Mercedes A-Klasse A35 AMG Premiere

Die neue Mercedes A-Klasse übernimmt im Interieur Styling und Technologien aus den Luxusklassen, ebenso bei den Assistenzsystemen. Damit will Mercedes die Kompaktklasse im Premiumbereich dominieren. Nun sind wir die neue Generation auch als leistungsstarke Variante gefahren, als Mercedes-AMG A35. Damit bietet Mercedes einen neuen Einstieg in die AMG-Welt. Von Thomas Majchrzak





Exterieur

Vorne kann man für die Mercedes A-Klasse nun LED-Hauptscheinwerfer ordern (Basis: Halogen, LED in zwei Ausbaustufen). Die Scheinwerfer-Grafik ist flacher als zuvor. Die Motorhaube ist stärker nach vorne/unten gezogen. Der Kühlergrill mit großem Stern trägt eine waagerechte Lamelle sowie Pins in Diamantoptik. Je nach Kühlungsbedarf werden die Kühlerlamellen geöffnet oder geschlossen. Das verbessert den Windwiderstand. Die Länge legt um ganze 12 cm zu auf 4,41 m. Der Radstand wächst um 3 cm, die Spur ist um 1,4 cm breiter. Die Rädergrößen betragen 16 bis 19 Zoll (18 Zoll Serie in AMG-Line). Am Heck werden nun die Schultern stärker betont und die Heckleuchten eher in die Breite gezogen. Unser Testfahrzeug ist mit der AMG-Line versehen und trägt zudem gelbe Kontrast-Stücke aus der Edition One zum Marktstart, außerdem sind optionale 19-Zoll-Felgen montiert.

Die A-Klasse A35 AMG erhält in der Front einen Kühlergrill mit Doppellamelle sowie die AMG Line Frontschürze. Dazu kommen 18″-Leichtmetallräder im Doppelspeichendesign (optional 19 Zoll), größere Bremsscheiben sowie eine Heckschürze mit neuem Diffusoreinsatz, Abrisskante am Dach und zwei runden Endrohrblenden. Die Auspuffanlage besitzt eine Klappensteuerung. Im Aerodynamik-Paket ist ein ganz großer Spoiler montiert, den muss man aber nicht nehmen.

Interieur

In der Basis-Variante hat die neue A-Klasse zwei 7-Zoll-Screens, analoge Instrumente gibt es nicht mehr. Die mittlere Stufe wäre 7 Zoll links und 10,25 Zoll rechts. In der Top-Ausbaustufe sind die Bildschirme je 10,25 Zoll groß wie auch hier zu sehen, dann verschmelzen diese auch optisch zu einer freistehenden Einheit – insbesondere, weil darüber keine Abdeckung zu finden ist.

Das neue Infotainment-System fasst Mercedes unter dem Namen MBUX zusammen – Mercedes Benz User Experience. Ein zentrales Element davon ist, dass Mercedes nun (rechts) endlich doch einen Touchscreen einführt. Damit der Fahrer die Einheit auch während der Fahrt besser bedienen kann, bietet auch die A-Klasse die Touchbuttons am Lenkrad, die man aus der E-Klasse kennt. Ferner wird auch ein Touchfeld in der Mittelkonsole angeboten. Mit diesem kann man swipen, klicken und auch schreiben für eine Navigationseingabe.

Mercedes hat zudem auch stark an der Sprachbedienung gearbeitet, für eine natürlichere Spracheingabe ohne vorbestimmte Befehle. Man kann z.B. sagen „Hey Mercedes, mir ist kalt“, woraufhin die Temperatur höher geregelt wird, man kann das Panoramadach öffnen lassen oder man kann sagen „Fahre mich nach Berlin“ und die Navigation nach Berlin startet – toll gemacht. 100 % funktioniert nicht jeder Befehl und ab und zu muss man sich wiederholen, aber insgesamt ist die Qualität sehr gut und es ist teilweise erstaunlich, was funktioniert – z.B. auch „Wie ist das Wetter in Berlin?“, woraufhin die Temperatur angesagt wird und auch im Screen eine Wetterübersicht gezeigt wird. Wichtig ist auch, dass Updates für das Infotainmentsystem künftig „over the air“ übertragen werden können, d.h. man kann von Weiterentwicklungen noch profitieren. Inwiefern genau das passieren soll, ist noch offen, ganz so wie bei Tesla wird es vermutlich nicht.

Eine Stufe weiter Richtung Technologie geht die Navigationsdarstellung mit Augmented-Reality-Technologie. Eine echte Augmented Reality ist das aber nicht, weil das voraussetzen würde, dass Darstellungen in die echte Realität eingeblendet werden, etwa auf der Windschutzscheibe als eine Art erweitertes HUD. Hier wird auf dem Screen ein Videobild der Umgebung gezeigt, das durch Hinweise und Pfeile nähere Informationen bringt, wie z.B. eine Hausnummer oder die richtige Kreuzung zum Abbiegen. Ferner kann man für die neue A-Klasse auch ein neues Head-Up-Display ordern, das geschickt integriert ist, also keinen großen kastenartigen Vorbau auf das Armaturenbrett zaubert. Ein nettes Feature ist die optionale Ambientebeleuchtung mit 64 Farben und beleuchteten Lüftungsdüsen.

