Neuer Audi A4 Avant (Kombi) Test Fahrbericht

Nach der Limousine des neuen Audi A4 testen wir nun den Kombi der jüngsten Generation des Mittelklasse-Fahrzeugs, den neuen Audi A4 Avant. Gerade in Deutschland ist diese Variante überaus beliebt, verbindet sie doch bei noch überschaubaren Abmessungen schon richtig viel Platz – und vielleicht noch mehr? Von Thomas Majchrzak

Mercedes hatte im vergangenen Jahr die C-Klasse erneuert, BMW hat jüngst ein Facelift für den 3er vorgestellt und von außen drängt auch der neue Jaguar XE in den Markt. Zusätzlich ist der neue VW Passat im Niveau derweil so weit aufgestiegen, dass er sich ebenfalls im Premium-Umfeld messen lassen kann. Die Mittelklasse ist stets hart umkämpft, gerade unter den drei großen deutschen Premium-Herstellern.

Der neue Audi A4 Avant startet bei 32.500 Euro (1.850 Euro Aufpreis gegenüber der Limousine). Zum Vergleich: Ein VW Passat Variant startet bei 27.150 Euro, die klassischen Premium-Wettbewerber von BMW und Mercedes bewegen sich alle im selben Bereich oberhalb von 30.000 Euro.




Exterieur

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Auch beim neuen Audi A4 Avant hat sich auf den ersten Blick nicht viel verändert, im Detail ist aber dann doch einiges geschehen. Der Auftritt ist breiter und spitzer, einige neue Design-Linien verschaffen – im noch dezenten Bereich – mehr Dramatik. Am auffälligsten sind die neuen Scheinwerfer, die nun nach neuer Audi-Art etwas nach innen zusammenlaufen. Zudem zeigt der A4 im Tagfahrlicht deutliche Kante. Auf den Fotos sehen wir die Top-Scheinwerfer Matrix LED, die beim Fernlicht bestimmte Bereiche aussparen können, so dass das Fernlicht länger an bleiben kann, ohne den anderen Verkehr zu blenden. Daneben sind auch gewöhnliche LED-Scheinwerfer erhältlich. Serienausstattung sind Xenon-Scheinwerfer (vorherige Generation: Halogen).

In der Seitenlinie haben es die Designer durch ein ähnliches Design des Fensterrahmen-Abschlusses hinten geschafft, dass der Kombi keinen dramatisch anderen Eindruck als die Limousine macht – nur, dass die Dachlinie danach eben nicht abfällt, sondern weiter geht. Quadratisch endet das Heck allerdings nicht, das Fenster ist leicht abgeschrägt, um das Fahrzeug dynamischer wirken zu lassen. Hier setzen andere Kombis eher auf Platz im Innenraum als auf Design. Die Frage ist dann aber, ob man im Innern tatsächlich bis zum Ladedeckel etwas sehr hohes transportiert, in vielen Fällen wir man durch diese Abschrägung wahrscheinlich eher keine Nachteile spüren. Am Heck gibt es ebenfalls neue Leuchten, die mehr „Kante“ zeigen.

Im hier gezeigten optionalen S-Line Exterieur gehören kräftigere Frontschürze, Seitenschweller und Gittermuster am Heck über dem Auspuff mit dazu. Ferner trägt unser Testfahrzeug 18 Zoll Felgen, ein guter Kompromiss aus sportlichem Look und hohem Abrollkomfort.

Beim Design wurde ferner auch an den Windwiderstand gedacht, etwa der Unterboden dafür modifiziert, so erreicht die Limousine einen cw-Wert von 0,23 und der Kombi/Avant 0,26. Auch am Gewicht wurde an vielen Ecken und Enden gespart, mit einem Basisgewicht von 1.320 kg ist die neue Generation um bis zu 120 kg leichter als der Vorgänger. Denn zum Stahl wurde noch mehr leichteres Aluminium beigemixt.

Unter dem Kleid steckt ein komplett neues Auto, denn der neue Audi A4 baut nun auf dem neuen modularen Längsbaukasten (MLB Evo) auf, den auch der Audi Q7 benutzt. Das ist auch das Konzept, so dass man unterschiedliche Autos auf derselben Plattform bauen kann. Bekanntlich kann das aber auch Probleme machen, wenn dann plötzlich Millionen von Autos vom selben Problem betroffen sind – wie jüngst bei den gefälschten Emissionswerten im VW-Konzern. Grundsätzlich macht die Strategie jedoch Sinn, viele gleiche Teile zu nutzen.

