowie das Doppelkupplungsgetriebe mit 6-Gang. Der Front-Stoßfänger hat ein eigenständiges Design, wobei der typische rote „GTI-Steifen“ in blau gehalten ist. Die Tagfahrlichter formen ein Singatur-„C“.

Ähnlich sieht es im Innenraum aus, hier dominieren die blau-karierten Sportsitze (GTI: rot kariert), die serienmäßig beheizbar sind und eine Lendenwirbelstütze aufweisen. Eine blaue Ambiente-Beleuchtung unterstreicht das Farb-Thema. Das Volkswagen-Designteam um Chef-Designer Klaus Bischoff will damit eine Brücke zum GTI schlagen. So sorgen Pedale in Edelstahl und Kontrastnähte für Detailfreude im Innern. Besonders positiv fällt uns das weiche, aber kleine und abgeflachte Lenkrad auf. Blaue Kontrastnähte zieren den inneren Kranz und auf dem abgeflachten Ende thront ein Chrom-GTE-Logo.

Auch beim Exterieur-Design darf man sich auf viele Details freuen: Etwa über die seitliche Schwellerbeplankung und die verchromten Doppelendrohre für weitere GTI/GTD-Zitate. Die Basisfelgen sind bei GTE „nur“ 16 Zoll, optional werden 17 und 18 Zoll angeboten. Als optisches Highlight gibt es dann blaue Bremssättel – und selbst die Schrauben tragen die runde Aufschrift „Volkswagen“.

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Perfektion im Detail

Neben diesen optischen Finessen fällt uns beim VW Golf allgemein (gilt also nicht nur für den GTE) die Perfektion in der Verarbeitung auf. Das beginnt bei den Gummidichtungen, geht über das Sound-Design der schließenden Türen und gipfelt in der Motorhaube, die man sicher, aber simpel öffnen kann und die sofort mit einer Gasdruckfeder offen steht. Das haben wir bei Mercedes jüngst anders erlebt.

Dass der Volkswagen Golf eines der insgesamt besten Autos auf dem Markt ist, was Verarbeitung und Qualität und das Package angeht, ist keine Frage. So stellt sich der Golf GTE an, der Vorreiter der Plugin-Hybride zu werden.

Zum Vergleich: Der Golf GTE kostet ja wie erwähnt ab 36.900 Euro. Ein e-Golf kostet 34.900 Euro (Elektromotor mit 115 PS), ein Golf GTI 28.675 Euro (TSI mit 220 PS), wobei mit etwas mehr Ausstattung, z.B. DSG und Navi, schnell 32.000 Euro erreicht werden, ähnliches gilt für den Golf GTD. Damit wären wir wieder wie zuletzt ausstattungsbereinigt beim e-Golf bei grob geschätzt 4.000 – 5.000 Euro, die die Elektro-Technologie samt Batterie den Verbraucher mehr kostet.

Ob das den meisten Käufern die zusätzliche Elektrifizierung wert ist, bleibt allerdings fraglich. In Deutschland rechnet Volkswagen damit, dass ungefähr gleich viele Golf GTE wie e-Golf verkauft werden. Dabei ist man sich sicher, dass der GTE in jedem Markt dieser Welt funktioniert. In Deutschland fehlen wohl noch staatliche Anreize, als dass es einen ähnlichen Boom geben könnte wie in Norwegen oder den Niederlanden.

Wer einmal jedoch den Elektro-Golf gefahren ist, sei es e-Golf oder GTE, der wird schnell zum Fan. Unser Meinung nach ist die vorwiegende Frage des GTE nicht, ob er die Performance von GTI und GTD ersetzen kann. Denn diese Frage ist schnell mit „ja“ geklärt. Vielmehr würden wir in die Richtung gehen, dass wenn man sich schon Gedanken darüber gemacht hat, wie man seine elektrische Ladeinfrastruktur zu Hause oder an der Arbeit aufstellen kann, man auch gleich zum e-Golf greifen kann. Der GTE jedenfalls bietet allerdings immer noch die Möglichkeit, mit Versorgungssicherheit in den Urlaub zu fahren. Und diese Flexibilität könnte ihn dann bei der ein oder anderen Kaufentscheidung nach vorne bringen. In jedem Fall zeigt der Golf GTE, dass ein Elektroauto nicht nur gut und spritzig, sondern auch geil sein kann.

Die Markteinführung startet Ende 2014.

Autogefühl: *****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Katharina Kruppa / Mikhail Bievetskiy (Fahraufnahme)
Video: Autogefühl, Katharina Kruppa (Kamera) & Thomas Majchrzak (Moderation/Schnitt)

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