Alfa Romeo Giulia Veloce Fahrbericht

Das Mittelklasse-Modell Alfa Romeo Giulia ist in den Varianten Basis, Super, Veloce und Quadrifoglio erhältlich. Wir schauen uns diesmal die Giulia Veloce an, die schon sehr sportlich daherkommt, aber im Gegensatz zur Quadrifoglio noch zivil für den Alltag bleibt und mit Allradantrieb kommt. Von Thomas Majchrzak

Die Alfa Giulia fängt bei 39.000 Euro an (Basis und Super-Version), die Veloce beginnt bei 47.000 Euro mit Allrad und mehr PS, das Testfahrzeug kommt auf gut 60.000 Euro und die Quadrifoglio startet bei 73.000 Euro. Vergleichbare Premium-Mittelklasse-Modelle beginnen schon ein paar Tausend Euro darunter, haben allerdings auch weniger Serienausstattung.




Exterieur

Wie gewohnt und typisch für Alfa Romeo haben wir den schönen in V-Form gehaltenen Kühlergrill, der innen mit einer Wabenstruktur ausgekleidet ist. Die Frontleuchten, Standard in Halogen und optional mit Bi-Xenon (Serie bei der Veloce), wirken in ihrer Schlitzform ziemlich aggressiv und in Kombination mit dem Kühlergrill spiegelt es die Sportlichkeit des Fahrzeuges wieder. Allerdings sollte bei einer Premium-Mittelklasse-Limousine derweil LED für die Hauptscheinwerfer zur Verfügung stehen, was eben nicht der Fall ist. Schön gelungen ist der Übergang von V-Form in die Sicken des Powerdomes auf der Motorhaube.

Eleganter wird es, je mehr man sich dem Heck nähert. Zuerst verziert ein Chromrahmen (beim „Super“ enthalten) die Fenster, alternativ in Schwarz. Serienmäßig hat man bei der einfachsten Giulia Version 16-Zoll Felgen mit an Bord, bei der Giulia Super sind dies 17-Zoll, 18-Zoll sind Standard für die Veloce. Wir zeigen hier optionale 19 Zöller in Schwarz, die toll aussehen, aber sehr empfindlich für Kratzer sind, wenn man einmal nur leicht irgendwo anecken würde. Die Veloce hat ferner überall einen schwarzen Look, etwa auch bei den Fensterrahmen. Hinten folgen die serienmäßigen LED-Heckleuchten, die etwas weniger aggressiv als an der Front wirken, aber ebenfalls das horizontale Design-Thema durchziehen. Das betont auch die Breite des Fahrzeugs. Das Heck besitzt schon bei der normalen Giulia eine kleine obere Spoiler-Kante, die noch einmal die Agilität hervorheben soll.

Bei der Quadrifoglio ist der Spoiler deutlich präsenter, ebenso unterstreichen vier Auspuffrohre und ein massiver Diffusor das Gefühl von Aggressivität. Des Weiteren sind in der Sport-Version serienmäßig 19-Zoll Felgen enthalten sowie das Quadrifoglio-Logo. Breite Karbonschweller und eine Tieferlegung um 15 mm verleihen der Quadrifoglio in der Seitenansicht den Rennsport-Look.

Interieur

Während die Giulia-Basisversion mit Stoffsitzen daherkommt, so bringt die Super eine Stoff-Kunstleder-Mischung mit sich – beides eine gute Wahl. Die Veloce kommt direkt mit Sportsitzen, die sich in der Form unterscheiden und mehr Seitenhalt bieten – dafür aber auch weniger Bewegungsfreiheit. Leider kommen die Veloce-Sportsitze serienmäßig und alternativlos mit Tierhaut-Bezug. Bei der Quadrifoglio findet man serienmäßig eine Leder-Alcantara-Mischung vor. Für 3.500 Euro sind ferner für die Quadrifoglio noch Karbon-Schalensitze verfügbar.