Die Abmessungen des neuen Audi A4 sind weitgehend gleich geblieben, er wächst um 2,5 cm auf 4,73 m und nur geringfügig in der Breite (plus 1,5 cm). Ab Werk wird der neue Audi A4 je nach Motorisierung mit 16 oder 17 Zoll Alus ausgeliefert.

Limousine und Avant haben dieselben Abmessungen, lediglich die Ladekante ist beim Avant niedriger – und natürlich mehr Platz im oberen Bereich des Laderaums, der nach hinten fortgeführt wird und nicht wegen der Limousinenform abfällt.

Interieur

Im Innenraum finden wir aufgrund der Verwandtschaft aus dem modularen Längsbaukasten einige Styling-Elemente aus dem neuen Q7. Optisch bestimmend sind die breit und horizontal verlaufenden Lüftungsschlitze, ein Gegenentwurf zu den sportlichen Audi-Modellen, bei denen die Lüftungsdüsen rund sind. Grundsätzlich gibt es durch die neue Bauplattform mehr Platz im Innenraum. Für die Schultern gibt es einen knappen cm mehr Freiheit, für die Köpfe vorne 2,5 cm mehr. Auch im Fond gibt es 2,5 cm mehr Kniefreiheit, in der Tat kann man hier als großer Erwachsener noch sehr gut sitzen und hat auch bei einem großen Fahrer noch genügend Knieraum. Während man bei der Limousine für sehr große Menschen im Fond eher auf ein Panorama-Dach verzichten sollte, kann man im Avant dank des Plus an Kopffreiheit auf den Rücksitzen durchaus auch das Glasdach wählen und trotzdem genügend Platz für groß gewachsene Menschen behalten. In unserem Testfahrzeug ist kein Glasdach verbaut, das lässt gerade beim Avant einen mehr als großzügigen Kopfraum. Auf Reisen gehen mit vier großen Erwachsenen – gar kein Problem, dazu braucht man keinen Q7.

Im Detail finden wir im Cockpit sehr viel Liebe zum Detail, der neue Audi A4 führt damit bei der Innenraumqualität nun das Segment an. So besitzen die Innenseiten der Türen nahezu Skulpturencharakter, geformt durch die Designlinien, um die sich dann Materialien wie Mikrofaser und offenporiges Holz schmiegen. Wahlweise kann man sich seinen A4 eher sportlich mit Alu-Inlets (Standard) oder aber eher edler mit Holz bestücken (überschaubarer Aufpreis). Letzteres zeigen wir hier im Innenraum, es fühlt sich schön natürlich an. Weitere Highlights sind die Schalter und Knöpfe, die alle mehr als hochwertig verarbeitet sind und haptisch wie akustisch eine angenehme Rückmeldung geben. Die Drehknöpfe an den Temperaturreglern bestehen aus echtem Metall und klicken akustisch schön von Stellung zu Stellung. Neu eingeführt sind die Kippschalter für die weitere Bedienung der Klimaeinheit, wenn man (bei der optionalen 3-Zonen-Klimaeinheit) mit dem Finger darüberfährt, wird der jeweilige angezeigte Modus im kleinen Zwischenscreen größer, damit man besser sieht, was man gerade kontrolliert. Dann kann man durch drücken und hochklicken die Situation verändern. Selbst die Abdeckung des 12V-Anschlusses trägt die metallerne Kreuzschraffur, das ist echte Liebe zum Detail. Man erhält hier einen Oberklasse-Innenraum in den Abmessungen einer Mittelklasse-Limousine.

Stoffsitze sind sinnvollerweise Standard, die hier gezeigte optionale Leder-Ausstattung ist aufgrund der schlechten Klimaeigenschaften und den negativen Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt natürlich nicht zu empfehlen.

Wie das Cockpit jedoch später für den Kunden konkret aussieht, hängt auch stark davon ab, was man möchte und wie viel man darin investiert: So ist optional das volldigitale Virtual Cockpit erhältlich und auch ein sehr klar zu erkennendes Head-Up-Display. Technische Highlights sind optional ferner ein 19-Lautsprecher-System von Bang & Olufsen und ein LTE-Internetzugang. Für die Rücksitze stehen als Rear-Seat-Entertainment Audi tablets (Android) zur Verfügung.

