Kia Soul EV Fahrbericht

Der Kia Soul EV ist der erste rein elektrisch angetriebene Crossover, dessen Akku bis zu 212 km ausdauern soll. Welche Vor- und Nachteile der Koreaner in der Praxis mit sich bringt, verrät unser Fahrbericht. Von Thomas Majchrzak

Sehen wir von Mini- und Luxus-Elektroautos ab und schauen auf kompakte und preislich erreichbare electric vehicles, ist der Markt noch relativ übersichtlich. Da gibt es den kleinen Renault Zoé (neue 400 km Reichweite, ab 25.000 Euro plus Batteriemiete) sowie die kompakten Elektroautos Nissan Leaf (ab 23.000 Euro plus Miete bzw. 34.000 Euro mit neuer 250 km Reichweite und gekaufter Batterie) sowie VW e-Golf (nun 300 km), Ford Focus Electric (162 km) und BMW i3 (nun 300 km) für jeweils 35.000 Euro. Der Opel Ampera E wartet sogar mit 500 km Reichweite auf, aber der Preis ist noch nicht kommuniziert. Und bald soll noch das Tesla Model 3 hinzukommen.

Der Kia Soul EV ist dabei besonders, weil er derzeit der einzige rein-elektrische Crossover ist. Konkurrenz bekommt er in der Bauform lediglich markenintern vom neuen Kia Niro, den es als Built-in-Hybrid und ab 2017 als Plugin-Hybrid geben wird.

Den Akku kauft Kia bei den Landsleuten von Samsung ein. Im Detail verspricht man sich eine Reichweite von maximal 212 km. Darüber hinaus verfügt der Crossover über eine schnelle Ladefunktion, in welcher der Akku bereits nach 33 Minuten wieder auf 80 % aufgeladen sein soll.

Preislich beginnt der Kia Soul als EV in der Standardversion Plug bei 28.900 Euro. Für zusätzliche 2.000 Euro erhält man die Ausstattungslinie Play. Grundsätzlich ist der Soul EV also etwas günstiger als die Konkurrenz, auch wenn bei ihm nach den jüngsten Batterie-Updates der Konkurrenz etwas die Reichweite fehlt.

Mit dem Umweltbonus kann man bei den reinen Elektrofahrzeugen neuerdings 4.000 Euro vom Kaufpreis abziehen, das macht auch einen Kia Soul EV attraktiver.




Exterieur

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Kia hat für die Elektrovariante einige Designveränderungen vorgenommen, die sich vom normalen Soul unterscheiden. Während der Kia Soul Verbrenner einen schwarzen Kühlergrill besitzt sowie schwarze Crossover-Radhäuser, gibt sich der Kia Soul EV zugedeckter, denn er benötigt keine derartigen Luftschlitze. Um den Strömungswiderstand zu verringern, ist der Kühlergrill geschlossen – dahinter verbirgt sich dann aufklappbar die Ladevorrichtung. An Farben stehen ein eher einfarbiges dezentes Silber/Grau zur Verfügung, aber auch auffälligere Kombinationen wie Weiß/Hellblau, Weiß/Blau und Grau/Rot mit Kontrastumrandungen am Kühlergrill oder kontrastierender Dachfarbe. Bei weißer Wagenfarbe erkennt man exzellent den Kontrast zwischen Schwarz und Weiß. Unser Testwagen trägt die Farbe Titanium Silver Metallic.

In der Seitenansicht erkennt man sehr gut, dass der Kia Soul grundsätzlich über eine polarisierende Kastenform verfügt. Die dazu sehr steile Frontscheibe und die schlichte Designführung erinnern an einen Geländewagen, nur dass er eben nur halb-hoch steht und somit ein Crossover ist. Serienmäßig sind beide Ausstattungslinien im EV mit 16 Zoll Felgen bestückt. Man erkennt gut die Luftwiderstands-Optimierung, die Felgen sind fast vollständig geschlossen.

Ansonsten erkennt man am Eco Electric-Logo, dass es sich beim Soul nicht um einen Verbrenner handelt, sondern um einen Elektromotor. Wie schon die Frontleuchten, sind auch die Heckleuchten an den Kanten abgerundet. Die Leuchten erstrecken sich in die Vertikale. Darüber hinaus verfügen sie serienmäßig über die LED-Technologie.

Interieur

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Der Innenraum des Koreaners ist sehr aufgeräumt und ordentlich verarbeitet. Dazu zählt unter anderem das Soft-touch-Armaturenbrett, aber auch, dass alle Knöpfe rund um das 3,5 Zoll große Infotainmentsystem selbst erklärend sind und somit nicht zu Verständnisproblemen führen. Die Software bietet grundsätzlich alle nötigen Funktionen wie Navi und Bluetooth-Anbindung, könnte aber auch mal ein Update vertragen, zum Beispiel kann man innerhalb der Karte nicht so gut mit den Fingern herumfahren/zoomen. Auffällig ist die poppig-verspielte Bauart mit vielen Hochglanzflächen in Weiß.

