Neuer Volvo V90 Test Fahrbericht

Nachdem wir den neuen Volvo der oberen Mittelklasse als Limousine getestet haben, also als Volvo S90, konzentrieren wir uns nun auf den Kombi Volvo V90. Denn Kombis, das war schon immer das, was die Schweden gut konnten – jetzt auch? Von Thomas Majchrzak

Mit einem Einstiegspreis von 45.800 Euro ist der Volvo V90 gut 3.000 Euro teuerer als ein S90. Das mag auf den ersten Blick viel erscheinen, aber wenn man bedenkt, dass beim Konkurrenten Mercedes E-Klasse dieser Unterschied das Doppelte beträgt, relativiert sich dies ein wenig.

Der Volvo V90 kommt in vier Ausstattungsvarianten: Kinetic (45.800 Euro), Momentum (51.500 Euro), R-Design (54.500 Euro) und Inscription (56.100 Euro), das sind jeweils die Einstiegspreise für den kleinen Diesel D4. Dabei unterscheiden sich die Varianten in Serienausstattung und Designelementen. Der Top-Benziner im Volvo V90 mit Höchstausstattung (T6 mit Inscription) liegt bei 64.500 Euro, mit allen Extras kann man aber auch die 80.000 Euro Grenze knacken.




Exterieur

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Der Kühlergrill ist mit Chrom verziert, und das im Zentrum platzierte Logo halbiert in Zusammenarbeit mit zwei Chrompfeilen den Kühlergrill. Generell wirkt die Front elegant und luxuriös. Im Inscription-Kühlergrill verlaufen vertikale Chromstreben, der R-Design Kühlergrill ist dagegen von einer Punkt-Struktur in Hochglanz-Schwarz geprägt. Wie schon beim XC90 zeigen die optionalen LED-Leuchten die Lichtsignatur Thor’s Hammer. Von der Seite aus betrachtet formt der V90 das klassische Kombi-Heck, wobei er keineswegs kastenförmig aussieht. Das ist der große Unterschied zu alten Schweden-Kombis. Allerdings verläuft die Dachlinie nicht so, dass man allzu viel Platz im Innern verlieren würde. Serienmäßig sind 17 Zoll Felgen angebracht, die auf bis zu 22 Zoll vergrößert werden können (Fotos Volvo V90 Inscription mit optionalen 20 Zoll). Die bei der Limousine gelegentlich kritisierten eigenwilligen Heckleuchten fallen beim Kombi ganz anders aus, hier finden wir eine volvo-typische senkrechte Anordnung, die man auch an allen Volvo SUVs findet und die sich insgesamt auch harmonischer als bei der Limousine ins Design einfügt. Insgesamt zählt der neue Volvo V90 nach unser subjektiven Meinung zu den schönsten Kombis.

Interieur

Beim Betreten des Innenraumes fällt einem sofort die Übersichtlichkeit auf: Skandinavisch klar strukturiert, dazu hochwertige Materialien sowie eine exzellente Verarbeitung. Das macht den Innenraum zu einem Wohnzimmer. Sofort stellt sich ein Wohlfühl-Gefühl ein. Die matten Naturholzelemente in der Inscription-Linie spiegeln ebenfalls die skandinavische Herkunft wieder. Serienmäßig sind die Sitze im V90 mit Stoff ausgestattet, jedoch nur beim Einstiegsniveau Kinetic. Schon eine Stufe höher gibt es serienmäßig nur noch Tierhaut-Ausstattungen. Ausnahmen: Bei Momentum kann man sich optional wieder für Textil „zurückentscheiden“, und eine halbe Ausnahme ist das R-Design, bei dem der Mix Stoff/Tierhaut verwendet wird. Das wäre dann auch unsere Empfehlung, wenn man unbedingt ein höheres Ausstattungsniveau möchte. Die Fotos zeigen das Inscription-Niveau.

Von Haus aus ist ein 6,5 Zoll großer Touchscreen mit an Bord (9 Zoll optional oder ab Momentum, wie auch hier zu sehen), über den das Infotainmentsystem gesteuert wird. Apple CarPlay bzw. Android Auto ist gegen Aufpreis auch erhältlich. Die Instrumente sind in der Basisversion analog, optional stehen digitale Instrumente in Form eines 12,3 Zoll großen Bildschirms zur Verfügung (Serie bei Inscription und R-Design, siehe Fotos).