Beim Eintreten in den Innenraum fällt einem sofort auf, dass er sehr harmonisch wirkt. Wenige Knöpfe, wenige Designlinien, ein stringenter und sauberer Look, das gefällt uns. Es wurden hochwertige Materialien verwendet und diese besser verarbeitet als bei allen anderen Alfa-Modellen der jüngsten Zeit. Die Veloce kommt vorwiegend mit einem Aluminium-Dekor-Look. Einzig die Knöpfe in der Mittelkonsole wirken zum Teil ein wenig locker.

Das Lenkrad ist sehr kompakt gehalten, eine ideale Größe für Rennsport-Gefühl. Die Fahrinstrumente passen sich jeweils an den gewählten Fahrmodus an, so wird der zentrale Bildschirm rot bei der Wahl von Dynamic, weiß bei Neutral und gelb bei Advanced Efficiency. Kurz gesagt ergeben die drei Fahrmodi die Abkürzung DNA. Bei der Quadrifoglio kommt noch ein eigener Race-Modus hinzu, der die Traktionskontrolle herunterregelt.

Schön integriert ist das neue Infotainment-System, das nicht hervorsteht, sondern in eine ebene Fläche eingelassen ist. Leider ist es nicht mit Touch verfügbar, sondern muss stets über die Knöpfe an der Mittelkonsole betätigt werden. Die Reaktionszeiten könnten ein wenig schneller sein, vor allem beim Navi, das visuell nicht ansprechend ist, man kann die Routenführung nicht gut verfolgen. Dafür bietet es in der höchsten Ausbaustufe zuverlässige Stauinfos. Positiv fällt auf, dass es auch bei stark einfallender Sonne keine Probleme gibt, den Bildschirm zu erkennen. In der ersten Ausbaustufe ist der Screen 6,5“ groß, in der optionalen Variante (oder Serie bei Quadrifoglio) beträgt die Größe 8,8“. In unserem Fahrzeug war die Apple CarPlay / Android Auto Funktion noch nicht integriert, für neuere Fahrzeuge soll dies der Fall sein, ferner will Alfa ein Software-Update für ältere Fahrzeuge anbieten.

Ein optional erhältliches Panoramadach kann noch mehr Licht in den Innenraum fallen lassen. Als weiteres interessantes Extra gibt es eine Lenkradheizung. Im Fond bleibt für zwei große Erwachsene noch gut Platz, Kopffreiheit besteht etwa bis 1,90 m, Kniefreiheit ebenfalls. Dafür, dass die Alfa Giulia eine der kürzesten Mittelklasse-Limousinen ist, kommen wir hier zu einem passablen Ergebnis. Der Kofferraum ist dagegen von der Geräumigkeit her eine Schwachstelle. Die hintere Rückbank lässt sich im 40/60 Split umklappen, ebenfalls steht eine Ski-Durchreiche zur Verfügung.

Motoren

Bis auf die Quadrifoglio kommen alle mit vier Zylindern und Turbo. Die Quadrifoglio hat dann den V6 und einen Bi-Turbo.

Diesel
2.2 Liter mit 150 PS (immer Automatik)
2.2 Liter mit 180 PS (auch als Handschalter, auch mit Automatik und Allrad)
2.2 Liter mit 210 PS (immer Automatik und Allrad)

Benziner
2.0 Liter mit 200 PS (immer Automatik)
2.0 Liter mit 280 PS (immer mit Automatik und Allrad) – 5,2 Sek 0-100 km/h
2.9 Liter mit 510 PS (immer mit Automatik) – 3,9 Sek 0-100 km/h

Der starke Diesel und der stärkste Nicht-Quadrifoglio-Benziner sind für die Veloce reserviert.

Fahrverhalten

Hochwertiger Innenraum, gute Geräuschisolierung und agiles Fahrverhalten bilden eine gute Basis. Der Diesel war in einem früheren Test durchaus als Diesel am Geräusch zu erkennen, bot aber gute Fahrleistungen. Das können wir auch beim Test des starken Diesels mit 210 PS bestätigen. Für die Autobahn hat man immer noch Kraftreserven mit an Bord. Die manuelle Schaltung ist knackig, liefert etwas Widerstand. Die nun getestete Automatik in Verbindung mit Allrad bietet den größten Komfort, schaltet reibungsfrei. Besonders ist die Lenkung, diese ist extrem direkt und erfordert kaum Kraft. Manchem wäre das vielleicht zu künstlich. Lediglich im höheren Geschwindigkeitsbereich müsste die Lenkung weniger empfindlich sein, denn ansonsten kann man die Lenkung zu einfach bei High-Speed verreißen.