Insgesamt bejubeln wir das neue MBUX nicht. Einerseits sieht es toll aus und bietet unglaublich viele Möglichkeiten. Viele Teile der Sprachsteuerung sind super umgesetzt. Auf der anderen Seite gibt es auch Nachteile: Je nach Lenkradstellung kann man Teile des Bildschirms nicht sehen. Manche Sprachbefehle funktionieren dann doch mal nicht. Das Suchen von Funktionen und manche Eingaben sind zu kompliziert oder man fühlt sich vom Funktionsumfang überfordert. Je nachdem, wie man das betrachtet, kann man auch sagen, dass das MBUX over-engineered ist. Zudem kostet es saftige Aufpreise.

Für die Sitze stehen Sitzheizung und -Kühlung sowie eine Massagefunktion zur Verfügung. Vorne gibt es mehr Schulter- und Kopfraum. Dabei wurde auch die Rundumsicht verbessert. Stoffsitze bilden wieder die Basis, als sportliche und nachhaltige Alternative steht der Mix Mikrofaser Dinamica auf den Innenflächen und Artico-Kunstleder an den Sitzwangen zur Verfügung (auch auf den Fotos zu sehen). Grundsätzlich gibt es drei Sitzformen: Basis, Komfort und Sport. Beim Komfort- und Sport-Sitz kann man die Beinauflage um 6 cm verlängern. Die Ausstattungen Style und Progressive kommen z.B. mit Artico-Kunstledersitzen in Komfort-Ausführung. Die AMG-Line sowie der A35 AMG kommt mit Sportsitzen mit Bezug Dinamica/Artico (optional: komplett Artico). Das ist optimal. Der Sitzkomfort auf den getesteten Sportsitzen geht in Ordnung, allerdings sind sowohl Sportsitze als auch Komfortsitze für größere Personen nicht optimal, trotz ausziehbarer Beinauflage. Hier gibt es dann doch noch einen Unterschied dazu, ob man A-Klasse oder C-Klasse fährt. Für kleinere Personen dürfte das allerdings eine weniger große Rolle spielen. Die Basis-Sitze konnten wir noch nicht testen. Den A35 kann man ferner mit Performance-Sitzen ausstatten, die wir für den Langstreckenkomfort allerdings nicht empfehlen.

Im Fond hat man nun etwas mehr Platz, allerdings kann man mit zwei 1,90 m Personen nicht gut hintereinander sitzen. Fondplatz-König ist die A-Klasse also nicht. Denn der größte Teil der verlängerten Außenabmessung ist in den Laderaum gewandert, dieser ist gewachsen und fasst nun 370 Liter. Noch wichtiger: Die Ladeöffnung ist nun ganze 20 cm breiter, der gesamte Kofferraum 11,5 cm länger. Letztlich ist das wohl das Feature, das A-Klasse-Fahrer am meisten positiv berühren wird.

Motoren

Benziner
A200 1,4 Liter Vierzylinder mit Zylinderabschaltung und 163 PS, mit 6-Gang-Handschaltung oder 7-Gang-DCT
A250 2,0 Liter Vierzylinder mit 224 PS, mit 7-Gang-DCT
A35 AMG 2,0 Liter Vierzylinder mit 306 PS, mit 7-Gang-DCT
0-100 km/h in 4,7 Sekunden

Durch eine verschraubte Aluminiumplatte unter dem Motor wurde die Steifigkeit der Karosserie vorne verstärkt.

Die Benziner verfügen über einen Partikelfilter.

Diesel
A180d 1,5 Liter Vierzylinder Diesel mit 116 PS und 7-Gang-DCT
Der Diesel kommt mit SCR-Kat.

Gebaut wird die neue A-Klasse übrigens weltweit in fünf Ländern auf drei Kontinenten: im deutschen Haupt-Werk Rastatt, in Ungarn, Finnland, China und neu im mexikanischen Aguascalientes.

Ausblick Fahrverhalten

Neben dem überarbeiteten Standard-Fahrwerk ist für die normale Mercedes A-Klasse ein um 15 mm tiefer gelegtes Sportfahrwerk erhältlich, darüber hinaus ein adaptives Fahrwerk sowie das adaptive AMG-Fahrwerk AMG Ride Control im A35. Gefeilt hat Mercedes insbesondere an der Geräuschisolierung von Kabine und Antriebsstrang. Denn das sind die beiden Dinge, die uns beim Fahrtest am stärksten positiv auffallen. Das getestete adaptive Fahrwerk ist wirklich extrem komfortabel und schluckt sowohl Schlaglöcher als auch Bodenwellen wunderbar weg. Gleichzeitig ist es keineswegs wackelig. Zudem kann man mit dem Fahrmodus-Schalter zwischen softer und härter wählen. Vermutlich nun das beste Fahrwerk im Kompakt-Segment. Dasselbe gilt wohl für die Geräuschdämmung, denn in der A-Klasse bleibt es selbst auf der Autobahn mäuschenstill wie in einer Limousine der Mittelklasse oder Oberen Mittelklasse.

