Neuer McLaren 570S in der Sports Series & neue Modellpalette

McLaren weitet die Modellpalette weiter aus und bringt eine neue Systematik. So stellt die Sports Series die vergleichsweise alltagstauglichsten McLaren-Modelle. Der neue McLaren 570S ist davon die etwas stärkere Version, die wir uns auf der Deutschlandpremiere angesehen haben. Von Thomas Majchrzak

McLaren teilt die erweiterte Modellpalette nun auf in Ultimate Series, Super Series und Sports Series. Letztere sind dabei die – für McLaren-Verhältnisse – alltagstauglichsten Modelle, die nicht alleine für die Rundstrecke ausgerichtet sein sollen. Trotzdem fehlen diesen Modellen natürlich nicht die McLaren typischen Racing-Merkmale, der V8-Biturbo ist zum Beispiel bei allen Modellen grundsätzlich gleich, ist nur in verschiedenen PS-Abstufungen ausgelegt. Die kräftigeren und teureren Modelle haben dann noch hochwertigere Komponenten im Motor, um den noch höheren Belastungen besser Stand zu halten.

Für McLaren ist der 570S offiziell ein Sportwagen anstatt ein Supersportwagen, aber im Vergleich zu allen anderen Marken muss man ihn natürlich trotzdem noch als Supersportwagen bezeichnen. Der „Verlust“ an Beschleunigung von 0 auf 100 km/h beträgt gegenüber den Top-Modellen vielleicht gut eine halbe Sekunde, aber nicht mehr. Man hat also selbst mit den Modellen der neuen Sports Series trotzdem „Top of the Pops“.





Hier noch im Überblick die neue McLaren Modell-Systematik, absteigend:

Ultimate Series
McLaren P1 GTR – 800 PS + 200 PS Elektromotor, Preis ca. 3,5 Mio Euro
McLaren P1 – 737 PS + 179 PS Elektromotor, Preis 1 Mio Euro (Foto)

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Super Series
McLaren 675 LT – 675 PS, Preis 300.000 Euro
McLaren 650S Spider/Coupé – 650 PS, Preis 255.000 / 230.000 Euro (Foto)

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Sports Series
McLaren 570S – 570 PS, Preis 180.000 Euro (Foto)
McLaren 540C – 540 PS, Preis 160.000 Euro

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Man sieht, dass man die Bezeichnungen weitgehend an der PS-Zahl ablesen kann. Der Unterschied zwischen 570 und 540, abgesehen von der modifizierten PS-Zahl? Der McLaren 570S hat zusätzlich Keramik-Bremsen, andere Lufteinlässe und aggressivere Spoiler und einen anderen Auspuff.

Exterieur McLaren 570S

McLaren ist seit je her für das dramatische Design bekannt. Auch der McLaren 570S bleibt dieser Linie treu, sattelt hier sogar noch einen oben drauf. Für uns ist der neue 570S der bisher schönste McLaren. Denn er hat einerseits nicht die Merkmale, die ihn wie ein reines Rennstrecken-Auto aussehen lassen, zeigt aber andererseits im Detail verspieltere Formen als die Modelle, die oberhalb liegen. War die Front bisher klassischerweise komplett rund, zeigt sich beim McLaren 570S eine kleine Spitze vorne, von der aus die Designlinien symmetrisch zur Seite hinweg gehen. Ganz vorne sehen wir auch eine kleine Kamera, die zum dreiteiligen Kamera-System gehört, das nicht etwa der Einparkhilfe dient (dafür gibt es, nur hinten, eine separate Kamera), sondern der Telemetrie-Einheit. So kann man sich direkt durch das Auto seine hot laps auf der Rennstrecke aufnehmen lassen – inklusive Kamerabild von vorne, hinten und aus dem Cockpit und Telemetrie-Daten zu Geschwindigkeit & Co. Runden lassen sich so auch miteinander vergleichen.
Rechts und links im vorderen unteren Bereich sehen wir weite Lufteinlässe, vor denen ein brutaler Karbon-Spoiler prangt. Auch hier zeigt der McLaren 570S mehr Show als die größeren Brüder, etwa der 650S.

Das neue Design dient aber wie man von McLaren erwarten kann, nicht nur der Attraktion, sondern auch der Leitung von Luftströmen über die Karosserie hinweg und unter dieser her. So leiten die Falzlinien auf der Motorhaube die Luft seitlich zu den V-förmigen Türen und hin zu den hinteren Lufteinlässen, um die Kühler für den Motor wiederum zu kühlen. Ein Prinzip aus der Formel 1. Dabei wurde bewusst die Luft erst ab einer gewissen Höhe abgegriffen, um nicht die verstaubte Luft aus dem untersten Bereich zu nehmen. Bei McLaren hat man dann die Höhe ermittelt, ab der die Luft vergleichsweise sauber vom Straßenstaub ist. In dieser Höhe liegt dann die Linie, die die Luft zum Motor zuführt.

