Volvo XC90 T8 Hybrid Reichweite & Verbrauch

„In meiner Brust schlagen zwei Herzen“ – das gilt sowohl für den Volvo XC 90 T8 Twin Engine, der mit einem 4-Zylinder-Benzin-Motor und einem zusätzlichen Elektroantrieb an der Hinterachse ausgestattet ist, als auch für den Autoren. Passen Luxus-SUV, 4,95 m Länge, 407 PS, 2,3 Tonnen Leergewicht auf der einen Seite und Benzin sparen und Ökogedanke auf der anderen Seite zusammen? Ein Fahrbericht und Selbstversuch von Thomas Blachetzki

4 Zylinder und Luxus-SUV hören sich erstmal so an, als ob sie nicht zwangsläufig zusammen passen würden, doch die Hersteller sind bemüht, ihre Flottenverbräuche zu senken und der unter chinesischer Führung stehende Hersteller Volvo kombiniert aus diesem Grund diesen mit einem Turbo und einem Kompressor ausgestatteten Geländewagen mit einem 87 PS Elektromotor, der ausschließlich auf die Hinterachse wirkt. Heraus kommt ein offizieller Durchschnittsverbrauch von sagenhaften 2,1l/100km und ein CO2-Ausstoß von nur 49 g/km. Möglich macht es das Messverfahren, welches erlaubt, die erste volle Batterieladung dem NEFZ-Verbrauch dazu zu addieren. Ist die Batterie erstmal leer, braucht natürlich auch so ein Plugin-Hybrid mehr Treibstoff. Wie viel mehr, will ich herausfinden.

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Apropos „Batterie leer“ – am Anfang des Spritsparens steht natürlich das Laden der Akkus. Das geht ziemlich einfach. Man braucht nur eine einfache Schukosteckdose, die in gut erreichbarer Entfernung zum Fahrzeugstandplatz liegt und schon kann es los gehen. Jedenfalls fast. Der Volvo passt nicht in die heimische Garage, da zu lang und die Länge des Adapterkabels reicht nicht bis an die Garagensteckdose. Gut, dass neben der Einfahrt unsere Essecke liegt und da dann auch direkt eine Steckdose in erreichbarer Entfernung. Also Ladekabel dran, Stromstärke einstellen (in unserem Fall 13 Ah) und warten. Der Ladevorgang startet automatisch und verriegelt den Stecker in der Buchse. Das Blinken der LED signalisiert mir: Hier fließt der Strom! Das war es schon!

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Zeit für eine Besichtigung. Der Volvo XC90 T8 Twin Engine kommt in der von uns gefahrenen Ausstattungslinie R-Design mit 20-Zoll-Rädern in Titanoptik daher. Imposant. Drinnen findet man dann weiteren Luxus, wohin man schaut. Echte Carbon-Blenden (gegen Aufpreis), vielfach elektrisch verstellbare Ledersitze (Serien mit R-Design wäre die Kombi Mikrofaser innen / Leder außen, leider gibt es keine komplett lederfreien Alternativen in den höheren trim levels) und einen 9 Zoll großen Bildschirm im Hochformat, über den man u.a. das grandiose Bower & Wilkins-Audiosystem mit sagenhaften 1400 Watt Leistung aus 19 Lautsprechern steuern kann. In unserem Testwagen ist das Business-Paket Pro für stattliche 4.000 Euro Aufpreis mit dabei. Dafür gibt es dann auch eine digitale Instrumentierung, das Navisystem „Sensus“ und den intelligenten Einparkassistenten. Wer fleißig alle Kreuzchen in der Aufpreisliste macht, kriegt den Kaufpreis auf fast 100.000 Euro gehoben, so wie mein Testwagen. Dann sind aber auch Birdview-Kamera, Head-up-Display, adaptives Luftfahrwerk und vieles mehr an Bord. Oberklasse halt.

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Nach 3,5 Stunden Laden und einem Dauerleuchten der LED für die Beendigung des Ladevorganges dann die Ernüchterung: Trotz Vollladung soll der Strom nur für 35 km reichen. Da fehlt doch was. Egal! Ich will los! Also eingestiegen und per Drehknopf den „Motor“ anlassen. Stille! Klar, der Volvo fährt ja auch elektrisch los. Dazu den schicken Schalthebel aus Kristallglas für die Gangwahl antippen, den Fahrmodusschalter auf „Pure“ für rein elektrisches Fahren und der Wagen rollt geräuschlos an. Wow! Ist das leise. Dank der Akustikverglasung dringen auch kaum Umweltgeräusche ins Innere. Lediglich der E-Motor surrt leise vor sich hin und überrascht den einen oder anderen Fußgänger und Radfahrer, der mich nicht hat kommen hören. Bis Tempo 125 geht das so, wenn man das Gaspedal streichelt. Darüber schaltet sich der 4-Zylinder Benzinmotor automatisch dazu.

Wer will, kann es auch krachen lassen. Dann schaltet sich der Benzin-Motor automatisch dazu und ist doch etwas angestrengt zu hören, was nicht so ganz zum Anspruch einer Oberklasse passt. Vortrieb gibt es dann allerdings zur Genüge. Volvo verspricht den Sprint auf Tempo 100 in 5,6 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 230 (bei 18 Zoll Rädern 220 km/h). Wenn die Straße nass ist, bemerke ich auch, dass der per Kompressor und Turbo aufgeladene Vierzylinder seine 320 PS nur an die Vorderachse leitet, während der 87 PS Elektromotor ausschließlich an der Hinterachse werkelt. Das Resultat: eine leicht zerrende Lenkung. Auch gibt das Luftfahrwerk kurze, kleine Stöße manchmal ziemlich ungefiltert an die Insassen weiter. Ansonsten gleite ich aber sehr komfortabel über die Strassen.

