BMW M5 Test 2018 – das deutsche Muscle-Car?

1984 gab es den ersten BMW M5, die neue Generation kommt zum ersten Mal mit Allradantrieb. Sakrosankt für BMWM-Fans? Keine Angst, ein reiner Heckantriebs-Modus ist weiterhin möglich. Die Details bei uns im Fahrbericht. Von Thomas Majchrzak

Der neue 5er teilt sich die so genannte 35up Plattform mit dem neuen 7er. Das Chassis besteht aus einem Mix aus Aluminium und Stahl und kleinen Teilen Magnesium, so dass der neue 5er bis zu 100 kg Gewicht gegenüber dem Vorgänger einspart. Nur der Kohlefaser-Kernteil aus dem 7er wurde nicht übernommen. Wie bereits in den vorherigen Versionen, ist auch die siebte Generation als normale Limousine, Touring (Kombi), und in der Top-Sportversion M5 erhältlich. Dazu kommt ein M Performance Modell, sozusagen ein M light. Die Ausstattungslinien teilen sich auf in Basis, Sport Line, Luxury Line und M Sportpaket. Die Variante zwischen Limousine und Kombi, der GT, läuft fortan unter BMW 6er Gran Turismo. Den M5 gibt es weiterhin nur als Limousine.

Den 5er Einstiegspreis markieren 520d mit 45.000 Euro (Handschalter) und 530i mit 50.000 Euro, die M550i-Version liegt bei 83.000 Euro und kommt dann schon mit 462 PS 8-Zylinder. Beim puren BMW M5 wird derselbe 4.4 l V8 Bi-Turbo mit 600 PS bestückt, der dann 770 Nm anlegt. In 3.4 Sekunden geht es von 0 auf 100 km/h, in 11,1 Sek. von 0 auf 200. Preis: 118.000 Euro.





Exterieur

Zunächst generell zur neuen 5er Generation: Die charakteristische Doppelniere wurde im Verlauf der Designevolution immer weiter in die Breite gezogen. In der neuen Generation haben die Designer darauf geachtet, dass der Übergang zwischen Doppelniere und Leuchten stimmiger verläuft, beide Elemente sind verbunden. Die Frontleuchten sind standardmäßig mit LED ausgerüstet und können gegen Aufpreis das BMW Select Beam beinhalten, welches die Leucht-Reichweite auf 500 Meter erweitert. Ferner reicht die Motorhaube nun wieder bis ganz nach vorne und ist nicht durch ein kleines Element abgetrennt. Letzteres tun eigentlich immer mehr Hersteller, um die Versicherungseinstufung günstiger hinzubekommen, weil man bei einem Frontcrash dann nicht die gesamte Motorhaube austauschen muss. Der deutsche Premiumhersteller hat am Luftwiderstand gewerkelt und konnte diesen um rund 10 Prozent gegenüber dem Vorgänger verringern. Ein Punkt ist die neue Luftklappensteuerung, bei welcher die vorderen Kühlöffnungen nur geöffnet werden, falls ein erhöhter Kühlbedarf besteht. Ansonsten bleiben sie geschlossen, um den Luftwiderstand zu verringern (beim M5: nicht vorgesehen, nur offene Lamellen). Weitere Elemente wären dann noch der Air Curtain an der Windschutzscheibe, der die Luft optimaler weiterleitet und der Air Breather, der für weniger Windverwirbelung in den Radkästen sorgt.

In der Seitenansicht ist das Fahrzeug um gut 4 cm auf 4,94 Meter gewachsen gegenüber der Vorgänger-Generation, ohne dass sich viel am Radstand verändert hat. Des Weiteren sorgt das Spiel von Licht und Schatten entlang der Hauptdesignlinie für ein sehr elegantes Auftreten. Die Sicke ist deutlich ausgeprägter. Serienmäßig befinden sich 17 Zoll Felgen an der Limousine und können bis auf maximal 20 Zoll vergrößert werden (M5 Serie: 19 Zoll).

Das Heck wirkt ziemlich breit. Gestärkt wird der Eindruck von den nun weiter horizontal gezogenen Heckleuchten. Die serienmäßig verbauten LED-Rückleuchten sind in einer L-Form gehalten. In Abhängigkeit der Ausstattung sind die Rohre entweder trapezförmig, rund oder rechteckig. Der BMW M5 erhält vier runde Endrohre in Schwarz.

Die M550i-Variante beinhaltet das M-Aerodynamikpaket, bei welchem die Frontschürzen vergrößerte Lufteinlässe erhalten. Farblich sind Außenspiegel und Nieren-Rahmen in Grau gehalten. Das Fahrzeug ist um 10 mm tiefer gelegt mit dem adaptiven M Fahrwerk, ferner sind serienmäßig 19-Zoll-Felgen montiert. Dazu kommen größere seitliche Schwellerleisten und eine Heckschürze.

