Lexus NX 300h Testbericht – neues Lexus Kompakt-SUV

Während der Lexus RX als großes SUV weltweit bekannt ist – und als einer der meistgeklauten Autos auch besonders unter Langfingern beliebt – hat Lexus nun erstmals ein Kompakt-SUV auf den Markt gebracht – der Lexus NX 300h als Hybrid frisch bei uns im Test. Von Thomas Majchrzak

Gegenüber dem Lexus RX (4,77 m) ist der neue Lexus NX (4,63 m) nur 14 cm kürzer, ein großer Klassenunterschied besteht also eigentlich gar nicht. Das dürfte auch RX-Kunden zum NX locken, die vielleicht das neuere und agilere Fahrzeug bevorzugen. Zudem kommt der NX deutlich günstiger, etwa 15.000 Euro liegen zwischen NX und RX. Einige Teile erhält der Lexus NX vom Konzernbruder Toyota RAV4, insbesondere bezogen auf die Grundstruktur. Damit soll der neue Lexus NX der Beststeller der Marke werden – und das wird er garantiert. Wir erklären, warum.

Exterieur

LexusNX_300h_autogefuehl008

LexusNX_300h_autogefuehl009

LexusNX_300h_autogefuehl010

LexusNX_300h_autogefuehl005

LexusNX_300h_autogefuehl006

LexusNX_300h_autogefuehl001

Als die Studie das Fahrzeugs 2013 zum ersten Mal auf der IAA zu sehen war, fiel das Urteil der meisten Betrachter negativ aus: Es schien, als hätte ein Samurai sein Schwert angelegt und das SUV angeschnitten. Und in der Tat hat der Lexus NX viel vom Aufsehen erregenden Design behalten. Vielleicht ist das aber auch nicht die verkehrte Weg, um sich von anderen eher biederen Kompakt-SUVs abzusetzen. Nach eigenen Angaben haben sich die Lexus-Designer von geschmolzenem Metall inspirieren lassen.

Vorne fallen die zackigen Scheinwerfer (serienmäßig in LED) auf sowie die besondere Form der Kühlergrill-Einfassung, die aus zwei geschwungenen Stäben besteht. Und genau diese Design-Form werden wir später auch an der Mittelkonsole wiederfinden. Solche wiederkehrenden Thematiken gefallen. Die Heckleuchten haben eine L-Form, greifen damit das L aus dem Lexus-Logo auf. Die formschönen Außenspiegel sind strömungsoptimiert, genau wie der Unterboden.

Die Seitenlinie zeigt durch die verspielten Linien erneut Einzigartigkeit, wobei man ihn mit einem Mazda CX-5 verwechseln könnte. Das ist durchaus ein Problem, denn das Design wirkt zwar abwechslungsreich, aber nicht bewusst hochwertig. Keineswegs minderwertig, das ist nicht gemeint, aber man erkennt dem Lexus NX seinen Premium-Charakter nicht direkt von außen an. Die Felgen kommen serienmäßig in 17 Zoll, die höheren Ausstattungslinien tragen 18 Zoll. Die hier gezeigte Farbe heißt Basaltgrau Mica.

Interieur

Im Innenraum ist dagegen schnell klar, wo der Hammer hängt. Die Verarbeitung von Türinnenseiten, Armaturenbrett, Sitzen und Bedienelementen ist mehr als tadellos. Bis ins Detail fühlt sich die Haptik sehr gut an. Die Sitze bieten für ein SUV einen großen Seitenhalt und erhalten schlichtweg das Prädikat extrem bequem. Neben dem Volvo XC60 sind dies die wahrscheinlich besten Sitze im Kompakt-SUV-Segment. Beim Lexus NX kam dabei eine Integral-Schaumtechnik zum Einsatz, diese Schaumstoff-Kerne zeichnen sich dadurch aus, dass mit einem Schaumstoff-Guss eine Form ensteht, die von einem zum anderen Ende eine unterschiedliche Dichte hat. Standardmäßg sind die Sitze mit Stoff bezogen, unter dem Namen „Ecoluxe“ gibt es ferner eine Kunstlederoption in drei Farben, klasse. Das ist dann z.B. bei der Business Edition Serie. Tier-Tötendes Material gibt es dann automatisch mit der Executive-, F-Sport, oder Luxury-Line.

Herrlich findet sich das Design-Schema vom Kühlergrill in der Mittelkonsole wieder. Die ragt deutlich in den Innenraum hinein, was gewöhnungsbedürftig ist. Die darauf thronende Knopfleiste ist der Schwachpunkt im Innenraum, allerdings auf hohem Niveau betrachtet.

Der zentrale Bildschirm wird per Dreh/Drückknopf gesteuert, die Menüführung ist übersichtlich und klar. Lediglich bei Sonneneinstrahlung kann der Touchscreen etwas ausbleichen, weil er doch recht weit entfernt vom Fahrer hängt. Übrigens ist optional auch ein Head-Up-Display ist verfügbar.