Auch in puncto Assistenzsysteme bietet die A-Klasse nun Technologien aus E- und S-Klasse. Die Distronic Plus reduziert nun z.B. in Kurven, Kreuzungen und Kreisverkehren die Geschwindigkeit. Ein teilautomatisiertes Fahren ist möglich. Der Tote-Winkel-Assistent kann nun auch im Stand davor warnen, wenn z.B. ein Fahrradfahrer von hinten kommt, damit man die Tür nicht aufreißt. Großes Kino und unbedingt empfehlenswert! Der aktive Bremsassistent ist übrigens serienmäßig, die meisten anderen Assistenzsysteme muss man sich bestellen. Hier sollte man die Aufpreise aber weniger scheuen.

Testen konnten wir vorher bereits den A250 Benziner mit 224 PS und den A200 Benziner mit 163 PS. Letzterer reicht für Stadtfahrten vollkommen aus, überhaupt passt er zum Auto und lässt kaum etwas zu wünschen übrig. Wer es sportlicher mag, wählt dann den A250, hier bringt der Turbo schon eine explosive Beschleunigung, wenn man aufs Gas tritt. Das kann zweitweilen allerdings ein wenig zu unharmonisch transportiert werden. Völlig harmonisch arbeitet dagegen das neue 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, das die Gänge unmerklich durchschaltet. Beim Verbrauch erzielen wir mit dem A250 gut 9 l / 100 km bei schnellerer Gangart und mit eingeschalteter Klimaanlage und gen 6,5 l / 100 km ohne Klimaanlage und mit konstanterer Fahrt. Der langfristige Mittelwert wird sich also ungefähr gen 8 l einpendeln. Beim A200 wird das etwas darunter liegen.

Nun schauen wir uns den neuen A35 AMG oder Mercedes-AMG A35 an, wie die offizielle Benennung nun lautet. Der 2,0 Liter Motor ist auch hier sehr kraftvoll, da muss man keinen A45 vermissen. Die Vorgänger-Version des A45 lag schließlich bei 4,2 Sek auf 100 km/h und der neue A35 liegt mit 4,7 Sek. nur eine halbe Sekunde darüber. Die Allradverteilung reicht von reinem Frontantrieb bis zur Verteilung von 50:50 Vorderachse:Hinterachse. Wenn man die Launch Control aktiviert, beschleunigt der A35 z.B. sehr gleichmäßig mit viel Drehmoment auf der Hinterachse für eine optimale Beschleunigung aus dem Stand heraus. Das AMG-Fahrwerk ist adaptiv, aber straffer ausgelegt.

Abmessungen

Länge: 4,41 m
Radstand: 2,72 m
Breite: 1,79 m
Höhe: 1,44 m

Fazit: Die neue Mercedes A-Klasse wurde optisch etwas schärfer gemacht, die größte Veränderung findet im Innenraum statt. Schon die Basis-Ausstattung wirkt high-tech, im top trim wird die A-Klasse dann zur kleinen S-Klasse. Ähnlich sieht es bei den Assistenzsystemen aus. Nun ist klar: Ab sofort wird Mercedes wohl die Technologien in jedem Fahrzeug verfügbar machen, ein neuer Trend. Schließlich ist der Kompakt- und Mittelklasse-Markt im Premiumbereich auch der Markt der Gegenwart und Zukunft. Größter Praxisvorteil ist der größere Kofferraum, der vor allen Dingen einfacher zu beladen ist. Über den Praxisnutzen der neuen High-Tech-Zentrale MBUX kann man streiten, einige Features begeistern, andere sind in der Praxis weniger hilfreich oder zu kompliziert. Benchmarks im Segment setzt die A-Klasse bei Geräuschdämmung und Fahrwerk. Wenn man alles anwählt oder ein AMG-Modell, kann man eine A-Klasse von gut 30.000 Euro aber auch schon auf 60.000 Euro bringen – das tut weh. Der neue Mercedes-AMG A35 bietet einen neuen Einstieg in die Welt von AMG, ist insofern ab sofort der günstigste AMG, wenn natürlich auch noch auf hohem Niveau im Bereich von 50.000 Euro. Die Leistung reicht allemal aus und liegt nur leicht hinter der des bisherigen A45. Ein sinnvoller Weg, der A35 verbindet nun am besten Erreichbarkeit, Alltagstauglichkeit und Sportlichkeit bei Mercedes-AMG.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Mercedes