Audi A8 Fahrbericht 2018 A8L 55 3.0 TFSI

Der neue Audi A8 will neue Schwerpunkte bei der Technologie setzen. Zu nennen wären ein 48-V-Bordnetz, Mild-Hybrid-Technologien, Plugin-Hybrid, Laserlicht, Infotainment – und langfristig das autonome Fahren bis 60 km/h, und zwar in einer rechtlich neuen Ebene. Nun sind wir den neuen Audi A8 gefahren und haben uns alle technologischen Feinheiten genau angesehen. Von Thomas Majchrzak

Der neue Audi A8 wächst um 3,7 cm in der Länge und wird weiterhin in Neckarsulm gebaut, los geht es bei 91.000 Euro bzw. 94.000 Euro für den A8L (langer Radstand). Das sind übrigens 7.000 bzw. 5.000 Euro mehr als bisher. Die Karosserie besteht aus einem Materialmix von Aluminium, Stahl, Magnesium und kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK).





Exterieur

Stark wird der aktuelle Audi-Singleframe-Kühlergrill in Trapezform betont. Die Scheinwerfer sind dabei kantiger gezeichnet, flacher und stärker in die Horizontale gezogen. Optional stehen Matrix LED-Scheinwerfer mit Laserlicht zur Verfügung. Eine Design-Kerbe zieht sich von den Scheinwerfern oberhalb der Türgriffe entlang bis zum Heck. Im Seitenprofil bleibt der Audi A8 (5,17 m) klassisch konservativ. Die Radgrößen: 17 bis 21 Zoll. Hier gezeigt: 20 Zoll. Der abgebildete Audi A8L ist in den Proportionen nicht ganz so schnittig wie die Limousine mit kürzerem Radstand (+ 13 cm zwischen den Versionen Radstand). Aber dieses Modell wird für das Chauffeur-Wesen benötigt, gerade in China. Das Heck wird durch eine nun komplett herumlaufende Lichtleiste dominiert. Die Heckleuchten kommen mit OLED-Technologie (organische LED). Gerade bei Nacht ergibt sich so ein interessantes Lichtspiel.

Interieur

Die Türschlösser werden elektrisch angeboten, so dass man sie nur ganz leicht ziehen muss und einem die Tür ein Stück entgegen kommt. Im Interieur erinnert der neue Audi A8 ein wenig an den Porsche Panamera: Viele Hochglanz-Materialien, dazu ein großer zentraler 10-Zoll-Touchscreen, der im schwarzen Hochglanz des restlichen Armaturenbretts integriert ist. Eine Holzleiste oder wahlweise auch Aluminium zieht sich darüber von links nach rechts. Unterhalb des ersten Touchscreens befindet sich ein weiterer Screen (8,6 Zoll), vorwiegend für die Klimabedienung. Dort kann man aber auch mit dem Finger einen Text eingeben, etwa fürs Navigationssystem. So arbeiten die beiden Displays manchmal automatisch zusammen. Das Navi soll übrigens selbstständig anhand der gefahrenen Routen lernen. Das neue Lenkrad zeigt sich mutig, trägt es doch zwei große Chromspangen. Ansonsten soll eher die schlichte Eleganz dominieren. Nicht fehlen darf das Audi Virtual Cockpit in der neusten Ausbaustufe mit Full-HD-Auflösung. Analoge Instrumente gibt es im A8 nun gar nicht mehr. Für die Ohren gibt es als teuerste Option das Bang & Olufsen Soundsystem mit 3D-Klang.

Besonders angenehm ist die Ausstattung mit mattem Holz, da es keine Fingerabdrücke annimmt und sich schön natürlich anfühlt. Dem gegenüber steht der erneut massenhafte Einsatz von Tierhaut ohne ein wirklich alternatives Nachhaltigkeitskonzept, wie man es z.B. von Tesla oder in vielen Mercedes-Modellen kennt. Immerhin: Als Einstieg bietet Audi zumindest auf dem deutschen Markt auch Stoffsitze an.

Die Komfortsitze bieten in der Tat den höchsten Komfort, der bei einer klassischen flachen Limousinen-Bauform möglich ist. Optional gibt es umfangreiche Massageprogramme. Platz genug ist schon im normalen Audi A8, aber bei der Länge erwartet man das auch.