Besonders beim Lexus NX 300h sind die separaten Anzeigen für das Hybrid-System. So finden wir in den Instrumenten eine zusätzliche Anzeige dafür, ob gerade Energie von der Batterie gezogen wird und diese beim Bremsen aufgeladen wird. Beim Bremsen wird zunächst voll in die Batterie wieder eingespeist, die restliche/zusätzliche Bremskraft kommt dann über die echten Bremsen.

Serienmäßig sind übrigens Airbags für Front, Knie, Seiten und Kopf (auch durchgehend nach hinten). Auch die Rückfahrkamera ist serienmäßig.

So lauten die Ausstattungslinien und deren Preise:
– Basis 39.800 Euro
– Business Edition 45.350 Euro
– Executive Line 46.000 Euro (ACC, Ledersitze, keyless, 18 Zoll)

Der zusätzliche Elektromotor hinten für Allrad-Antrieb kostet ca. 1.500 Euro extra. Dieser ist ab hier inkludiert:

– F-Sport 52.800 Euro
– Luxury Line 56.600 Euro

Beim Modell F-Sport sind Sport-Ledersitze inkludiert sowie ein Sport-Lenkrad, das adaptive Fahrwerk und 18 Zoll Felgen. Der Kühlergrill trägt ferner dann keine vier horizontalen Lamellen, sondern durchweg eine Gitterstruktur.

Schade: Die Pre-Crash Safety-Bremse ist nicht serienmäßig sondern kommt erst mit F-Sport oder Luxury Line mit. Dieser Notbremsassistent sollte immer serienmäßig sein.

Das optionale Panoramadach ist eine durchgehende Glasfläche, die allerdings nicht zu öffnen ist. Witzigerweise gibt es auch noch ein Glas-Schiebe-Hebedach, das zwar nicht über die ganze Fläche geht, aber dafür dann zu öffnen ist. Selten, dass man beide Optionen hat.

Auf der hinteren Sitzbank bleibt trotz großen Fahrern genügend Beinfreiheit, hier spielt der Lexus NX seine Größe aus. Innerhalb der Kompakt-SUVs ist er nämlich ein Riese, dadurch der großzügige Platz für die Knie. Auch der Kopfraum stimmt, zumindest ohne Panoramadach kann man hinten auch mit 1,90 m sitzen. Die Sitzposition ist SUV-gerecht auch für die weiteren Passagiere aufrecht und bequem.

Das Kofferraumvolumen beträgt nur 555 Liter, was an der im Kofferraumboden verbauten Batterie liegt. Daneben gibt es allerdings nicht ein verstecktes Stauchfach, so dass die Fläche darüber zwar nicht allzu viel Platz in der Höhe lässt, aber dafür eine ebene Ladefläche mit den umklappbaren hinteren Sitzen ermöglicht.

Eine Kleinigkeit ist uns auch noch aufgefallen: Die Lüftungsfunktion Soft sorgt für ein tatsächlich sehr weiches und angenehmes Verteilen der Luft, so dass man nicht „angestrahlt“ wird, es aber trotzdem angenehm kühler wird. Ansonsten gibt es noch eine induktive Ladestation für dafür kompatible Handys (für Apple-Geräte benötigt es eine Ladeschale).

LexusNX_300h_autogefuehl017

LexusNX_300h_autogefuehl016

LexusNX_300h_autogefuehl018

LexusNX_300h_autogefuehl019

LexusNX_300h_autogefuehl014

LexusNX_300h_autogefuehl015

LexusNX_300h_autogefuehl013

LexusNX_300h_autogefuehl011

LexusNX_300h_autogefuehl012

Motoren

Zwei Varianten stehen derzeit zur Auswahl (kein Diesel):

NX 200t
2-Liter-Turbobenziner (Vierzylinder mit 238 PS)
0 auf 100 km/h: 7,3 Sek.
ab 42.000 Euro
Beim NX 200t kommt somit zum ersten Mal bei Lexus ein Turbo-Benziner zum Einsatz.

NX 300h
2,5 Liter-Benziner (Vierzylinder mit 155 PS für den Fontantrieb) und Elektromotor (143 PS), zusammen 197 PS (kann man nicht direkt miteinander addieren)
Bei Allrad-Antrieb optional ein zusätzlicher Elektromotor für die Hinterachse mit 68 PS
Beide Elektromotoren dienen beim Bremsen als Generator zum Aufladen der Batterie.
0 auf 100 km/h: 9,2 Sek.
ab 39.800 Euro

Lexus sagt übrigens, dass das Auto am Ende des Lebenszyklus zu 85 % recycelt werden könne, inklusive der Batterie. Diese ist keine Lithium-Ion, sondern eine Nickel-Metallhydrid-Variante. Lithium-Ion-Batterien haben zwar eine größere Speicherkapazität, dafür sind die Nickel-Metallhydrid-Batterien für ihre längere Haltbarkeit und die kostengünstigere Produktion bekannt.

LexusNX_300h_autogefuehl007

Fahrverhalten

Wir bevorzugen grundsätzlich klassische Sauger- oder Boxermotoren, denn die modernen Turbomotoren zeichnen sich teilweise nicht unbedingt durch ihre Haltbarkeit aus und liegen vom Sprit verbrauch häufig deutlich über der offiziellen Angabe.

