Neuer Renault Espace im Test Fahrbericht

13 Jahre hat es gedauert, jetzt bringt Renault die Neuauflage des Espace. Ein Name, der als Synonym für einen Großraum-Van steht, der jetzt aber nicht mehr unbedingt ein Großraum-Van sein möchte. Wir haben uns das neue Konzept des neuen Renault Espace im Fahrbericht angesehen, mit einigen Überraschungen. Von Thomas Majchrzak

Einst hat der Renault Espace das gesamte Segment begründet. Nun ist er in der fünften Generation angekommen und möchte etwas ganz neues ausprobieren. In vielerlei Hinsicht zeigen sich die Franzosen mutig und wir sind gespannt, ob dieser Mut belohnt wird. Los geht es mit dem neuen Renault Espace bei 33.550 Euro mit dem 130 PS Diesel.





Exterieur

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Renault wagt mit dem neuen Espace einen völlig neuen Vorstoß in dieser Klasse. Der Espace ist flacher als ein klassischer Großraum-Van und die Türen sind recht weit hochgezogen, so dass sich eine flache Fensterlinie ergibt. Das streckt das Fahrzeug optisch in die Länge (4,85 m) und lässt es noch flacher erscheinen – obwohl die Gesamtlänge so geblieben ist wie bei der großen Vorgänger-Version Grand Espace. Der Effekt wird noch weiter durch die geschwungen hochfließende letzte Seitenscheibe verstärkt. In der Front gibt es eine klar gezogene, aber geschwungene horizontale Linie, die in die neuen LED-Scheinwerfer überleitet. Das Renault-Logo ist riesig und prominent platziert. Und am Heck formen die Rückleuchten eine Form, die man so auch noch nie gesehen hat. Insgesamt schafft Renault etwas völlig neues, an das sich das Auge erst einmal gewöhnen muss. Der neue Renault Espace fällt zumindest sofort auf, und wir finden, es ist gut, wenn ein Hersteller mal Mut beweist. Allein schon durch das Äußere hat der neue Renault Espace somit einen unique selling point, denn er hat Charakter, ist einzigartig. Für alle Autokäufer, die den Einheitsbrei satt sind, eröffnet sich hier also eine völlig neue Perspektive. Die ersten Reaktionen von Autogefühl-Leser und -Zuschauern zum Design sind in der Tat auch sehr positiv.

Interieur

Auch im Interieur versucht Renault etwas Neues. Schwarzes Hartplastik sollte so weit wie möglich verschwinden und das ist es auch. Dafür gibt es nun viele saubere und glatte Flächen, denn ein Knöpfe-Wirrwarr findet man fast vergebens. Blickfang ist der zentrale Touchscreen in der Mitte, über den nun alles läuft – ähnlich wie beim Tesla Model S, nur nicht ganz so riesig. Die Größe ist aber genau richtig gewählt. Und die Reaktionszeiten sind kurz, die Übersicht gut. Optional gibt es Luxus-Features aus der Oberklasse wie eine Sitzmassage, die zwar nicht ganz an Mercedes & Co. heran reicht, aber schon viel mehr bietet als nur eine sich vor- und zurückbewegende Lordosenstütze. Für den Ausblick nach draußen bietet Renault ein großes Panoramadach an, dessen Glasfläche sich bis hinten in den Fahrgastraum durchzieht. Und zu öffnen ist es auch, so dass fast Cabrio-Feeling entsteht. Auch der neue Automatik-Wählhebel erinnert optisch eher an die Premium-Klasse. Lediglich in der Bedienung fühlt er sich sehr locker und klapperig an. Weitere Interieur-Mängel sind schwer zu finden, so ist zum Beispiel der Drehknopf für das Panorama-Dach nicht so wertig verarbeitet und die Systematik zwischen Glasdach öffnen und Sonnenschutz ist nur schwer zu entziffern. Außerdem kann man das Dach nur mit angelassenem Motor bedienen, die Bordelektronik reicht offensichtlich dafür nicht aus. Dass wir allerdings die Verarbeitungsmängel schon suchen müssen, spricht ganz klar für das neue Interieur. Gerade das Interieur des neuen Renault Espace wird somit die gesamte Marke einen großen Schritt voran treiben und auch ganz neue Käuferschichten ansprechen.

