Jaguar XE Fahrbericht 2.0 Ingenium Benziner

Die Mittelklasse-Limousine Jaguar XE hatten wir hier bereits als Einstiegs-Diesel und Top-Benziner vorgestellt. Nun werfen wir einen Blick auf die neue Benziner-Generation, die von Jaguar Land Rover entwickelten Ingenium-Motoren, im Jaguar XE mit 2.0 Liter Hubraum mit 200 oder 250 PS. Wie schlägt sich der neue Motor im XE? Von Thomas Majchrzak

Der Jaguar XE startet bei 37.000 Euro als Modell 20t mit Ingenium 2.0 Liter 4-Zylinder Turbobenziner mit 200 PS, 8-Gang-Automatikgetriebe und Heckantrieb. Ähnlich landet der 2.0 Liter 4-Zylinder-Turbodiesel mit 163 PS. Da nach den jüngsten Ereignissen und Untersuchungen aber immer mehr Menschen allerdings dem Diesel abschwören, kommt die neue Benziner-Generation nun gerade recht.





Exterieur

Grundsätzlich zeigen die aktuellen Generationen von Jaguar XE und Jaguar XF ein ähnliches Gesicht, wobei der XE mit flacheren Scheinwerfern, die von der Motorhaube ganz leicht überdeckt werden, noch eine Spur Dynamik dazulegt und den steiler aufgestellteren Kühlergrill von der Luxuslimousine XJ borgt. Man könnte sagen: Best of Jaguar, und das stimmt auch. Der Jaguar XE ist ein Kunstwerk der automobilen Mittelklasse, weil er mit möglichst wenigen Design-Linien auskommt, kraftvoll auftritt und ein Höchstmaß an Eleganz vermittelt. Die Sportlichkeit kommt unter anderem auch daher, dass die Fahrgast-Kabine etwas zurückversetzt ist. Eine lange Motorhaube ist zwar nicht praktisch für die Übersicht, sieht aber toll aus. Chef-Designer Ian Callum achtet dabei auch stets darauf, dass das Fahrzeug aus allen Blickwinkeln schön anzusehen ist – etwa auch von oben. Am Heck wird mit dem rundlichen Element der Rückleuchten sogar leicht der E-TYPE zitiert bzw. dann auch der F-TYPE. Leicht nach oben zeigt der kleine integrierte Heckflügel, der in fast allen Versionen nahtlos integriert ist. Lediglich in den Sportversionen ist der Heckflügel höher und separat aufgesetzt. Der Gesamtaufbau ist so stromlinienförmig, dass ein cW-Wert von 0,26 erreicht werden konnte – Bestwert für einen Serien-Jaguar. Um Gewicht zu sparen, wird eine durchgehende Aluminium-Karosserie eingesetzt, was in dieser Klasse ein Novum ist. Beachtlich: Der Basis-XE wiegt somit nur 1.475 kg. Dadurch ist es zudem möglich, eine optimale Gewichtsverteilung im sportlichen Sinne zu erreichen. Bei den Farben gibt es auch ein kräftiges Blau, genannt Bluefire. Hier zeigen wir das in Lila tendierende Caesium Blau, auch sehr interessant. Ferner steht auch ein klassisches British Racing Green zu Verfügung. Insgesamt gibt es derzeit 18 wählbare Lackierungen. Unser Testwagen ist mit der R-Sport Linie ausgestattet, die also die Designelemente zeigt, die auch die S-Version hat, ohne aber direkt die größte Motorisierung haben zu müssen. 18-Zöller stehen dem Jaguar XE wie man sieht schon sehr gut.

Interieur

Im Innenraum-Stil orientiert sich der Jaguar XE zunächst am F-TYPE, hat also die Instrumente Flugzeug-Cockpit-artig angeordnet. Tacho und Drehzahlmesser gehen rund und tief hinein. Auch das kompakte Lenkrad erinnert an den F-TYPE. Auf den Instrumenten thront eine Plastik-Abdeckung, die in einem Facelift gerne hochwertiger verarbeitet sein könnte. Dasselbe gilt für die Tasten am Lenkrad. Positiv fallen dagegen viele emotionale Design-Elemente auf. So kann man auch in dieser Hinsicht wieder „Best of Jaguar“ sagen, etwa durch den Riva hoop, die durchgehende Zierleiste entlang des gesamten vorderen Innenraums. Diese kam schon beim XJ zum Einsatz und bringt ein wenig Yacht-Atmosphäre ins Interieur. Auch der bekannte Jaguar Drive Selector (runder, herausfahrbarer Ganghebel) bleibt als praktisches und zugleich optisch ansprechendes Element. Ferner finden wir viele mit Kunstleder bezogene Flächen an den Innenseiten der Türen oder am Armaturenbrett, das ist hochwertiger als das viele Hartplastik, das man selbst in vielen Premium-Fahrzeugen findet.

