Ford Ecosport 1.0 Ecoboost: Rustikaler Mini-SUV

Ford Ecosport 1.0 Ecoboost - Foto: Ford

Mit einem in Brasilien entwickelten und in Indien gebauten Modell will Ford Europa das noch relativ junge Segment der Mini-SUVs besetzen. Die Fahreindrücke mit einem Ford Ecosport 1.0 Ecoboost hinterließen bei uns gemischte Gefühle. Das Auto hat durchaus einen eigenen Charakter, aber man merkt ihm an, dass es nicht primär für europäische Märkte entwickelt worden ist. Von Thomas Imhof

Renault ist mit dem Captur schon da, Peugeot mit dem 2008 ebenfalls, VW kommt erst noch mit dem Taigun. Die Rede ist vom bislang jüngsten Spross jenes Baums, auf dessen Wurzeln sich die Automobilindustrie momentan besonders solide gründet: die SUVs. Die – um im Bilde zu bleiben – Baumkrone bilden demnächst XXL-Modelle von Bentley oder Lamborghini sowie neue XL-Ausgaben wie die Neuauflage des Volvo XC90 oder der erste Jaguar-Crossover. Die untersten Verästelungen hingegen bilden die Modelle mit einer Länge von maximal vier Meter.

Die Mini-SUV sind speziell für Wachstumsmärkte (emerging markets) wie Brasilien oder Indien konzipiert – wo die Budgets der Kunden nicht so fürstlich sind wie im wohlstandsgesättigten Westeuropa oder in den USA. Und wo die Straßenverhältnisse eher nach einem robusten und simplen Fahrzeug verlangen. Kein Wunder, dass zum Beispiel in Indien neben den drei heimischen Herstellern Mahindra, Maruti und Tata auch Chevrolet mit dem Adra und eben auch Ford mit dem im dortigen Werk Chennai gebauten Ecosport den Einstieg in dieses Segment entweder schon vollzogen haben oder noch vorbereiten. Wie auch VW mit dem wie der Ford in Brasilien designten Taigun.

Ford Ecosport: SUV auf Fiesta-Basis - Foto: Ford
Ford Ecosport: SUV auf Fiesta-Basis – Foto: Ford

In Deutschland bietet Ford den Ecosport zwar mit drei verschiedenen Motoren, aber nur in einer einzigen Ausstattung (Titanium) an. Für unseren Test wählten wir die Version mit dem bereits mehrmals zum „Engine of the year“ gekürten Dreizylinder-Turbo aus – dem „Ecoboost“, der aus 1,0 Litern Hubraum respektable 125 PS holt. Das Modell kommt in Kombination mit einem Fünfgang-Schaltgetriebe und steht mit 20.200 Euro in der Preisliste. Alternativ gibt es Versionen mit dem durchzugsschwachen 90 PS-Diesel (21.200 Euro) und dem kaum weniger lethargischen Vierzylinder-Benziner (112 PS, ab 19.200 Euro) – der als einziger auch in Kombination mit einer Sechsstufen-Doppelkupplungsautomatik (1.300 Euro extra) kombinierbar ist. Daher ist die Wahl des 1,0-Liter-Ecoboost sicher die beste, zumal sich das ultramoderne Motörchen schon im Fiesta und Focus als „best in class“ erwiesen hat.

Bullige Frontpartie wie beim größeren Ford Edge - Foto: Ford
Bullige Frontpartie wie beim größeren Ford Edge – Foto: Ford

Das Exterieur-Design des Ecosport betont an der bulligen Frontpartie die Familienzugehörigkeit zum nächstgrößeren Ford-SUV Edge. Mit weit aufgerissenem Kühlermaul, dessen drei Öffnungen durch fette Chromzierleisten zusätzlich untermalt werden und einen hoch bauenden, streng vertikalen Vorbau und einer an den Außenkanten hochgewölbten Motorhaube. Das Tagfahrlicht ist in den Nebelscheinwerfern integriert, während ein sehr schönes „Signatur“-LED-Lichtband in den Hauptscheinwerfern einen Touch Premium versprüht. Im Vergleich zu diesem Macho-Konterfei gibt sich das übrige Modell etwas dezenter, wenngleich die dunkelabgesetzten Türschweller, die im unteren Bereich silberfarbigen Front- und Heckschürzen und die selbstbewusst aufgeplusterten Radhäuser den gewünschten Offroad-Charakter hervorheben. Das der Wagen wie zu erwarten nur Frontantrieb hat – geschenkt.

