Nissan GT-R Facelift 570 PS Testbericht

Satte 570 PS und 315 km/h Spitzengeschwindigkeit verbergen sich unter der Haube des neuen Nissan GT-R Update, einem der damit schnellsten Coupés. Der Bolide glänzt aber im Vergleich zu anderen Supersportwagen auch mit einem großen Sortiment an Serienausstattung. Von Thomas Majchrzak

Die aktuelle Generation des Nissan GT-R wird seit 2007 gefertigt und wurde nun ein wenig aufgefrischt, jedoch weniger am Design. Weiterhin besitzt der GT-R einen 3.8 Liter Bi-Turbo-Benziner, welcher in den vergangenen Jahren immer wieder überarbeitet wurde. Mit dem weiteren Update steigert Nissan die Leistung auf ganze 570 PS. Mit diesen Ziffern befindet sich der Japaner z.B. in Regionen eines Jaguar F-Type SVR, ist jedoch deutlich günstiger.

Preislich beginnt der Nissan GT-R bei 100.000 Euro, darüber hinaus gibt es die Black Edition (103.450 Euro), Prestige Edition (104.650 Euro), Track Edition (117.900 Euro) und Nismo (184.000). In letzterer Topvariante wird die Leistung gar auf 600 PS gesteigert.

Erfreulich in unserem Test: Meistens gehen die Hersteller danach vor, bereits extrem teure Automobile noch mit zehntausenden Euro Zusatzausstattung zu versehen. Der Nissan GT-R ist zwar gewiss nicht günstig, hat aber dann auch schon alles inkludiert, was man brauchen könnte. Und unser Testwagen ist tatsächlich ein Serien-GT-R, bis auf die optionale Lackierung.




Exterieur

Beim Nissan GT-R erkennt man von außen kaum Unterschiede zwischen Facelift und Launch-Modell. Neu ist die Farbe „Katsura Orange“. Der Kühlergrill wird bewusst durch ein Sechseck und mittels Farbkontrasten hervorgehoben. Die Chromverzierungen unterhalb und seitlich des Nissan Logos verbinden optisch die Front und die Motorhaube. Dazu gibt es einen massiven Frontsplitter. Eye-Catcher sind die aggressiv gehaltenen Frontleuchten. Durch minimale Rundungen wirken diese äußerst scharf und verleihen somit dem Fahrzeug eine generelle Sportwagen-Struktur. Der dramatische Ton wird durch eine leichte Beugung der Motorhaube und der Leuchten verschärft. Außerdem sind alle Leuchten serienmäßig mit LED ausgestattet, in der Front kommt ebenfalls LED-Tagfahrlicht von Haus aus zum Einsatz. In Abhängigkeit von der gefahrenen Geschwindigkeit passt sich die Beleuchtung im Rahmen des AFS-System (Serie) an. AFS steht für Adaptive Front Lighting, also ein dynamisches Kurvenlicht. In der Topausstattung Nismo kommt die Front einem echten Rennwagen immer näher.

Die Seitenansicht ist, wie bei vielen modernen Fahrzeugen, schlicht und einfach gehalten. Oberhalb der Türgriffe verläuft eine Dropping-Line bis hin zum Heck. Serienmäßig sind alle Ausstattungslinien mit 20-Zoll-Felgen ausgestattet. Ebenfalls erkennt man gut die Coupé-Form des Nissan und auch der Heckspoiler ist nicht zu übersehen. Wirft man einen genaueren Blick in Richtung der Felgen, so erkennt man, dass die Radkästen ziemlich breit sind. Dies verbreitert den Japaner auf 1,90 m, die Gesamtlänge befindet sich bei 4,71 m und die Höhe liegt bei 1,37 m.

Das Heck ist im Gegenzug nochmals interessanter bzw. lässt viel Spielraum für Diskussionen. Zu Beginn haben wir einen Heckspoiler, der bei höheren Geschwindigkeiten den Abtrieb verbessert, jedoch im Alltag nur zur Aufmerksamkeit beiträgt. Der Nismo erhält einen eigenen Rennwagen-Spoiler in einer Haifischzahn-Struktur. Die Heckleuchten sind im Gegensatz zur Front durchgehend rund gehalten. Und genau hier ist der Knackpunkt, denn man muss sich die Frage stellen, wie wichtig einem eine eindeutige Designführung ist; und in diesem Fall versucht Nissan, mehrere Designthemen zu verbinden, was in unseren Augen eher suboptimal gelungen ist. Der untere Teil passt sich dem allgemeinen Eindruck an. Ganze vier Auspuffrohre findet man, welche durch eine graue Umrandung noch deutlicher hervorstechen.

