Audi RS3 Facelift Testbericht mit 400 PS

Audi hat den RS3 aufgemöbelt, zunächst die Motorleistung von 367 um 33 PS erhöht und damit die nächste 100er Marke geknackt. Dazu wurde der kompakte Renner auch noch leichter. In Summe gibt das mehr Tempo und Dynamik. Für Audi ist es das Fahrzeug, um neue und junge Kunden für die Sportfahrzeuge der Marke zu gewinnen. Das Tempo hat aber auch seinen Preis. Das Audi RS3 Facelift im Testbericht. Von Holger Majchrzak





Mit Einstiegspreisen von 54.600 Euro für die Sportback-Version und 55.900 für die Limousine ist der Audi RS3 für einen Kompaktwagen in der obersten Preiskategorie. Und die meisten der bestellten Fahrzeuge werden noch teurer sein, denn Audi rechnet fest damit, dass die RS-Kundschaft wie bisher fleißig optionale Sportsitze und Sport-Design Pakete ordern wird.

Zuerst wird übrigens die Limousine, die dort Sedan heißt, in den nächsten Wochen in den USA eingeführt. Denn der eigentlich von den Verkaufszahlen her erfolgreiche RS3 wird bislang vorwiegend in Europa verkauft, aber soll jetzt zum Weltauto werden. Später im Jahr, im August, kommen Limousine und dann auch der Sportback in der überarbeiteten Version nach Europa; im April kann allerdings schon blind beim Händler geordert werden.

Exterieur

Wie nicht anders zu erwarten von Audi, bietet der neue RS3 keine Design-Revolution – die Damen und Herren der vier Ringe lieben die eher kosmetischen Erneuerungen am Erscheinungsbild. Beim RS3 ist es der typische Audi-Grill, der jetzt dreidimensionaler wirkt. Dazu ziert den Wagen ein überarbeitetes Blade (also Schwert) genanntes Design-Element, dass sich unter dem Grill quer über die Wagenbreite zieht und an den Enden hörnerartig nach oben biegt. Das macht das Auto optisch breiter.

Apropos Schwert – insgesamt ist das komplette Auto scharf geschnitten, rundliche Elemente – sehen wir mal vom Audi Logo ab – spielen praktisch keine Rolle.
Von der Seite betrachtet ist der RS einfach ein Audi A3. Bis auf die mächtig ausgestellten Radhäuser. Die 235er 19 Zöller brauchen ihren Platz; vorne sind sogar optional 255er Reifen möglich.

Beim Blick auf die Reifen fallen dann die Bremsen auf, groß mit 370 mm Durchmesser vorn und 310 mm Durchmesser hinten, vorne optional auch als Carbon-Keramik Bremsen. Wer schnell fährt, muss auch mal hart bremsen. Die großen Scheiben sehen natürlich auch nett und sportlich aus.

Am Heck sind vor allem die überdimensionierten Auspuffrohre bemerkenswert. Erst recht, wenn der röhrende Motor die Blicke darauf lenkt. Der Sound ist eine Klasse für sich dank einer besonderen Zündfolge des 5-Zylinder Motors – so sehen das sportlich denkende Menschen. Nicht jeder Zeitgenosse goutiert allerdings die heftigen Explosionsgeräusche der RS-Motoren.

Interieur

Beim ersten Blick in den Wagen denkt man sofort an den normalen Audi A3, das Grundkonzept wurde beibehalten. Im Detail wurde aber eine Menge beim RS im Vergleich zum Familienmodell verändert. Zum Beispiel das Lenkrad, unten abgeflacht überzogen mit einem Mix aus Tierhaut und Alcantara – und Alcantara genau dort, wo auch die Finger beim Fahren zu sitzen haben. Das erhöht die Griffigkeit; selbst bei feuchten Händen und die kann einem das Auto schon bescheren.

Zu haben ist das Auto einerseits mit Sportsitzen und optional mit aus dem Rennsport nachempfundenen Sitzen mit integrierter Kopfstütze. Jeweils komplett in Tierhaut; Stoff oder Alcantara-Varianten zur Auswahl hätten wir gerne gesehen. Die Sitze sind so bequem, wie sie können für eine Sportmaschine und das heißt, da wäre noch Luft nach oben an Komfort. Geht aber nicht, denn Sitze im RS müssen in erster Linie den Seiten-Halt des Fahrers unterstützen. Sportlich gesehen sind die Sitze top, auf der Langstrecke ahne ich, dass der RS keine Lounge sein wird.

Das Armaturenbrett ist sachlich-technisch gehalten, die Instrumentierung mit der Hauptanzeige für die Drehzahl und auch Anzeigen für Leistung und Drehmoment ist stark auf das Thema Sport fokussiert. Das Audi Virtual Cockpit ist optional und sicher eine Variante, über die man nachdenken sollte. Auch hier dominiert ein zentraler Drehzahlmesser mit integrierten Digitalziffern für das Tempo. Weitere Anzeigen zu Drehmoment, Leistung, Reifendruck und g-Kräften runden hier das Bild ab.

Zeitgemäß sind wenige Bedienelemente zu sehen. Vieles lässt sich über den Drehknopf unterhalb des Automatik-Wahlhebels regeln, zum Beispiel die Steuerung des Infotainment-Systems. Das wird beim Start hochgefahren aus dem Armaturenbrett, deutlich besser als starre Lösungen dort. Alles was ein modernes Auto braucht, ist in dem sehr einfach zu bedienenden System auch zu finden. Auch die vier verschiedenen Fahr-Modi des RS werden auf dem Bildschirm angezeigt. Vermutlich fahren die meisten ohnehin häufiger im Dynamik-Modus.

