Neuer Smart fortwo oder Smart forfour?

Der neue Smart fortwo sorgt wieder für Furore auf Deutschlands Straßen, denn seit seiner allerersten Einführung hat er sich in der nun neuen Generation radikal geändert. Dasselbe gilt für den neuen Smart forfour. Zum ersten Mal sind sich die beiden Fahrzeuge sehr ähnlich, wie unser Testbericht zeigt. Von Thomas Majchrzak

Smart fortwo

Bereits über 1,5 Millionen Smart fortwo wurden im Smart Werk in Hambach, Frankreich, gebaut. Die erste Generation lief von 1998 bis 2007, die zweite von 2007 bis 2014 – und nun folglich die dritte. In den letzten Jahren war der Umsatz recht stabil – mit rund 100.000 Einheiten pro Jahr weltweit.

Exterieur

Beginnen wir mit dem Äußeren: Der bisherige Smart fortwo verfolgt das Design-Konzept der „one box“, also ein Seitenprofil ohne eine separate Motorhaube. Der komplett neue Smart fortwo folgt dem Konzept des „One and a half box“, so zeigt er eine kleine Motorhaube vorne. Dadurch sieht der Smart fortwo ein wenig mehr „normal“ aus und eben wie andere Autos. Aber es gibt auch Vorteile, zum Beispiel unterstützt diese Bauweise die modernen Anforderungen an den Fußgängerschutz. Trotzdem verliert der fortwo damit seine bisher einzigartige Form.

Die gesamte Design-Diskussion ist sehr polarisierend: Nach unseren Weltpremiere-Videos gab es eine Menge negatives Feedback, wie hässlich denn der neue Smart fortwo sei. Doch es gibt auch neue Liebhaber. Im Allgemeinen denken wir, der neue Smart fortwo 2015 sieht weniger europäisch aus und neigt mehr zu einem asiatischen Design. Aber wie wir aus Hintergrundinformationen wissen, hatte das Smart-Design-Studio in Deutschland den Zuschlag erhalten. Und die Smart Designer behaupten, sie würden nicht gezielt einen Markt ins Auge fassen, das Auto soll auf jedem Markt funktionieren.

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Zum ersten Mal erhielt der Smart fortwo muskulöse Schultern. Das Wachstum von etwa 10 cm in der Breite sorgt dafür, dass er etwas kräftiger auf der Straße steht. Die Gesamtbreite beträgt 1,66 m, die Länge bleibt bei 2,69 m.

Da Fahrzeugfarbe und Farbe der Sicherheitszelle separat gewählt werden können, ergeben sich insgesamt 40 Farbkombinationen. Unser Testfahrzeug ist die Edition1, die Sonderedition zum Launch mit Preisvorteil. Auch später kann man sich den Smart so zusammenstellen, nur kommt die Kombination dann etwas teurer.

Interieur

Passion, Proxy und Prime: Im Innenraum kann man zwischen drei Ausstattungsvarianten wählen. Zunächst gibt es ein Basismodell ohne Namen.

Dann gibt es die Passion Variante, die mit 15-Zoll-Aluminiumfelgen, einem schwarzen Kühlergrill, orangefarbenem Stoff auf den Sitzen und schwarzem Stoff auf Instrumententafel und Türinnenseiten kommt. Geschickt versteckt der orangefarbene Stoff die schwarzen Plastikflächen am Armaturenbrett. Dies ist eine gute Möglichkeit, den Innenraum hochwertiger zu gestalten, ohne allzu viel Kosten oder gar Leder aufzuwenden. Natürlich muss einem die Farbe gefallen.

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Proxy gilt als die ausdrucksstärkste Variante und kommt mit schwarz lackierten 16-Zoll-Aluminiumfelgen und einem blau-weißen Schema im Innenraum. Die Außenseiten der Sitze sind aus weißem Kunstleder, die Innenseiten aus blauem Stoff. Diese Variante hellt den Innenraum deutlich auf und ist mit Sicherheit diejenige mit dem größten Wow-Effekt. Das Kunstleder ist allerdings teilweise nicht premium-alike verarbeitet, so wirft es an manchen Verarbeitungs-Stellen Falten.