Das neue attraktive Design hat natürlich durchaus einen Nachteil: Große Fahrer haben nach oben hin nicht allzu viel Platz. Mit 1,90 m passt es noch, darüber wird es schwieriger. Für die meisten wird es also passen, im Zweifelsfall sollte man als 2-Meter-Mensch dann auf das Panorama-Dach verzichten.

Wir haben hier das Top-Interieur Initiale Paris getestet, damit und mit dem stärkeren Diesel kommt man dann zum Endpreis des Renault Espace von knapp 50.000 Euro. Immer noch eigentlich ein recht guter Deal, wobei wir aus Preis-Leistungs-Gründen das mittlere Ausstattungsniveau anraten würden. Zudem sehen die Ledersitze zwar toll aus, aber Sitze ohne Leder haben immer bessere Klimaeigenschaften und auch moralische Vorteile.

Die Sitze der zweiten Sitzreihe lassen sich einzeln verschieben. Zusätzlich gibt es weitere Sitze zum Ausklappen für die dritte Sitzreihe. Diese sind lediglich für Kinder nutzbar, denn Erwachsene können hier nicht, wie etwa im neuen Audi Q7, die Füße unter die Sitzbank davor stellen. Das Kofferraumvolumen variiert je nach Sitzklappung von 680 bis 2101 Liter. Extrem praktisch lassen sich alle hinteren Sitze entweder über den großen Touchscreen oder mit Knöpfen im Laderaum elektronisch herunterfalten. So hat man ohne Mühe im Handumdrehen eine ebene Ladefläche.

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Gehen wir näher auf die Ausstattungslinien ein, sie staffeln sich in Life, Intens und Initiale Paris. Während die Basis-Motorisierung 130 PS Diesel mit Basis-Trimlevel Life auf 33.550 Euro kommt, sind es in der Top-Ausstattung Initiale Paris mit 160 PS Diesel 46.200 Euro. Zum Vergleich: Der VW Sharan bewegt sich von 32.000 bis 43.900 Euro. Renault möchte also keineswegs eine günstige Alternative stellen, sondern stößt eher Richtung Exklusivität vor.

Die Ausstattungsdetails (ein Trimlevel höher kostet jeweils ca. 5.000 Euro Aufpreis):

Life
• Einzelsitze in der 2. Sitzreihe
• 3D Sound by Arkamys mit 8 Lautsprechern
• 2-Zonen-Klimaautomatik
• 8,7″ Touchscreen
• 17″ Leichtmetallfelgen „Aquila“
• Easy Life Schubfach mit 12 l Fassungsvermögen, 
gekühlt und beleuchtet
• Einparkhilfe vorne und hinten sowie Sensoren 
an den Seiten
• ESP mit Extended Grip und Berganfahrhilfe
• Innenrückspiegel automatisch abblendbar
• Keycard Handsfree
• Licht- und Regensensor
• Modulares One-Touch-Folding: Umklappen der Sitze, 
Bedienung über Multifunktions-Touchscreen R-Link 2 
oder Bedieneinheit im Kofferraum
• Panorama-Windschutzscheibe
• Renault R-Link 2: Online-Multimedia-System inkl. 
Navigation mit Kartenmaterial für Deutschland, 
Bluetooth®, USB
• Stoffpolsterung Life
• Tempopilot mit Geschwindigkeitsbegrenzer
• Voll-LED-Scheinwerfer LED PURE VISION

Intens
• 18″ Leichtmetallfelgen „Lapiaz“
• Begrüßungslicht und Ambiente-Beleuchtung1
• Beheizbare Vordersitze
• Digitalempfang (DAB)
• Fernlichtassistent
• Getönte Heck- und Seitenscheiben
• Nappalederlenkrad
• Notbremsassistent
• Sicherheitsabstands-Warner
• Sonnenjalousien
• Spurhalte-Warner
• Stoff-/Tetxtillederpolsterung Intens
• Sun Protect Windschutzscheibe mit integrierter 
Reflexionsschicht
• Toter-Winkel-Warner
• Verkehrszeichenerkennung mit Geschwindigkeits
warner

