Der neue Golf Sportsvan im Test

VW Golf Sportsvan, Foto: Autogefühl

Der äußerst erfolgreiche Golf Plus, von dem allein in Deutschland 500.000 Stück verkauft wurden, hat nun einen Nachfolger bekommen: den Golf Sportsvan. Mit der Umbenennung soll ein Imagewechsel eingeläutet werden, denn der Golf Plus galt doch eher als bieder. Da ist wohl etwas dran, aber in der Tat erfüllt diese Fahrzeugklasse das, was vielerorts noch sverschlafen wird: Mehr Bequemlichkeit, besseres Einsteigen, mehr Raum, mehr Flexibilität. Und als neu designter Golf Sportsvan dürfte die Variante noch attraktiver werden und neue Zielgruppen anlocken. Warum das funktioniert, haben wir bei unser ersten Testfahrt herausgefunden. Von Thomas Majchrzak





Soll der Nachfolger wieder Golf Plus heißen oder doch auch schon vom Namen her sportlicher wirken, das war die Diskussion bei Volkswagen. Einerseits möchte man in Wolfsburg betonen, dass dieses Fahrzeug zur Golf-Familie gehört. Es soll von der Popularität des Golf profitieren und das Auto aus der reinen Van-Ecke holen, die manchmal kein gutes Image hat, weil Vans als leider notwendige Fahrzeuge von „Soccer Mums“ & Co. gelten.

VW Golf Sportsvan, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan an der Côte d’Azur, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan an der Côte d’Azur, Foto: Autogefühl

Dabei braucht der neue Golf Sportsvan eigentlich nicht unbedingt die Rückendeckung des normalen Kompaktwagens. Schon bislang hatte der Golf Plus innerhalb der Golf-Familie einen Anteil von knapp über 20 Prozent, sogar ganz leicht mehr als der Golf Variant (etwas weniger als 20 Prozent). Die restlichen 60 Prozent macht dann der klassische Golf voll.

500.000 verkaufte Golf Plus in Deutschland, sogar 900.000 weltweit – das ist ein Wort. Und mit dem neuen Golf Sportsvan dürfte der Anteil sogar noch zunehmen. Denn der so wichtige Faktor Design passt hier nun auch. Zwar wird ein Fahrzeug dieser Klasse natürlich niemals die Attraktivität eines Sportwagens oder Coupés erreichen, doch für diese Klasse ist der Sportsvan wirklich gelungen. Das, was man an Eleganz und Dynamik herausholen konnte, hat man herausgeholt. Er ist erwachsen geworden. Die Benennung Sportsvan mag also zwar ein Marketingtrick sein, aber er funktioniert.

VW Golf Sportsvan moderne Kubus-Optik an den Scheinwerfern, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan moderne Kubus-Optik an den Scheinwerfern, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan Bi-Color-Felgen lassen die Alus größer aussehen, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan Bi-Color-Felgen lassen die Alus größer aussehen, Foto: Autogefühl

Die spitz nach innen zulaufenden Scheinwerfer, die seitlich auf Höhe der Türgriffe verlaufende Design-Dropping-Line und die Chromeinfassung der Fenster verleihen dem Fahrzeug das nötige Etwas. Dabei ist es auch interessant, wenn man das Seitenprofil des Sportsvan mit dem normalen Golf 7 vergleicht.

Wichtig ist für so einen Kompaktvan natürlich der Innenraum, gerade im Hinblick auf die Zielgruppe Familien. Die Rücksitzbank lässt sich geteilt umklappen – und auch gut 18 cm in Längsrichtung verschieben. So kann man spontan ohne viel Aufwand entweder mehr Platz im Innenraum oder im Kofferraum schaffen. Der Kofferraum beginnt somit bei 500 Liter, wächst auf 590 Liter mit Verschieben und endet beim maximalen Ladevolumen bei umgeklappter Rückback von 1.500 Litern.

