Volkswagen auf der CES: I.D. und das Ecosystem

Mit dem VW I.D. Concept hatte Volkswagen auf dem Autosalon in Paris 2016 ein Fahrzeug vorgestellt, das nach der neuen Volkswagen I.D. benannt ist. Diese soll ähnlich wie eine Apple ID dem Nutzer ein Festhalten an persönlichen Einstellungen einfacher machen. Nun folgt als Premiere auf der Elektronik-Messe CES in Las Vegas der nächste Schritt. Die Volkswagen I.D. soll ihr eigenes Ökosystem schaffen, dabei aber nicht für sich stehen – im Gegenteil. Von Thomas Majchrzak





I.D. für Fahrzeugbesitzer und Carsharing

Autohersteller suchen zunehmend die internationale Elektronik-Messe auf, weil sich die Hersteller mittlerweile auch als IT-Anbieter sehen – und sehen müssen. Die Volkswagen I.D., mit dem jeder Fahrer/Nutzer individuell erkannt werden und seine eigenen Einstellungen speichern kann, ist gegenwärtig wie das gleichnamige Concept Car nur ein Pilot-Projekt, könnte aber schon 2018 Serienreife erlangen. Denn die Technik steht soweit. Man besorgt sich eine App, erstellt einen Nutzeraccount, und dann muss ein einzelnes Fahrzeug für den Nutzer freigeschaltet werden. Für das eigene Fahrzeug könnte das beim Händler erfolgen, bei einem Carsharing-Anbieter ggf. über Codes, die man nach der Buchung erhält. Und hier sind wir auch schon bei einem kritischen Punkt: Der Fahrzeugmarkt dehnt sich immer weiter auf die Fahrzeug-Nutzung aus und bewegt sich teilweise weg vom Fahrzeug-Besitz. Eine Volkswagen I.D. wäre somit auch eine ideale Voraussetzung für einen VW-Carsharing-Dienst. Besitzer profitieren aber auch, z.B. wenn für Ehemann und Ehefrau jeweils automatisch der Sitz eingestellt wird, die favorisierte Musik abspielt und sich die Licht-Farbe im Interieur ändert.

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Digital Key und Spracherkennung

Einmal registriert und mit dem Fahrzeug verbunden, kann man z.B. die Tür auf- und zuschließen, entweder mit der App oder einfach damit, dass man sein Handy über den Türgriff hält. Einstellbar sind in der App ferner z.B. wie erwähnt die Farbe des Ambiente-Lichts oder der Name des Fahrzeugs, auf den das Auto per Sprachkommando hören soll. Das zeigt Volkswagen anhand eines vernetzten Tiguan. So kann die Spracherkennung z.B. angesprochen werden mit „my Volkswagen“ oder aber später auch individuell mit dem Namen des Haustiers oder KITT oder Herbie. Darauf folgt das Kommando wie z.B. Route nach San Francisco. Der Unterschied der neuen Sprach-Softwareversionen ist: Bislang nutzen die meisten Hersteller ein festes System, es wird z.B. im Display angezeigt, wie genau der nächste Befehl lauten soll. Die neuen Systeme funktionieren wie bei Apple Siri oder Amazon Alexa über eine Spracherkennung, die „freier“ ist und einen natürlicheren Redefluss erlaubt.

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Schnittstellen zu anderen Ökosystemen

Apropos Alexa: Erstmals ist es möglich, vom Auto aus Funktionen von Alexa aufzurufen, insofern eine Internetverbindung besteht. So kann man z.B. das Hörbuch von zu Hause im Auto weiterhören, in dem man Alexa zu Hause dazu auffordert – während man gewiss im Auto sitzt. Und diese Entwicklung ist auch der nächste Knackpunkt. „Wir schaffen mit I.D. ein eigenes Ökosystem“, so Volkmar Tanneberger, VW-Entwicklungschef für Elektrik und Elektronik. Gemeint ist aber damit kein abgeschottetes System, sondern eben eines, das mit bestehenden Systemen interagiert – wie eben das System Amazon Alexa oder aber auch Apple CarPlay, um ein schon integriertes Beispiel zu nennen. Das Fahrzeug wird damit zunehmend zur Hardware, die erst durch individuelle Softwarelösungen zu einem individuellen Produkt wird – „ähnlich wie ein Smartphone, auf dem jeder seine eigenen Apps hat“, fügt Christian Senger hinzu, Baureihenleiter Elektromobilität bei Volkswagen.

Zusammenhang von Infotainment, Elektromobilität und Autonomem Fahren

In der Tat besteht eine enge Verknüpfung zwischen Infotainment-Ökosystem Volkswagen I.D., künftigen Cockpits und Elektromobilität – wie auch das Volkswagen I.D. Concept Car zeigt. Die Nutzereinstellungen werden automatisch erkannt, das Cockpit eröffnet ohne Mitteltunnel dank Elektro-Architektur eine Lounge-Atmosphäre und die zahlreichen Funktionen finden in großen Displays statt.

Nun gibt es dabei allerdings ein Problem: Wie integriert man immer mehr Funktionen, behält aber gleichzeitig den Überblick? Eine angesprochene Lösung ist die Sprachsteuerung, die einem natürlichen Ablauf schließlich sehr nahe kommt. Eine andere Möglichkeit ist das Head-up-Display, das die Navigationspfeile optisch so projiziert, dass die Pfeile auf der Straße zu liegen scheinen. Eine neue Generation des Virtual Cockpit wird zudem zwei hintereinander liegende Displays haben, die damit einen 3D-Eindruck vermitteln. Zudem reagiert das Zukunfts-Display auf die Blickrichtung, die Augenbewegungen des Fahrers werden verfolgt. Somit werden per Blick verschiedene Bereiche aktiviert.

Letztlich wird allerdings aus der ganzen Technisierung nur ein Schuh daraus, wenn man sie mit dem Autonomem Fahren verknüpft. Denn je größer das Angebot, desto mehr kann man nutzen, aber desto mehr wird man auch abgelenkt. Viele der künftigen Funktionen sind daher eher ein Katalysator des selbstfahrenden Autos.

Bei Volkswagen stellt sich produktionstechnisch noch die Frage, wie man mit der neuen Entwicklung langfristig umgeht. Zum einen wird für die Produktion von Elektroautos weniger Personal benötigt, ein Elektroauto lässt sich effizienter produzieren. Einerseits bringt das ein Job-Risiko mit sich, andererseits bedeutet das für den Automobilstandort Deutschland, dass der Faktor hohe Lohnkosten künftig eine geringere Rolle spielt und damit dann wieder arbeitsplatz-sichernd wirken könnte. Eine eigene große Batterie-Produktion will VW laut Entwicklungsvorstand Frank Welsch vorerst nicht betreiben, allerdings arbeitet der Konzern an einer Pilotanlage mit geringer Kapazität, weil man, so Welsch, den Produktionsprozess von der Zelle an komplett verstehen und eigenes Know-How aufbauen möchte – damit man auch in der Zusammenarbeit mit Zulieferern bestens Bescheid weiß.

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Jonas Bomba

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