Neuer Ford Focus RS Test Fahrbericht 350 PS

Bei den Performance Autos setzt sich Ford mit dem Focus RS an die Preis-Leistungs-Spitze. 350 PS, feine Technik, top Allrad-Einführung, super sportlich und dann noch familientauglich, eine eierlegende Wollmilchsau. Üblicherweise gibt es bei diesen auf Sprint- und flotte Kurvenfahrten optimierten Autos immer was zu meckern in puncto Alltagstauglichkeit oder Bequemlichkeit. Hier auch? Der neue Ford Focus RS im Test. Von Holger Majchrzak

Im Wettbewerb steht der neue Ford Focus RS mit dem Mercedes AMG A45, dem Audi RS 3, aber vor allem mit dem Golf R. Die Idee von Ford ist es, gleichwertige oder bessere Fahrleistungen zum günstigeren Preis anzubieten. Mit den gut 40.000 Euro, die der neue RS kostet, liegt man rund 10.000 Euro unter den Konkurrenten. Das ist schon ein schlagkräftiges Argument.





Exterieur

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Natürlich gibt es hinten diesen Dachspoiler und mächtige Auspuffrohre und vorne den tief sitzenden Spoiler. Aber das ist es dann auch schon. Der neue Ford Focus RS kommt für ein Performance Car eher mit ein wenig Understatement. Und wir freuen uns darüber, dass der Wagen praktisch „normal“ aussieht, kein prolliger Krawallbruder wie aus der Tuning-Ecke geworden ist. Das gibt schon mal den ersten fetten Pluspunkt. Die Unterschiede zum Standard Focus oder zum sportlichen Focus ST sind also recht gering. Schön die eigenständige Frontpartie, die nicht mehr ganz so wie eine Aston Martin Kopie aussieht. Das Auto gibt es in fünf Farben, wobei wir selbstverständlich zum für den RS exklusiven Nitrous Blau Metallic Ton greifen würden. Passt einfach und macht auf der Straße deutlich, dass da keiner zum Parken auf der linken Spur ankommt. Was man nicht sieht, ist die Verwindungssteifigkeit des neuen Ford Focus RS. Die Karosserie wurde an diversen Elementen gezielt verstärkt, so dass der RS 23 Prozent „steifer“ ist als ein normaler Focus, was die Fahreigenschaften in Kurven verbessert.

Interieur

Innen werden die Unterschiede schon größer und das gibt den zweiten Pluspunkt. Weil hier nicht jede Menge zusätzliche Schalter und Anzeigen verbaut wurden, sondern drei kleine Anzeigen – für Öldruck, Öltemperatur und Ladedruck – und ansonsten wurde kräftig aufgeräumt.

Selten ist es gelungen, ein Hochleistungsfahrzeug auch gleichzeitig alltagstauglich zu machen. Es macht sich hier positiv bemerkbar, dass die Focus Grundstruktur erhalten geblieben ist. Das heißt, es gibt auch im RS einen vernünftigen Kofferraum, vier Türen, ein solides Platzangebot auf der Rückbank und trotz der Sportsitze auch bei längeren Strecken einen bequemen Aufenthalt vorn. Ein kleines Manko vielleicht die Höhe der in diesem Punkt nicht verstellbaren optionalen Recaro-Sportsitze, die nicht nur gefühlt recht hoch sind. Besser fährt man mit den Standard-RS-Sitzen.

Im neuen Ford Focus RS ist jede Menge Sicherheitsausstattung und einiges an Assistenzsysteme serienmäßig wie auch das Sync 2 Infotainment-System; optional ist das Auto nahezu luxuriös hoch- zurüsten. Das unterstreicht nochmal, dass Ford mit dem neuen RS nicht nur den Hobby-Rennfahrer im Blick hat sondern auch die Familie erreichen will, die mal gerne flott unterwegs sein möchte.