Das Soundsystem hat standardmäßig 330 Watt Leistung, die 10 Lautsprecher sorgen schon für einen tollen Musikgenuss. Wer jedoch die Musik auf allerhöchstem Niveau genießen möchte, der sollte sich für das Soundsystem von Bowers & Wilkins entscheiden, welches ebenfalls im XC90 verbaut wurde. Ungelogen haben wir bislang kaum ein besseres oder gar gleichwertiges System erleben können. Dies hat jedoch auch einen stolzen Preis von 3.280 Euro. Dafür kann man sich als Sound-Einstellung den Konzertsaal von Göteburg einstellen, das bringt fantastischen Raumklang.

Um internetfähig zu sein, kann man optional einen Wifi-Hotspot hinzufügen, der Aufpreis beträgt ca. 1.000 Euro. Ebenso interessant ist es, dass optional eine Steckdose für die hinteren Sitze erhältlich ist. Somit könnte sich die Limousine als Chauffeur-Auto oder als hochwertiges Taxi sehr gut eignen. Mehr Komfort für die beiden Vordersitze gibt es dagegen mit einer optionalen Massagefunktion.

Die Qualitätsanmutung ist überall mehr als ordentlich, alle Schiebfächer, Knöpfe und auch z.B. das Armaturenbrett sind bestens verarbeitet. Volvo hat z.B. eine clevere Struktur für das Plastik am Armaturenbrett gefunden, es ist leicht eindrückbar, sieht hochwertig aus und fühlt sich auch so an. Das Platzangebot ist vorne für Menschen bis 1,90 m sehr gut, darüber hinaus kann es Probleme mit dem Kopfraum geben. Hinten hat man im Kombi im Vergleich zur Limousine einen ordentlichen Vorteil, denn hier finden dann auch weitere große Menschen Platz, selbst, wenn man ein Panorama-Dach ausgewählt hat. Kniefreiheit bleibt selbst bei vier sehr großen Personen. Die Rücksitze lassen sich bereits in der Limousine vom Fond aus mit zwei Schaltern umklappen. Den Luxus des Umklappens vom Laderaum aus bietet ebenfalls exklusiv nur der V90, hierfür gibt es eine elektrische Lösung, zwei Knöpfe hinten rechts im Laderaum.

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Motoren

Für den neuen Volvo V90 gibt es zwei Dieselvarianten:

2.0 V4 D4 8-Gang-Automatikgetriebe
190 PS
Frontantrieb

2.0 V4 D5 8-Gang-Automatikgetriebe
235 PS (optional mit Polestar Leistungssteigerung)
Allradantrieb

Ebenso sind zwei Benziner erhältlich:

2.0 V4 T5 8-Gang-Automatikgetriebe
254 PS
Frontantrieb

2.0 V4 T6 8-Gang-Automatikgetriebe
320 PS (optional mit Polestar Leistungssteigerung)
Allradantrieb
0-100 km/h: 5,9 Sekunden

Fahrverhalten

Der neue Volvo V90 ist im Vergleich zum Vorgänger V70 deutlich leiser im Innenraum, schafft noch mehr ein souveränes Fahrgefühl und vermittelt Ruhe und Entspannung. Um noch komfortabler zu fahren, gibt es ein adaptives Luftfahrwerk an den Hinterachsen gegen einen Aufpreis von 1.970 Euro. Dabei passt sich das Fahrwerk an die jeweilige Bodenbedingung an. Dieses Fahrwerk testen wir auch, und man merkt nicht sonderlich, dass die Luftfederung an einer Achse fehlt. Ein sehr entspanntes Fahren.