Kernthema des Kia Soul EV ist der Umweltschutz, dann darf jedoch die Frage erlaubt sein, weshalb man optional Tierhaut-Bezüge, wenn auch nur für den Play, erhalten kann, die wir auch im Testwagen sehen. Denn schließlich ist die Nutzung von Tierprodukten mit der ausschlaggebendste Grund für den Klimawandel. Daher können wir nur empfehlen, bei den serienmäßigen Stoffsitzen zu bleiben.

Die Sitzposition an sich ist sehr komfortabel, man sitzt aufrecht und auch große Menschen haben ausreichend Platz. Die kastenförmige Bauweise spielt hier seine Vorteile auf. Dasselbe gilt für die Fondpassagiere. Selten hat man auf so wenig Fahrzeuglänge so viel Platz, selbst mit 1,90 m Größe kann man eine Faust noch vor den Knien ballen, ebenso über dem Kopf.

Lediglich der Kofferraum bleibt in der Länge beschränkt, klar, irgendwo muss das Fahrzeug auch zu Ende sein. Dafür kann man die Sitze bei Bedarf umklappen und hat wieder ausreichend Raum.

Zur weiteren Serienausstattung (Plug) zählen folgende Punkte:

– Beheizbares Lenkrad
– Sprachsteuerung
– Smart-Key (bzw. Keyless-Entry)
– Rückfahrkamera
– Tempomat

Bei Wahl der Ausstattungslinie Play erhält man den Schnell-Ladeanschluss CHAdeMO (DC, Gleichstrom), mit dem 80 % Ladung in 33 Minuten möglich sind. Den aktuellen Ladestand kann man im Übrigen auf dem Armaturenbrett erkennen, ein effektvolles Element mit blauen Leuchten. Optional kann man in der Play-Version ein Panoramadach, sowie vordere und hintere Parksensoren ordern.

Die Heizung ist im Stromsparmodus etwas schwach, richtig warm wird es erst, wenn man den Knopf „Heat“ anwählt und damit die Batterieheizung aktiviert. Dann wird es richtig schnell mollig-warm, wobei das natürlich auch Akku zieht. Nicht wundern, es riecht in diesem Moment auch etwas nach Heizung. Zusammen mit dem beheizbaren Lenkrad kann man sich aber eine echte Wohlfühlatmosphäre im Winter schaffen.

Motoren

Der Elektromotor muss natürlich mit Strom versorgt werden. An speziellen Aufladestationen (Typ2-Kabel) soll die Ladedauer etwa 5 Stunden betragen, an der häuslichen Steckdose kann dies bis zu 14 Stunden dauern. Das hört sich erst einmal viel an, jedoch sollte man bedenken, dass ein Fahrzeug durchschnittlich 23 Stunden am Tag unberührt bleibt.

Wie schon in den Smartphones des Kooperations-Partner Samsung wird ein Lithium-Ionen-Polymer-Akku verwendet. Das Gewicht der 27-kWh-Batterie beträgt satte 277 kg, die man durchgehend mit sich schleppen muss. Die sind in etwa 18 % des Leergewichtes beim Plug (1.565 kg).

Der Stromverbrauch soll laut Hersteller bei etwa 14,7 kWh/100 km liegen. Die Reichweite soll über 200 km betragen, was ein befriedigender Wert ist und für die meisten Alltagsfahrten ausreicht. Wir testen den Kia Soul im Winter, wobei uns die Reichweiten-Anzeige nur knapp 120 km anzeigt. Wir machen den Test und stellen fest, dass dieses Angabe tatsächlich in diesem Fall stimmt. Letztlich kommt es natürlich immer darauf an: Geländeprofil, Verkehr, Fahrverhalten, Temperatur, elektrische Verbraucher. Kia Soul EV Käufer berichten Autogefühl von folgenden Praxiswerten: 180 – 200 km im Sommer, 140 – 180 km im Winter. Da haben wir mit unserer Batterie mit 5.000 km Laufleistung etwas weniger.

Wir laden unseren Kia Soul EV an einer innogy-Ladesäule auf, dazu haben wir die passende App getestet. Auf der eCharge kann man die passenden Ladesäulen finden und prüfen, ob diese belegt sind. Hat man eine Säule ausgewählt, steckt man das Kabel ein und registriert den Ladevorgang per QR-Code an der Säule oder mit Angabe der Säulen-Nummer. Bezahlt wird wahlweise z.B. mit Kreditkarte oder Paypal, dafür muss man sich einmal einen Account anlegen.

