Wenn ein neuer Honda Civic Tourer im Kompakt-Segment auftaucht, mag man vielleicht zunächst denken: Mit dem Design ist es mit der Extravaganz getan. Tatsächlich aber bietet der Honda Civic Tourer mehrere clevere Lösungen, die als Alleinstellungsmerkmale des Kombis in dieser Klasse dienen. Von Thomas Majchrzak
Klar, das erste Alleinstellungsmerkmal ist das Design. Schaut man genau hin, erkannt man die so genannte schwebende Dachlinie. Das ist besonders gut zu sehen, wenn eine Farbe kontrastiert. Daher ist auch eher davon abzuraten, den Honda Civic Tourer in Schwarz zu nehmen. Wenn man Farbe einsetzt, wie man hier auf dem Foto sieht, kommt folgender Effekt zum Tragen: Oben sieht man Farbe, dann kommen die schwarzen Fensterflächen, die eben von vorne nach hinten durchgehen – und unterhalb fängt dann wieder die Farbe an.
Die dynamische Form wird dadurch erreicht, dass die Fensterlinie der hinteren Fenster um 17 mm höher liegt und die Dachlinie gleichzeitig nach hinten abfällt. So verjüngt sich das Heck seitlich gesehen gleich doppelt.
Um das Heck geht es auch beim Nutzwert: So bietet der Honda Civic Tourer zum Beispiel die niedrigste Ladekante der Kompakt-Kombis. Sie liegt bei nur 56,5 cm Höhe. Im Vergleich dazu liegt sie beim Ford Focus bei 59 cm, beim VW Golf bei 64,2 cm oder beim Toyota Auris bei 61,1 cm.
In Puncto Öffnungs-Höhe und -Breite liegt der Honda Civic Tourer im Vergleich im sehr guten Mittelfeld, bei der gesamten Kofferraumbreite nur knapp hinter Skoda Octavia und Toyota Auris. Die „Liter-Zahl“ beträgt 624 Liter bzw. 1.668 Liter Volumen mit umgeklappten Rücksitzen. Dabei ergibt sich übrigens eine komplett ebene Ladefläche. Eine weitere clevere Lösung, denn beim Umklappen der Rückenlehnen im Fond rutschen die Sitzflächen automatisch ein Stück nach vorne und ermöglichen so die komplette ebene Stellung.
Honda Civic Tourer Abmessungen
Länge 4,53 m
Breite 1,77 m
Höhe 1,48 m
Das Fahrverhalten ist durchweg überzeugend: Das Fahrwerk ist klar auf Komfort ausgerichtet, wobei das adaptive Dämpfersystem für die Hinterachse den Komfort auch bei hoher Beladung zusichert. Wenn man auf „Comfort“ stellt, schwebt der Civic Tourer beinahe über der Straße, insgesamt hat er ein sehr weiches und ruhiges Fahrwerk.
Durch das kleine bullige Lenkrad macht es auch Freude, den Civic Tourer zügig durch die Kurven zu bewegen. Dieses Lenkrad ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal.
Neben Design, Dämpfer, Laderaum und Lenkrad stechen außerdem noch die Magic Seats heraus. Die Sitzfläche lässt sich einfach anheben und durch Heranklappen eines Metallbügels fixieren. So könnte man im Prinzip von links nach rechts durchlaufen – oder gar ein kleines Fahrrad transportieren (oder zumindest mit ausgebautem Vorderrad). Oder eine Pflanze, und und und. Stellt man den Metallbügel wieder aufrecht, lassen sich die Sitze wieder herunterklappen. Solch eine clevere Lösung hat sonst keiner.
Für große Menschen nicht ganz so gelungen ist die Sitzposition auf den vorderen Sitzen, hier vermisst man zum Beispiel etwas mehr Beinauflage. Auch wenn der Honda Civic Tourer einen großen europäischen Einfluss hat, so blickt dort wohl noch eher die „Größe“ der Japaner durch.
Die Qualität des gesamten Innenraums ist durchweg gut. In dieser Preisklasse ist das nicht immer selbstverständlich. Natürlich sind die Materialien nicht premium, aber tadellos. Man findet keine Verarbeitungsfehler. Einziges Manko, das auch dem Design geschuldet ist: Hat man die Heck-Klappe geöffnet, bilden die Rückleuchten seitlich eine scharfe Kante heraus.
Etwas schärfer könnte dagegen der Benziner sein. Der 1.8 i-VTEC kommt mit 142 PS, die aber auch gern gekitzelt werden möchten. Er reicht grundsätzlich für Alltagsfahrten aus, aber manchmal könnte es, gerade beim Beschleunigen auf die Autobahn, etwas mehr sein. Trotzdem liegt er nominell mit 9,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h sogar etwas besser als der Diesel mit 10,1 Sekunden. Zu empfehlen ist der 1.6 i-DTEC Diesel dennoch, weil er deutlich mehr Drehmoment hat als der Benziner (300 anstatt 174 Nm) und dieses auch schon bei 2.000 Umdrehungen pro Minute bereit stellt (anstatt bei 4.300 beim Benziner). Und somit ergibt sich gefühlt eine kultiviertere Beschleunigung in Bereichen, die man im Alltag häufiger benötigt. Zudem ist der Diesel ein echter Verbrauchskünstler, er lässt sich nämlich nur knapp über dem angegebenen Verbrauchswert fahren, gut 4,5 Liter auf 100 km. Der Benziner ist mit 6,2 l / 100 km angegeben, gönnt sich aber natürlich auch gerne noch etwas mehr. Alles in allem muss man sagen, dass man von den Honda-Motoren einen sehr guten Eindruck bekommt.
Leider gibt es den Diesel nicht mit Automatik, nur beim Benziner hat man die Wahl zwischen manuell und automatisch. Das ist aber insofern nicht schlimm, als dass das Getriebe wirklich tadellos funktioniert. Die Gänge gleiten geschmeidig von 1,2,3 über 4,5 und 6.
Kommen wir noch zu den Preisen. Den Einstieg macht der 1.6 Liter Diesel in Basis-Ausstattung „S“ mit 21.550 Euro. Mit dem 1.8 Liter Benziner mit 142 PS und Schaltgetriebe in der Basis-Linie „Comfort“ kostet der Honda Civic Tourer 22.600 Euro. Ab Comfort ist der Tempomat enthalten sowie USB-Anschluss, elektrisch verstellbare Außenspiegel, Multifunktionslenkrad und Radio mit CD.
Die Niveaus bewegen sich weiter nach oben über Sport, Lifestyle und Executive. Letzteres liegt bei 28.775 Euro beim Benziner und 30.075 Euro beim Diesel. Regensensor, Rückfahrkamera, Bluetooth und 17-Zoll-Felgen gibt es schon bei Sport und Lifestyle, Sitzheizung und Sound-System nur ab Lifestyle. Lediglich die Ledersitze kommen erst mit „Executive„.
Fazit: Der Honda Civic Tourer bringt eine frische Abwechslung für die Kombis ins Kompaktsegment. Er bietet, wie wir aufgelistet haben, einige Alleinstellungsmerkmale, die ihn äußerst charaktervoll machen. Somit ist er für Menschen (unter 1,90 m) zu empfehlen, die weg vom Standard wollen – und dabei die cleveren Lösungen genießen.
Und hier eine weitere Sicht der Dinge bei der-auto-blogger.
Autogefühl: ***
Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Honda