Cadillac ATS Coupé Testbericht

Mit dem Mittelklasse-Modell Cadillac ATS greift die amerikanische Marke nun nach dem europäischen Markt. Besondere Image-Akzente soll dabei das neue Cadillac ATS Coupé setzen, der Dreitürer. Der Cadillac ATS ist der Gegenentwurf zum BMW 3er bzw. hier im speziellen Fall das Coupé zum frisch umbenannten BMW 4er Coupé, eine spannende neue Begegnung bei uns im Fahrbericht. Von Thomas Majchrzak

Seit Herbst 2012 wird der Cadillac ATS in Amerika vermarktet, nach dem Rückzug von Chevrolet vom europäischen Markt will General Motors nun die Präsenz von Cadillac als Edelmarke auch hierzulande pushen. Angeboten werden sollen in Europa grundsätzlich das Riesen-SUV-Schiff Escalade, das Full-Size-SUV SRX, die Limousine der Oberen Mittelklasse CTS sowie der ATS als Fünftürer und als dreitüriges Coupé. Im vergangenen Jahr ist in Deutschland allerdings noch nicht viel passiert, es wurden lediglich gut 28 Cadillac ATS zugelassen, darunter sicher noch die meisten als Vorführer oder Präsentationsfahrzeuge. Und 20 Cadillac SRX. In 2015 wird die Bilanz wohl nicht groß anders aussehen, wie die aktuellen KBA-Zahlen verraten. Woran liegt das?





Der Einstiegspreis des Cadillac ATS Coupé beginnt bei 39.600 Euro (ATS Limousine 36.600 Euro). Zum Vergleich: Ein BMW 4er Coupé beginnt bei 36.050 Euro. Das heißt: Man will nicht günstiger sein, sondern vielleicht sogar noch exklusiver. Allerdings kann man die Basispreise nicht direkt vergleichen, weil das Cadillac ATS Coupé nicht wie bei Audi, BMW und Mercedes weitgehend nackt kommt, sondern direkt mit einer umfangreichen Ausstattung, wie wir in der Interieur-Beschreibung weiter unten sehen. Insgesamt kann man also im Lichte der Konkurrenz von einem sehr marktfähigen Preis sprechen.

Exterieur

Das Cadillac ATS Coupé erinnert vom Design an den größeren Bruder CTS. Vielmehr sind sie sich sogar verblüffend ähnlich. Aber sie bringen eine andere, kantige Designsprache auf den deutschen Markt, und nach den Sterben einiger Automarken ist das eine willkommene Abwechslung.

Die Scheinwerfer sind wie an einer Schnur entlang gezogen und eröffnen die seitliche Designlinie, die über das gesamte Fahrzeug nach hinten gezogen wird und geschickt von den Heckleuchten eingefangen wird.

Beim Anblick von vorne dominiert ami-typisch der massive Frontgrill mit dem breiten Logo und der Powerdome auf der Motorhaube. Und dabei wird direkt klar, dass dieses andersartige, für europäische Verhältnisse mächtige Design ein guter Kaufgrund sein kann. Wer die Standard-Gesichter von Audi, BMW und Mercedes leid ist, der hat hier eine Alternative. Die Farbe unseres Testwagens, Red Obsession, passt dabei besonders gut zum emotionalen Anspruch des Fahrzeugs.

Zwischenfazit von außen: Auf jeden Fall ein Auto mit Wow-Faktor. Besonders viel Freude macht das konsequente Design-Thema der symmetrischen Aufteilung mit V-Form, das an vielen Stellen außen wie innen zu finden ist.

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Interieur

Das Interieur wirkt in puncto Knöpfe aufgeräumt, aber zeichnet sich deutlich von den cleanen deutschen Innenräumen ab. Es erinnert in manchen Elementen, etwa in der Anmutung, beim Schalthebel oder bei der Einlassung des Touchscreens ein wenig an den Infiniti Q50, der ja auch primär auf den amerikanischen Markt abzielt. Der entscheidende Unterschied ist aber, dass Cadillac nicht wie die asiatischen Hersteller primär auf runde Formen setzt, sondern Kante anlegt. Geschickt wird das Design-Thema vom Kühlergrill in der Mittelkonsole aufgenommen, in dem diese von der Mitte aus zu den Seiten ebenfalls in V-Form „wegläuft“. Kunstleder-Applikationen zieren hochwertig die Innenseiten der Türen, ebenso gefallen die Alu-Look-Zierleisten. Man hat sich viel Mühe beim Design gegeben, an manchen Stellen ist es aber vielleicht ein wenig overdone, etwa bei den vierfach-überlappenden unterschiedlichen Elementen am Armaturenbrett auf der Beifahrerseite.

Weitere Überraschungen erleben wir bei der Bedienung: So gibt es an der Mittelkonsole keine Knöpfe zum Hereindrücken, sondern Tastenfelder, die per Vibration eine Rückmeldung zum Drücken der Taste geben. Das ist andersartig und irgendwie witzig, aber nicht wirklich hilfreich. Man kommt so in der Regel langsamer zum Ziel als bei anderen Systemen. Auch bei der Einparkhilfe wird mit Vibration gearbeitet, so bekommt man einen kleinen Vibrationsstoß ins Gesäß, wenn man droht, das Fahrzeug vorne gegen einen Pfahl zu setzen.