Der neue BMW M5 kommt ferner mit einer noch aggressiveren Frontschürze sowie Diffusor und Auspuff-Quartett, leichteren und größeren Bremsen und polierten 19-Zoll-Felgen (optional 20″ wie hier gezeigt). Optional stehen Karbon-Keramik-Bremsen zur Verfügung, die auch noch mal 23 kg leichter sind. Das Dach besteht aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK), um weiter Gewicht zu sparen. Insgesamt zeigt sich der BMW M5 sportlich, aber noch im Rahmen, so dass das Design weiterhin alltagstauglich bleibt.

Interieur

Der BMW 5er ist in der neuen Generation ein wenig länger geworden, zusätzlich ist die Platzausnutzung in der Fahrerkabine etwas besser. Das Armaturenbrett wurde leicht abgesenkt und stärker gewölbt. Das Infotainmentsystem ist auf das Armaturenbrett aufgesteckt, wirkt aber relativ gut integriert, weil es eine Symmetrie mit der darunter liegenden Einheit aufweist. Standardmäßig kommt ein 8,8 Zoll Display, das bereits ein Navi inkludiert hat. Neu ist, dass man den maximal 10,25 Zoll großen Bildschirm (zu sehen auf den Fotos) nicht nur über den Knopf in der Mittelkonsole bedienen kann, sondern wie im 7er auch via Touch. Das erleichtert vor allem dem Beifahrer die Bedienung. Alternativ kann man auf die Sprach- und Gestensteuerung zurückgreifen, etwa das Kreisen des Fingers nach rechts oder links für die Änderung der Lautstärke. Zu bemängeln haben wir die Menü-Einteilung des Infotainmentsystems, die in der Menüstruktur zu tief und kleinteilig ist, es dauert zu lange und es ist zu unübersichtlich, Funktionen werden nicht intuitiv gefunden.

Ferner steht auch die Fernpark-Möglichkeit über den Schlüssel aus dem 7er zur Verfügung, mit dem man das Auto dann z.B. in eine enge Garage dirigieren kann, selbst wenn man vorher ausgestiegen ist. Gegen Aufpreis gibt es ein Head-Up-Display, welches nun über eine 70 Prozent größere Projektionsfläche verfügt. Dieses Head-Up-Display ist für uns derzeit der Marktführer.

Seine persönliche Playlist kann man via Bluetooth oder Apple CarPlay/Android Auto wiedergeben. Als einzige Marke bietet BMW eine kabellose Verbindung von CarPlay an (Wireless CarPlay). Die Verbindung läuft dann auch über Bluetooth. Dieses System bietet BMW dann nach und nach für alle Modelle an, die auch generell CarPlay anbieten. Für Musikliebhaber ist das optionale Bowers & Wilkins Soundsystem. Der Sound ist sehr klar und auch der Bass kann sich hören lassen. Die exzellente Atmosphäre liegt aber auch an dem neuen Dachhimmel, der viele Geräusche von Außen bemerkenswert absorbiert und das Fahren dadurch angenehmer macht. Eine optionale Akustik-Frontscheibe verstärkt diesen Eindruck. USB-Slots gibt es zwei: Einer vorne in der unteren Mittelkonsole, ein weiterer unter der Armlehne. Alternativ kann man sich die induktive Ladefunktion dazu bestellen.

Die Standardausstattung für einen BMW 5er in Deutschland umfasst einen Stoffbezug für die Sitze. Die Sportsitze in der Sport Line bieten in der Form einen besseren Seitenhalt. Sie kommen automatisch in einer Stoff-Leder-Kombination. Die Zierleisten sind aus Aluminium. Die Luxury-Line kommt leider mit komplettem Tierhautbezug und Holz-Applikationen. Sportlich und nachhaltig kommt dagegen das M Paket für die normalen Varianten: Hier sind die Sitze in einer klimatechnisch optimalen Mischung Stoff Rhombicle/Alcantara überzogen. Das M Sportpaket enthält traditionsgemäß ferner das geschätzte M-Lenkrad. Der M550i orientiert sich im Interieur weitgehend am M Sportpaket und kommt ebenfalls mit den besten Sportsitzen Stoff Rhombicle/Alcantara und dem M Lenkrad. Die Interieurleisten sind sportlich im Aluminium-Look gehalten. Zudem ist die Parkhilfe PDC und eine 4-Zonen-Klimaautomatik inkludiert.