Initiale Paris
• 3-Zonen-Klimaautomatik

• 19″ Leichtmetallfelgen „Initiale Paris“

• Adaptives Fahrwerk (EFA)

• Allradlenkung 4Control

• Beheizbare Windschutzscheibe

• Bose® Surround Sound-System mit 12 Lautsprechern
• Europakarte für Renault R-Link

• Nappalederpolsterung
• Relax-Kopfstützen in der ersten und zweiten Reihe

• Rückfahrkamera

• Vordersitze 10-fach elektrisch einstellbar

Motoren

1,6 Liter Diesel mit 130 PS
1,6 Liter Diesel mit 160 PS
1,6 Liter Benziner mit 200 PS

Fahrverhalten

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Wir testen den 1,6 Liter Diesel mit 160 PS, der auch zu empfehlen ist. Beim Benziner erwarten wir für dieses Auto einen eher zu hohen Verbrauch, und der schwächere Benziner hat ein bisschen zu wenig Power für den Wagen. Also: Der 160 PS Diesel ist die richtige Wahl. Dieser kann den Renault Espace dann auch auf der Autobahn noch ausreichend für Überholmanöver bewegen. Wobei man mit dem Renault Espace ohnehin lieber dahingleitet.

Die Lenkung ist in den ersten Grad-Winkeln etwas leblos, dann spricht sie aber an und bewegt das Schiff auch überraschend agil – wenn man denn die Option der neuen Hinterradlenkung hat. „Hier kommen dann unsere guten Händler ins Spiel, auf die wir so stolz sind“, so Renault-Sprecher Thomas May-Englert. Denn die treuen Händler, auf die man in der Deutschland-Zentrale setzt, sollen den Kunden die Extras vermitteln, die für das Fahrzeug wichtig sind. Die Top-Ausstattung muss es nicht sein, aber eben die Allrad-Lenkung. Denn mit dem System 4Control führt Renault wie beim Porsche 911 Turbo S wieder eine Hinterradlenkung ein. Das System ist zwar nicht wirklich neu, auch nicht bei Renault, aber war effektiv irgendwie in Vergessenheit geraten. Und so funktioniert es: Die Hinterräder werden beim langsamen Fahren um 3,5 Grad entgegen der Fahrrichtung eingeschlagen, um den Wendekreis zu verkleinern. So erzielt der neue Renault Espace einen Wendekreis von 11,10 Metern. Allgemein nicht super wenig, aber für ein Fahrzeug mit 2,88 Metern Radstand sehr beachtlich. Und bei höheren Geschwindigkeiten lenken die Räder mit der Fahrtrichtung, um die Stabilität zu erhöhen. Beides fühlt man beim Fahren deutlich. Auf der Landstraße merkt man, dass sich der Espace zackiger und stabil von links nach rechts bewegt, beim Langsamfahren fühlt sich der Espace mit Allradlenkung eher an wie ein Kompaktwagen. Chapeau!

Generell verspricht der neue Renault Espace ein entspanntes Reisen, denn durch den großen Vorbau der Frontscheibe hat man nach vorne hin ein geräumiges Gefühl. Und mit vier Erwachsenen kann man ohnehin ohne Probleme reisen und auch noch Gepäck mitnehmen. Durch den nicht vorhandenen Mitteltunnel kann auch ein fünfter Erwachsener sogar komfortabel mitfahren.

Fazit: Der neue Renault Espace spielt zwar noch in der Liga der großen Vans, will aber noch mehr sein – und kann es auch. Außen wie innen zeigt er Charakter wie kaum ein anderes Fahrzeug derzeit und erarbeitet sich dadurch ein Alleinstellungsmerkmal. Die Interieur-Qualität ist für Renault ein Meilensprung und wird das Image der gesamten Marke mit nach oben ziehen. Preislich ist der Renault Espace für das, was er bietet, ein großer Hit. Wer ein außergewöhnliches Auto haben möchte mit viel Platz und einer sehr guten Anmutung im Innenraum, aber dafür aber kein Premium-Geld ausgeben möchte, hat hier nun eine neue Alternative. Alles andere als ein langweiliger Familien-Van.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Holger Majchrzak

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