Mercedes SL Facelift Testbericht: SL 400 V6

Kaum ein anderes Mercedes-Fahrzeug hat einen derartigen Ikonen-Status wie der Mercedes SL. Jüngst hat der SL ein Facelift erhalten, das hauptsächlich das Exterieur betrifft und auf gemischte Reaktionen gestoßen ist. Das wollten wir uns genauer ansehen – im Basis SL, dem neuen Mercedes SL 400 mit V6. Von Thomas Majchrzak

Knapp 100.000 Euro kostet das Mercedes Benz SL Facelift in der Basisversion. Bei den AMG-Versionen geht es dann noch weit über 200.000 Euro hinaus.




Exterieur

Relativ abgerundete Frontleuchten und ein Kühlergrill in einer Art „Diamantenform“ schmücken die Front des Mercedes Benz SL Facelifts. Das Design ist dabei weniger kantig als vorher, sondern fügt sich eher in die schwungvolle aktuelle Mercedes-Designsprache ein. Von Haus aus ist der adaptive Fernlicht-Assistent mit an Bord, der laut Hersteller den Gegenverkehr nicht blendet. Wahlweise kann man auch das LED Intelligent Light System hinzufügen, mit dem sich die Beleuchtung je nach Begebenheit an die jeweiligen Verhältnisse anpasst.

Serienmäßig kommt der Roadster mit 18-Zoll-Felgen, optisch funktioniert das bereits sehr gut. Auf unserem Tester in Hyazinth-Rot sind die 19″ AMG Leichtmetallräder im 5-Speichen-Design montiert. Auch schon ein Mercedes SL in Basisausstattung kann sich sehr gut sehen lassen, gekennzeichnet durch die extrem lange Motorhaube und schönen Details, die aus der Geschichte zitieren – wie die gefälschten Luftauslässe an den Radhäusern, die an die Trommelbremsenzeit der allerersten SL-Modelle erinnern.

Optional ist ein AMG Night Paket erhältlich, bei dem schwarze Elemente hochglänzend auffallen und somit den aggressiven Look des Roadsters stärken sollen. Aufpreis: ca. 1.400 Euro. Für etwa 5.000 Euro gibt es ferner die AMG Line, die für markantere Schweller und einen geänderten Kühlergrill sorgt und das Fahrwerk ist ein wenig tiefergelegt.

Interieur

Serienmäßig sind die Sitze des SL Facelift mit einer Mischung aus Stoff und Tierhaut ausgestattet, gegen Aufpreis kann man sich leider nur für Voll-Tierhaut entscheiden. Aus unserer Sicht ziemlich schade, da Mercedes auch in so ziemlich allen anderen sportlichen Fahrzeugen die tolle Kombination aus Dinamica-Kunstfaser in der Mitte und Kunstleder Artico/MBTex außen anbietet. Bislang war die SL-Basisversion ferner auch mit reinen Stoffsitzen erhältlich. Unser Tipp: Den Händler einfach fragen, denn Mercedes bietet selbst Lenkräder aus Kunstleder oder Mikrofaser im Austausch an auf Nachfrage, und für ein 100.000-Euro-Auto kann man vielleicht auch Sitzwünsche angeben.

In Puncto Verarbeitung und Qualität lässt Mercedes keine Wünsche offen, auch wenn man dem Interieur durchaus anmerkt, dass es sich nicht mehr um eine ganz aktuelle Fahrzeug-Generation handelt, etwa durch die Gestaltung der Infotainment-Software. Die Bedienung ist zudem ein wenig umständlich, man muss häufig lange Bedien-Wege zurücklegen. Warum zum Beispiel muss man sein Telefon über Bluetooth einmal zum Telefonieren verbinden und noch einmal fürs Musikstreaming? Vielleicht wäre es an der Zeit, den Bildschirm auch mit Touchscreen auszustatten. Die einzelnen Knöpfe im Interieur fühlen sich aber hochwertig an und haben zum größten Teil auch einen angenehmen Klang. Das etwas altmodische Setup kann allerdings teilweise auch glänzen: Manche häufig benutzte Funktionen sind noch mit einem separaten Knopf versehen, das mag der ein oder andere Fahrer schätzen, in Zeiten, in denen manche Fahrzeuge gar keine Knöpfe mehr aufweisen. Auch ist wie gewohnt bei Mercedes ein Multifunktionslenkrad an Bord, über das man auch vieles steuern kann. Keyless Entry, bzw. wie Mercedes es nennt Keyless-Go, kann für 1.800 Euro hinzugefügt werden.

Das Platzangebot ist vorne für große Erwachsene durchaus großzügig, auch ergeben sich durch die Mittelkonsole und das aufklappbare Fach hinter dem Fahrersitz doch noch einige Verstaumöglichkeiten. Der Mercedes SL ist der bequemste große GT, hier hat er in der Sitzposition bzw. im Komfort auch einen großen Vorteil zum neuen Mercedes-AMG GT Roadster.