Am Heck des Ford Ecosport 1.0 Ecoboost wartet dann eine für die Mehrheit der Käufer sicher unliebsame und nur für Freunde attraktiver Airbrush-Malereien nette Überraschung: ein mit einer in Wagenfarbe lackierten und einem eingeprägten „Ecosport“-Schriftzug verzierte Reserveradabdeckung samt Inhalt. Dieses Anhängsel verlängert das an sich nur 4,01 Meter lange Modell mal eben auf 4,27 Meter, was den Brasilien/Indien-Ford nicht unbedingt handlicher macht. Zumal zu allem Überfluss die seitlich angeschlagene Hecktür das Ein- und Ausladen ohnehin schon zu keinem Vergnügen macht. Ford hat das Problem bereits erkannt und kündigt (noch inoffiziell) eine eigens für Europa konzipierte Variante ohne aufgeschultertes Reserverad an. Die seitlich öffnende Tür wird jedoch bleiben, was im beengten Parkraum zwangsläufig zu Platzproblemen führen wird.

Cockpit vom Fiesta - Foto: Ford
Auch das Cockpit stammt direkt vom Fiesta – Foto: Ford

Wie das Fahrwerk basiert auch das Cockpit auf dem Ford Fiesta. Das wird beim Blick auf die Instrumente, die mit zu vielen Tasten übersäte Mittelkonsole und das kleine und nur grob auflösende Multifunktionsdisplay deutlich. Gegen 400 Euro Aufpreis gibt es Ford SYNC mit Ford AppLink, Bluetooth- und USB-Schnittstelle. Im Connectivity-Zeitalter ein Muss, wenngleich die Sprachsteuerung intuitiver und die Zahl der herunterladbaren Apps größer sein könnte. Ein echter Mangel jedoch ist das für die aktuelle Fiesta-Plattform nicht erhältliche Navigationssystem. Beim Ecosport ebenfalls nicht bestellbar sind beheizbare Vordersitze.

Das verwendete Material ist eher in der Hartplastik-Fraktion anzusiedeln. Und auch die in den Türrahmen durchschimmernde Farbe der Karosserie zeigt, dass Ford nicht bis in die letzte Ecke nackte Haut mit Abdeckleisten oder Gummidichtungen kaschieren wollte. Auch Haltegriffe am Dach sucht man vergebens, und die Bedienelemente der Klimaanlage sitzen gefährlich. Positiv hingegen die von einem SUV erwartete erhöhte Sitzposition und die gute Übersicht nach vorn und zur Seite. Die mit stolzen 1.170 Euro extra zu bezahlenden Ledersitze des Testwagens gefallen mit ihren roten Ziernähten zwar optisch, bieten aber zu wenig Seitenhalt.Die Übersicht nach hinten ist auch „dank“ des Reserverads mäßig, sodass wir die 355 Euro für die hinteren Parksensoren wärmstens empfehlen. Noch probater wäre eine Rückfahrkamera….

Schmale Rückbank mit viel Kopf- und Kniefreiheit - Foto: Ford
Schmale Rückbank mit viel Kopf- und Kniefreiheit. Die Sicht nach hinten und schräg hinten ist schlecht, wie bei den meisten modernen Autos – Foto: Ford

Insgesamt zufriedenstellend ist das Package: Zwei Erwachsene finden auch im Fond bequem Platz – Knie- und Kopffreiheit sind fast schon üppig, nur die Breite der Rückbank ist limitiert. Der Kofferraum lässt sich in mehreren Stufen vergrößern. Die Neigungsverstellung der Rücksitzlehnen sorgt zunächst für einen moderaten Anstieg von 333 auf 375 Liter. Danach lassen sich die Lehnen getrennt umlegen und zusätzlich die gesamten Sitzhälften (1:3 : 2/3) auch noch komplett senkrecht hinter die Vordersitze stellen – dann ergibt sich eine ebene Ladezone von 1.238 Liter und 1,37 Meter Länge. Die Zuladung ist mit 365 Liter allerdings ebenso begrenzt wie die Anhängelasten (gebremst 750 Liter).

Der im Fiesta noch so quicklebendig wirkende Ecoboost Motor tut sich im 1,35 Tonnen schweren und aerodynamisch ungünstigeren SUV spürbar schwerer. Der Verbrauch stieg auf 7,5 Liter/100 km und lag damit gut zwei Liter über der Werksangabe. An Autobahnsteigungen musste man öfters als gedacht in den vierten Gang zurückschalten; solange es jedoch ebenerdig daherging, ist der nominell 180 km/h schnelle Ecosport ein angenehmer Langstreckenwagen. Die Windgeräusche halten sich in engen Grenzen, und trotz fehlenden sechsten Gangs dreht der Dreizylinder nicht im Ohrstöpsel-nahen Bereich.

