Porsche 718 Boxster Fahrbericht

Den Porsche 718 Boxster, der seit dem jüngsten Facelift nun auch ein Nummernkürzel trägt, kann man sich von allen Porsche-Modellen wohl am ehesten als Porsche für Puristen kaufen. Wir haben die offene Handlingmaschine mit dem Basismotor getestet. Von Thomas Majchrzak





Exterieur

Die Grundstruktur des Boxster ist mit dem Facelift gleich geblieben. Eine optische Nähe zum klassischen Porsche-Design des 911, wobei die Boxster-Scheinwerfer nicht ganz rundlich sind, sondern etwas spitz zulaufen. Und der Boxster hat einen ausgeprägten seitlichen Lufteinlass, weil hier der Motor mittig sitzt und nicht hinten wie beim 911er. Im Zuge der Einführung des Porsche 718 Boxster wurde das Modell optisch etwas überarbeitet. Der Name bezieht sich auf einen 1957 eingeführten Porsche-Sportwagen.

Vorne bilden die neuen Lufteinlässe des 718 Boxster eine eher horizontale Linie. Unser Testfahrzeug ist mit den serienmäßigen Xenon-Scheinwerfern bestückt. Die optionalen LED-Scheinwerfer lassen tiefe interessante Blicke zu, denn man kann die Architektur hinter dem Plexiglas erkunden. Zu erkennen sind die LED-Scheinwerfer sofort an den vier LEDs, die um die Haupt-Leuchteinheit herum sortiert sind. Am Heck wurde eine Akzentleiste zwischen den beiden Rückleuchten platziert, um die Breite zu betonen. Die Auspuffanlage ist zentriert, beim 718 Boxster in der Standard-Version mit einem, optional oder beim Boxster S mit zwei Endrohren. Und dann ist optional auch noch eine Klappenauspuff-Taste erhältlich, es wird also in Sachen Auspuff und Sound recht kompliziert. Der Boxster startet mit 18-Zoll-Felgen, der Boxster S mit 19 Zoll (oder einfach optional für den Boxster wie hier zu sehen), 20 Zoll sind ebenfalls erhältlich.

Unser Testwagen trägt eine der spektakulärsten und frischesten Farben: Miami Blue. Hinten ist die optionale Sport-Abgasanlage verbaut, insofern ist dieser 718 Boxster in einigen Belangen ein Boxster S, ohne aber das PS-Upgrade zu haben.

Interieur

Das Interieur ist in der Tat puristisch und ohne Schnickschnack. Geändert wurden im Facelift die Lüftungsdüsen, die nun eine stärkere Auswölbung nach oben haben. Die analoge Uhr ist etwas nach oben zwischen die zentralen Lüftungsdüsen gerückt. Ferner wurde das Lenkrad neu gestaltet, um die Kontrollfunktionen optisch besser einzufassen. Es trägt optional die Racing-Optik mit sichtbaren Schrauben vom 918 Spyder. Zudem kann man sich entscheiden, ob man ein eher puristisches Lenkrad ohne Bedienung haben möchte oder doch auf Tasten für Lautstärke und Co. zurückgreift. Im gezeigten Fahrzeug hat man auf die Tasten am Lenkrad verzichtet, stattdessen bedient man alles mit Hebeln, die sich dahinter befinden. Der Infotainment-Screen ist nicht mehr in einen schwarzen Rahmen eingelassen, sondern ist nun relativ eben – und hat eine komplett neue Touch-Oberfläche. Die Darstellung ist klar und übersichtlich, die Reaktionszeiten kurz. Und eine Smartphone-Anbindung ist nicht mehr nur über Bluetooth möglich, sondern z.B. auch über Apple CarPlay.

Los geht es mit dem 718 Boxster bei 53.600 Euro, die Konkurrenz liegt bei 52.000 Euro (Audi TTS Roadster) oder weit höher bei 72.000 Euro (Jaguar F-TYPE V6 340 PS). Der F-TYPE ist aber von der Motorisierung dann eher mit dem Porsche 718 Boxster S zu vergleichen, der liegt dann bei 66.100 Euro. Ein weiterer Konkurrent wäre der Mercedes-AMG SLC 43. Unser Testwagen kommt trotz Basismodell mit vielen Extras, die sich schnell summieren, dann doch auf ganze 82.000 Euro.

Wichtiger Unterschied zum Beispiel zum F-TYPE: Der 718 Boxster ist von Sitzen, Sitzposition und Platzverhältnissen großzügiger. Und auch dass der Boxster nicht ganz so röhrt wie der F-TYPE, kommt dem Langstreckenkomfort zugute. Und ein großer Vorteil gegenüber allen Konkurrenten: Es gibt nicht nur einen kleinen Kofferraum hinten (125 l), sondern auch noch einen größeren vorne (150 l). Dieser fasst zum Beispiel zwei kleine Flughafen-Trolleys und einen Rucksack und noch ein bisschen Kleinkram. Und dann bleibt eben hinten noch was frei. Denn auch in den hinteren Kofferraum passt noch ein kleiner Trolley. Kein anderes kompaktes sportliches Cabrio bietet damit so viel Stauraum, was überraschen mag.