So ist es grundsätzlich nicht verkehrt, im Lexus NX 300h noch einen Sauger mit an Bord zu haben. Während einige Hybrid-Systeme ohne Plugin auf ganzer Linie versagen, ist die Technik bei Toyota sehr ausgereift. So ausgereift, dass es in Massen produziert wird und daher sogar günstiger ist als der Turbomotor. Melanie Uhl von Toyota Deutschland dazu: „Toyota produziert seit fast 18 Jahren Hybridfahrzeuge in Großserie, von denen bereits mehr als 7,5 Millionen in zufriedener Kundenhand weltweit unterwegs sind. Über die drei Generationen wurde konsequent Feinschliff an dieser Technik betrieben. Dies führt neben dem Volumen von fünf Hybridfahrzeugen pro Produktionsminute und der hohen Fertigungstiefe in unserem Unternehmen zu niedrigen Stückkosten, die wir an dieser Stelle an den Endkunden weitergeben können.“

In der Tat baut kein anderer Hersteller Hybridfahrzeuge in der Menge wie Toyota, interessant also, dass dann ein Hybrid günstiger sein kann als ein reiner Turbobenziner.

Beim Lexus NX gefällt uns der Hybridantrieb, weil der Übergang zwischen Elektromotor und Verbrenner stets harmonisch gestaltet wird. Zudem kann man in der Tiefgarage oder vor der Haustür lautlos rangieren – oder im Stau immer nur elektrisch schrittweise voranfahren. Ob es viel für den Verbrauch ausmacht, ist jedoch zu bezweifeln. Denn die Batterie wird ja nicht separat geladen. Die gewonnene Energie übers Bremsen macht aber zumindest ein bisschen was aus, vielleicht einen halben Liter auf 100 km, immerhin.

Wie stark die Batterie genutzt werden soll und wie viel Gas das Fahrzeug direkt annimmt, entscheidet man über einen Drehknopf. Eco für geringe Gasannahme und Elektro-Unterstützung zur Verbrauchsminderung, Normal für einen Mix und Sport für eine direkte Gasannahme und Power-Unterstützung durch die Batterie. Effektiv erzielen wir sehr unterschiedliche Verbräuche, grob im Bereich von 8 l / 100 km.

Das Fahrwerk ist für ein SUV durchaus sportlich, bietet aber auch jeglichen Komfort, perfekt, wie wir finden. Die Lenkung erfordert nicht allzu lange Lenkbewegungen und verhält sich durchgehend harmonisch. Drei Fahrmodi ermöglichen zudem, seinen persönlichen bevorzugten Fahrmodus zu finden. So kann man das adaptive Fahrwerk straffer machen für eine sportliche Gangart.

Die Meinung anderer Journalisten, dass der Lexus NX 300h viel zu schwach sein, teilen wir nicht. Ein SUV ist nicht zum Rasen da. Mit dem Hybrid genießt man vielmehr die Ruhe und will nicht jede krasse Beschleunigung auskosten. Ja, ein BMW X3 mit 3 Liter Diesel läuft deutlich kultivierter, keine Frage. Aber der Hybrid mit Saugermotor hat dafür auch seine Stärken. Und dass die Höchstgewschwindigkeit „nur“ bei 180 km/h liegt, darf ja wohl wirklich herzlich egal sein. Wer meint, mit einem SUV über 180 fahren zu müssen, sollte lieber kein Autojournalist sein.

Abmessungen

Länge: 4,63 m
Breite: 1,86 m (ohne Außenspiegel), 2,13 m (mit)
Höhe: 1,64 m
Radstand: 2,66 m
Gewicht: 1.790–1.980 kg

Fazit: Der Lexus NX 300h wird unser Meinung nach der meistverkaufte Lexus. Zwar ist das Exterieur gewöhnungsbedürftig, doch alle, die etwas neues, anderes haben möchten, werden sich damit eben ein wenig besonderer fühlen dürfen. Lediglich der Premium-Touch fehlt irgendwie beim Exterieur. Dieser ist beim Interieur zweifelsohne vorhanden. Erstklassige Verarbeitung gepaart mit großartigen Sitzen. Beim Fahrverhalten überzeugt der NX 300h auf ganzer Linie und bringt auch dem häufig sinnfreien Nicht-Plugin-Hybriden einen gewissen Sinn bei. Dass man einen Hybrid und einen durchaus noch großen Saugermotor schon für unter 40.000 Euro in dieser Premium-Kompakt-SUV-Kasse bekommt, sollte der Konkurrenz zu denken geben, denn mit diesen Preis fängt z.B. der neue Mercedes GLC gar nicht erst an, sondern bei 45.000 Euro. Ein Volvo XC60 T5 mit 245 PS liegt bei 41.000 Euro … und so weiter. Lexus ist mit diesem neuen Kompakt-SUV mehr als konkurrenzfähig.

Autogefühl: ****

Text & Fotos: Autogefühl, Thomas Majchrzak

LexusNX_300h_autogefuehl002