Nach dem Aufwickeln der Rücksitzhälften ergibt sich eine große ebene Ladefläche - Foto: Ford
Nach dem Aufwickeln der Rücksitze ergibt sich eine große ebene Ladefläche – Foto: Ford

Kleine Ausflüge auf Schotterwege und gemäßigtes Offroad-Terrain sind mit dem Ecosport durchaus zu wagen: Die Watttiefe von 550 Millimetern und die 180 mm an Bodenfreiheit lassen kleinere Exkursionen zu, wobei die serienmäßigen 16 Zoll-LM-Felgen dazu besser geeignet sein dürften als die für 300 Euro offerierten 17 Zöller.

Auch wenn der Name Ecosport etwas anderes suggeriert – sportlich ist der bislang kleinste Ford SUV absolut nicht. Der Aufbau neigt sich in Kurven deutlich zur Seite, während die Federung kurze Stöße eher ruppig abbügelt. Vom famosen Handling eines Fiesta oder Focus ist leider nicht viel übrig geblieben, denn auch das ESP regelt ruppig und die Lenkung bietet für Ford-Standards nur diffuse Rückmeldungen. Nur das flüssig zu schaltende Getriebe sorgt für etwas Aufhellung.

Teurer Spaß: Die Ledersitze verteuern den Ecosport um 1170 Euro - Foto: Ford
Teurer Spaß: Die Ledersitze verteuern den Ecosport um 1170 Euro – Foto: Ford

Kommen wir zum Preis. 20.200 Euro kostet der Ford Ecosport 1.0 Ecoboost schon in der Basisversion, mit den Ledersitzen und dem Park-Piloten summiert er sich schnell auf 21.725 Euro auf. Wer Metallic-Lack anstelle der sonnengelben Uniklackierung unseres Testwagens ordert, zahlt weitere 565 Euro drauf, Ford SYNC will mit weiteren 400 Euro und das Komfort-Paket (Cruise Control, automatisch abblendender Innenspiegel, Sensoren für Scheibenwischer und Scheinwerfer) mit 350 Euro honoriert werden. Ergäbe dann gut 23.000 Euro.

Da ist die französische Konkurrenz deutlich wohlfeiler. Sowohl ein Renault Captur als auch ein Peugeot 2008 beginnen sogar als Dieseln noch bei knapp unter 20.000 Euro, der Benziner-2008 mit 120 PS startet sogar schon bei 18.150 Euro. Ford hält dem die umfangreichere Grundausstattung entgegen. In der Tat verfügt der Ecosport schon ab Werk über eine Klimaanlage mit automatischer Temperaturkontrolle. Zum übrigen Serienumfang zählen neben sieben Airbags eine hübsche Dachreling, elektrische Fensterheber (auch hinten), Lederlenkrad und -schaltknauf, eine höhen- und längsverstellbare Lenkung, LM Felgen, Nebelscheinwerfer, die geteilt umklappbare Rückbank, Keyless-Entry-Schlüssel samt Starterknopf rechts vom Lenkrad und Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung. Der Berganfahrassistent hilft nur beim Modell mit Automatikgetriebe.

Ford plant für Europa eine Version ohne außen angebrachtes Reserverad - Foto: Ford
Ford plant für Europa eine Version ohne außen angebrachtes Reserverad – Foto: Ford

Fazit: Der Ford Ecosport 1.0 Ecoboost versprüht einen speziellen, leicht rustikalen Charme,  setzt sich mit seinem leicht amerikanisch angehauchten Design von der Masse ab, bietet eine gute Raumausnutzung und durchaus manierliche Langstreckeneigenschaften. Negativ ins Kontor fallen die schwere und zur Seite öffnende Hecktür, die umständliche Bedienung, die an manchen Stellen rudimentäre Verarbeitung und der für ein in Indien gebautes Auto trotz relativ guter Grundausstattung zu hohe Preis. Insgesamt merkt man dem Auto an, dass es primär für südamerikanische und asiatische Schwellenländer statt Mitteleuropa entwickelt worden ist. Ein guter Versuch von Ford, mit Hilfe seines Design- und Technikzentrums in Brasilien hierzulande eine Nische zu besetzen, von der man nicht genau weiß, wie groß sie am Ende wirklich sein wird. Ach ja und der Name, liebe Marketing-„Strategen“ bei Ford, passt auch nur sehr bedingt. Denn der Ecosport ist weder besonders „Eco“, noch besonders „Sport“. Da hätten wir uns etwas originelleres gewünscht. Für ein Auto, dass uns dennoch auf seine leicht raue Art nicht unsympathisch war.

Autogefühl: ***

Text: Thomas Imhof

Fotos: Ford