Bei den Fahrer-Assistenzsystemen verfügt Audi über einen gut gefüllten Baukasten. Weniges ist Serie im RS3, optional ist das Fahrzeug aber massiv hochzurüsten. Neu im Angebot für das Fahrzeug ist der Stauassistent, der dem Fahrer in dieser Situation die Arbeit abnimmt (bis zu einer Geschwindigkeit von 65 km/h), der Notfallassistent, der das Auto selbst bis zum Stillstand abbremst und der Querverkehrsassistent, der beim Rückwärtsfahren vor Kollisionen warnt.

Audi rechnet übrigens damit, dass die Käufer ihr Geld eher in optionale Designpakete denn in optionale Assistenzsysteme stecken.

Auf den Rücksitzen sind zwei Erwachsene übrigens ausgesprochen gut untergebracht und der Kofferraum ist gut für die Kompaktklasse, für einen Sportwagen natürlich sogar sehr gut.

Motoren

Angetrieben wird der Audi RS3 von einem überarbeiteten 5-Zylinder Turbo, 2,5 Liter mit 400 PS und 480 Newtonmeter Drehmoment. Der stärkste RS3 aller Zeiten und der stärkste Serien-Fünf-Zylinder weltweit. Wobei Fünf-Zylinder nun nicht gerade häufig sind. Der RS3 hat Allrad mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Der neue Motor hat durch Alu-Bauteile im Gewicht um 27 Kilogramm abgespeckt. Insgesamt wiegt das komplette Auto nur 1.510 Kilogramm. Audi rechnet vor, jede Pferdestärke muss nur 3,78 Kilogramm bewegen. Das macht schon klar, was für ein Geschoss hier gebaut wurde. Öffnet man die Motorhaube, ist überraschend viel zu sehen vom Herz des RS3, sehr kundenfreundlich, da haben die Käufer was zum Vorzeigen.

Fahrverhalten

Wir können uns lebhaft vorstellen, dass das Erste, was interessiert in puncto Fahrverhalten die Beschleunigung ist. 4,1 Sekunden von Null auf Hundert ist die Werksangabe. Der Wagen hat eine Launch Control; d.h. nach Ausschalten von ESP, Automatik-Hebel auf S und Wahl des Dynamik-Modus kann man gleichzeitig Bremse und Gaspedal treten und den Motor auf Drehzahl bringen. Nimmt man dann den Fuß von der Bremse, krallen sich die vier Räder in den Asphalt und beschleunigen den RS3 atemberaubend. Wir empfehlen Ältere, Kinder, Schwangere und ansonsten zart Besaitete vor der Mitfahrt bei einem Launch Control Start auf Risiken und Nebenwirkungen hinzuweisen. Ärzte und Apotheker würden wahrscheinlich ohnehin abraten.

Auch im Normalbetrieb lässt die Beschleunigung natürlich keine Wünsche offen. Durchaus überraschend bei unserer Testfahrt: Der RS3 lässt sich im Normal-Modus absolut alltagstauglich fahren, hat kein nervöses Gaspedal. Andererseits ein kleiner Druck mehr und schon geht die Post ab. Man muss höllisch aufpassen, im Nu sind alle Geschwindigkeitsbeschränkungen überschritten. Im unteren und mittleren Tempobereich ist der RS3 im Innenraum so leise, dass auch akustisch nicht davor gewarnt wird.
Geradeaus schnell sein können viele, schnell und sicher in Kurven ist da schon eine andere Sache. Auch hier überzeugt der neue RS durch seine direkte Lenkung und weil es ein Wagen mit kompakten Abmessungen ist, ist er auch ausgesprochen wendig. Die Bremsen lösen das ein was sie optisch durch ihre Größe versprechen. Es ist eine Freude, mit dem Auto auf kurvenreichen Strecken gern auch bergauf, bergab unterwegs zu sein.

Allerdings stellt diese Fahrweise auch Ansprüche an den Fahrer. Und nach zwei, drei Stunden merkt man, dass die sportliche Sitzposition letztlich auch fordernd, wenn nicht ermüdend ist. Der RS3 ist eben doch ein Sportwagen und keine Familienkutsche, obwohl das Platzangebot dafür reichen würde. Montierte Kindersitze auf der Rückbank sehen wir eher nicht.

Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 250 km/h, auf Wunsch 280 km/h, wenn Audi den Begrenzer entfernt. Das konnten wir nicht austesten, und es ist auch nicht anzuraten.

Als Kraftstoffverbrauch nennt Audi 8,3 Liter pro 100 Kilometer. Ein höchst theoretischer Wert, der bei Normalfahrt schon überschritten, im sportlichen Tempo deutlich übertroffen wird.

Abmessungen:

Länge: 4,48 m
Breite: 1,80 m
Höhe: 1,39 m

Fazit: Braucht man einen Kompaktwagen mit 400 PS? Natürlich nicht. Hätte man gerne einen? Vielleicht. Der Audi RS3 vermittelt sicheren Fahrspaß, bricht in der Kompaktklasses im gesamten Volkswagen-Konzern mit der Vierzylinder-Regel und kitzelt heruas, was aktuelle konservative Fahrzeug-Technik leisten kann. Der Fünfzylinder mit mehr Hubraum muss dabei übrigens nicht unbedingt mehr verbrauchen als die kleinen Pendants, aber er verführt natürlich allzu sehr dazu, aufs Gaspedal zu treten. Das Interieur ist wie gewohnt exzellent verarbeitet, unverständlich sind lediglich die fehlenden sportlichen Oberflächenmaterialien für die Sitze. Der bessere sportliche Kompromiss für den Alltag ist sicher der Audi S3, der RS3 ist dagegen die Sport-Maschine, die mehr kann als die meisten größeren Sportwagen.

Autogefühl: ***

Text: Autogefühl, Holger Majchrzak
Fotos: Audi