Wie schnell kann man mit einer Typ2-Säule wieder aufladen? Wir machen den Test, z.B. bei 15 km Restreichweite in einer Stunde wieder auf 50 km Reichweite.

Und übrigens hier noch eine grobe Schätzung der reinen Kraftstoff-Kosten: Ein Benziner mit knapp 7 l / 100 km Verbrauch kostet bei 1,30 Euro Spritpreis gut 9 Euro pro 100 km, ein Elektroauto (natürlich je nach Strompreis) liegt bei lediglich ca. 3 Euro Energiekosten pro 100 km. Langfristig fallen Ölwechsel und Co. beim Elektroauto weg, dafür kommt aber die Frage nach der Haltbarkeit der Batterien dazu. Wie immer gibt es zwei Seiten der Medaille.

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Fahrverhalten

Vorteil bei einem Elektromotor ist, dass das Drehmoment immer sofort vorhanden ist und nicht wie bei Verbrennern erst „aufgebaut“ werden muss. Schnell ist somit insbesondere der Beschleunigungsbereich ca. von 0 bis 60 km/h. So kann man auf den ersten Metern an der Ampel jeden Sportwagen stehen lassen. Die Beschleunigung auf 100 km/h dauert dann allerdings schon 11,2 Sekunden, weil in den oberen Geschwindigkeitsbereichen die Leistung abnimmt, was aber kein Problem darstellt. Des Weiteren beträgt die maximale Geschwindigkeit 145 km/h, sonst würde der Akku auch zu schnell leer gehen.

Mit 100 km/h auf der Autobahn fühlt sich der Kia Soul EV sehr wohl, denn weil es kein Motorengeräusch gibt, bleibt es auch im Innenraum angenehm ruhig. Überhaupt ist dies der große Vorteil der Elektro-Version. Man ist dadurch im Alltag einfach viel entspannter. Zur Sicherheit gibt der Soul EV ein leichtes Surren als Außengeräusch ab, um Fußgänger aufmerksam zu machen. Im Rückwärtsgang gibt es dazu noch ein leichtes „Bing Bing“, um noch ein wenig mehr Aufmerksamkeit zu erregen, allerdings nur dezent. Ein ähnliches System haben wir auch schon im Nissan Leaf erlebt.

Die Lenkung kann man in drei Modi einstellen, von Komfort über Normal bis Sport. Das regelt den Lenkwiderstand, je nach dem, wie stark man ihn haben möchte. Insgesamt ergibt sich aus der durchaus direkten Lenkung und dem ausgewogenen Fahrwerk ein fast sportliches Fahrverhalten, das Laune macht. Dazu kommt die fixe Beschleunigung des Elektromotors. Obwohl der Kia Soul also generell von außen nicht nach viel Fahrfreude aussieht, liefert er diese zuhauf.

Ferner spielt dabei die exzellente Übersicht eine Rolle. Eine Rückfahrkamera bräuchte man eigentlich gar nicht, denn die Übersicht ist jederzeit zu allen Seiten gegeben, noch ein Vorteil der Kastenbauform. So gibt sich der Kia Soul EV als optimales Stadtgefährt.

Abmessungen

Länge: 4,14 m
Breite: 1,80 m
Höhe: 1,59 m
Radstand: 2,57 m

Fazit: Der Kia Soul EV stellt ein geniales Fahrzeugkonzept dar. Sicher, die kastenförmige Bauform polarisiert, wie auch beim Skoda Yeti. Allerdings ist der Kia Soul generell interessant gezeichnet und vergleichsweise futuristisch. Im Innenraum finden wir so viel Platz vor, wie es maximal bei dieser Länge möglich ist. Vier große Erwachsene finden problemlos Platz. Die Verarbeitungsqualität ist tadellos. Der Kia Soul liefert dabei mehr Fahrspaß, als das wenig sportliche Äußere vermuten lässt. Gerade die Elektroversion passt hervorragend zum Fahrzeugkonzept. Ein Auto, mit dem fast jeder etwas anfangen kann und mit dem jeder Spaß haben kann. Ausnahme: Außendienstler. Dafür muss die Reichweite noch zunehmen. Denn die gesamte Konkurrenz hat jüngst die Reichweiten nach oben geschraubt, da ist Kia nun an der Reihe. Wenn der Soul dann bald auch an die 400 km kommen sollte, sollte er zusammen mit dem fairen Preis ganz oben auf der E-Auto-Liste stehen.

Autogefühl: *****

Produktion: Autogefühl, Michel Weigel & Thomas Majchrzak

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