Neuer BMW X6 M50d Test – M mit Diesel

Kaum ein Auto polarisiert so stark wie der BMW X6, noch mehr der BMW X6 M, also die Top-Sportversion. Genau dazwischen gesellt sich der BMW X6 M50d. Ein Diesel, der schon das „M“ tragen darf, aber zur Abgrenzung noch nicht mit allen Features der High-End-Variante kommt. Wir haben uns dieses Konzept genauer angesehen. Von Thomas Majchrzak

2008 kam der BMW X6 zum ersten Mal auf den Markt, 2009 folgte die erste M-Version. Seit Ende 2014 gibt es den neuen BMW X6 in 2. Generation, der wie alle X-Modelle in den USA gebaut wird. SUV nennt man gewöhnlich mittlerweile alle Geländewagen, die eben nicht primär fürs Gelände sind. BMW benennt seine Fahrzeuge aber gerne mit „Activity“, so z.B. SAV (Sport Activity Vehicle) oder beim X6 dann SAC (Sport Activity Coupé). Dies hat durchaus einen logischen Grund, denn im englischen Sprachraum (z.B. in Australien) betrachtet man das SUV / Sport Utility Vehicle dem Wort Utility nach eher als Werkzeug, was eine gewerbliche Nutzung nahe legt. Da der X6 aber kein Auto für die Baustelle sein will, ist er lieber aktiv.

Übersicht BMW X6 Modelle

Benziner (1/4 der Kunden in Deutschland)
BMW X6 xDrive35i – 306 PS – 65.650 Euro
BMW X6 xDrive50i – 450 PS – 82.500 Euro
BMW X6 M – 575 PS – 117.700 Euro

Diesel (3/4 der Kunden)
BMW X6 xDrive30d – 258 PS – 65.650 Euro
BMW X6 xDrive40d – 313 PS – 71.850 Euro
BMW X6 M50d – 381 PS – 87.300 Euro

In dieser Übersicht wird klar, dass sich der BMW X6 M50d als Diesel mit M-Logo zwischen Welten bewegt. Für die Kunden ist er außerhalb der separaten M-Welt aufgelistet und stellt das Top-Modell innerhalb der Nicht-M-Modelle dar. Etwas kompliziert vielleicht, aber im Laufe des Tests wird das Bild immer klarer.

Während der BMW X6 M50d schon eine umfangreiche Ausstattung besitzt und den kräftigsten Diesel (5,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h), kommt der BMW X6 M mit einem 575 PS Turbobenziner (4,7 Sek. 0-100) und wurde vom Setup her viel stärker noch auf eine sportliche Gangart ausgerüstet. So sind zum Beispiel Lenkung und Fahrwerk speziell angepasst, außerdem ist die Optik noch dramatischer gestaltet.

BMW X6 M50d
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BMW X6 M
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Insofern kann man sagen, dass der BMW X6 M50d die etwas vernünftigere Wahl ist im Vergleich zum „echten“ M-Modell, da er bereits für ein SUV sehr sportlich ist, aber noch nicht so krass wie ein BMW X6 M, denn nicht für jeden ist ein Mehr an Sportlichkeit auch eine wünschenswerte Option. Zudem ist der Diesel für ein über 2-Tonnen-Auto durchaus eine sinnvolle Lösung, um den Verbrauch einigermaßen in Grenzen zu halten. Selbst wenn einem der Spritverbrauch egal ist, so würde man doch ständig an der Tankstelle stehen und eine geringe Reichweite haben. Optisch sehen wir von außen die Unterschiede zum X6 M übrigens nur bei genauerem Hinsehen, am deutlichsten fällt die Tieferlegung beim reinen M-Modell auf.

Den Motor 30d sind wir übrigens bereits im BMW X3 gefahren, ein großartiger Diesel mit sportlicher Entfaltung aber gleichzeitig akzeptablem Verbrauch, zumindest im X3. Allerdings wiegt der X6 in dieser Variante 245 kg mehr, das wird sich auch bemerkbar machen. Auch der BMW X6 M50d hat den 3-Liter-Diesel unter der Haube, nur dass dieser noch mehr hochgezüchtet wurde. Während der offizielle Verbrauch mit 7,7 l / 100 km beziffert wird, brauchen wir knapp über 10 l im Testverbrauch bei normaler Fahrweise. Für 381 PS ist das nicht verwunderlich, wer weniger verbrauchen möchte, sollte zum Basis-3-Liter-Diesel greifen.