VW Golf Sportsvan Cockpit, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan Cockpit, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan Vordersitze, Fahrersitz als ergoActive Sitz, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan Vordersitze, Fahrersitz als ergoActive Sitz, Foto: Autogefühl

„Der Golf Sportsvan ist dabei eher personenorientiert, der Golf Variant eher sachorientiert“, erklärt Torsten Volkmer vom Golf-Produktmarketing. Heißt: Ein Golf Variant bietet als Kombi 20 cm mehr Länge und dadurch mehr Ladefläche. Der Golf Sportsvan hat dagegen einen tendenziell kürzeren Kofferraum (womit die verschiebbare Rückbank auch häufig genutzt werden wird), bietet aber die komfortablere Sitzposition für alle Passagiere.

Auch große Menschen können im Fond wunderbar sitzen, haben genügend Beinfreiheit und auch sogar Kopffreiheit, selbst wenn das Panorama-Schiebedach eingebaut ist. Dieses ist sehr zu empfehlen, lässt es doch Licht in den Innenraum und ist geöffnet bis ungefähr 70 km/h ohne Windgeräusche gut zu benutzen.

VW Golf Sportsvan Fond, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan Fond, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan variable Fond-Sitze zum Vergrößern des Kofferraums oder der Beinfreiheit, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan variable Fond-Sitze zum Vergrößern des Kofferraums oder der Beinfreiheit, Foto: Autogefühl

Der Golf Sportsvan basiert wie alle kompakten Fahrzeuge bei VW auf dem Modularen Querbausten (MQB), somit hat er wie der normale Golf die gleiche Basis. Der „Hut“ jedoch, also alles, was auf dem Kasten aufbaut, ist gänzlich anders. Der Radstand ist gegenüber dem normalen Golf erhöht, was mehr Platz für die Passagiere bietet. „Und wir haben ein komplett eigenständiges Interieur“, sagt der technische Projektleiter Albert Meltzow.

Die Mittelkonsole ist beifahrergerecht nicht dem Fahrer zugewandt, sondern eher neutral mittig ausgerichtet. Die Materialien wirken zumindest in der Top-Ausstattung Highline noch mal deutlich hochwertiger, es kommen viel schwarzer Klavierlack zum Einsatz, Soft-Touch-Kunststoff am Armaturenbrett und viele chromartige Elemente. Wir befinden uns hier nicht im Premium-Segment, aber der Innenraum ist definitiv Premium. Und so möchte Volkswagen auch die Premium-zugewandte Kundschaft für den neuen Sportsvan begeistern. Im Winter steht übrigens auch eine Lenkradheizung auf der Optionsliste, die allerdings nur mit der Sitzheizung zusammen funktioniert.

VW Golf Sportsvan Panorama-Glasdach, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan Panorama-Glasdach, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan Kofferraum, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan Kofferraum, Foto: Autogefühl

Insgeheim freut man sich bei VW, dass Mercedes seine A-Klasse völlig verändert hat und dort die hohe Sitzposition aufgegeben hat. Wer dort nicht zu der deutlich teureren B-Klasse wechselt, mag nun vielleicht den Gang zum VW-Händler in Erwägung ziehen. Der neue BMW Active Tourer ist bei VW dagegen kein Thema, als Nachzügler werden die Bayern in dieser Klasse (noch) nicht beachtet.

Es zeigt aber: Im Segment der Kompakt-Vans, die alle nicht Kompakt-Van heißen möchten, ist mehr Zündstoff, als man landläufig glaubt. Hier geht es um große Verkaufsvolumen, die sich mit der alternden Gesellschaft noch sicher ausbauen werden. Dazu passt auch, dass man in dieser Klasse zahlreiche Assistenzsysteme anbietet, die die Sicherheit erhöhen können.

Ein großer Punkt ist natürlich auch der Sitzkomfort direkt für den Fahrer: im Golf Sportsvan gibt es den so genannten ergoActive-Sitz. Dieser bietet vielfältige Verstellmöglichkeiten und sogar eine Massagefunktion. Die Sitze sind so konzipiert, dass die Beine fast in 90-Grad-Stellung sind und man durch die aufrechte Haltung auf langen Strecken wunderbar unterwegs ist. Im Innern erinnert das eher an ein Sitzgefühl in einem großen SUV. Ist der Sportsvan vielleicht sogar das bessere SUV?