Die C-Säule, also das hintere stabilisierende Merkmal der Karosserie, ist nicht im statischen Sinne mit dem Dach verbunden, sondern steht im Grunde für sich frei. Auch das dient wieder dem Luftfluss, in diesem Fall über dem Motor hinweg zum festen kleinen Heckspoiler, um mehr Anpressdruck zu erzeugen. Denn der Heckflügel ist integriert, sticht also nicht sonderlich hervor, kommt eher dezent daher. Bei der Super und Ultimate Series dienen die Heckspoiler als ausfahrbare Helferlein für Bremsvorgänge und Anpressdruck bei hohen Geschwindigkeiten.

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Hinter der C-Säule thront eine Glaskuppel, was die Rundumsicht verbessern soll. Leider gibt es derzeit noch keinen Spider, für das Offenfahr-Vergnügen müsste man das nächst höhere Modell 650S wählen, den Nachfolger des McLaren 12C. Doch die Auszeichnung von 540C und 570S als Coupé lässt vermuten, dass auch noch Spider-Versionen für die Sports Series folgen werden.

Selbst das Design der Außenspiegel-Arme verbessert beim 570S die Kühleffizienz um weitere zwei Prozent. Der Unterboden ist komplett flach und leitet die Luft schlussendlich dem wirklich massiven Heckdiffusor zu.

Serienmäßig gibt es für den McLaren 570S Felgen in 19 Zoll vorne und 20 Zoll hinten. Die Bremsen dahinter sind Karbon-Keramik-Scheiben.

Interieur

McLaren will den Einstieg durch die Form der Türen und das Chassis erleichtert haben, und wir können direkt sehen, dass dies funktioniert hat. Das ist der Vorteil der neuen Karbonfaser MonoCell II, die sich damit dann auch leicht vom Chassis der Super Series unterscheidet. Zwar ist das Chassis dadurch etwas schwerer geworden. Denn man musste es im hinteren Bereich verstärken, um es im vorderen Bereich dünner und leichter machen zu können. So hat man für den Einstieg vorne bei den Füßen eine kleine Ausbuchtung, die beim Einsteigen hilft. Und beim 570S (und 540C) gibt es auch beim Sitzen ein vergleichsweise größeres Platzangebot. So sind Fahrzeuge der Sports Series knapp einen cm länger als die der Super Series, was Raumgefühl und Schulterfreiheit vergrößern soll.

Die Türen öffnen zudem deutlich praktischer als beim 650S: Dort, wo die Flügeltüren der Super Series einem noch an den Kopf schlagen würden, kann man beim 570S locker aufrecht stehen. Denn die Türen öffnen etwas mehr nach seitlich-vorne als zu den Seiten. Dadurch sind sie nicht so ausladend zu den Seiten, gehen aber gleichzeitig mehr in die Höhe. Man kann also einfacher einparken, ohne die Türen gegen das Auto neben einem zu schlagen (natürlich braucht man immer noch mehr Platz als bei gewöhnlichen Türen). Und das Einsteigen ist in Kombination mit der neuen Mono Cell II noch mal deutlich leichter. Dieses Setup wird den Alltag tatsächlich erleichtern.

Als Infotainment-Zentrale dient ein 7-Zoll-Touchscreen, über den man auch das Navi bedient. Erneut ist der Touchscreen (wie auch bei Tesla) senkrecht montiert und nicht horizontal. Dadurch sitzen Fahrer und Beifahrer näher an der Mittellinie des Fahrzeugs, was günstiger für die Gewichtsverteilung ist.

Für die Sportsitze gibt es entweder serienmäßiges Voll-Leder, aber auch weitere Leder-Varianten sowie eine Alcantara-Option. Schließlich kann man auch noch Karbon-Schaltensitze wählen, die dem McLaren P1 entnommen sind. Diese sparen noch mal 15 kg Gewicht ein, sind aber natürlich deutlich unkomfortabler.

Was die Farben angeht, so sind optional auch noch so genannte „By McLaren“-Innenausstattungen verfügbar, die in 10 verschiedenen Versionen einen zusätzlichen persönlichen Akzent setzen.