Exterieur BMW X6 M50d

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Der BMW X6 M50d kann sich schon über einige M-Features freuen, nicht umsonst darf er ja trotz seines Diesel-Daseins auch das Logo tragen. So gibt es 19-Zoll-M-Felgen (Basis wäre allerdings auch 19 Zoll, nur nicht M), Chrom-Außenspiegel-Kappen und eine schwarze Blende an den Auspuffrohren.

Grundsätzlich ist das Design des BMW X6 durch die bislang einzigartige Mischung von Full-Size-SUV und Coupé bestimmt. Dieses Design trennt die Meinungen zumeist in zwei Lager. Gerade von hinten fällt der BMW X6 dadurch auf, dass die Heckscheibe aufrecht von hinten betrachtet so schmal erscheint, schließlich fällt sie stark ab. Das betont das bullige Heck. Letztlich ist es der Versuch, den geliebten SUV-Komfort optisch mit dem eines Coupé zu verbinden. Für manche mag das gelungen sein, in Augen anderer eben nicht. Wie Mercedes mit dem neuen GLE Coupé zeigt/kopiert, scheint dieser Trend aber wohl unaufhaltsam zu sein.

Die neue Generation des BMW X6 ist im Vergleich zum Vorgänger optisch etwas dezenter geworden: Durch die neuen Scheinwerfer, die in der BMW-Designsprache nun innen etwas „zusammengedrückt“ werden, wird die Frontpartie etwas dünner. Auch ist das Seitenprofil durch geschicktes Setzen der Designlinien etwas ausgedünnt worden, der neue X6 wirkt längst nicht so bullig wie der Vorgänger. Wir meinen: Er polarisiert weniger stark. Aus Sicht von Autoliebhabern kann das negativ sein, aber zumeist sind es die Autos, die weniger polarisieren, die erfolgreich sind.

In der Tat zeigt die Erfahrung mit dem neuen BMW X6, das manche ihn auf den ersten Blick für den neuen X4 halten. Das beweist, dass das optische Abspeckprogramm geholfen hat. Wir finden: Das Mehr ans Eleganz steht dem BMW X6 gut, auch wenn er weiterhin polarisieren darf.

Abgrenzung zum BMW X5

Während der X6 die Coupélinie verfolgt, hat der Bruder BMW X5 die klassischere Kastenform und bietet somit mehr Platz gerade in Fond und Kofferraum. Technisch sind BMW X6 und BMW X5 jedoch weitgehend identisch. Weil der X5 einen kleineren Einstiegsmotor (25d) anbietet, liegt der Basispreis auch deutlich niedriger. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder. In Deutschland wurde der BMW X5 im vergangenen Jahr über 13.000 Mal verkauft, der BMW X6 dagegen nur etwas mehr als 1.000 Mal. Das ist sehr exklusiv, selbst ein Range Rover wird mehr als doppelt so häufig verkauft.

Extern heißen die Konkurrenten für die starken BMW X6 Modelle bisher z.B. Mercedes ML63 AMG und Porsche Cayenne GTS. Neu ist der Range Rover Sport RVR hinzugekommen, Mercedes wird das neue GLE Coupé dann auch irgendwann als AMG-Version anbieten.

Interieur BMW X6 M50d

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Das Interieur ähnelt vom Grundsatz dem das BMW X5, grenzt sich aber beim M50d insbesondere durch das M-Sportlenkrad ab. Hier sieht man, wie enorm die Lenkradgestaltung sich auf das gesamte Cockpit auswirkt. Das sportlich-schlanke Lenkrad ändert die gesamte Wahrnehmung in Richtung Sportlichkeit, während das gewöhnliche Lenkrad eher das „Große-SUV-Gefühl“ vermittelt. Passend zum Fahrzeug fällt das Lenkrad aber nicht übermäßig klein aus, sondern vermittelt noch das Gefühl eines größeren SUVs.

