Neuer Audi A4 Limousine & Avant – Bestseller auf neuer Plattform

Die A4 Familie ist das Herzstück von Audi, 12 Millionen Stück wurden bisher verkauft. In direkter Konkurrenz stehend zum 3er BMW und zur Mercedes C-Klasse müssen die Ingolstädter diese Familie besonders pflegen. Wir konnten exklusiv einen Blick auf den neuen Audi A4 werfen. Von außen moderat verändert ist unterm Blech fast alles neu und vor allem der Innenraum setzt High-Tech-Maßstäbe. Von Holger Majchrzak





Fragt man die Chefentwickler des neuen A4, was an ihrem Auto besonders hervorzuheben ist, so nennen sie das progressive Design, die neuen Motoren, die Assistenz-Systeme und das Infotainment. Salopp verschweigen sie, dass der A4 als Limousine oder Avant natürlich traditionell auch eine Familienkutsche ist und daher Raumangebot oder Sparsamkeit auch im Fokus der Entwickler standen. Beginnen wir mit dem Design.

Exterieur

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Aus einer gewissen Entfernung betrachtet, ist der neue Audi A4 der alte A4. Erst bei näherem Hinsehen und Interesse für das Detail erkennt man, dass schon beträchtlich gefeilt wurde und die Designer für die Fertigung vieles neu entworfen haben. Etwa die superbreite Motoraube, etliche feine Design-Linien, die um das komplette Fahrzeug geführt werden oder winzige Erhebungen etwa an den Spiegeln, die Aerodynamik und Geräuschentwicklung beeinflussen. Selten wurde an einem Auto äußerlich so viel im Detail verändert, was man erst nach und nach entdeckt. In der Ausstrahlung wirkt der neue Audi A4 etwas schärfer, etwas maskuliner, aber jederzeit harmonisch. Will man ein Auto bauen, das Bestandskunden nicht erschreckt, aber doch den Anspruch hat, „neu“ zu wirken, dann könnte es so aussehen. Wir wollen zugestehen, dass Mut für radikale Lösungen nicht zu entdecken ist – aber muss man ausgerechnet die Milchkuh des Unternehmens in einen Bullen verwandeln? Ökonomisch wäre es wohl verkehrt.

Auch die grundsätzlichen Abmessungen sind bis auf ein paar Zentimeter gleich geblieben. Völlig neu ist jedoch die Plattform, der Modulare Längsbaukasten (MLB). Dieser kam zum ersten Mal beim neuen Audi Q7 zum Einsatz und jetzt eben hier. Die Flexibilität dieses Baukastensystems wird damit auch klar, weil der Q7 schließlich viel größer ist. Der neue Baukasten bringt eine Gewichtsersparnis von bis zu 120 kg mit sich.

Interieur

Wenn die Designer außen mit dem feinen Werkzeug gearbeitet haben, ließen sie innen die Abrissbirne wirken und konstruierten alles neu. Von LED-Ambiente-Beleuchtung bis zum Luftdüsenband mit vornehmer Eleganz, vom volldigitalen (optionalen) Kombiinstrument Virtual Cockpit bis zum Head-Up-Display mit Oberklasse-Technik. Wir sind beeindruckt, wie radikal hier alte Zöpfe abgeschnitten und die Wertigkeit nach oben getrimmt wurde, wenn auch das meiste von dem richtig Schönen eben optional ist, das heißt zusätzlich Geld kostet.

Zum Beispiel auch das bereits oben angesprochene Infotainment-System. Satter 3D-Klang, Tablets für die Rücksitze, Einbindung von Apple- und Android Handys mit ausgewählten Apps, W-LAN Hotspot für Passagiere, was technisch zur Zeit topaktuell ist, liefert das System, bei dem wir auch die natürliche Sprachsteuerung loben wollen. Klar ist aber, dass mit der möglichen Zusatzausstattung der Grundpreis – soll knapp über 30.000 Euro liegen – locker die 40.000er Marke knacken wird.