Zahlreiche Assistenzsysteme bieten optional

Schon seit Ende 2013 ist der VW Golf Sportsvan bestellbar, Ende Februar 2014 lief der erste vom Band im Werk Wolfsburg. Damit ist dann wie erwähnt neben dem Golf und dem Golf Variant eine dritte Karosserievariante für die Baureihe Golf VII verfügbar. Der Basispreis des normalen VW Golf liegt übrigens bei 17.175 Euro, der Golf Sportsvan beginnt bei 19.625 Euro. In Großbritannien wird er übrigens Golf SV genannt.

VW Golf Sportsvan, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan, Foto: Autogefühl

Zunächst bietet der Golf Sportsvan vier Benzinmotoren und zwei Dieselmotoren (1.6 und 2.0 TDI) zur Auswahl.

Benziner:
1.2 Liter mit 85 PS oder 110 PS
1.4 Liter mit 125 PS oder 150 PS

Diesel:
1.6 Liter mit 110 PS
2.0 Liter mit 150 PS

Wir haben den zweitstärksten Benziner mit 125 PS getestet und waren insofern angetan vom Motor, als dass er extrem leise ist und für das Fahrzeug eine völlig ausreichende Leistung bietet. In knapp unter 10 Sekunden geht es dabei von 0 auf 100 km/h – und der Testverbrauch lag bei gut 6,5 Litern. Das ist für einen Benziner in Ordnung, wo gerade doch die Volkswagen-Benziner gerne einmal deutlich durstiger sind als offiziell angegeben.

Auffällig zudem war die allgemein sehr ruhige Akustik im Innenraum, offensichtlich spielen hier Luftwiderstand und Isolation gut zusammen, trotz der scheinbar nicht so aerodynamischen Form. Wir haben bisher wahrscheinlich noch kein klassisches Verbrenner-Auto getestet, was so ruhig und leise fährt.

Später kommen übrigens weitere Motoren-Möglichkeiten hinzu, etwa gen Sommer der auf dem Genfer Autosalon vorgestellte Golf Sportsvan TDI BlueMotion, der auf Verbrauchseffizienz getrimmt ist.

VW Golf Sportsvan Badge an der Côte d’Azur, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan Badge an der Côte d’Azur, Foto: Autogefühl

Golf Sportsvan Ausstattungsvarianten

Grundsätzlich gibt es drei Ausstattungsniveaus: Trendline, Comfortline und Highline.

Trendline bietet unter anderem: Klimaanlage, Gepäckraumboden höheneinstell- und herausnehmbar

Comfortline (+ ca. 2.000 Euro Aufpreis) zusätzlich: Einparkhilfe akustisch vorne und hinten, Komfortsitze vorn, höherwertiges Radiosystem, 16-Zoll-Aluräder

Highline (+ ca. 4.500 Euro gegenüber Comfortline) zusätzlich: Xenon-Scheinwerfer, Nebelscheinwerfer, Abbiegelicht, erweiterte Komfortsitze vorn; Ambientebeleuchtung; Klimaanlage „Climatronic“ (also digital und separat zu regeln), Winterpaket

VW Golf Sportsvan, Foto: Autogefühl
VW Golf Sportsvan, Foto: Autogefühl

Fazit: Mit dem Golf Sportsvan ist Volkswagen ein großer Wurf gelungen. Eigentlich ist der Sportsvan „Das Auto“, wie man bei VW so schön sagt, noch viel mehr als der klassische Golf. Denn mit dem Sportsvan kann eigentlich jeder etwas anfangen. Jeder passt hinein, jeder kann komfortabel fahren, alle können mitfahren und man kann alles damit transportieren. Wohl kaum ein anderes Auto bietet so viel Vielseitigkeit bei begrenzten Außenmaßen. Für die Fahrzeugklasse ist der Sportsvan auch schick geworden, obwohl er bauartbedingt sicher nie in höhere Emotionalitäts-Sphären aufsteigen wird. Dennoch ist das Konzept aufgegangen: Die Zielgruppe wird sich erweitern. Zwar wird sie aufgrund der demographischen Entwicklung nicht insgesamt jünger, aber es werden sicher mehr jüngere Käufer hinzukommen.

Autogefühl: ****

Text & Fotos: Autogefühl, Thomas Majchrzak