Prime ist der Name der teuersten Option und bietet Voll-Ledersitze in Schwarz mit weißen Kontrastnähten, außen aber „nur“ 15-Zoll-Aluminiumfelgen. Die Kosten entstehen durch die Ledersitze, vom Stil her ist diese Variante aber allgemein eher nüchtern.

In allen Ausstattungsvarianten wird großer Wert aufs Interieur gelegt. Tempomat ist serienmäßig, optional können ein Multifunktions-Lederlenkrad, ein 3,5-Zoll-Farbdisplay und eine Sitzheizung dazu kommen – oder das JBL-Soundsystem mit acht Lautsprechern. Der Smart fortwo bietet zudem eine Smartphone-Integration ähnliche wie das connect.me bereits von Mercedes.

Das optionale Navigationssystem kann in unserem Test nicht überzeugen. Es zeigt mal die falsche Position an oder weist den Weg nicht rechtzeitig, insgesamt gibt es sicher bessere Systeme – aber auch schlechtere. Immerhin sind die Reaktionszeiten durchaus akzeptabel.

Positiv fällt die einfallsreiche Klima-Einheit auf. Die Hochglanz-Knöpfe erscheinen mit einer roten Licht-Umrandung, sobald sie aktiviert sind. So kann man immer gut sehen, was gerade aktiviert ist – etwa Lüftung auf die Füße oder auf den Kopf. Als zweites Highlight ist der Temperatur-Regler als kleine Lupe entworfen, so dass in der Mitte jeweils größer die derzeitige Ziel-Temperatur angezeigt wird.

Motoren

Der Smart fortwo ist Hinterrad angetrieben und kommt mit einem Dreizylinder-Benzinmotor mit 1 Liter Hubraum, wahlweise mit 60, 71 oder 90 PS. Die kleineren sind Saugermotoren, der mit 90 PS hat einen Turbo und macht bis zu 135 Nm Drehmoment. Entweder kann man ein Fünfgang-Schaltgetriebe wählen oder ein Doppelkupplungsgetriebe – selten in dieser Fahrzeugklasse. Damit ist die ungeliebte Halbautomatik passé.

Der 60-PS-Motor ist noch nicht sofort verfügbar, sondern kommt erst später. Wir testen zunächst den 90 PS Turbo, der für ein Fahrzeug dieser Gewichtsklasse kein Drehmoment vermissen lässt. Diesen Motor sollte man auf jeden Fall nehmen, wenn es häufiger auf die Autobahn geht. Denn dort kann er auch mal von 80 auf 120 km/h beschleunigen. Damit haben die Sauger-Motoren eher Probleme. Mit denen sollte man eher nur in der Stadt bleiben. Der Sound ist irgendwie Smart-typisch, es röhrt irgendwie, ohne sich aber allzu billig anzuhören.

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Fahrverhalten

Wir testen einen neuen Smart fortwo mit Sport-Paket, bei dem Fahrwerk und Lenkung etwas straffer gestaltet sind. Auf das straffere Fahrwerk können wir getrost verzichten. Das braucht keiner in einem Stadtauto. Die direktere Lenkung ist dagegen recht erfreulich. Denn ohne das Sportpaket federt der Smart zwar besser ab, doch fühlt sich die Lenkung völlig künstlich und tot an.

Der Smart fortwo macht durch seine kompakten Abmessungen trotzdem viel Freude in der Stadt. Es macht Spaß, um die Ecken zu kurven und die Agilität des Wagens auszunutzen. Das Schaltgetriebe leistet kaum Widerstand beim Schalten, so dass man auch kein Problem mit der manuellen Gangschaltung hat.

Menschen über 1,80 m werden langfristig nicht glücklich mit dem Smart. Zwar ist die Sitzauflage in Ordnung, doch bleibt nicht viel Platz für die gebeugten Knie. Der Kopfraum reicht auch für 1,95 m, doch der Sitzkomfort auf Langstrecken ist eingeschränkt. Der Smart fortwo ist ein Auto für die kurzen Wege.

Einer der größten Vorteile des Smart fortwo ist natürlich der Wendekreis – der weiter reduziert wurde. Nun liegt er bei knapp unter 7 Metern. Dies wird durch einen großen Lenkwinkel und der kurzen Länge ermöglicht.