Weiter in die sportliche Richtung gehen die Alcantara-Bezüge, die sich wunderschön und atmosphärisch angenehm am Mitteltunnel entlang ziehen. Liebevoll sind sie auch noch mit weißen Ziernähten versehen. Die Sitze sind im M50d auf den Innenbahnen ebenfalls mit Alcantara bezogen, was die generell beste Option für einen Sitz ist. Im BMW X6 M gibt es diese Möglichkeit dann nicht mehr, und für alle anderen X6 muss man die Sitze kosten-neutral als zusätzliche Auswahl innerhalb des M-Sportpakets bestellen, das gewöhnlich die Ledersitze hat.

Die hier verbauten Alcantara-Sitze kann man vorne noch für die Beinauflage verlängern, was gerade großen Fahrern recht erscheint. Obwohl der BMW X6 von außen eine sportliche Sitzposition suggeriert, bleibt diese doch wohl komfortabel, wie es sich für ein Full-Size-SUV gehört. Die große Verstellbarkeit des Sitzes sorgt dafür, dass man den BMW X6 flach sitzend wie einen Sportwagen oder auch hoch sitzend wie ein SUV fahren kann, sehr interessant.

Beim Blick in den Rückspiegel sieht man wenig, spätestens hier fällt der Nachteil der flachen Heckscheibe auf. Es bleibt letztlich dann nur ein kleines Guckloch. Nach einigen Tagen gewöhnt man sich allerdings daran und kann das Wichtigste dann doch noch erkennen. Also weniger schlimm als beim ersten Blick gedacht.

Besonderes Highlight: Das Ambiente-Licht. Dieses lässt sich in drei Farben einstellen, Blau, Weiß und Orange. Und auch dimmen oder heller stellen. Witzigerweise sind sogar Licht-Kombinationen möglich, also unterschiedliche Farben im Bereich der Zierleisten, Innenseiten der Türen und im Fußraum.

Die Multimedia-Technik überzeugt auf ganzer Linie: Das Headup-Display ist klar zu erkennen und sorgt dafür, dass man den Blick eher auf der Straße hält. Denn auch die nächsten Musik-Titel und Navigations-Infos werden darauf gezeigt. Der Breitbildschirm in der Mitte dagegen reagiert schnell auf die Befehle des zentralen Bedienknopfes in der unteren Mittelkonsole. Die Übersichtlichkeit ist gegeben, die Bedienung schnell erlernt.

Fondpassagiere haben üppige Beinfreiheit, selbst bei großen Fahrern und Beifahrern. Lediglich bei der Kopffreiheit macht sich die fließende Coupé-Linie natürlich bemerkbar. So könnten sich große Erwachsenen nicht zurücklehnen, ohne mit dem Kopf ans Dach zu stoßen. Wen das stört, der muss zum BMW X5 greifen.

Der Kofferraum sieht von außen klein und unpraktisch aus, und schließlich wird gegenüber dem X5 viel Platz verschenkt. Doch die Heckklappe öffnet hier schließlich nicht separat für einen Kofferraum, sondern ist ebenfalls eine praktische Ladeklappe, die ein einfaches Beladen ermöglicht. Letztlich hat man hier auch mehr Platz, als erwartet.

BMW X6 M50d Serienausstattung

Das kommt beim BMW X6 M50d direkt mit (im Vergleich zum Einstiegs-X6):

– 19-Zoll-M-Alus
– Chrom-Außenspiegelkappen
– Adaptives Fahrwerk
– M Lederlenkrad mit Schaltwippen
– M Servotronic (geschwindigkeitsabhängige Lenkung)
– M Fahrerfußstütze
– Alcantara-/Lederkombination auf Sportsitzen (sonst normale Ledersitze)
– Aluminium-Interieurleisten (sonst Holz oder Silber)
– Park Distance Control (PDC) hinten und vorne

Sitzheizung (420 Euro) und Lenkradheizung (250 Euro) sind optional.

Fehlt sonst noch etwas? Genau, das Navi. Und das kostet 3.300 Euro extra. Für fast 90.000 Euro Fahrzeugpreis kann man eigentlich erwarten, dass auch ein Navi mit inkludiert ist.