Der BMW M5 dagegen kommt Standard mit Tierhaut-Bezügen für die Sitze – enttäuschend und auch einem echten Race-Car nicht gerecht, weil man hier deutlich mehr herumrutscht, gerade bei einer härteren Gangart. Die Sportsitze sind straffer gepolstert und somit weniger tauglich für Langstrecken. Die Schulterbereiche sind stärker ausgeformt, was den Seitenhalt etwas erhöht. Schön gemacht ist die Logo-Beleuchtung unterhalb der Kopfstütze.

Neben der Sitzheizung gibt es optional auch ein beheizbares Lenkrad, welches vor allem in den kälteren Tagen ein Segen ist. Aktiviert wird die Lenkradheizung über einen separaten Knopf direkt auf dem Lenkrad, das Feedback wird dann unten in die Instrumente eingeblendet. Der M5 kommt serienmäßig mit dem M-Sportlenkrad. Zwei rote M-Tasten funktionieren als Hotkeys, die man frei programmieren kann. Somit lassen sich zwei vorher definierte Modi schnell aufrufen.

Im Fond gibt es seit der neuen 5er-Generation mehr Beinfreiheit als im Vorgänger, mit vier großen Erwachsenen kann man problemlos sitzen. Der Kofferraum fasst 530 Liter, daher sollte dem einfachen Wocheneinkauf nichts im Wege stehen. Mehr Platz gibt es im Touring. Die Rückbank kann gegen Aufpreis im Verhältnis 40:20:40 umgeklappt werden, leider muss man diese vom Kofferraum aus entriegeln und dann herum zum Fond gehen und dort die Sitze klappen. Lediglich die Ski-Durchreiche kann man auch vom Fond aus bedienen.

Und der Gesamteindruck? BMW hat ordentlich an der Verarbeitungsqualität im Interieur gefeilt, das fällt auf. In den letzten Jahren war BMW in puncto Interieur stark hinter Audi und Mercedes zurückgefallen, jetzt ist man in München diesbezüglich aufgewacht und präsentiert passgenaue Fugen, hochwertige Knöpfe und auch hochwertige Kunststoffoberflächen. Der M5 fügt dabei attraktive sportliche Elemente hinzu, wenn auch wie beschrieben nicht in jeder Hinsicht konsequent.

Motoren

Folgende Motoren sind für den BMW 5er verfügbar:

Benziner
530i, 2.0 l, 4-Zylinder, 252 PS (Verbrauch: 5,9 l/100 km Werksangabe)
540i, 3.0 l, 6-Zylinder, 340 PS (6,4 l/100 km)
M550i, 4.4 l, 8-Zylinder, 462 PS (8,9 l/100 km) – 4,0 Sek. von 0 auf 100 km/h
M5, 4.4 l, 8-Zylinder, 600 PS (10,5 l/100 km) – 3,4 Sek. von 0 auf 100 km/h

Diesel
520d, 2.0 l, 4-Zylinder, 190 PS (4,5 l/100 km)
530d, 3.0 l, 6-Zylinder, 265 PS (4,9 l/100 km)

Geschaltet wird stets über eine 8-Stufen-Steptronic, das ist eine Wandler-Automatik. Lediglich der 520d steigt mit einer 6-Gang-Handschaltung ein. Optional gibt es jeweils Allrad, dann gekennzeichnet mit xDrive. Den 550i und den M5 gibt es ausschließlich in der AWD-Variante.

Hybrid
530e iPerformance, 2.0 l, 4-Zylinder Benziner und Elektromotor, 252 PS
45 km elektrische Reichweite
2018 auch mit induktiver Ladefunktion (Plattform kompatibel auch mit dem Mercedes S-Klasse Hybrid)

Fahrverhalten

Der BMW M550i mit 10 mm Tieferlegung im adaptiven M Fahrwerk und dem kraftvollen 8-Zylinder-Benziner war schon eine sportliche Hausnummer. In 4 Sekunden geht es auf 100 km/h. Der 8-Zylinder meldet sich deutlich zu Wort – allerdings akustisch vorwiegend im Sportmodus. Man kann den BMW M550i also im Comfort-Modus durchaus noch alltagskompatibel bewegen. In puncto Fahrwerk ist die M-Tieferlegung hier noch sehr angenehm, nicht zu übertrieben. Ein weiteres Indiz dafür, dass der M550i eine gute Sportvariante für den 5er ist. Denn weniger Komfort kann man im Alltag nicht gebrauchen. Der M550i ist eine Waffe in der oberen Mittelklasse, aber schafft den Spagat zwischen Sportgerät und komfortabler Luxus-Limo. Und so sollte es für 90 % der Endkunden auch sein.

