Volkswagen Jetta Facelift Testbericht

Hierzulande fristet der Volkswagen Jetta genau wie sein Ableger Seat Toledo ein Nischendasein. Ein Kompaktwagen mit Stufenheck kommt in Deutschland einfach (noch) nicht so gut an. Zumindest im Premium-Bereich ändert sich das aber langsam. Für den Jetta gibt es noch ein recht frisches Facelift, das wir unter die Lupe genommen haben. Wie groß sind die Unterschiede zum hier produzierten Golf? Von Thomas Majchrzak

Der Jetta steht seit 2010 in seiner sechsten Generation, die dann erstmals nicht quasi baugleich mit dem Golf war, sondern ein eigenständiges Chassis erhielt und sich „nur“ noch viele Bauteile mit dem Golf teilt. 2014 gab es für den Jetta ein Facelift, das gerade das Äußere auf Linie des modernen Geschmacks brachte. Allgemein ist der Jetta überaus erfolgreich, zählt zu den meistverkauften Volkswagen-Modellen überhaupt. Gut 1 Mio. VW Jetta wurden im vergangenen Jahr weltweit verkauft, zählt man die Ableger in China dazu, sind es fast sogar doppelt so viele. In China gibt es zwei Volkswagen-Joint-Ventures, so baut FAW-Volkswagen den Jetta als VW Sagitar und Shanghai-Volkswagen als VW Lavida. Und in Argentinien heißt er VW Vento.

Für die USA und Europa wird der Jetta im Volkswagen-Werk in Mexiko gebaut. In den USA bekommen die Kunden auch größere Sauger-Motoren, etwa einen 2 Liter Benziner mit 210 PS. Es gibt sogar einen „GLI“, also einen Limousinen-GTI. Auf der anderen Seite wird in den USA auch ein Basis-Modell angeboten, bei dem hinten auf die Einzelradaufhängung und die Scheibenbremsen verzichtet wird und die Innenausstattung spartanischer daher kommt. Lediglich die Top-Version hat wie in Europa immer die Einzelradaufhängung und durchgehend Scheibenbremsen. Und so kommt man an den Basispreis in den USA von gut 17.325 Dollar auch hierzulande nicht dran. In Deutschland startet der Jetta bei 22.100 Euro mit einem 1,2 Liter TSI mit 105 PS.





Exterieur

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Das Facelift-Modell hat einen neuen Kühlergrill erhalten und trägt seitdem LED-Tagfahrleuchten mit der vom Golf bekannten U-Signatur. Auf der Motorhaube führen zwei kantige Designlinien den Blick zu den Seiten. Das bekannte moderne VW-Gesicht. Wer schicke Felgen aufzieht, etwa die 17-Zöller von unserem Testwagen, erhält auch eine sehr attraktive Seitenlinie. Die Kunden weltweit schätzen dann insbesondere die Stufenheck-Form, die hierzulande eben häufig nicht allzu beliebt ist. Das Heck weist seit dem Facelift eine stärkere Kontur auf, es gibt kantige Rückleuchten und das Heck wird nicht mehr so rund und bullig.

Insgesamt zeigt der Volkswagen Jetta ein klassisches Erscheinungsbild, konservativ, aber modern interpretiert.

Interieur

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Wir testen die Top-Interieur-Ausstattung, die für den hiesigen Geschmack auch anzuraten ist. Denn man merkt an Kleinigkeiten durchaus, dass der Jetta in Mexiko gebaut wird und auch noch nicht auf dem Niveau des Golf 7 steht. Das Multimedia-System ist noch auf Golf 6 Basis, so haben wir den kleineren Bildschirm und die älteren Tasten – wobei das Multimedia-System grundsätzlich weiterhin sehr verständlich und intuitiv ist. D.h. man findet alle Funktionen sofort, kann seine Anrufe per Bluetooth problemlos managen und auch das Navigations-System tut seinen Dienst fehlerfrei.

In der Top-Ausstattung bekommen wir eine edle Holzleiste am Armaturenbrett, die auch gut zu dem Auto passt. Das Armaturenbrett selber ist leicht aufgeschäumt, lediglich an den Tür-Innenseiten gibt es Hartplastik. Für die Armauflage sind oberhalb der Türgriffe und auch auf der Mittel-Armlehne Kunstleder-Bespannungen im Einsatz. Knöpfe, Hebel & Co. sind auf demselben Niveau wie die Fahrzeuge aus deutscher Produktion – übrigens auch die Türgriffe außen.

Das Lenkrad dagegen ist größer und etwas filigraner und wirkt daher etwas günstiger. Auch die manuelle Schaltung ist grundsätzlich gut, aber beim derzeitigen Golf 7 hat man noch etwas mehr Schalt-Komfort und -Spaß.

Ja, der Jetta ist ein Volkswagen, auch wenn er aus Mexiko kommt. Trotzdem muss man von der Interieur-Gestaltung die hiesigen Kunden eher zum Golf 7 verweisen – es sei denn, man möchte bewusst das Stufenheck. Außerdem hat der Jetta noch weitere Vorteile.

