Ferrari FXX K mit 1000 PS und Hybrid

Bei den Ferrari World Finals hat Ferrari auf der Rennstrecke von Abu Dhabi seinen bislang radikalsten Mega-Sportler vorgestellt, den Ferrari FXXK. Nach Abschluss eines zweijährigen Testprogramms sollen viele Technikbausteine des 1.050 PS starken Prototypen in neue Serien- und vor allem GT-Rennwagen aus Maranello einfließen. Weniger als 40 Wagen werden gebaut und nach Abschluss des Programms für jeweils 2,5 Millionen Euro verkauft. Schon jetzt, meldet Ferrari, sei der Hybrid-Supersportler ausverkauft. Von Thomas Imhof

Was für ein Statement, welch eine brutale Zurschaustellung von Power und Glorie. In der Formel 1 mag Ferrari gerade mächtig hinterherhinken. Doch was die von Mercedes gedemütigten Italiener jetzt am Wochenende in die Wüste stellen, zeugt von hohen Ambitionen im Bereich der Supersport- und GT-Rennwagen. Erst der XX auf Basis des Enzo, dann der 599 XX – und nun als Krönung ein XX auf Basis des ohnehin schon galaktischen LaFerrari. Okay, schön ist er wirklich nicht gerade, aber es gilt im Motorsport als alte Weisheit, dass die schönsten Rennwagen nur selten auch die schnellsten sind….

Über 900 Nm Drehmoment und eine Spitze von 350 km/h

Die etwas sperrige Buchstabenkombination Ferrari FXXK steht für die ultimative Performance-Stufe des LaFerrari, mit dem Buchstaben „K“ als Kürzel für ein KERS-System, dass dem 860 PS starken V12-Saugmotor mit zusätzlichen 190 Hybrid-PS unter die Arme greift. Macht unterm Strich eine Systemleistung von 1.050 PS (Serien-LaFerrari: 949 PS) und 900 Nm an Drehmoment, was für eine Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h reichen soll. Wie viel potenter als das Standardmodell der FXXK tatsächlich ist, belegt eine Bestzeit von 1:14 Minuten (LaFerrari: 1:19 Minuten) auf der hauseigenen Teststrecke Fiorano.

Ferrari_FXX K front

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Der 6,2 Liter große V12 erhielt geschärfte Nockenwellen und einen Ventiltrieb mit mechanischen anstelle von hydraulischen Stößeln. Auch die Ansaugrohre wurden modifiziert und mit einer speziellen Politur versehen während sich das Auspuffsystem seiner Schalldämpfer entledigen durfte.

Das Energierückgewinnungssystem HY-KERS lässt sich mittels eines „Manettino“-Schalters in bester Formel-1-Manier von der Mittelkonsole aus auf vier verschiedene Programme einstellen: Das Menü „Qualify“ liefert ein Maximum an Leistung für eine limitierte Rundenzahl, „Long Run“ kommt für längere Distanzen zum Einsatz, „Manual Boost“ mobilisiert spontane Bereitstellung des maximalen Drehmoments und „Fast Charge“ unterstützt ein schnelles Aufladen der Batterie.

Nicht nur das auch schon im „normalen“ LaFerrari eingesetzte Hybridsystem, sondern auch die hochfeste Karosserie aus Kohlefaser kann die Nähe zum Motorsport nicht verleugnen. In von der FIA oder anderen Motorsporthoheiten ausgeschriebenen Rennen werden Fans den Ferrari FXXK jedoch nicht erleben können. Denn seine technischen Väter verstehen das Geschoss als ein rollendes Laboratorium. In Form einer exklusiven Kleinserie von „weniger als 40 Einheiten“ soll eine kleine Kundengruppe in den nächsten zwei Jahren mit den Prototypen (keine Straßenzulassung) ein spezielles Testprogramm absolvieren. Die unter anderen bei Ferrari-Events gesammelten Erfahrungen würden dann in künftige Straßen- und Rennmodelle des Italiener einfließen, heißt es. Danach sollen die Autos, wie der Chef des Ferrari-Produktmarketings, Nicola Boari, jetzt bestätigte, zum Preis von 2,5 Millionen Euro verkauft werden. „Kunden aus aller Welt haben sich zum Kauf eines FXXK angemeldet, wir sind schon jetzt ausverkauft“, so Boari bei der Präsentation des ersten Ferrari mit über 1000 PS Leistung in Abu Dhabi.

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Im Vergleich zum serienmäßigen LaFerrari wurde bei dem lupenreinen Rennwagen natürlich auch die Aerodynamik bis zum letzten Prozent ausgereizt – zumal die Ingenieure weder auf eine mögliche Homologation noch auf irgendein Reglement Rücksicht nehmen mussten. Alles war im Prinzip erlaubt, was dem Auto einen extrem aggressiven und grob geschnitzten Eindruck verleiht.

Massive Änderungen an der Aerodynamik sorgen für mächtig Anpressdruck

Die Front des Ferrari FXX K dominieren ein Doppelprofil-Spoiler und ein größerer Splitter, der im Vergleich zum Serienmodell 30 Millimeter tiefer liegt und eine Öffnung in der Mitte aufweist. Ein Design, in das die Erfahrungen aus den Rennen der GT-Klasse innerhalb der WEC-Serie stecken, die die Italiener in den vergangenen Jahren drei Mal in Folge gewinnen konnte. Zwei vertikale Elemente, eine Endplatte und ein externes „Diveplane“ leiten zusammen mit vertikalen Finnen den Luftfluss zu den Seiten des Fahrzeugs, um Längswirbel zu erzeugen, die dann für eine lokale Unterdruck-Zone sorgen. Als Folge wird der Sog aus den Radkästen zur Außenseite des aerodynamischen Unterbodens abgezogen. Gemeinsam mit den seitlichen Schürzen hilft der Wirbel dabei, den Luftfluss vom Unterboden fernzuhalten und somit die Effizienz zu steigern.

Das Heck des Über-LaFerrari liegt nun höher und weist als Besonderheit einen „aktiven“ und in der Endstellung 60 Millimeter herausfahrenden Spoiler auf. Etwas skurril wirken die seitlichen Ausleger mit ihren kleinen, nach innen weisenden Flügelchen. Sie fungieren als Leitbleche in der Konfiguration für geringen Luftwiderstand und verbessern die Effizienz des Spoilers im Set-up für hohen Abtrieb.

Der Heckdiffusor ist absolut unübersehbar und kommt seiner Aufgabe, Luft aus dem Bereich des Unterbodens abzuziehen, vermutlich bestens nach. Zugleich wird der Bereich des flachen Unterbodens direkt vor den Hinterrädern ebenfalls bestmöglich genutzt, um Abtrieb zu erzeugen. Dabei hilft ein Bypass-Kanal, der den Druck in den Radkästen reduziert.

Als Folge dieser Feinarbeiten konnten die Ferrari-Aerodynamiker den Abtrieb in der Fahrzeugkonfiguration für niedrigen Luftwiderstand („Low Drag“) um 50 und in der aggressiveren „Downforce“-Einstellungen um 30 Prozent steigern, was einem Wert von 540 kg bei 200 km/h (42 Prozent über dem Wert des normalen FXX) entspricht.

Slicks von Pirelli sind vollgepackt mit Messsensoren

Die Pirelli P Zero-Slicks sind mit Sensoren zur Messung der Längs-, Quer- und Radialbeschleunigungskräfte sowie der auftretenden Temperaturen und Drücke bestückt. Nur so verspricht sich Ferrari eine exakte Analyse des Zusammenspiels zwischen Reifen und Fahrbahnoberfläche, was dank der großen Datenmenge wiederum dem Traktionssystem erlaubt, immer den optimalen Kraftschluss bereitstellen zu können.

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Die Einstellungen des elektronisch gesteuerten Differentials, der F1-Trac Traktionskontrolle, der Driftwinkel-Kontrolle SCC (Side Slip Angle Control) und des Hochleistungs-ABS lassen sich über einen weiteren, diesmal am Lenkrad angebrachten Manettino-Schalter mit fünf Positionen regeln. Gebremst wird im Ferrari FXX K ebenfalls standesgemäß via Carbon/Keramik-Scheiben von Brembo.

Da darf man sich dann tatsächlich schon ein wenig wie im neuen Dienstauto von Sebastian Vettel fühlen!

Technische Daten Ferrari FXX K

Mit KERS-System
Leistung 1.050 PS
Max. Drehmoment über 900 Nm

Verbrennungsmotor
V12 65°, 6.262 cm3
Bohrung x Hub: 94 x 75,2 mm
Leistung 860 PS bei 9.200/min
Max. Drehmoment: 750 Nm bei 6.500/min
Literleistung 137 PS/Liter

Getriebe
7-Stufen DCT

Abmessungen
Länge 4.896 mm
Breite 2.051 mm
Höhe 1.116 mm
Radstand 2.650 mm

Fahrwerk
vorn: einzeln an doppelten Dreieckslenkern
hinten: Multi-Link-Achse
Reifen
Pirelli P-Zero Slicks mit Sensoren
vorn 285/650 – R19 x10.5
hinten 345/725 – R20x13

Bremsen
Karbon/Keramik von Brembo
Vorn 398 x 223 x 36 mm
Hinten 380 x 253 x 34 mm

Elektronische Regelsysteme

ESC Stabilitätskontrolle
Hochleistungs-ABS + elektronische Bremskraftverteilung (EBD)
EF1-Trac – in das Hybrid-System integrierte Traktionskontrolle aus der Formel 1
E-Diff 3 – dritte Generation eines elektronisch gesteuerten Differentials
SCM-EFrs – magnetorheologische Dämpfer mit Doppelzylinderspulen (Al-Ni)
Aktive Aerodynamik

Text: Thomas Imhof, Autogefuehl
Fotos: Werk

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