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Was sich bei mir aber auf jeden Fall einstellt, ist ein Gefühl von Sicherheit. Nicht nur durch das massive Platzangebot (auf Wunsch für bis zu 7 Reisende), sondern hauptsächlich durch die Vielzahl der Sicherheits- und Assistenzsysteme, die Volvo verbaut. Unter anderem zum Beispiel mit dem serienmäßigen Volvo City Safety System, das alle Geschwindigkeitsbereiche abdeckt und bei Tag und Nacht funktioniert. Der umfassende Notbremsassistent trägt dazu bei, Zusammenstöße mit anderen Fahrzeugen – auch im Kreuzungsbereich – sowie Fußgängern oder Radfahrern ganz zu verhindern oder zumindest die Unfallfolgen signifikant zu verringern. Auch große Wildtiere erkennt das System. Volvo wäre nicht Volvo, wenn sie hier nicht eine führende Rolle übernehmen würden. Deswegen gab es hier auch die höchste Punktzahl, die je ein Auto in einem NCAP-Crashtest bekommen hat.

Ich aber reise gemächlich weiter. Der sportliche Ehrgeiz es mit einer Akkuladung möglichst weit zu schaffen, erzieht mich zur Gelassenheit. Mit 80 km/h rolle ich auf der rechten Spur der Autobahn dahin, reihe mich in die Kolonne der Lkw ein, während die Akkuladeanzeige kontinuierlich sinkt. Das Ganze, dank adaptivem Tempomaten und Spurhalteassisten, nach wie vor äußerst gelassen. Da bleibt ein wenig Zeit, sich dem Audiosystem zu widmen. Gegen Aufpreis bekommt man das grandiose System von Bowers & Wilkins mit 19 Lautsprechern und 1.400 Watt Leistung. Stellt man den Audiomodus auf „Konzertsaal Göteborg“, fällt es sehr schwer, nicht die Augen zu schliessen und sich dem Klangerlebnis hinzugeben. Selten habe ich in einem Auto einen solch klaren und unverfälschten Klang erlebt. Ferner ist das Audiosystem auch mit Apple Car Play und Android Auto vernetzt. Wer übrigens ganz früh einen XC90 noch ohne dieses System gekauft hat, kann es sich mit einem Software-Update aufspielen lassen.

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Den Benzinmotor habe ich bis dato nicht gebraucht und so dauert es bis Kilometer 34, bis ich kaum merklich registriere, dass der Benzinmotor den Elektromotor abgelöst hat und wir nun Benzin verbrauchen, da die Akkureserven aufgebraucht sind. Und so rollen wir nach rund 72 Kilometern Reise zu unserem Zwischenziel, dem Düsseldorfer Flughafen, und staunen. Gerade einmal 4,3l /100km Super bleifrei hat mir der Volvo abgeknöpft und natürlich die Stromladung für umgerechnet rund 3,03 Euro (3,5 h Ladezeit * 13 Ah * 0,29 Euro/kwh). Respekt!

Fazit: Was also bleibt von den zwei Herzen in meiner Brust. Auf der einen Seite die Gewissheit, dass das Revier des Volvos eher die Langstrecke ist, weil er hier durch seine Länge, den Komfort und die Ruhe für eine außergewöhnlich entspannte Reise sorgt, aber auch, dass der Elektromotor und die Benzinersparnis eher seine Stärken im Stop- und Go-Verkehr der (Groß-)Stadt hat. Dort wiederum steht ihm seine imposante Größe im Weg, weil Parkhäuser- und Parkbuchten, sowie enge Altstadtgassen zum Graus werden. Eins hat der Volvo bei mir aber geweckt: Den sportlichen Ehrgeiz, möglichst weit mit einer Akkuladung zu fahren. Das führt zu Gelassenheit im Straßenverkehr, was heutzutage auch nicht falsch sein kann. Fast 500 km waren meine Testfahrten lang und am Ende standen respektable 6,5 l /100km Durchschnittsverbrauch in meinem Notizbüchlein. Volvo schafft hier also den Spagat zwischen Effizienz und Kraft und demonstriert, dass auch ein 2,3 Tonnen schweres SUV mit akzeptablen Verbräuchen zu fahren ist. Dass man es „rein elektrisch“ bis zu 40 km schafft, wird außerdem in Zukunft sicher noch von großer Bedeutung sein. Viele Großstädte reglementieren jetzt schon durch Plaketten die Einfahrt und Städte, wie zum Beispiel London, lassen Stinker komplett draußen. Mit diesem Volvo wäre das kein Problem mehr.

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Volvo XC90 T8 Twin Engine – Technische Daten

– Fünftüriges, fünf- bis siebensitziges SUV der Oberklasse
– Länge: 4,95 Meter
– Breite: 1,96 Meter (mit Außenspiegeln: 2,14 Meter)
– Höhe: 1,78 Meter
– Kofferraumvolumen: 262 Liter (sieben Sitze), 640 Liter (fünf Sitze), 1.816 Liter (maximal)
– Leergewicht 2.343 kg
– Zuladung 667 kg

2,0-Liter-Benzinmotor mit Kompressor und Turbolader
Benzinmotor: 235 kW/320 PS, maximales Drehmoment: 400 Nm bei 5.700 U/min;
 Elektromotor: 65 kW/87 PS, maximales Drehmoment: 240 Nm
 Systemleistung: 300 kW/407 PS
0-100 km/h: 5,6 s
Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h
Durchschnittsverbrauch: 2,1 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 49 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: A+
Preis: ab 76.160 Euro (Testwagenpreis: 98.910 Euro)

Autogefuehl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Blachetzki
Fotos/Video: Autogefühl, Thomas Majchrzak / Thomas Blachetzki

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