Im Fond ist deutlich mehr Platz für Passagiere. Erwachsenen müssen sich im Golf schon teilweise einschränken, wenn sie lange Beine haben. Im Jetta bleibt auch hinten immer reichlich Platz für die Beine – und auch für den Kopf. Überhaupt ist die Sitzposition im Fond für ein kompaktes Fahrzeug sehr komfortabel.

Der Kofferraum ist grundsätzlich lang und breit, aber die bauartbedingt schmale Öffnung kann einem schon mal Kopfzerbrechen bereiten – gerade, wenn z.B. eine Flasche in die kleine Kuhle ganz am Ende des Kofferraums rollt. Um die Sitze umzuklappen, muss man einen Hebel im Kofferraum ziehen, dann nach vorne gehen und den Sitz manuell umlegen – etwas umständlich. Es entsteht keine ebene Ladefläche, aber man kann lange Gegenstände trotzdem sehr gut unterbringen.

Fahrverhalten

Beim Volkswagen Jetta Facelift ist Entspannung angesagt. Das Fahrwerk ist auf Komfort ausgelegt und grundsätzlich als solide und gut einzuschätzen. Hierzulande bekommen wir auch die gewohnte Einzelradaufhängung, und das macht sich bemerkbar. Auch der Geräuschkomfort ist angenehm, selbst bei hohen Geschwindigkeiten bleibt es im Innenraum angenehm leise.

Der Golf ist deutlich sportlicher, das ist klar. Auch die Lenkung beim Jetta ist eher klassisch und un-progressiv ausgelegt, d.h. man benötigt einen längeren Lenkweg als beim Golf. Das Lenkrad fällt bei der Bedienung auch etwas ab, wie wir schon beschrieben haben.

Trotzdem bleibt das Fahrgefühl positiv und entspannt, und durch die kompakten Abmessungen lässt sich der Jetta in jeder Situation sehr gut dirigieren. Beim Einparken fällt das etwas längere Heck auch nicht sonderlich negativ auf – zumal es optional eine Rückfahrkamera gibt. Übrigens haben wir die praktische Erfahrung gemacht, dass die Notfall-Bremsfunktion auch rückwärts funktioniert. Beim Rückwärts-Ausparken musste nämlich ein besonders intelligenter Autofahrer noch kurzfristig an uns vorbeirauschen, so dass die Notfallsbremsung selbst im Schritt-Tempo beim Rückwärtsfahren ausgelöst wurde. Wäre zwar in dem Fall nicht nötig gewesen, aber trotzdem gut zu wissen, dass es sogar so funktioniert!

Beschäftigen wir uns nun mit dem Vortrieb. Zur Auswahl stehen folgende Motoren:

Benziner
1.2 Liter mit 105 PS
1.4 Liter mit 125 PS
1.4 Liter mit 150 PS

Diesel
2.0 TDI mit 110 PS
2.0 TDI mit 150 PS

Und den Jetta Hybrid.

Wir fahren den stärksten Benziner, also den Jetta 1,4 l mit 150 PS – gepaart mit einer 6-Gang-Handschaltung. Der Motor ist grundsätzlich zu empfehlen, bietet er im Turbo-Bereich doch einen ordentlichen Durchzug, bleibt aber gleichzeitig im niedrigen Geschwindigkeitsbereich angenehm laufruhig. Lediglich die Kupplung könnte etwas früher kommen. Weil sie so spät einsetzt, hat man häufiger das Gefühl, das Fahrzeug würde nicht so gut untenherum vom Fleck kommen. Sobald man aber etwas auf Touren kommt, ist man zügig unterwegs – und der Klang ist sogar gar nicht mal übel. Im Testverbrauch erzielen wir humane 6,6 l / 100 km.

Übrigens verwundert uns, dass der Tempomat immer wieder einmal aus- und angestellt werden muss, damit die Geschwindigkeit gehalten wird. Auch nach dem Schalten ist die Tempovorgabe dahin.

Abmessungen

Länge: 4,64 m (also ganze 39 cm länger als das Kurzheck beim Golf)
Breite: 1,77 m
Höhe: 1,48 m
Radstand: 2,65 m
Leergewicht: 1.302 – 1.450 kg

Fazit: Für 4.000 Euro weniger als ein VW Passat gibt es mit dem Volkswagen Jetta Facelift eine klassische Limousine, die angesichts der kompakten Abmessungen viel Raum und viel Alltagsnutzen bietet. Nur die kleine klassische Kofferraumöffnung ist natürlich nicht allzu praktisch. Dass der Wagen in Mexiko gebaut wird, merkt man durchaus an einigen Kleinigkeiten, aber es ist kein weltbewegender Unterschied. Vielmehr macht sich der Unterschied bemerkbar, weil der aktuell erhältliche Golf 7 hier eben schon eine Generation weiter ist, und deswegen werden die Kunden auch weiterhin tendenziell den Golf wählen – es sei denn, man steht auf den Style des Stufenhecks.

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Michel Weigel

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