Zu den Optionen zählen auch vielfältige Assistenz- und Sicherheitssysteme, von denen einige bisher nur in Oberklasse-Modellen zu haben waren. Hier bietet der neue Audi A4 die ganze Palette, Adaptiv Cruise Control inklusive Stauassistent, Active Lane Assist, Park-, Querverkehrs-, Abbiege-, Ausweich-Assistent und noch vieles mehr. Prinzipiell ist das Fahrzeug sehr nahe beim autonomen Fahren, hat bis zu 90 kleine Steuerungs-Komponenten an Bord.

Was im Innenraum noch positiv auffällt, sind kleine Verbesserungen mit Pfiff, etwa im Avant, der abgedeckte Riegel für die Heckklappe. Hier konnte man sich schon mal Einkaufstüten aufreißen oder teure Koffer beim Einladen verschrammen, jetzt ist der Haken bündig abgedeckt. Einen Haken für die Handtasche im Kofferraum hatte ich bisher allerdings nicht wirklich vermisst, aber ich habe auch keine Handtasche. Vielleicht ist diese Idee ja doch ein Verkaufsargument…

Motoren

Die oben erwähnte Gewichtsersparnis durch die neue Plattform kombiniert mit äußerst günstigen cw-Werten – für die Limousine mit 0,23, den Avant 0,26 – sorgt per se schon mal für bessere Verbrauchs- und niedrigere Emissionswerte als beim Vorgängermodell. Dazu spendierte Audi dem neuen A4 noch eine Motorenpalette, die ebenfalls im Vergleich zu den Vorgängern um bis 21 Prozent Kraftstoff spart.
Die Motoren reichen von 150 bis 272 PS. Es wird auch einen Plugin-Hybriden geben, der 50 km rein elektrisch fahren soll. Später folgen auch noch die Sportversionen S und RS, angeblich mit bis zu 500 PS.

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Ausblick

Bei der Produktvorstellung konnten wir uns das neue Fahrzeug im Foto-Studio ansehen, die Testfahrten folgen später im Herbst, der Wagen soll auch noch seinen ganz großer Auftritt auf der Automobilmesse in Frankfurt haben. Deswegen ist zu den Fahreigenschaften seriös noch gar nichts zu sagen. Im Laden steht der neue A4 in Europa im November, in den USA Anfang 2016. Aber er kann schon Mitte des Jahres vorbestellt werden. Audi rechnet allein durch die Bilder vor allem des Innenraumes und die gesprächswertigen Innovationen am Fahrzeug mit jeder Menge Vorbestellungen von Käufern, die das Auto gar nicht direkt vor Augen gehabt haben. Der neue A4 sei ein Lifestyle-Produkt, das auch gern mal vor der Markteinführung geordert werde.

Abmessungen

4,73 Meter Länge, 2,82 Meter Radstand, Breite 1,84, Höhe 1,43 – das sind die Proportionen des neuen A4/A4 Avant. Wobei Audi betont, es sei damit auch der längste Innenraum im näheren Konkurrenzfeld und der meiste Platz für die Schultern geschaffen worden. Ein Auto, das also auch Menschen jenseits des Zwergwuchses glücklich macht. Getestet sitzt man vorne sehr, sehr gut, auf den Rücksitzen ordentlich, ab 1,90 Größe wird es hinten langsam kritisch.

Fazit:

Audi glaubt sich mit dem neuen A4 an die Spitze des Wettbewerbsfeldes gesetzt zu haben, also vor den 3er BMW und die C-Klasse. Einige technische Daten – Aerodynamik, Geräuschkomfort – geben das sogar objektiv her. Der Rest ist wie immer Geschmackssache, in diesem illustren Feld gibt es keine schlechten oder suboptimalen Autos mehr, sondern nur noch Qualität, die sich in Winzigkeiten unterscheidet. Der neue Audi A4 ist ein Auto geworden, das die Konkurrenten nicht in Ohnmacht versetzt, aber im Detail schon zum Nachdenken bringen wird, das im besten Sinne massentauglich ist, also an die Verkaufserfolge der A4 Familie anknüpfen kann. Manchmal muss man das Auto gar nicht neu erfinden oder so tun, sondern es nur solide auf den Stand der Zeit bringen. Geschafft. Wir freuen uns auf die Testfahrten, um dieses Urteil bestätigen zu können.

Text: Autogefühl, Holger Majchrzak
Fotos: Audi

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