Unser Testwagen trägt die Farbe Gun Metallic, mit 1.000 Euro Aufpreis das einzige Aufpreis-Feature gegenüber dem Serienfahrzeug.

Interieur

Beim ersten Betreten des Innenraumes fallen sofort die vielen Kontraste auf, die bereits am Exterieur für eine gewisse Einzigartigkeit sorgen. Gut erkennt man es z.B. am sportlichen Lenkrad, das sich etwas unpraktisch mit zwei einzelnen Bedienhebeln in Höhe oder Distanz verstellen lässt. Die Bedienknöpfe sind jeweils in Schwarz gehalten sowie standardmäßig auch der Rest des Interieurs. Man kann allerdings auch zwischen Rot, Cremefarben, Schwarz und Cognac Braun wählen. Verarbeitung und Anmutung im GT-R haben mit anderen Nissan-Fahrzeugen fast nichts gemeinsam, der GT-R schwebt in seiner eigenen Welt. Insofern präsentiert sich hier ein deutlich hochwertigerer Innenraum, der allerdings nicht ganz mit der Verarbeitungsqualität der deutschen hochpreisigen Sportwagen mithalten kann.

Bei den Instrumenten trifft man auf fünf verschiedene Anzeigen. Im Zentrum wie gewohnt die Geschwindigkeit, links davon die Drehzahl, rechts oben bei welchem Reiter sich die Automatik befindet, darunter die Tankfüllung und ganz rechts außen Angaben zum Reifendruck.

Die Basis-Sitze haben innen Mikrofaser und außen Tierhaut. Hier hätte man auch nachhaltig auf Kunstleder setzen können. Aber immerhin hat man innen die sportliche rutschfeste Unterlage, die auch im Sommer nicht so heiß und im Winter nicht so kalt wird. Von den optional verfügbaren Sitzoptionen raten wir daher ab. Denn ab der Prestige Edition sitzt man auf reiner Tierhaut. Eine kleine Ausnahme gibt es noch beim Nismo, wo die Sitzfläche ebenfalls mit Alcantara überzogen wird. Ansonsten sind die Sitze von der Form her sehr sportlich ausgerichtet und relativ eng. Für größere Menschen könnte jedoch eine nicht ganz so eingezwängte Sitzposition auf längeren Strecken angenehmer sein. Auf der Rückbank bleibt kaum Platz, das sind nur Notsitze. Der Kofferraum ist eine Art Loch mit einer sehr hohen Ladekante, bietet aber durchaus Platz für eine Reise zu zweit.

Zur Serienausstattung zählt auch ein 8 Zoll großer Touchscreen in der Mittelkonsole, über den man das Infotainmentsystem bedienen kann. Ebenso sind DAB, Bluetooth und eine Rückfahrkamera mit an Bord. Die Software des Infotainment-Systems ist jedoch in der Darstellung veraltet und langsam.

Des Weiteren soll eine neue serienmäßige Akustik-Windschutzscheibe Windgeräusche reduzieren und somit die Geräuschkulisse im Inneren verbessern. Aber auch die Active Noise Cancellation (ANC) und das Active Sound Enhancement (ASE) tragen zu einer besseren Akustik bei, vor allem beim Abspielen seiner eigenen Lieder über das Bose-Soundsystem. Während solche Features bei den meisten Herstellern auch in dieser Preiskategorie nur gegen Aufpreis erhältlich sind, sind alle genannten Features von Haus aus beim Nissan GT-R dabei. Des Weiteren erhält der Nissan GT-R serienmäßig DampTronic Stoßdämpfer von Bilstein, die sich elektronisch einstellen lassen.

Die meisten Sportwagen legen den Fokus eher auf Leistung denn auf Assistenzsysteme, und so ist es ebenfalls beim Nissan GT-R. Es werden lediglich „logisch“ nachvollziehbare Systeme serienmäßig verbaut, darunter ein Tempomat, Berganfahrhilfe und Stabilitätssensoren. Optional sind Einparkhilfen für die Front und für das Heck erhältlich. Man geht wohl davon aus, dass die Kundschaft nicht so viele Assistenzsysteme möchte.