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Fahrverhalten

Der 3 Liter Diesel mit 381 PS ist das ultimative, was man von einem Diesel erwarten kann. Der BMW X6 M50d beschleunigt nur 0,5 Sekunden langsamer von 0 auf 100 km/h als der BMW X6 M. Die insgesamt 5,2 Sekunden sind für ein SUV eher surreal schnell. Ohne Probleme würde man auch mit weniger PS auskommen. Ganz generell ist der 3 Liter Diesel von BMW einer der überzeugendsten auf dem Markt. Beim Fahren merkt man nichts groß davon, dass man einen Diesel fährt, weder vom Geräusch noch vom Fahrverhalten. So sind uns Diesel recht. Lauffreudig und kultiviert. Eine ideale Kombination ist die 8-Gang-Automatik, die aus dem Hause ZF zugeliefert wird. Möglicherweise die beste Automatikschaltung, die es derzeit gibt.

Das M-Sportlenkrad ist jeden Cent Wert und macht einfach Spaß im Alltag. Die Oberfläche ist äußerst weich, man kann sie sogar leicht eindrücken. Trotzdem vermittelt der runde Kranz ein direktes Ansprechverhalten der Lenkung, so dass man rein von diesem Verhalten sich manchmal in einem Sportwagen wähnt. Nur wenn der BMW X6 M50d so richtig auf Touren kommt, macht sich die Masse in den Kurven bemerkbar. Generell können wir festhalten, dass man mit dem BMW X6 tatsächlich den Spagat schafft, einen bequemen hochbeinigen Sportwagen anzubieten. Gut, etwas schwer ist er natürlich noch, klar. Aber wer SUVs und Sportwagen schätzt und nicht zwei Autos in der Garage haben möchte oder kann, für den hat BMW hier die Lösung.

Letztlich schafft das Fahrverhalten also genau das, was BMW sich beim Fahrzeug gedacht hat: Grundsätzlich sportliche Features mit einem komfortablen SUV verschmelzen. Und die Optik außen hilft tatsächlich noch mal dabei, dass man sich innen auch wirklich anders fühlt als in einem BMW X5 – selbst wenn man sich wieder bewusst macht, dass X5 und X6 doch technisch weitgehend identisch sind. Eine wichtige Rolle dabei spielt das im M50d serienmäßige adaptive Fahrwerk, das in jeder Fahrsituation überzeugen konnte. Bei den überragenden BMW-Fahrwerken merkt man noch mehr als bei anderen Fahrzeugen mit Einzelradaufhängung, dass sich das Auto nicht als Gesamtheit einer Unebenheit anpasst, sondern jedes einzelne Rad perfekt auf die jeweilige Situation eingeht.

Im Sport-Modus wird das Fahrwerk übrigens noch einen Tick straffer, so dass der BMW X6 M50d mehr Rückmeldung von der Straße gibt. In dieser Verbindung werden die Gänge auch in höheren Drehzahlbereichen ausgefahren, was für die Stadt keinen Sinn macht und beim leichten Bergabfahren eher nervig ist. Aber für eine kurze Ampelschaltung ist es nicht verkehrt, den Modus zu haben. Sinnvoll ist das für das Fahrzeug aber wie gesagt eher weniger, die grundsätzliche Ausrichtung ist für ein SUV sportlich genug. Und der Diesel hat auch ohne Sport-Modus ausreichend Kraft.

BMW X6 Abmessungen

Länge: 4,90 m
Breite: 1,98 m (ohne Außenspiegel)
Höhe: 1,70 m
Radstand: 2,93 m

Fazit: Deutlich günstiger, kaum langsamer, sparsamer und nicht so derb sportlich wie der BMW X6. Der BMW X6 M50d überzeugt als der „vernünftige M“ mit einem mehr als kultivierten Diesel, einem ungewöhnlichen Exterieur und einem detailverliebten Innenraum mit guten Alcantara-Sitzen. Natürlich polarisiert er trotzdem und von hinten mögen manche noch einen Panzer auf der Straße erkennen. In der zweiten Generation aber deutlich weniger als in der ersten. Letztlich ist das wirklich eine Designfrage, denn wer prinzipiell gegen den X6 ist, müsste auch gegen den technisch gleichen X5 sein. Eine Frage des Geschmacks. Von Motor und Fahrwerk überzeugt der BMW X6 M50d auf ganzer Linie. Mit weniger PS käme man durchaus auch aus, wir können also auch zum Basis-3-Liter-Diesel raten. Die zweite Generation X6 hat vergleichsweise an Eleganz gewonnen und ist gut gerüstet für den Kampf mit dem neuen Konkurrenten Mercedes GLE Coupé.

Autogefühl: *****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: BMW

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