Positiv: Seit dem Facelift fährt die Gepäck-Abdeckung automatisch mit. Wenn man die Abdeckung also offen hat und das Dach ebenfalls öffnet, klappt die Abdeckung nun automatisch mit herunter und man muss nicht erst aussteigen und diese manuell schließen. Hat man dann das Klappdach geöffnet und möchte noch einmal ans Gepäck, fahren Abdeckung und Dach im Kofferraum auf Knopfdruck nach oben und man kann wieder befüllen oder entladen. Eine gute Möglichkeit, diesen eigentlichen Nachteil des klappbaren Hardtops etwas auszugleichen.

Motoren

SL 400 (USA: 450)
V6
2,9 Liter Hubraum
367 PS (270 kW), 9G-Tronic Getriebe
Preis: 99.000 € (Basis)
4,9 Sek. 0-100 km/h

SL 500 (USA: 550)
V8
4,6 Liter Hubraum
455 PS (335 kW), 9G-Tronic Getriebe
Preis: 123.000 €
4,3 Sek. 0-100 km/h

AMG SL 63
V8
5,5 Liter Hubraum
585 PS (430 kW), AMG Speedshift 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe
Preis: 162.000 €
4,1 Sek. 0-100 km/h

AMG SL 65
V12
5,9 Liter Hubraum
630 PS (463 kW), AMG Speedshift Plus 7G-Tronic
Preis: 240.000 €
4,0 Sek. 0-100 km/h

Fahrverhalten

Ein SL muss ein 500er sein? Mitnichten, denn der V6 leistet mehr als genug. Und auch der Sound ist, wenn man denn möchte, mit aktiviertem Sport-Auspuff-Sound prominent. Der V6 ist zudem etwas leichter als der V8, und insgesamt wirkt die Komposition für das Fahrzeug passend. Denn der Mercedes SL hat zwar als SL400 genügend Kraftreserven, verleitet aber eher zum gemütlichen Dahingleiten und zum Entspannen. Daher ist eine AMG-Version hier auch nicht vonnöten. Beim Verbrauch erzielen wir mit dem SL400 in der Stadt 12 l / 100 km und über Land / Autobahn gut 10 l / 100 km.

Mit dem Dynamic Select Feature lässt sich zwischen verschiedenen Modi wie Sport, Sport Plus, Eco und Komfort wechseln. Dies passt Kennwerte wie Gasannahme, Schaltverhalten und Fahrwerk an. Die optionale Active Body Control sorgt für mehr Komfort, indem das Fahrzeug sich jeweils bis zu 2,65 Grad zum Kurveninneren neigt. Die Kurvenneigungsfunktion ist SL 400 und SL 500 vorbehalten. Dieses Stahlfeder-plus-Hydraulik-Fahrwerk ermöglicht auch eine Niveauregulierung z.B. für die Einfahrt in eine Tiefgarage, ohne dass man eben eine Luftfederung haben muss. Wir testen hier allerdings das Standard-Fahrwerk, mit dem wir voll zufrieden sind. Der Mercedes SL will kein Racing-GT sein, muss er auch nicht. Im Gegensatz zum AMG GT steht beim Mercedes SL der elegante Genuss und der Komfort im Vordergrund, ohne aber zu unsportlich zu sein.

Ein interessantes Feature beim Fahren ist auch der fahrdynamische Sitz, bei dem die Seitenpolster der Sitze jeweils in der Kurve dort gestärkt werden, wo die Fliehkräfte beim Fahrer auftreten. Gerade der Beifahrer wird somit besser im Sitz gehalten.

Der Aspekt der Aktiven Sicherheit hält sich in der Basisversion in Grenzen, denn leider sind Features wie der Toter-Winkel-Assistent, Spurhalte-Assistent oder ein Abstands-Assistent nicht serienmäßig dabei. Vor allem in der Preisklasse hätte man sich zumindest diese Eigenschaften serienmäßig gewünscht.

Abmessungen

Länge: 4.63 m
Breite: 2,10 m
Höhe: 1,30 m
Radstand: 2,59 m

Fazit: Der Mercedes SL ist weiterhin eines der Ikonen auf dem Fahrzeugmarkt. Das Facelift hat das Design etwas rundlicher gemacht, moderner, schwungvoller, aber weniger markant. Die charakteristischen Grundwerte sind aber weiterhin erhalten geblieben. Das Interieur ist nicht mehr das modernste, dafür ist man schnell vertraut und findet viele Funktionen noch auf einzelnen Knöpfen. Was angeboten werden müsste, wären wie in anderen Mercedes-Modellen die nachhaltigen und sportlichen Sitzoberflächen. Im Fahren bleibt der Mercedes SL der Komfort-König unter den offenen GTs und ist damit auch deutlich alltags- und rückenfreundlicher als die deutlich sportlicher ausgerichteten Konkurrenten hausextern wie hausintern. Der V6 reicht vollkommen aus, der SL400 stellt eine tolle Komposition für dieses Fahrzeug dar.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Michel Weigel