Serienmäßig sind dagegen Keyless Entry und die Bluetooth-Schnittstelle.

Das maximale Ladevolumen im neuen Audi A4 Avant beträgt bei umgeklappter Rücksitzlehne 1.510 Liter. Diese kann man im Verhältnis 40:20:40 teilen, die Teile sind zudem angenehm mit Hebeln vom Kofferraum aus umzuklappen. Allerdings finden wir hier einen der wenigen bis keinen Fehler, die der Audi A4 Avant hat: Die Sitze klappen nicht automatisch um, man muss sie manuell vom Gastraum aus weiter umklappen.

Auf dem Papier bleiben aber praktische 505 Liter Laderaumvolumen auch im Normal-Setup, 15 Liter mehr als beim Vorgängermodell. Die Ladekante liegt auf 63 cm Höhe und damit deutlich niedriger als bei der Limousine, eine serienmäßige Edelstahl-Ladekantenabdeckung sorgt für ein edles Ambiente, aber möchte auch nicht zerkratzt werden. Die Durchladebreite misst einen Meter. Optional gibt es clevere Lösungen für die Gepäckorganisation wie eine Kofferraum-Matte, verschiedene Schienen und Netze. Serienmäßig ist die elektrische Öffnung der Heckklappe, kombiniert damit, dass die Abdeckung des Laderaums automatisch auf und zu geht – toll. Ferner steht optional auch eine Gestensteuerung per Fußkick zum Öffnen der Heckklappe zur Verfügung.

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Motoren

Folgende Motoren stehen für den neuen Audi A4 zur Verfügung:

Benziner
1.4 TFSI mit 150 PS
2.0 TFSI mit 190 PS oder 252 PS
3.0 TFSI mit 354 PS im Audi S4

(Beim Avant ist der 1.4 TFSI nicht direkt ab Marktstart erhältlich).

Diesel
2.0 TDI mit 150 PS oder 190 PS
3.0 TDI mit 218 PS oder 272 PS

Gas (ab Ende 2016)
2.0 TFSI mit 170 PS

Geschaltet wird grundsätzlich erst einmal über ein Sechsgang-Schaltgetriebe. Optional gibt es eine neue Siebengang-S-tronic (Doppelkupplungsgetriebe), die die bisherige Multitronic (CVT) ablöst.

Für die kräftige Drehzahl des 3.0 TDI mit 272 PS gibt es dagegen (serienmäßig, nicht als Handschalter) eine Achtstufen-tiptronic, hier dann eine klassische Wandlerautomatik, weil diese die Kraft besser verträgt als ein Doppelkupplungsgetriebe.

Der optionale Allradantrieb quattro verteilt die Kräfte in Normalverteilung zu 40 Prozent auf die Vorder- und 60 Prozent auf die Hinterachse. Quattro ist serienmäßig für Top-Benziner (S4) und Top-Diesel (3.0 TDI) und optional für den starken 252 PS Benziner.

Fahrverhalten

Für den 252 PS Benziner (5,8 Sek. von 0 auf 100 km/h) ist der Allrad-Antrieb in der Tat auch eine sehr gute Wahl, denn so viel Kraft möchte auf die Straße gebracht werden. Der Turbomotor hat zwar keinen überzeugenden Sound, besticht dadurch bei niedrigen Geschwindigkeiten aber mit exzellenter Laufruhe.

Man könnte auch die 190 PS Variante wählen, wenn man nicht ganz so viel ausgeben möchte – und dann reicht auch der Vorderradantrieb. Insgesamt finden wir, dass der 2.0 TFSI mit 190 PS der empfehlenswerteste Motor ist, nicht zu schwach, aber auch nicht unnötig zu stark und zu teuer.