Crashtests

Daimler hat einen Crashtest Smart fortwo vs Mercedes S-Klasse vollzogen, um das Sicherheitsgefühl zu stärken. So zeigte der Test, dass die Kräfte, die vorne auf das Fahrzeug einwirken, auch im hinteren Ende des Fahrzeugkörpers abgefangen werden. Die Kräfte werden über die Tridion-Zelle nach hinten weitergetragen und können dort abgebaut werden. So lässt sich im gecrashten Smart fortwo sogar noch die Tür öffnen. Lediglich die Front war eingebeult, so ab der Sicherheitszelle sah der fortwo erstaunlich heile aus. In Serie kommt der Smart fortwo 2015 mit einem vorderen Fahrer und Beifahrer-Airbag sowie mit einem Knie-Airbag für den Fahrer.

Smart forfour

Zusammen mit dem komplett neuen Smart fortwo kommt auch der neue Smart forfour auf den Markt. Zum ersten Mal stehen die beiden Autos auf der gleichen Plattform. Jetzt gibt es zudem die neue Kooperation mit Renault – so ist der neue Renault Twingo zu drei Vierteln technisch identisch mit dem Smart forfour. Es wird gesagt, dass Renault mehr Vorteile aus der Zusammenarbeit zieht. Und tatsächlich ist auch die Anmutung ziemlich identisch, so dass es mehr eine Frage des Designs und das Images ist, ob man den Smart forfour oder den Renault Twingo nimmt.

Der Smart forfour der erste Generation wurde nur zwei Jahre lang verkauft. Aber unter den Kunden war es ein sehr beliebtes Auto, mit einem großen Panorama-Glasdach, sehr guter Sicherheitsausstattung und einen akzeptablen Verbrauch. Damals war der Kooperationspartner Mitsubishi mit dem Mitsubishi Colt.

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Im Grunde genommen kann man sagen, dass aufgrund der Kooperation mit Renault der forfour nun die Ausgangs-Basis ist und der fortwo nur gekürzt, anstatt dass der fortwo verlängert wurde. Aus Sicht des Herstellers ist natürlich jedes Fahrzeug völlig eigenständig und einzigartig, aber diese Sichtweise kann man ja auch verstehen.

Exterieur

Der Smart forfour ist mit dem fortwo von vorne identisch, ebenso am Heck. Der Unterschied wird nur im Seitenprofil deutlich, die 80 cm mehr Länge äußern sich da natürlich. Wir finden, das Design steht dem forfour nicht. Der neue fortwo muss nicht jedem gefallen, aber das gesamte Designkonzept wirkt stimmig. Der forfour dagegen wirkt unharmonisch, wahrscheinlich, weil eine so kurze Motorhaube bei einem Kleinwagen ungewöhnlich aussieht.

Interieur

Wie beim Smart fortwo sind die trimm levels in „gar nichts“, Passion, Proxy und Prime unterteilt. Und auch die Sitzposition ist identisch. Man kann lediglich mit den Sitzen weiter nach hinten fahren. Das bringt dem Fahrer nichts, weil dieser ohnehin nicht so weit weg vom Lenkrad sitzen kann. Doch für den Beifahrer ist das sehr angenehm. So kann dieser weit nach hinten fahren und hat massig Platz. Im Vergleich zu einem anderen Kleinwagen ist die Sitzposition aber nicht überzeugend. In der Tat müssen wir sagen, dass sich der alte Smart forfour viel mehr als komplettes Auto anfühlte und auch deutlich bequemer war.

Sehr nützlich sind im Fond die um fast 90 Grad zu öffnenden Türen – das ermöglicht einen bequemen Einstieg und auch das einfache Einladen von hohen Gegenständen – etwa wenn man einen Flatscreen kauft und diesen seitlich in den Fußraum schiebt.

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Die Sitzposition im Fond lässt dagegen zu wünschen übrig. Als Erwachsener hat man das Gefühl, als steige man in ein Comic-Auto. Die Rücksitze sind also eindeutig nur für Kinder geeignet – oder für kurze Strecken, auf denen der Komfort keine Rolle spielt.

Die Motoren sind ebenfalls dieselben wie beim fortwo: 3-Zylinder-1-Liter-Benzinmotoren mit 60, 71 oder 90 PS, wobei hier zunächst nur der 71 PS Motor eingeführt wird zum Marktstart. Und so bekommt der Smart forfour erstmals auch das Konzept des Heckantriebs. Die Motoren sind ebenfalls entweder mit einem Fünfgang-Schaltgetriebe oder einem Doppelkupplungsgetriebe verbunden.

Der Kofferraum ist auf dem Papier kleiner als beim fortwo, aber effektiv genau so nutzbar. Viel besser ist das Platzangebot dann natürlich, sobald die Sitze umgeklappt werden. Dann offenbart der Smart forfour seine Stärke: Man kann ihn für alles benutzen. Ist der Beifahrersitz auch noch umgeklappt, kann man sogar Surfboards einladen. Oder eben mal ein Fahrrad hingelegt mitnehmen.

Smart forfour Zahlen & Fakten

Länge (m) 3,49
Breite (m) 1,66
Höhe (m) 1,55
Radstand (mm) 2.494
Wendekreis (Bordstein zu Bordstein) (m) 8,65
Kofferraumvolumen (hinter den Vordersitzen bis zum Dach) (L) 975

Fahrverhalten

Der Wendekreis von unter 9 Metern ist ebenfalls sehr beachtlich, auch wenn dieser natürlich 2 Meter größer ist als beim fortwo. Trotzdem bleibt der Smart forfour eines der wendigsten Fahrzeuge seiner Klasse. Das macht Freude in der Stadt. Einparken ist hier ebenfalls kinderleicht.

Beim Fahren merkt man schon, dass man hinter sich mehr Auto bewegt. Gleichzeitig ändert sich die Akustik, unser Meinung nach zum Positiven. Denn besonders leise ist es in den Smarts nicht. Die Isolation lässt zu wünschen übrig.

Gerade für den Beifahrer ist es deutlich bequemer, im forfour zu reisen als im fortwo. Durch den längeren Radstand liegt er auch ruhiger auf der Straße, das hilft immer dem Geradeauslauf.

Fazit: Smart fortwo oder Smart forfour? Der Smart forfour könnte den Smart fortwo ein wenig kannibalisieren, etwa wenn bisherige fortwo Kunden für einen kleinen 600-Euro-Aufpreis mehr auch ihre Kinder im Auto mitnehmen können. Im Vergleich bietet der Smart forfour das deutlich bessere Angebot. Eigentlich spricht alles für den forfour – bis auf die Parkplatzfläche. Wer extreme Parkplatzprobleme hat, der wird weiterhin mit dem fortwo glücklich.

Ansonsten bleibt die Frage, warum man einen forfour wählen sollte, wenn es doch den günstigeren und in manchen Augen sogar schöneren Renault Twingo gibt. So ein großes Premium-Feeling kommt beim Smart nicht auf. Wenn ein Logo eines asiatischen Herstellers vorne dran kleben würde, keiner würde es merken. Zudem ist der Smart forfour gegenüber dem Vorgänger eher ein Rückschritt: Der Vorgänger und Mitsubishi-Colt-Zwilling war ein echter vollwertiger Kleinwagen, dem neuen Smart forfour fehlt nicht nur das Panorama-Glasdach, das man öffnen kann (nur zum Rausschauen erhältlich), sondern auch eine verschiebbare Rückbank und ein Kofferraum, in dem man temperatur-empfindliche Dinge transportieren kann.

Trotzdem bietet fortwo und forfour einen hohen Spaßfaktor, alles sieht irgendwie spielerisch aus und fühlt sich auch so an. Design-verliebte werden sich weiterhin für fortwo und forfour begeistern können. Die nächsten Monate werden zeigen, wie die bisherigen Haupt-Märkte reagieren. Die wichtigsten Märkte für den Smart fortwo sind bisher Italien und Deutschland, und tatsächlich ist Rom die wichtigste Stadt für den kleinen Kerl. Rein nüchtern betrachtet muss man aber sagen, dass Daimler mit den beiden neuen Fahrzeugen kein großer Wurf gelungen ist.

Autogefühl: **

Text & Fotos: Autogefühl, Thomas Majchrzak

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