Racen möchte der Volvo V90 nicht, bei höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn fühlen sich Fahrwerk und Lenkung nicht so souverän und gleichzeitig natürlich an wie bei der deutschen Konkurrenz. Aber mit Vierzylinder unter der Haube ist das auch nicht der Fokus des Volvo S90 oder V90. Im adaptiven Fahrwerk kann man jedoch in den Dynamik-Modus schalten, um das Fahrwerk straffer zu gestalten. Doch vielmehr fühlt man sich hier in seinem schwedischen Wohnzimmer auch bei niedrigeren Geschwindigkeiten wohl. Im Stadtverkehr und auf der Landstraße merkt man die 5 Meter Länge weniger, da ist der Volvo V90 durchaus wendig genug. Lediglich der direkte Wendekreis ist zu groß. Und auch wenn der Sound eines Vierzylinders nicht derart begeistert, so ist die Beschleunigungsleistung doch beachtlich.

Der getestete T5 Benziner reicht von der Power her vollkommen aus. Schlupf an den Vorderrädern verspürt man nur, wenn es nass auf der Straße ist und man aus dem Stand in eine Kurve hinein beschleunigt. Wer das nicht möchte, kann den T6 mit Allrad wählen.

Ganz wichtig sind bei Volvo die aktiven Sicherheitssysteme: In der geringsten Ausstattungsvariante Kinetic sind bereits Autonomer Notbremsassistent, Adaptive Cruise Control (ACC), Berganfahrhilfe, Halogenscheinwerfer, aktiver Spurhalteassistent (LKA – Lane Keeping Aid) und Verkehrszeichenerkennung mit automatischer Geschwindigkeitsanpassung dabei. Ab Momentum ersetzten LED-Leuchten die Halogenlampen, dazu kommt noch eine hintere Einparkhilfe. In der höchsten Ausstattungsvariante bekommt man von Haus aus auch LED-Nebelscheinwerfer mit Abbiegelichtfunktion dazu.

Wie die Mercedes E-Klasse hat auch der neue Volvo V90 eine teilautonome Fahrunterstützung, bei der die Geschwindigkeit oder der Abstand zu einem voraus fahrenden Fahrzeug gehalten werden kann und mit geringen Lenkkorrekturen kombiniert wird. Dieses System ist optional unter dem Namen Pilot Assist verfügbar und funktioniert im Volvo V90/S90 nun bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h, deutlich mehr als noch beim Volvo XC90. Im Test funktioniert das System zuverlässig und ohne abrupte Übergänge. Es ist nicht dafür gedacht, das Steuer komplett zu übernehmen, vielmehr lässt es den Fahrer etwas mehr entspannen, was langfristig zu weniger Müdigkeit führen kann.

Optional gibt es auch ein Head-Up-Display, welches direkt in die Scheibe projiziert wird und nicht, wie bei günstigeren Ausführungen, etwa auf eine Plastikscheibe. Das HUD ist klar und deutlich und hilft dabei, den Blick nicht von der Straße abschweifen zu lassen. Weitere technische Optionen sind ein intelligenter Einparkassistent, eine Rückfahrkamera sowie eine 360-Grad-Kamera – letztere überzeugt im Test durch eine Top-Auflösung. Aktiviert wird die Kamera durch Einlegen des Rückwärtsgangs oder beim Vorwärtsfahren durch einmaliges Wischen des Infotainmentsystems nach links, wo dann das Kamera-Symbol erscheint. Dann kann man nach vorne blicken oder einzelene Kameras der Rundumsicht anwählen.

Abmessungen

Länge: 4,96 m
Breite: 2,02 m
Höhe: 1,44 m
Radstand: 2,94 m

Fazit: Der neue Volvo V90 zeigt sich außen wie innen als schwedisches Designobjekt in der oberen Mittelklasse. Im Vergleich zum Vorgänger V70 ist der V90 weniger kantig, bietet aber immer noch viel Platz und ein souveräneres und entspanntes Fahrverhalten. Der Komfort steht aufgrund der langstreckentauglichen Sitze und des angenehmen Fahrwerks außer Frage. Auch qualitätsmäßig bleibt keine Luft nach oben. Ein mehr als konkurrenzfähiges Luxusprodukt. Größter Pluspunkt ist der schwedische Wohlfühleffekt im Interieur. Verbessert werden können noch Lenkung (etwas unnatürlich) und Sitzbezug-Optionen in den höheren Ausstattungsniveaus.

Autogefühl: *****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos & Video: Autogefühl, Thomas Blachetzki

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