Als Rückbank starten A8 und A8L beide mit einer durchgängigen Sitzreihe, optional ist eine 2+1 Ausstattung erhältlich (große Mittelarmlehne, aber bei Bedarf hochklappbar für einen mittleren Notsitz) und für den Audi A8L stehen exklusiv zwei Einzelsitze hinten zur Verfügung, die durch eine komplexe Bedieneinheit getrennt werden. Für die hinteren Sitze gibt es eine Smartphone-ähnliche Kontrolleinheit sowie Tablets für das Entertainment-System. Die Sitze kann man schon elektrisch in alle Richtungen bewegen. Außerdem kann der hintere rechte Sitz optional als Liegesitz eingestellt werden, dann inklusive Fußablage auf dem vorderen Beifahrersitz. Die Füße können dabei sogar (kein Witz) gewärmt und massiert werden.

Motoren

3.0 l 6-Zylinder TDI mit 286 PS
4.0 l 8-Zylinder TDI mit 435 PS

3.0 l 6-Zylinder TFSI mit 340 PS
4.0 l 8-Zylinder TFSI mit 460 PS

6.0 12-Zylinder TFSI mit 585 PS

Alle Motoren kommen mit dem neuen 48-Volt-Bordnetz und Mild-Hybrid-Technologie (MHEV), d.h. Energie wird zurückgewonnen und z.B. für die Start-Stopp-Funktion oder fürs Segeln benutzt, so kann der Motor häufiger abgeschaltet werden. Die Benziner sollen 2018 auch mit Partikelfiltern ausgerüstet werden.

Geschaltet wird über eine tiptronic, also ein Automatik-Wandlergetriebe.

Später folgt noch der A8L e-tron quattro, also ein Plugin-Hybrid, der auch wireless charging unterstützen soll.
3.0 l 6-Zylinder TFSI mit 449 PS Systemleistung, 50 km rein elektrisch.
Auf 100 km/h soll der A8 e-tron in 4,9 Sekunden sprinten.

Fahrverhalten

Allrad ist für den Audi A8 Serie. Standard ist die Kraftverteilung im Verhältnis 40:60 zwischen Vorder- und Hinterachse, bei Bedarf kann aber bis zu 70 Prozent des Antriebsmoments nach vorne und bis zu 85 Prozent nach hinten verlagert werden.

Das adaptive Luftfahrwerk kommt ebenfalls in Serie. Es betört durch einen tollen Fahrkomfort. Zusammen mit der hervorragenden Geräuschisolierung ergibt sich ein schwebendes Gefühl. Ab einer Geschwindigkeit von 120 km/h senkt sich die Karosserie automatisch um 20 Millimeter ab, damit der A8 stabiler und sportlicher liegt. Im Dynamic-Fahrmodus kann man ebenfalls eine sportlichere Gangart anlegen, damit das Fahrzeug nicht so stark wankt. Wobei man sagen muss: Der Audi A8 ist weiterhin ein eher dynamischer Vertreter unter den großen Luxusautos, trotz des Gewichts. Für noch mehr Sportlichkeit steht ein Sportdifferenzial in der langen Optionsliste. Zudem wurde die Steifigkeit der Karosserie um 25 Prozent gegenüber dem Vorgänger gesteigert.

Optional steht ein neues Audi AI Aktivfahrwerk zur Verfügung, das die Räder noch individueller jeweils an die Begebenheiten anpasst. So werden Huckel oder längere Bodenwellen wie magisch weggeschluckt. Dieses Fahrwerk hebt sich übrigens im Falle eines Crashs auf der Unfall-Seite an. Für den Unfallgegner ist das allerdings eher nachteilig. Audi argumentiert hierzu, dass der Unfallgegner frontal gegen das Auto prallt und daher ohnehin eine größere Knautschzone hat als man bei einem seitlichen Aufprall besitzt.

Zwar ist der Audi A8 in Länge und Radstand gewachsen, die Agilität soll jedoch die Allradlenkung gewährleisten. Fährt man langsam, schlagen die Hinterräder bis maximal 5 Grad entgegen der Vorderräder ein, um den Kurvenradius zu verringern. Fährt man schneller, lenken die Hinterräder „parallel“ bis maximal 2 Grad, um die Stabilität zu erhöhen. Es geht hier nur um ein paar Grad Einschlag, aber es ist spürbar. So kann man beim Fahren des Audi A8L kaum einen Unterschied zur Version mit kurzem Radstand spüren, zudem wird der Wendekreis mit der Allradlenkung jeweils um über einen Meter verkürzt.