Motoren

Wie bereits erwähnt, befinden sich 570 PS unter der Haube des Nissan GT-R Facelifts, im Detail schauen die Werte des Benziners wie folgt aus:

3.8 l, V6 Bi-Turbo, 570 PS, 11.8 l/100 km (kombiniert)
6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Max. Geschwindigkeit: 315 km/h
0-100 km/h: 2,7 Sek. (Nismo: 2,5 Sek. mit 600 PS)

Man braucht diese Ziffern gar nicht mehr kommentieren, denn sie sprechen einfach für sich. Nur hier sollte deutlich gesagt werden, dass man diese Leistung (wenn überhaupt) gänzlich nur auf einer Rennstrecke ausprobieren sollte.

Alltagstauglicher als ein reiner Heckantriebler ist der Nissan GT-R allerdings aufgrund des Attesa E-TS Allradsystems (Advanced Total Traction Engineering System for All-Terrain with Electronic Torque Split), welches die Kraftverteilung variabel regeln kann. So kann man den GT-R auch mit reinem Heckantrieb (Verteilung 0:100) fahren, aber tritt Schlupf auf, kann man Vorder- und Hinterachse sogar bis zu 50:50 etwa gleich belasten.

Im Vergleich zum einem Jaguar F-Type SVR ist der Nissan GT-R mit gut 1.750 kg etwa 40 kg schwerer als ein F-Type. Vergleichsweise benötigt der F-Type SVR 3,7 Sekunden bis auf 100 km/h, unglaublich, dass der Nissan GT-R das noch mal eine Sekunde schneller schafft.

Fahrverhalten

In der Sitzposition und in der Anmutung erinnert der Nissan GT-R uns ein wenig an einen Lexus RC-F.

Aber warum ist der Nissan GT-R so unfassbar schnell, schneller sogar als so ziemlich alle anderen Supersportwagen, die teilweise das doppelt oder dreifache kosten? Es liegt am Grip, also dass der Nissan GT-R seine Power auf die Straße bringen kann. Der Motor sorgt für Gewicht auf der Vorderachse, aber viele andere Teile wie Getriebe und Differenzial sind alle im Heck verbaut, damit eine möglichst ebene Gewichtsverteilung von nahezu 50/50 vorne/hinten erreicht wird.

Im Fahrverhalten überrascht der Nissan GT-R durchaus mit Komfort. Während er außen extrem brutal ausschaut, kann man ihn durchaus komfortabel fahren. Das Fahrwerk kann man auch auf einen Komfort-Modus stellen, das hilft. Trotzdem bleibt der Nissan GT-R dem Straßenbelag natürlich immer stark verbunden. Etwas irritierend sind Getriebegeräusche, die aufkommen, wenn man vom Gas geht – das hört sich etwas blechern an. Die Schaltvorgänge kann man auch einstellen, von geschmeidig für glatte Verhältnisse bis sportlich bei härterer Gangart. Wenn man die Schaltvorgänge auf „R“ stellt und gleichzeitig das ESP auf „R“ hat, wird auch die Launch Control aktiviert. Dann kann man fest auf die Bremse treten und die Drehzahl mit dem Gaspedal hochschnellen lassen – und dann die Bremse lösen. Natürlich am besten nur auf der Rennstrecke.

Die Beschleunigung ist im Prinzip surreal, knapp 3 Sekunden auf 100 km/h, knapp 10 Sekunden auf 200 km/h. Man wird fest in die Sitze gedrückt. Das kann sonst nur ein Porsche 911 Turbo S, der doppelt so viel kostet. Die Lenkung im Nissan GT-R stellt uns nicht ganz so zufrieden, sie fühlt sich irgendwie schwammig an. Genau dirigieren kann man trotzdem, es fühlt sich eher so an wie in einem Videospiel.

Abmessungen

Länge: 4,71 m
Breite: 1,90 m
Höhe: 1,37 m
Radstand: 2,78 m
Leergewicht: 1.745 – 1.752 kg

Fazit: Der Nissan GT-R kostet halb so viel wie vergleichbare Sportwagen mit einer ähnlichen Leistung, und hängt dann trotzdem noch alle ab. Das ist das Alleinstellungsmerkmal, und es hat sich nicht geändert, obwohl die Grundversion nun schon wirklich in die Jahre gekommen ist. Das Facelift hat den GT-R etwas aufgefrischt, so dass er auf einem aktuellen Stand ist. Das Interieur kann nicht ganz mit Premium-Sportwagen aus Deutschland oder von Lexus mithalten, das muss einem bewusst sein. Dafür bekommt man die brachiale Godzilla-Leistung und ist unkonventioneller unterwegs als mit einem 911er.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Michel Weigel

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