Motor

Ein neu abgestimmter 3,8 Liter V8 Biturbo-Mittelmotor mit 570 PS und 600 Nm Drehmoment beschleunigt den McLaren 570S in 3,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h und in 9,5 Sekunden von 0 auf 200 km/h. Oder die Kraft im „Leistungsgewicht“ ausgedrückt: 434 PS pro 1.000 kg.

Der Sound ist, wie unser Video zeigt, keineswegs geprägt von einem hochdrehenden Surren, der McLaren 570S brüllt richtig schön, kernig und auch mal mit einer schönen kleinen Fehlzündung.

Die Kraftübertragung erfolgt über ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Laut Papier verbraucht der neue Motor 11,1 l / 100 km. Ein theoretischer Wert, der aber niedriger liegt als die markeninterne Konkurrenz. Die Höchstgeschwindigkeit liegt, falls relevant, bei 328 km/h.

Das Gewicht beträgt lediglich 1.313 kg und ist der Chassis-Mischung aus Aluminium und Kohlefaser zu verdanken. Denn obwohl die Mono Cell II geringfügig schwerer ist, hat man an anderen Stellen Gewicht eingespart. Nach Herstellerangaben ist der McLaren 150 kg leichter als die nächste Konkurrenz, da zum Beispiel ein Porsche 911 Turbo oder ein Audi R8 kein Kohlefaser-Cockpit hat. Man hat dabei die Materialien clever aufgeteilt: So ist das Cockpit aus Karbon, Front und Heck dagegen weisen hauptsächlich Aluminium auf. Das ist bei leichten Crashs dann günstiger zu reparieren. Trotzdem muss einem noch bewusst sein: Die Spoiler ganz außen sind aus Karbon, billig wird ein Crash mit einem McLaren also nie.

Für den Komfort auch im Alltag soll ein adaptives Fahrwerk sorgen. Dieses ist elektro-hydraulisch bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h auch bis zu 4 cm anhebbar, um bei niedrigen Geschwindigkeiten mehr Bodenfreiheit zu bieten. Das ist zum Beispiel praktisch für die Rampe in der Tiefgarage oder für Berliner Kissen. Zudem soll die Traktionskontrolle speziell auf die brachiale Power abgestimmt sein, so dass der Wagen mit aktivierter Traktionskontrolle auch in extremen Situationen stabil bleibt. Die Dynamik-Einstellung erlaubt dagegen schon Drifts, ferner gibt es auch eine Track Einstellung für eine manuelle Kontrolle des Fahrzeugs.

In puncto Dynamik kommen noch weitere Technologien zum Einsatz, die einmal für die Formel 1 entwickelt wurden. Das so genannte Brake Steer System bremst in einer Kurve, in der man auch bremst, das kurveninnere Rad ab, um das Fahrzeug noch besser durch die Kurve zu bewegen.

Bei einem solch exklusiven Fahrzeug mit dieser Kraft wird selbst der Reifen speziell geplant, in diesem Fall wurde als Partner Pirelli mit ins Boot geholt, um einen maßgeschneiderten Reifen zu entwerfen.

Abmessungen McLaren 570S

Länge: 4.53 m

Breite: 2.09 m

Höhe: 1.20 m

Fazit: Das McLaren-Prinzip bleibt gleich: Leichtes Chassis mit Karbonfaser, Mittelmotor, Heckantrieb, brutale Kraft. Dass die Reifen etwas schmaler sind und das Fahrwerk komfortabler als bei den Ultra-Sportmodellen, schadet sicher nicht, sondern ist für den Großteil der McLaren-Käufer ein Vorteil. Der neue verbesserte Einstieg hilft ebenfalls eindeutig, um die Alltagstauglichkeit zu verbessern. An Leistung und Fahrdynamik wird es auch nicht mangeln, Unterschiede zu den Top-Modellen wird man erst auf der Rennstrecke merken. Die neue attraktive Optik, die sogar noch ein Stück mehr an Dramatik bietet, könnte sogar Kunden davon überzeugen, bewusst deswegen auf das „kleinere“ Modell zu gehen. McLaren geht mit der neuen Sports Series den richtigen Weg, denn die Nachfrage in dem preislich konkurrenzfähigen Bereich zu Porsche 911 Turbo und Audi R8 ist deutlich höher als nur für deutlich teurere Einzelstücke. So plant McLaren, die Produktion in England langfristig von gut 1.500 Fahrzeugen auf fast 3.000 zu verdoppeln – aber selbst dann kann man keineswegs von einer fehlenden Exklusivität sprechen.

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Katharina Kruppa

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