In der Basis-Version Pure gibt es für einen Jaguar seit dem XE auch Voll-Textil-Sitze – und das sogar in Schwarz, Grau und Beige. Damit lässt sich Geld sparen und zugleich ein besserer Klimakomfort erzielen. Ferner erfreulich und nachhaltig ist die R-Sport Variante mit den Sitzen in Textil/Kunstleder (Luxtec). Die Sitze an sich sind sehr bequem, die Sportsitze bieten etwas mehr Seitenhalt, aber noch einen guten Langstreckenkomfort. Unsere Interieur-Fotos zeigen allerdings die optionale Tierhaut-Ausstattung.

Angenehm: Wie üblich kommt ein Jaguar mit mehr Serien-Ausstattung als die Konkurrenz. Relevante Serien-Ausstattung beim Jaguar XE sind unter anderem:

– 2-Zonen-Klimaautomatik
– Bluetooth-Schnittstelle
– Intelligenter (autonomer) Notfall-Bremsassistent
– Torque Vectoring
– Jaguar Smart Key System mit Keyless Start
– Ambiente-Innenraumbeleuchtung

Ferner teilen sich die Modelle auf in Pure, Prestige, Portfolio, R-Sport und XE S. Portfolio stellt die Top-Ausstattung Richtung Luxus dar, XE S die Top-Ausstattung Richtung Sport.

Pure
– 17 Zoll Alufelgen
– Stoffsitze
– Kühlergrill mit Chromeinfassung

Prestige
– 17 Zoll Alufelgen
– Tierhaut-Sitze mit Kontrastnähten
– Kühlergrill mit Chromeinfassung

Portfolio
– 18 Zoll Alufelgen
– Scheibeneinfassungen in Chrom
– Bi-Xenon-Scheinwerfer
– Tierhautsitze
– Kühlergrill glänzend Schwarz mit Chromeinfassung
– Ambiente-Innenraumbeleuchtung

R-Sport
– 18 Zoll Alufelgen
– Sportsitze im Mix Stoff / Kunstleder (Luxtec)
– Sport-Stoßfänger vorne, seitlich und hinten
– Sportfahrwerk
– Ambiente-Innenraumbeleuchtung

XE S (nur für 3.0 l V6)
– 18 Zoll Alufelgen
– Größere Bremsscheiben
– Rote Bremssättel
– Sport-Stoßfänger vorne, seitlich und hinten
– Adaptives Fahrwerk
– Sportsitze im Mix Alcantara / Tierhaut
– Ambiente-Innenraumbeleuchtung

Das Navi geht immer extra. Standard ist ein 8-Zoll-Monitor, optional gibt es einen 10,2-Zoll-Monitor mit Navi (plus 3.000 Euro) oder für 4.500 Euro mit erweitertem Klang-System, die größere Variante sehen wir hier. Über die InControl Apps gibt es die Möglichkeit einer Smartphone-Integration, bei der man die passende Software benötigt. Optional sind zudem weitere technische Features verfügbar wie ein Head-up-Display und eine Surround-Kamera. Die Auflösung der Kamera ist ausgezeichnet.

Auf der Rückbank bleibt für große Erwachsene ein noch akzeptabler Knieraum, die Kopffreiheit ist ohne Panorama-Dach auch gerade so in Ordnung. Klassenführer wird der Jaguar XE hier aber nicht. Wer häufig mit Erwachsenen im Fond fährt, sollte vom Panoramadach (1.500 Euro) Abstand nehmen. Vom Platz her orientiert sich der Jaguar XE eher daran, ein Zwei-Leute-Auto zu sein mit gelegentlicher Mitnahme von Erwachsenen.

Der Kofferraum fällt auch nicht allzu großzügig aus, da bleibt bei anderen Mittelklasse-Limousinen ebenfalls mehr Platz. Die Konstruktion, um die Rücksitze umzuklappen, bleibt kompliziert: Hebel ziehen, dann erst herumgehen und die Sitze manuell umklappen – falls sich die Arretierung gelöst hat.

Auch wenn bei einigen Elementen im Innenraum noch Luft nach oben bleibt, fällt gegenüber den allerersten Testwagen auf, dass über die ersten Modelljahre nun an der Verarbeitungsqualität gefeilt wurde, das stimmt positiv.

Motoren

Der Jaguar XE gehört zu den ersten Modellen, die voll von den Motoren-Neuentwicklungen aus eigenem Hause profitieren. Diese neuen „Ingenium“-Motoren sind die Diesel.

Folgende Motoren sind in Deutschland verfügbar:

e-Performance – 2.0 Diesel mit 163 PS (8,2 Sek. 0-100 km/h)
20d – 2.0 Diesel mit 180 PS (7,8 Sek. 0-100 km/h) – auch mit Allrad erhältlich
25d – 2.0 Diesel mit 240 PS (6,1 Sek. 0-100 km/h) – auch mit Allrad erhältlich

20t – 2.0 Turbo-Benziner mit 200 PS (7,1 Sek. 0-100 km/h)
25t – 2.0 Turbo-Benziner mit 250 PS (6,3 Sek. 0-100 km/h) – auch mit Allrad erhältlich
XE S – 3.0 V6 Kompressor mit 380 PS (5,0 Sek. 0-100 km/h)

Letzterer ist aus dem F-TYPE, Der V6 kommt dann in Verbindung mit dem Sport-Niveau XE S.

Alle Motoren kommen mit dem 8-Gang-Automatikgetriebe, nur die Diesel mit 163 und 180 PS steigen mit Handschaltung ein und sind optional mit Automatik verfügbar.

Die Preise reichen damit vom Jaguar XE Pure mit dem 163 PS Diesel für 37.000 Euro bis zum Jaguar XE S mit V6 und 340 PS für 57.000 Euro.

Fahrverhalten

Wie es sich für einen Jaguar gehört, hat der Jaguar XE grundsätzlich Heckantrieb. Mittlerweile stehen allerdings auch mehrere Allradversionen zur Verfügung, die dann nach dem Prinzip hinten+vorne bei Bedarf arbeiten. Mit dem XE S macht der Heckantrieb richtig Spaß, denn wer hier richtig aufs Gaspedal hämmert, freut sich auch mit eingeschalteter Traktionskontrolle über ein kleines sportliches Ausbrechen des Hecks.

Der 2.0 Liter Benziner ist natürlich etwas ziviler als der 3.0 Liter V6. Trotzdem schafft er eine ordentliche Leistung, das spürt man sofort. Gut, der Sound ist natürlich deutlich ziviler und nicht mit dem rassigen V6 zu vergleichen. Aber die Souveränität der Kraftentfaltung geht völlig in Ordnung, von der Leistung würde man nicht glauben, nur mit vier Zylindern unterwegs zu sein. Bei niedrigen Drehzahlen ist der neue Ingenium-Motor äußerst leise, die Geräuschisolation generell ist richtig gut. Auch den Verbrauch steuert man maßgeblich übers Gaspedal. Wer wirklich sehr sehr sparsam fährt, kann sogar 5 l / 100 km erreichen, wenn man allerdings rast, stehen auch mal 11 l / 100 km auf der Uhr. Das zeigt: Der Grundverbrauch ist gering, aber bei hohen Drehzahlen schlucken die kleinen Motoren dafür umso mehr. Aber das Potenzial ist da. Die Wahrheit liegt dann irgendwo in der Mitte, mit 7 Litern kann man durchaus realistisch rechnen. Insgesamt ein gutes Ergebnis.

Überhaupt ist das Fahrverhalten mehr als sportlich: Das Fahrwerk ist durchaus knackig und reduziert die Wankneigung, und dank der Abmessungen und der leichten Karosserie lässt sich der Jaguar XE spielerisch durch die Kurven dirigieren. Die lediglich knapp 1.500 kg Gewicht gepaart mit der Gewichtsverteilung von annähernd 50:50 sorgen für ein stets dynamisches Gefühl, das man aber mit Langstreckenkomfort vereinbaren kann. Wer gerne einen sportlichen Jaguar möchte, aber für den F-TYPE zu groß gewachsen ist oder es einfach gleichzeitig bequemer haben möchte, wird hier fündig. Der Jaguar XE überzeugt auf ganzer Linie als alltagstaugliches Spaßgerät. Ein Grund hierfür ist auch die erstmals eingesetzte elektrische Servolenkung (vorher: hydraulisch-mechanisch). Sie vermittelt ein direkteres Lenkverhalten, wobei auch hier noch etwas Luft nach oben ist. Denn in schnellen Kurven vermissen wir etwas das direkte Feedback von der Straße.

Außer Frage steht, dass der Jaguar XE ein Spaßgefährt in der Mittelklasse ist.

Abmessungen

Länge: 4,67 m
Radstand: 2,84 m
Breite (inkl. Außenspiegel): 2.07 m
Höhe: 1,41 m
Kofferraumvolumen: 450 l

Fazit: Beim Exterieur bleibt der Jaguar XE der absolute Schönling in der Mittelklasse. Der Innenraum bietet tolle emotionale Features, kann aber von der Materialanmutung und der Verarbeitung in manchen Elementen nicht mit der Premium-Konkurrenz aus Deutschland mithalten. Dafür ist er größtenteils interessanter. Zudem wurde das Verarbeitungsniveau gegenüber den ersten Fahrzeugen deutlich verbessert. Positiv fällt auch die große Auswahl an nachhaltigen Stoffsitzen auf. Das Fahrverhalten ist überzeugend und betont sportlich. Der neue 2.0 Liter Ingenium Benziner macht dabei einen weiteren Schritt nach vorn und bietet eine gute Alternative zum Diesel und zum teuren V6.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Jonas Bomba