Wir fahren also den Audi A8L 3.0 TFSI, also die Langversion mit dem 3 Liter 6-Zylinder Benziner mit 286 PS, der wohl der weltweite Bestseller wird, gerade mit Hinblick auf den chinesischen Markt. In 5,6 bzw. 5,7 (A8L) geht es auf 100 km/h, der Motor klingt durchaus kräftig, auch wenn die Geräuschunterdrückung (aktiv wie passiv) nicht viel davon in den Innenraum lässt. Mühelos schreitet der A8 voran. Wenn man es ruhig angehen lässt, kann man minimal 8 l / 100 km verbrauchen, also mit Tempomat auf der Autobahn. Realistisch ist bei sachter Fahrweise dann eher 10 l / 100 km. Und wenn man es sportlich mag, dann geht es in ganz andere Höhen. Für die Größe des Autos geht das aber vergleichsweise in Ordnung.

Viele Fahrzeuge haben schon Stauassistenten, die im niedrigen Geschwindigkeitsbereich das Fahren autonom übernehmen können. Audi steigert dies mit dem neuen Audi A8 nun und stellt das autonome Fahren bis 60 km/h zur Verfügung. Um ein Bild vom Umfeld zu generieren, nutzt das Fahrzeug Radarsensoren, Frontkamera, Ultraschallsensoren und Laserscanner. Die höchste Ausbaustufe des autonomen Fahrens steht aber nicht direkt zur Markteinführung zur Verfügung. Läuft das System, so Audi, ist der Fahrer nicht mehr für Dinge verantwortlich, die während der Voll-Autonom-Phase passieren. Er muss allerdings jederzeit übernahmebereit bleiben, wenn das System ankündigt, sich abzuschalten.

Im Rahmen des Adaptiven Fahrassistenten reagiert der A8 in der höchsten Tempomat-Stufe auf Tempolimits, Kurven, Kreuzungen und Kreisverkehre und verzögert oder beschleunigt entsprechend. Dabei fällt z.B. auch auf, dass der Tote-Winkel-Warner dadurch ergänzt wird, dass man im Zweifelsfall tatsächlich gar nicht die Spur schnell wechseln kann, weil das Lenkrad sich sozusagen sträubt. Und hier kann man die Frage stellen: Ist das gut und sicher oder wo fangen die Assistenzsysteme an, zu viel zu regeln? Man kann für beide Positionen argumentieren. Knackpunkt ist, dass wir uns in der Phase zwischen beiden Welten befinden, zwischen komplett Selberfahren und autonom Fahren.

Wie beim BMW 7er oder 5er oder der Mercedes E-Klasse lässt sich der Audi A8 auf Wunsch nun auch mit dem Smartphone einparken, auch wenn man nicht im Fahrzeug sitzt.

Abmessungen

Länge: 5,17 m / 5,30 m (A8L)
Breite: 1,94 m
Höhe: 1,47 m
Radstand: 2,99 m / 3,12 m

Fazit: Der neue Audi A8 ist von außen optisch nicht groß verändert, abgesehen vom neuen Kühlergrill macht man in diesem Segment auch keine Experimente. Innen hat der A8 so ziemlich alle Knöpfe verloren und konzentriert sich auf die großen Touchscreens mit toller Auflösung. Das Design wirkt nahtlos und edel. Durch die Verlängerung außen ist auch innen mehr Platz geblieben. Fahrtechnisch ist der neue Audi A8 mit steiferer Karosserie, Allradlenkung und neuem Fahrwerk selbst in der Langversion noch sehr dynamisch zu fahren. Besonders spannend wird die bislang höchste Ausbaustufe des autonomen Fahrens sein, bei der der Fahrer bis 60 km/h während des aktiven Systems tatsächlich nicht mehr die Verantwortung übernehmen, sondern nur noch bereit sein muss. In diesem Moment haftet Audi dann auch für Unfälle, ein Novum und vermutlich der bislang größte Schritt beim autonomen Fahren. Angesichts der vielen interessanten technischen Neuheiten bleibt es nur ein Rätsel, weshalb Audi weder ein nachhaltiges Innenraumkonzept auch für die höheren trims vorstellt noch einen wirklichen alternativen Antrieb vorstellt. 50 km rein elektrisch für den Plugin sind dann doch eher Augenwischerei. Außerdem hätte man bei einem Auto, das mit Extras mal gut 150.000 Euro kostet, auch schon die Partikelfilter für die Benziner integrieren können und sich dies nicht dafür aufsparen bis zu dem Moment, an dem es ohne nicht mehr erlaubt ist. Der Audi A8 bewegt sich somit zwischen den Welten. Er ist einerseits ein Dinosaurier (Fahrzeugkonzept, W12, schwerer Luxus, Tierhaut), andererseits ein beeindruckender Technologieträger (48V, Assistenzsysteme, autonomes Fahren, Infotainment, Sicherheit).

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak