Ford Mondeo Vignale – Der Premium Herausforderer?

Mondeo Titanium Ausstattung, das ist bisher das höchste der Gefühle, wenn der Ford-Fahrer etwas nobler unterwegs sein wollte. Jetzt setzt Ford einen Level oben drauf. Mit dem Ford Mondeo Vignale, italienisch ausgesprochen “winjale”. Edles Leder, Sonderlackierung, jede Menge Chrom und viele Zückerchen für den Besitzer werden dafür geboten. Klingt wie die Attacke von Ford auf die Premium-Liga, hat aber andere Ziele. Von Holger Majchrzak

Alfredo Vignale war ein italienischer Karosseriebauer mit besonderen Qualitätsansprüchen. Ford hat die Namensrechte am Nobel-Italiener erworben und benennt nun alle Spitzenerzeugnisse des Hauses danach. Zunächst den Top-Mondeo, der Top S-MAX wird Anfang 2016 folgen und auch das Dickschiff, der SUV Edge, wird eine Vignale-Ausstattung erhalten, hört man zwar nicht offiziell, aber aus gut unterrichteten Kreisen in Köln.

Die Vignale-Ausstattung gibt es nur für Europa, nicht für Amerika oder Asien. In England wird spekuliert, Ford probe den Angriff auf BMW, Audi oder Jaguar, wolle dort Kunden abgreifen. Das sei aber nicht der Fall. Ford Deutschland-Chef Bernhard Mattes will mit dem Vignale treue Ford-Fahrer, die auf der Suche nach Luxus einen Wechsel der Marke planen, davon abhalten. Wenn man so will eine defensive Strategie, Markt sichern, nicht erobern.

Hintergrund sind Analysen, dass bisher schon viele Käufer die beste Ausstattungslinie bei Ford ordern und noch Luft nach oben sei. Dennoch: Ford rechnet 2015 mit 700, 2016 mit 2.000 Mondeo Vignale-Käufern in Deutschland. Das Auto bleibt also ein recht exklusives Produkt.





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Exterieur: Dezenter Auftritt, Feinheiten im Detail

Von außen ist der Ford Mondeo Vignale zunächst mal natürlich ein Mondeo geblieben. Auf den zweiten Blick fallen dann die exklusiven Felgen auf, der umgestaltete Kühlergrill und hier und da eine Chromleiste, auch mal ganz kleine, feine. Protzig will der Wagen auf keinen Fall erscheinen, unterkühlte Noblesse, ja das passt. Den Mondeo Vignale gibt es nur in Grau, Schwarz und Weiß sowie dem Farbton Nocciola, haselnussbraun. Den muss man mögen. Wichtig bei der Lackierung: Sie wird mit besonderer Sorgfalt und Stärke durchgeführt, braucht 50 Prozent mehr Zeit als eine herkömmliche Mondeo-Farbdusche. Lack-Fetischisten werden das hoffentlich erkennen.

Interieur: Leder, Leder, Leder – und Geräuschminimierung.

Im Innenraum ließ sich Ford offensichtlich von der Devise leiten, dass sich mit hochwertigen Stoff kein Luxus-Gefühl erzeugen lässt. Also gibt es überall Echt-Leder, wo Leder nur sinnvoll zu verbauen ist. Weiches Leder mit Steppnähten wie von Hand genäht, auf den Sitz- und Anlehnflächen fein gelöchert. Das sieht gut aus, fühlt sich gut an, ist perfekt verarbeitet. Der dicke Pluspunkt für den Vignale, sofern man Echt-Leder mag und nicht bewusst darauf verzichten möchte. Der Sitz alleine benötigt 110 Prozent mehr Leder als ein normaler Ledersitz durch seine hochwertige Verarbeitung.

Zweites Alleinstellungsmerkmal der Vignale-Ausstattung ist der Versuch, durch ein Lärm-Minderungssystem, Active Noise Cancellation genannt, im Innenraum für wohltuende Ruhe zu sorgen. Mit drei über den Fahrgastraum verteilten Mikrofonen analysiert das System die Motorgeräusche im Innenraum. Eine Audiotechnologie „neutralisiert“ diese mit entgegengesetzt schwingenden Klangwellen. Gegen die Lärmemissionen der Reifen und der anströmenden Luft an Säulen und Scheiben soll eine bessere Isolierung helfen. Tatsächlich sorgt das System für eine, wie wir finden, vorbildliche Akustik.

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Motoren: Es kommt doch auf die Größe an

Bei der Motorisierung macht Ford keine Experimente. Wer hohe Ausstattungslevel bevorzugt, ordert in der Regel auch starke Motoren. Und so wird der Mondeo Vignale von den größten verfügbaren Motoren bewegt. Ein 2,0-Liter-Diesel mit Bi-Turbo-Aufladung und 210 PS, ein 2,0-Liter-TDCi-Diesel mit 180 PS und Allrad-Antrieb oder ein 2,0-Liter-EcoBoost-Benziner wahlweise mit 203 PS oder 240 PS und Sechsgang-Automatikgetriebe. Dazu kommt noch ein Hybrid-Antrieb mit einer Systemleistung von 187 PS. Zum Hybrid sei gesagt, dass der tatsächlich auf minimalem Spritverbrauch in der Motorcharakteristik optimiert wurde und deswegen zwar sparsam, aber kein Sprintwunder ist. Vom Mondeo-Hybrid hatte sich Ford übrigens mehr versprochen, der Anteil dieser Motoren am Gesamtverkauf liegt deutlich unter den Erwartungen.

Sicherheit und Technik: Bleibt im gewohnten Mondeo-Niveau

Der Vignale ist ganz deutlich mehr eine Design- denn Technik-Stufen-Erhöhung. Technisch gesehen gibt es nichts neues, der Kollisionswarner, ein modernes Kommunikations- und Entertainmentsystem, den Parkassistenten und Weiteres erwartet man eigentlich in einem Auto auf diesem Niveau. Einige aufpreispflichtige Extras wie den Tote-Winkel-Warner hätten wir allerdings schon serienmäßig erwartet.

Den Vignale gibt es nur im FordStore

Ford baut europaweit zur Zeit sein Händlernetz um. Rund 500 Autohäuser, davon 90 in Deutschland, werden zur FordStores ernannt, die ein exklusives Kauf- und Betreuungserlebnis garantieren sollen. Spitzenprodukte des Hauses wie die Vignale-Modelle und der neue Ford Mustang sollen nur hier präsentiert werden.
Für die Vignale werden in den Stores lederne Sitzecken, Vignale-Lounges, etabliert, in denen die Kunden von speziell ausgebildeten Beratern bedient werden. Und in der man – natürlich im Wesentlichen lederne – Vignale-Accessoires erwerben kann wie Hand- oder Reisetaschen.

Noch wichtiger für die Kunden, so vermuten wir, sind „Zückerchen“ wie ein Hol- und Bringdienst zu Wartungs- und Reparaturterminen oder eine kostenlose monatliche Wagenwäsche (solange der Erstkäufer im Besitz des Wagens ist) oder eine begleitende (Innen-)Reinigung zu jeder Inspektion. Und nicht zuletzt eine 24-Stunden-Hotline für alle Fragen rund um den Vignale. Das soll dem Vignale-Käufer vermitteln, ein besonderer Ford-Kunde zu sein.

Bezahlt werden muss das alles natürlich auch – der Basispreis für den Vignale liegt bei 40.700 Euro. Etwa 5.900 Euro höher als bei einem vergleichbaren, „normalen“ Mondeo.

Fazit: Schick, Premium-light

Nach den ersten Fahrtests entpuppt sich der Ford Mondeo Vignale als richtig gutes Auto – auch die Basisversion des neuen Mondeo hatten wir ja als großen Schritt vorwärts von Ford gesehen. Allerdings fehlt das „Wow-Gefühl“ beim Einsteigen, die richtig große Überraschung, die wohl notwendig ist, damit Ford wirklich die Premium-Marken mit dem Vignale ärgern könnte. Die Abrundung des Fahrzeug-Parks nach oben ist Ford damit aber gelungen. Ein weiterer interessanter Aspekt könnte sein, dass Kunden von Premium-Herstellern, die schon mehrfach Opfer von Raubzügen auf fest installierte Navigationsgeräte waren, auf eine scheinbar unauffälligere Nicht-Premium-Marke wechseln möchten – ein Effekt, den die Polizei jüngst Autogefühl berichtet hat. Bei den Bestandskunden geht es Ford um 10 bis 15 Prozent, so Ford Deutschland-Chef Mattes, die bereit sind, ein paar Scheine mehr auf den Tisch zu legen. Wenn es denen auf Optik ankommt, dann könnte der Vignale die Lösung sein. Technisch ist aber auch schon der normale Mondeo ein für seinen Preis äußerst konkurrenzfähiges Gefährt.

Text & Fotos: Autogefühl, Holger Majchrzak
Zusätzliche Studio-Fotos: Ford

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