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Motor und Fahrverhalten

Für 40.000 Euro bekommt der Kunde das 2,3 Liter Turbobenziner Kraftpaket mit 350 PS, das man schon aus dem Ford Mustang kennt. In 4,7 Sekunden sprintet der Focus RS auf Hundert und hat nach Werksangaben 266 hm/h Top-Speed. Im KFZ-Schein unseres Testwagens sind 268 hm/h vermerkt. Im Grunde ist das in diesem Geschwindigkeitsniveau aber auch egal. Denn die wahre Stärke spielt der Ford Focus RS ohnehin auf kurvigen Straßen durch seine unglaubliche Wendigkeit aus. Mit verantwortlich dafür: das neue Allrad Konzept.

Ford verzichtet bewusst auf ein permanentes Allradsystem, der Performance-Allradantrieb mit Dynamic Torque Vectoring im neuen Focus RS greift dann ein, wenn zusätzlicher Grip wirklich erforderlich ist. Dazu können bis zu 70 Prozent des Motormoments auf die Hinterachse gelenkt werden und davon wiederum 100 Prozent nur einem Hinterrad zufließen. Möglich ist dies durch ein Steuergerät, das 100 mal in der Sekunde Werte wie Lenkwinkel, Gaspedalstellung, Motorleistung, Längs- und Querbeschleunigung und mehr erfasst. Das sorgt für klasse Traktion und ultraschnelle Kurvenfahrten, was den fortgeschrittenen Fahrer erfreut. Nebeneffekt: Es schützt den unerfahrenen Lenker, weil es hilft, kleine Fehler auszubügeln.

Der neue RS bietet vier Fahr-Modi an. Normal und Sport für den Straßenverkehr sowie Track und einen speziellen Drift-Modus, der bitte schön nur auf der Rennstrecke genutzt werden soll. Eine Launch Control, die es erstmals für den RS gibt, hilft, tatsächlich unter fünf Sekunden die 100 km/h Marke zu durchbrechen. Insgesamt erhöht das Allrad-System den Fahrspaß enorm, finden wir zumindest, weil das Auto das macht was wir wollen und der Fahrer nicht ständig korrigierend eingreifen muss.

Nebenbei: die sportlichen Modi wirken sich auch auf das knatternde Auspuffgeräusch aus, das dann besonders kräftig auch im Innenraum zu hören ist und natürlich zur Freude der Zuschauer am Wegesrand auch dort bestens ankommt.

Der neue Ford Focus RS ist ein Auto, das Grenzen austesten soll und kann. Aber bei all der Kraft in der Kiste auch ein gutmütiges Auto, das nicht zu plötzlichen Eskapaden neigt sondern durch sanfte Hinweise dem Fahrer mitteilt wann es genug ist mit dem Fahrspaß. Selbst als die Test-Rennstrecke im Dauerregen nass wurde, änderte sich grundsätzlich daran nichts. Kurioserweise machte auch ein plötzlicher Wintereinbruch auf Bergstraßen nicht sonderlich viel aus. Mit ein bisschen Gefühl ließ sich der Sportler selbst hier gut bewegen, wobei das ganz klar nicht die Kernkompetenz des Autos ist.

Der Benzinverbrauch bei den Testfahrten lag je nach Fahrweise zwischen zehn und dreizehn Litern, auf der Rennstrecke muss man noch ein paar Tropfen drauf legen. Der von Ford angegebene Normverbrauch von 7,7 l/100 km ist pure Theorie. Unter 10 l/100 km ist das Auto wohl nur mit einem rohen Ei unterm Gaspedal zu bewegen. Allerdings: wer sich ein Performance Auto kauft, für den ist der Spritverbrauch nun wirklich nicht der entscheidende Faktor.

Fazit: Der neue Ford Focus RS ist ein echter Fahrspaß-König, den man sich auch leisten kann. Was einige alte RS-Fans bedauerlich finden ist die Normalität im Innenraum und das zurückhaltende Äußere; das sehen wir im Gegenteil als Pluspunkt, nimmt es dem Auto doch das Rowdy-hafte. Ein Auto, dass wir ungern wieder zurück gegeben haben; hätte ein Freund für die nächsten Jahre sein können.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Holger Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Thomas Blachetzki

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