Das ist die Serienausstattung:

718 Boxster:
– Bi-Xenon-Licht vorne, LED hinten
– Klimaanlage
– Sitzbezug Alcantara/Kunstleder (Top!)

Selbst bei Audi kommt in der Mikrofaser-Kombination Tierhaut außen zum Einsatz, auch hier zeigt Porsche beim Boxster neben dem Downsizing Zukunftsfähigkeit. Dies gilt allerdings nur für die normalen Standard-Sitze. Die gezeigten adaptiven Sportsitze Plus mit mehr Seitenhalt (aber dadurch natürlich auch etwas weniger Bewegungsfreiheit) sind dann nur noch mit Tierhaut verfügbar, ebenso wie die Sportschalensitze. Hier gibt es aber immerhin eine Option mit Sport-Tex, also Stoff auf den Innenseiten der Sitze. Einziger Haken: Damit ist direkt eine Tierhaut-Ausstattung des Armaturenbrettes und der Innenseiten der Türen verbunden. Wir raten generell immer zu den Standard-Sitzen, da diese den besten Komfort und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bieten, nur auf der Rennstrecke bräuchte man mehr Seitenhalt. Der 718 Boxster ist auch in der Basis-Ausstattung sportlich genug. Auch das Lenkrad kann man für 700 Euro Aufpreis mit Alcantara-Bezug bestellen, das ist dann ein weiteres Highlight. In den USA ist die Basis-Sitzkonfiguration übrigens aus Teil-Leder.

Die Ausstattungsmerkmale gelten auch für das S-Modell, der Hauptunterschied zum S besteht in der Motorisierung und der Auspuffanlage.

Motoren

Bislang gab es 6-Zylinder-Boxermotoren mit 2,7 oder 3,4 Liter Hubraum mit 265 bis 330 PS. Nun hat Porsche im Zuge des Downsizings die Zylinder auf 4 reduziert und den Hubraum auf 2,0 und 2,5 Liter.
Damit gibt es nunmehr folgende Motoren:

718 Boxster: 4-Zylinder 2,0 l mit 300 PS
718 Boxster S: 4-Zylinder 2,5 l mit 350 PS

Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h erfolgt beim 718 Boxster mit manueller Schaltung in 4,9 bzw. 4,7 Sekunden mit aktivierter Sport-Plus-Taste, minimal schneller als beim Vorgänger.

Mit Sport-Chrono-Paket und PDK kommt der 718 Boxster S dann knapp an die 4,2 Sekunden heran. Denn serienmäßig kommen die Motoren mit einem 6-Gang Schaltgetriebe, optional ist das 7-Gang Porsche Doppelkupplungsgetriebe (PDK) erhältlich.

Es war natürlich wichtig, dass der Boxster durch das Downsizing nicht langsamer wird, sondern durch die Mehr-PS sogar noch ein bisschen mehr Leistung bringt. Allein durch Mehr-PS wäre das aber nicht möglich, die Lösung ist, dass der 718 Boxster einen Turbolader hat und nicht mehr natürlich beatmet ist. In Newtonmeter-Zahlen konnten die Modelle um 100 bzw. 60 Nm zulegen, das ist enorm.

Und was ist mit dem Sound? Schnell ist gesagt, dass ein 4-Zylinder nicht vernünftig klingen kann. Wenn man dann aber mal wirklich eine Tonaufnahme z.B. vom Vor-Facelift Cayman GTS vergleicht und den 718 Boxster S daneben stellt, merkt man, dass sich der neue Sound mit aktiviertem Klappenauspuff durchaus knackig anhört, obwohl der Motor kleiner geworden ist. Sound-Design und Auspuff-Klappen sei Dank. Man muss natürlich schauen, welche der Auspuffanlagen gerade aktiv ist, welcher Fahrmodus und die optionale Klappe auf oder zu.

Auf der anderen Seite ist der neue Porsche 718 Boxster im normalen Fahrmodus ohne aktivierten Sportauspuff in der Tat sehr leise, was ein Vorteil bei Fahrten durch die Nachbarschaft bedeutet.

Fahrverhalten

Egal was man über Sound, Philosophie oder Langlebigkeit sagen mag: In puncto Sportlichkeit hat der Turbo im neuen 718 Boxster nur Vorteile. Ein deutlicher Zuwachs an Drehmoment und „ständig Druck“, wie man so schön sagt. Es gibt kein wirkliches Turboloch und man muss nicht wie beim Sauger erst auf Touren kommen. Man kann sogar schaltfaul fahren, so viel Leistung ist vorhanden. Fährt man mit dem Handschalter, hat man das Gefühl, der 718 Boxster ließe sich auf und ab und bei jeder Geschwindigkeit im dritten Gang fahren. So fühlt sich der Motor größer an, als er ist. Die 6-Gang-Schaltung hat zudem knackig kurze Schaltwege, Freunde der sportlichen Schalt-Gangart fühlen sich hier zu Hause.