Nur wie schaut es nun beim echten M5 aus? Dessen Fahrwerk wurde auf der Nürburgring Nordschleife erprobt und ist natürlich noch straffer ausgelegt. In den Modi Comfort, Sport und Sport Plus kann man die Einstellung allerdings verändern. Bei guten Straßenverhältnissen merkt man die sportlichere Ausrichtung ohne Kompromisse. Geht es allerdings über Gullideckel und durch Schlaglöcher, ist der BMW M5 entsprechend der Ausrichtung deutlich unkomfortabler. Wer gerne mit dem Auto reist, sollte sich das also überlegen. Das M-Fahrwerk ist für konsequente Sportliebhaber.

Über die 8-Stufen-Steptronic (Wandler) Automatik geht es vorwärts – komfortabel und sogar schneller, als man selber schalten könnte. Man kann jedoch jederzeit auch die Schaltpaddles am Lenkrad benutzen – oder auch den speziellen M-Schalthebel.

Bei den Fahrmodi steht für den M5 nun eine Besonderheit an: 4WD, 4WD Sport oder 2WD. Diese Optionen kann man aufrufen, wenn man den ESC-Knopf gedrückt hält. Der Allrad-Modus hilft dem M5, im Alltag besser beherrschbar zu sein, etwa auf nasser Straße. Eine weise Entscheidung. Der 4WD Sport Modus verlagert die Antriebskräfte mehr auf die Hinterachse, so dass man im kontrollierten Rahmen etwas das Heck herumzirkeln kann, es ergibt sich eine sportlichere Charakteristik. Der 2WD Modus ist schließlich zum Spielen auf der Rennstrecke dar und bietet den noch klassischen Heckantrieb. An der Hinterachse kommt übrigens das Active M Differential zum Einsatz, ein Sperrdifferenzial dass von 0 bis 100 ganz offen oder ganz zu sein kann. Im reinen Heckantrieb-Modus ist der BMW M5 mehr Muscle-Car oder Dragster. Die 600 PS an der Hinterachse sind so brutal, dass diese selbst auf trockener Fahrbahn nur für Profis beherrschbar sind. In diesem Modus ist der BMW M5 ein durchweg gefährliches Auto, das man nur mit entsprechender Übung und professioneller Einweisung fahren sollte. Das Fahrzeug ist immer noch sehr schwer und gewichtsmäßig nicht so ausgeglichen wie ein reiner kleiner Sportwagen.

Drückt man den ESC-Knopf übrigens nur einmal kurz kommt man in den M-Dynamic-Modus, der dem 4WD Sport Modus gleicht. Hiermit ist man noch vergleichsweise auf der sicheren Seite, man kann also mit dem Heck spielen, hat aber noch einige elektronische Helferlein im Nacken.

Während man den BMW M5 auf der Straße in einem hohen Gang durchaus relativ ruhig fahren kann, zeigt er auf der Rennstrecke seine ganze Performance. Mit der Launch Control kann man in knapp über 3 Sekunden die 100 km/h problemlos erreichen, der Allradantrieb sorgt hier für noch mehr Traktion und eine noch bessere Beschleunigung. Und im rasanten Fahrbetrieb ziehen die Vorderräder auch ein bisschen mit aus der Kurve heraus.

Abmessungen

Länge: 4,94 m
Breite: 1,87 m
Höhe: 1,47 m
Radstand: 2,98 m

Fazit: Generell sind die größten Fortschritte der neuen 5er-Generation der Gewichtsverlust im Rahmen der neuen Chassis-Materialien und das hervorragende Fahrwerk, das nochmals mehr Fahrspaß und Komfort bietet. In der Agilität macht dem 5er keiner etwas so leicht vor, und zwar schon in der Basisversion. Der Innenraum wurde im 5er BMW aufgewertet und modernisiert, die Verarbeitungsqualität ist top. Der neue BMW M5 ist die teure Supersport-Maschine, die ein deutsches Muscle-Car darstellt – oder fast schon einen Dragster. Die Kraft ist in einem solchen Übermaß vorhanden, dass die neue Allrad-Technologie den Kunden entscheidend entgegen kommt und die Alltagsfahrten sicherer gestaltet. Wer will – und in der Lage ist – kann den Heckantriebs-Modus immer noch aktivieren, wobei wir sogar so weit gehen würden, von einer Benutzung im öffentlichen Straßenverkehr abzuraten. Ohne Einweisung und viel Erfahrung wird der BMW M5 zur gefährlichen Waffe.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos & Video: Autogefühl, Cornelius Dally

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