Die Ausstattungslevels teilen sich auf in Elegance, Luxury, Performance und Premium. Die Niveaus steigen etwa in 3.000-Euro-Schritten auf. Wohl gemerkt liegt Premium über Luxury, namentlich eine zweifelhafte Wahl.

Und das zählt bereits zur umfangreichen Serienausstattung:

– 2.0 Liter Turbo mit Heckantrieb und 276 PS (8,3 Liter / 100 km offizielle Angabe bzw. 8,8 mit Allrad – Testverbrauch: 10,5 l / 100 km)
– 0-100 km/h in 6,2 Sek.
– 6-Gang-Automatikgetriebe
– Xenon-Scheinwerfer mit adaptivem Kurvenlicht
– Sportpedale aus Aluminium
– Kunstleder Sitzbezüge – vorne & hinten (sehr lobenswert, dies zu verwenden und dies auch zu kennzeichnen!)
– Tempomat
– Rückfahrkamera
– Zweizonen-Klimaanlage
– Bluetooth mit Audiostreaming und Telefonverbindung
– 9-Laut-Sprecher-System von Bose
– 18 Zoll Alufelgen

Ab dem Niveau Luxury ist zusätzlich dabei:
– Sportsitze und Bezug mit Echtleder
– Sitzheizung
– Lenkrad beheizt
– Einparkhilfe-Sensor vorne und hinten
– 10 Lautsprecher

Das geht immer extra:
– Panoramadach 1.000 Euro
– Assistenzsysteme-Paket 2.500 Euro
– Navi 1.000 Euro (außer bei Premium-Niveau, dort inklusive)

Heißt: Eigentlich kann man das Cadillac ATS Coupé locker als Basisversion kaufen, das meiste ist direkt drin.

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Am oberen Ende der Preisklasse gibt es ferner bald die Sportversion ATS-V ab 74.900 Euro mit 3.6 l Twin-Turbo V8 und 450 PS. Dieser soll in unter 4 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen.

Fahrverhalten

Das kompakte und bullige Lenkrad vermittelt ein anderes Gefühl als bei der Konkurrenz, warum auch nicht. Die Lenkung selbst ist sportlich-straff ausgelegt, insbesondere im Sport-Modus. Im Tour-Modus lässt sich das Lenkrad dann leichter bedienen, was in der Regel für den Alltag besser ist. Der Lenkweg könnte etwas kürzer sein.

Der 2.0 Liter Turbomotor hält sich bei normaler Fahrt tendenziell zurück und dient als ruhiger Alltagsmotor. Beim Druck aufs Gaspedal schlägt er nicht sofort los wie einer mit großem Hubraum, sondern wartet kurz bis zum Einsetzen des Turbos – und dann geht die Hölle los. Ein großes Sound-Erlebnis liefert er nicht. Aber immerhin gibt es außen schon zwei schöne Endrohre.

Das Fahrwerk wirkt ausgeglichen, tendenziell sportlich. Bei Schlaglöchern kann es etwas ruppig werden, aber der gute Bodenkontakt vermittelt generell viel Fahrspaß. Kurvenräubern und zügiges Stadt-Fahren bringen so Abwechslung in den Alltag.

Wir fahren die optionale Allrad-Variante (basismäßig Heckantrieb), bei der die Reifen dann beim Treten aufs Gaspedal nicht durchdrehen. Das Drehmoment wird auch auf die Vorder-Räder geleitet und sorgt so für eine harmonischere Beschleunigung. Das macht das Fahrzeug besser kontrollierbar und auch fitter für den Winter.

Das optionale Head-Up-Display ist klar in der Darstellung und kann in Höhe, Helligkeit und Anzeigeumfang verstellt werden und hilft dabei, den Blick nicht unnötig von der Straße abzuwenden.

Fazit: Das Cadillac ATS Coupé ist eine erfrischende Abwechslung bei den Mittelklasse-Coupés. Das Design ist unverwechselbar und amerikanisch prägnant und hat daher einen unique selling point – gerade in Verbindung mit einer dramatischen Farbe wie dem gezeigten Obsession Red ein herrlich emotionales Gebilde. Gestaltung und Verarbeitung des Innenraums sind grundsätzlich solide, wobei zu den deutschen Premium-Konkurrenten noch Luft nach oben bleibt. Die ungewohnten Features wie die Touchbestätigung von Druckflächen per Vibration ist zwar abwechslungsreich, in der Praxis aber nicht effektiv. Der Fahrspaß kommt dagegen keineswegs zu kurz und die sportliche Abstimmung gepaart mit dem hochdrehenden Motor bringt Freude in den Alltag. Wer in dieser Klasse etwas unverwechselbares haben möchte, der liegt mit dem Cadillac ATS Coupé genau richtig, gerade optisch. Dass das Modell in Deutschland bislang kaum verkauft wird, ist sehr verwunderlich – das sollte sich ändern, wenn es nach und nach bekannter wird.

Text & Fotos: Autogefühl, Thomas Majchrzak

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