VW Polo R WRC: Einblick bei Volkswagen Motorsport

Mit dem dritten Saisonsieg nach der Rallye Monte Carlo und Schweden stellten der VW Pilot Sébastien Ogier und sein Beifahrer Julien Ingrassia bei der Rallye Deutschland einmal mehr unter Beweis, dass Sie zu den ganz Großen im Rallye-Geschehen zählen. Wir haben bei Volkswagen Motorsport hinter die Kulissen geblickt und uns auch den VW Polo R WRC angesehen. Von Michael Pohl

Souverän meisterten Ogier/Ingrassia bei der Rallye Deutschland die Wertungsprüfungen unter sehr wechselhaften Wetterbedingungen und fuhren den Sieg für VW souverän ein. Volkswagen Motorsport ist damit nach den Siegen in der Herstellerwertung der Rallye-Weltmeisterschaft 2013, 2014 und 2015 einmal mehr auf Siegeskurs.

Im Rahmen der ADAC Rallye Deutschland hatten wir die Gelegenheit, den Profis von Volkswagen Motorsport über die Schulter zu schauen. Wir erhielten so beeindruckende Einblicke in das Zusammenspiel zwischen Fahrer, Co-Piloten und auch dem Technik-Team dahinter. Mit Sébastien Ogier hinter dem Lenkrad verfügt VW wohl über einen der besten Rallye-Piloten weltweit. Doch dieser Erfolg kommt nicht von ungefähr, sondern ist die Summe von vielen kleinen Einzelbausteinen, die im Hause Volkswagen Motorsport Garant für die hohen sportlichen Leistungen sind.

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Anders als beispielsweise in der Formel 1, die mit ihren unzähligen Sensoren und Datenübermittlungen den Ingenieuren ein sehr präzises Bild vom Rennwagen und dem Fahrstil übermitteln, ist der Ingenieur im Rallyesport viel mehr auf die Aussagen des Fahrers angewiesen. Was in der Rallye-WM zählt, ist die Schnelligkeit und auch Zuverlässigkeit der Fahrzeuge. So durchläuft jeder Rennwagen vor und während einer Rallye einen peniblen Qualitäts-Check. Vor der jeweiligen Veranstaltung werden die Fahrzeuge nahezu komplett verlegt und alle Komponenten überprüft. Da das Rallye-Reglement vorsieht, dass Bauteile wie Motoren, Getriebe und Antriebsstrang langfristig über eine ganze Saison verwendet werden müssen, kommt es hier vor allem auf die optimale Wartung an. Sogar am Ende eines Renntages werden Bremsen, Querlenker, Dämpfer und Teile des Antriebsstrangs komplett demontiert und überprüft. Nur so ist die Zuverlässigkeit des Rennwagens gewährleistet, denn nichts ist ärgerlicher als ein technischer Defekt.

Schon vor dem Engagement in der Rallye-WM feierte Volkswagen Erfolge bei der Rallye Dakar, bei der die Wolfsburger mit dem Race Touareg dreimal in Folge siegten. Gleichzeitig feiert VW in 2016 das 50-jähriges Jubiläum im Motorsport: Der „Verband Formel V Europa“ war in 1966 der Startschuss für den Motorsport im Hause VW. Mit seinen Bauteilen legte Volkswagen den Grundstein für die erfolgreiche Karriere vieler bekannter Rennfahrer, darunter auch die späteren Formel-1-Weltmeister Niki Lauda, Jochen Rindt und Keke Rosberg. Mit dem Einstieg in die Rallye WM im Jahre 2013 fuhr Volkswagen Motorsport nach einigen Jahren der Abstinenz vom Rallye-Sport direkt einen Start-Ziel Sieg ein und belegte seitdem dreimal in Serie den ersten Platz in der Herstellerwertung.

Technisch gesehen ist der VW Polo R WRC ein kleines Wunderwerk: Aus nur 1.600 ccm schöpft das Triebwerk satte 318 PS Leistung, wobei das Augenmerk auf 430 Nm Drehmoment liegt. Diese satte Power und der ausgeklügelte Allradantrieb ziehen den Rallyewagen wie an einem Gummiband aus den engsten Ecken und Spitzkehren heraus. Die Beschleunigung von nur 3,9 Sekunden von 0 auf 100km/h sind dabei wichtiger als der Top-Speed, der bei 200 km/h liegt. Vom Gewicht her liegt der VW Polo R WRC entsprechend des Reglements bei 1.200 kg, der Antrieb erfolgt über ein sequenzielles Sechsganggetriebe, das nahtloses Beschleunigen unter voller Last ermöglicht. Die Regeln der Rallye-WM setzen den Ingenieuren dabei extrem enge Grenzen. Umso mehr kommt es daher darauf an, im Rahmen dieser Regeln das Maximum aus dem Wagen zu holen. Beispielsweise muss der Motor mindestens 81,5 Kilogramm wiegen, der Ladedruck des Turbos ist auf 2,5 Bar begrenzt und der Einspritzdruck auf 200 Bar limitiert. Hinzu kommt das Mindestgewicht des Rennwagens und eine robuste Technik, die starken Schlägen bei Sprüngen oder Aufsetzern widerstehen und unter sehr unterschiedlichen klimatischen Bedingungen funktionieren muss. Eine zu massive Bauweise würde sich negativ auf das Gewicht und damit auf die Leistungsfähigkeit auswirken und extremer Leichtbau ist im Rallye-Sport ebenso nicht zweckmäßig. Und so ist es ein schmaler Grat, der über Sieg oder Niederlage entscheidet. Ein wesentlicher Punkt ist auch die Wartungsfreundlichkeit des Rennwagens. Nicht nur bei den vorgesehenen Service-Stopps oder den Reparaturen im Technik-Zelt, sondern auch auf der Strecke kommt es hierbei auf Zeitersparnis bei Umbauten und Reparaturen an. So haben Fahrer und Beifahrer bei einem technischen Defekt auf der Strecke die Möglichkeit, ihren Wagen innerhalb eines schmalen Zeitfensters wieder flott zu machen. Radwechsel oder der Tausch von Spurstangen oder Antriebswellen sind daher hierauf optimiert.

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MichelinRallyeReifen

Sébastien Ogier
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Andreas Mikkelsen
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Für das kommende Rallye-Jahr 2017 steht Volkswagen Motorsport schon in den Startlöchern. Anders als in den letzten Jahren, wo das Reglement nur moderate technische Neuerungen vorsah, wird es im kommenden Jahr einen deutlichen Schritt nach vorne geben. Mit einem größeren Heckflügel und einer extrem nach vorne regenden Front-Spoiler-Lippe sowie breiten Seitenschwellen wird es vor allem Fortschritte in der Aerodynamik geben. Ebenso wird der Luftmengenbegrenzer von 33 auf 36 Millimeter erweitert, wodurch die WRC Rennwagen dann rund 380 PS leisten werden anstelle der rund 320 aktuellen Pferdestärken. Die aus der Verkleidung resultierende größere Spurweite wird die Kurvengeschwindigkeiten erhöhen. Was daher für 2017 schon jetzt feststeht ist, dass die Rallye WM auf jeden Fall wieder schneller wird und Veranstaltungen wie die Rallye Deutschland mit ihren extrem wechselnden Fahrbahn- und Wetterbedingungen werden damit in Zukunft noch etwas anspruchsvoller und auch mitreißender. Auf jeden Fall bleibt es spannend und im Hause Volkswagen Motorsport wird schon jetzt mit Hochdruck am Erfolg von Morgen gearbeitet.

Text & Fotos: Autogefühl, Michael Pohl

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