Für mehr Komfort sorgt die PDK, die im Standard-Fahrmodus relativ früh und schonend hochschaltet. Per Paddles am Lenkrad lässt sich aber jederzeit ein niedriger Gang einlegen. Ist der neue Fahrmodus-Schalter am Lenkrad dagegen auf Sport oder Sport+ gestellt, legt die PDK von vornherein einen niedrigeren Gang ein – und dreht höher. Auch bei der Handschaltung machen sich die Fahrmodi bemerkbar, etwa auch dadurch, dass die Stabilitätskontrolle zurückgefahren wird und man das Heck sportlich herumzirkeln kann.

Das Fahrwerk ist gewohnt sportlich ausgelegt und knackiger als bei der erwähnten Konkurrenz. Optional steht das Porsche Active Suspension Management (PASM) zur Verfügung, das die Dämpferkraft für jedes einzelne Rad regelt. Zusätzlich ist die Karosserie um 20 mm abgesenkt. Im Sportmodus merkt man: Sobald Bodenwellen kommen, rappelt es einen schon sehr durch, das ist eher etwas für die Rennstrecke oder für die sehr gut asphaltierte Landstraße. Die Verbindung zur Straße ist aber auch schon im Normalmodus perfekt, gerade mit dem Mittelmotorkonzept weiß man, dass man den Boxster immer genau dahin bekommt, wo man möchte. Ein unvergleichliches Handling.

Das Verdeck, erhältlich in Schwarz, Blau, Braun und Rot, lässt sich übrigens bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h öffnen und schließen. Ist es offen, zeigt der 718 Boxster direkt die Qualitäten als Sommercabrio: Denn ein ordentlicher Windzug ist immer garantiert. Ganzjahrescabrio, das können andere besser.

Als Testverbrauch hatten wir bei unserem ersten Test 11 Liter / 100 km erzielt, ein guter Liter mehr als wir mit dem 3,6 l 6-Zylinder im Cayman GTS verbraucht hatten. Bei unserem zweiten Test, bei dem wir auch einmal bewusst spritsparend fahren, kommen wir sogar an die 8 l / 100 km ran – wenn man denn möchte. Für realistisch im Mix halten wir bei gemäßigter Fahrweise etwas zwischen 9 und 10 l.

Vom Fahrgefühl her, das ist auch eine spannende Beobachtung, vermittelt der Porsche 718 Boxster übrigens gerade mit dem nicht ganz so sonoren Vierzylinder ein gewisses Vintage-Feeling. Man hat also das Gefühl, in einem modernen Oldtimer unterwegs zu sein, im positiven Sinne. Der Boxster versprüht den Charme eines Ur-911ers, ist aber in technologischer Hinsicht topmodern und daher natürlich in dieser Hinsicht allen älteren Fahrzeugen überlegen. Ein interessanter Aspekt für Leute, die Oldtimer optisch lieben, aber nicht auf eine moderne Fahrweise verzichten möchten.

Abmessungen

Länge: 4,38 m
Breite: 1,80 m
Höhe: 1,28 m
Radstand: 2,47 m
Leergewicht: 1.335 – 1.385 kg

Fazit: Der Porsche 718 Boxster bietet mehr als jedes andere Modell ein puristisches Porsche-Fahrgefühl, sogar eine Spur von Vintage/Oldtimer-Feeling auf Charakter-Ebene. Gleichzeitig ist er technologisch topmodern und bietet eine große Spreizung zwischen Komfort und Sportlichkeit, wenn man davon absieht, dass er aufgrund der Sitzposition und der Größe natürlich nicht das optimale Langstreckengefährt ist. Der Boxster ist wohl der letzte Porsche, der ab und an noch mal in Basis-Ausstattung gekauft wird. Dabei sind besonders die Basis-Sitze empfehlenswert. Man muss für den Preis zusehen, dass man sich nicht schnell mit den vielen Extras verzettelt. Das Fahrverhalten bietet die perfekte sportliche Balance, kein anderes Fahrzeug zeigt ein solches spielerisches Handling. Mit dem neuen Turbomotor ist auf der sportlichen Seite nur Positives zu verzeichnen, Leistung in allen Lebenslagen. Effizienter für den Verbraucher ist das nur, wenn man sachte mit dem Gaspedal umgeht, dann kann man tatsächlich auch Sprit sparen. Der Sound ist ansprechend und nicht übertrieben. Generell bleibt der Boxster zusammen mit seinem Coupé-Kollegen Porsche 718 Cayman die sportliche Handling-Messlatte schlechthin – auch markenintern vor dem 911er. Das Mittelmotorkonzept ist in der Agilität nicht zu schlagen.

Autogefühl: ****

Text & Fotos: Autogefühl, Thomas Majchrzak