Fahrwerk und elektromechanische Servolenkung wurden für den A4 neu entwickelt. Neben dem Serienfahrwerk und der Tieferlegung des Serienfahrwerks gibt es zwei adaptive Fahrwerke mit Dämpferregelung, eines mit Komfort-, eines mit Sport-Ausrichtung. Wir sind in der Limousine bereits das adaptive Komfortfahrwerk gefahren, ein Genuss. Es kommt auch hier, wie beim Innenraum, eher das Gefühl von oberer Mittelklasse oder Oberklasse auf. Diesmal testen wir das adaptive Fahrwerk mit Sportausrichtung. In der Tat ist es einen Tacken straffer, aber keineswegs unkomfortabel. Der Unterschied ist nicht allzu groß. Auch hier liegt der Fokus noch beim angenehmen Reisen, was für diese Fahrzeugklasse auch genau das richtige ist.

Die Lenkung bleibt dagegen angenehm direkt, wobei sie natürlich keine extrem sportliche Ausrichtung hat. Wer ein deutlich sportlicheres Fahrgefühl sucht, der wird mit einem S4 glücklicher – oder einem Jaguar XE oder dem 3er BMW. Audi setzt da mehr auf Komfort.

Bei den Assistenzsystemen führt der Audi A4 (optional) neue Systeme ein, denn Schritt für Schritt kann man sich das Autofahren hier erleichtern oder sogar teilweise aus der Hand nehmen lassen. So kann man in den höchsten Ausbaustufen der Adaptive Cruise Control unter anderem die Funktion haben, dass der A4 automatisch „segelt“ (also bei der Automatik den Gang herausnimmt), wenn der Abgleich mit den Kartendaten ein längeres Gefälle entdeckt hat. Die Segel-Funktion kann man aber im Eco-Modus des Fahrschalters auch selber separat erzeugen, wenn man dann innerhalb dieses Fahrmodus den Fuß vom Gas nimmt.

Auch gibt es speziell für die Stadt einen Abbiege-Assistenten, der das Fahrzeug bremst, falls man beim Linksabbiegen mal ein entgegen kommendes Fahrzeug übersieht. Serienmäßig ist davon aber nichts.

Erfreulicherweise zählt jedoch das wichtigste System zur Serienausstattung, Audi pre-sense city. Der automatische City-Notbremsassistent kann bei Geschwindigkeiten von bis zu 40 km/h Unfälle mit anderen Fahrzeugen und Personen mit einer autonomen Notbremsung ganz vermeiden und bei höheren Geschwindigkeiten den Aufprall zumindest entschärfen. Dieses System gehört in jedes neue Auto per Serienausstattung!

Abmessungen

Länge: 4,73 m (+ 2,5 cm gegenüber Vorgänger)
Breite: 1,84 m (+ 1,6 cm)
Radstand: 2,82 m
Höhe: 1,43 m

Hier übrigens noch zum Vergleich unser Video von der Limousine:

Fazit: Der neue Audi A4 bündelt Technologien und Komfort aus höheren Klasse und führt sie in die Mittelklasse ein. Die Verarbeitung ist mehr als perfekt und glänzt mit detailverliebten Lösungen. Außen ist der A4 nun schärfer gezeichnet, bleibt aber seinem eher konservativen Bild treu – was in der Mittelklasse wahrscheinlich auch eine kluge Entscheidung ist. Speziell der Audi A4 Avant zeichnet ein sehr dynamisches Bild für einen Kombi, da die kantige Silhouette gut versteckt wird. Dabei kann man mit dem Platzverlust des abgeschrägten Heckfensters durchaus leben, der Laderaum ist sehr praktisch nutzbar. Das Fahrverhalten zielt primär auf den Komfort ab, selbst mit dem getesteten adaptiven Sport-Fahrwerk ist das mehr als gegeben. Insgesamt kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der neue Audi A4 Avant nun den Standard bei den Mittelklasse-Kombis im Premium-Bereich setzt – wenn auch auf hohem Niveau mit den ansonsten ebenfalls sehr guten Wettbewerbsfahrzeugen. Lediglich auf emotionaler Ebene können Mercedes, BMW und Jaguar den Audi noch schlagen, weil sich das Design schließlich unterscheidet und auch unterschiedliche Geschmäcker anspricht. Manchen Käufern ist das perfekte Audi-Setup vielleicht gerade wegen der Perfektion etwas zu langweilig. Rein faktisch gibt es aber mit dieser Neuauflage derzeit keine Diskussion um den Klassenprimus.

Autogefühl: *****

Text & Fotos: Autogefühl, Thomas Majchrzak

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