Das Fahrwerk ist in der Giulia angenehm komfortabel, leichtes Kurvenneigen tritt beim Basisfahrwerk bei schneller Fahrt auf. Ein gutes Alltags-Setup und zu empfehlen. Kopfsteinpflaster oder Schlaglöcher werden bereitwillig ausgeglichen. In der Giulia Super testen wir diesmal das adaptive Fahrwerk, das im Performance-Paket enthalten ist, zusammen mit dem hinteren Sperrdifferenzial. Das adaptive Fahrwerk ist richtig gut, verhält sich bei langsamer Fahrt und in den normalen Fahrmodi sehr komfortabel, bleibt aber spaßig-sportlich. Im Dynamik-Modus verändert sich die Abstimmung und man spürt die Straße, weniger Komfort, aber mehr Sportlichkeit. Bei der Quadrifoglio sitzt man dagegen noch etwas tiefer, zudem ist das Fahrwerk straffer abgestimmt. Hier ist mit der Kurven-Neigung komplett Schluss. Trotzdem präsentiert sich die Quadrifoglio überraschend alltagstauglich, es kommen keine harten Stöße in den Rücken durch. Die Performance zeigt sich so richtig, sobald der Turbo einsetzt. Dann entfaltet sie sich exponentiell. Ist man dann im Race-Mode unterwegs, kann man das Heck ohne Problem herumzirkeln – für die Straße natürlich nicht geeignet. Denn der Race-Modus deaktiviert die Stabilitätskontrolle. Für höhere Kurvengeschwindigkeiten bringt die Giulia Quadrifoglio ferner ein mechanisches Sperrdifferenzial samt Torque Vectoring mit. Die diesmal getestete Alfa Giulia Super ist für uns ein guter Kompromiss aus Basisversion und Quadrifoglio, weil man hier mit alltagstauglichen Allradantrieb mehr Sicherheit hat und das Fahrverhalten trotzdem extrem sportlich ist, ohne aber auf Komfort verzichten zu müssen. Lediglich bei Schlaglöchern & Co. könnte das Fahrwerk etwas mehr verzeihen.

Mit 5,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h kommt die Veloce als Benziner an die Quadrifoglio schon richtig nahe heran – der Traktion aus dem Allradantrieb sei dank. Der 2.2 Liter Diesel 210 PS, der auch stets mit Automatik und Allrad kommt, benötigt 6,4 Sek. auf 100 km/h. Als Durchschnittsverbrauch erzielen wir etwas knapp über 7 l / 100 km, was für einen Diesel natürlich eher viel ist.

Serienmäßig hat die Alfa Giulia einen autonomen Notbremsassistenten, Spurhalteassistenten, eine Cruise Control, Licht- und Regensensoren mit an Bord. Top! Sicherheitsfeatures wie z.B. der Tote-Winkel-Assistent oder ein Fernlichtassistent sind lediglich optional verfügbar und zwar im Rahmen des Assistenzpaketes. Ein Head-Up-Display ist leider nicht verfügbar.

Abmessungen

Länge: 4,64 m
Breite: 1,86 m
Höhe: 1,42 m
Radstand: 2,82 m
Leergewicht: 1.449 – 1 655 kg

Fazit: Die Alfa Giulia hat mit dem Allradantrieb ein weiteres Eisen im Feuer, die Veloce bietet zudem einen Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit. Im Styling ist die Giulia ganz vorne, italienisch emotional. Der Innenraum ist ferner gut verarbeitet, leider wird die Veloce lediglich mit Tierhaut-Bezügen angeboten. Die Bedienung des Infotainments-System ist umständlich. Das Platzangebot ist nicht üppig, geht aber noch in Ordnung. Unpraktisch ist lediglich der kleine Kofferraum. Im Fahrverhalten zeigt sich die Alfa Giulia als eine der besten im Segment, macht richtig Laune, gerade das adaptive Fahrwerk verbindet Sportlichkeit und Komfort.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak