Neuer Kia Niro Hybrid Testbericht

Auf der Genfer Motorshow 2016 hatte Kia die Produktionsversion des neuen Kia Niro präsentiert, nun kommt er in den Handel. Der SUV-Crossover kommt dabei zunächst mit einem eingebauten Hybrid-System auf den Markt, 2017 folgt der Plugin-Hybrid. Der Kia Niro soll laut Hersteller Charakter und Nachhaltigkeit vereinen. Wir wollten herausfinden, ob das funktioniert. Von Thomas Majchrzak

Rein preislich beginnt der Kia Niro (4,36 m) in der Basisvariante Edition7 bei 25.000 Euro. Die höheren Ausstattungslinien heißen Vision und Spirit (Österreich: Silber/Gold), die Vollausstattung liegt dann bei gut 35.000 Euro.

Grundsätzlich sucht sich der Kia Niro als Crossover-Hybrid eine neue Nische, Konkurrenz käme einmal hausintern vom Technologie-Bruder Hyundai Ioniq (4,47 m), den es als Hybrid, Plugin-Hybrid und reines Elektroauto gibt, der aber kein Crossover ist. Ebenso der Toyota Prius. Und dann wäre da noch der Toyota RAV4 Hybrid als SUV, der aber 21,5 cm länger als der Niro ist und preislich höher liegt ab ca. 32.000 Euro. Und rein markenintern gibt es noch das Kia Soul Elektroauto, das 22 cm kürzer ist. Der Soul ist auch der Grund, weshalb es den Niro wohl nicht als komplettes Elektroauto geben wird, auch wenn dies technologisch möglich wäre.




Exterieur

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Eine robuste Front, aggressiv wirkende Leuchten, die einen an eine Raubkatze erinnern, und große Lufteinlässe lassen den Kia Niro nicht nur modern, sondern wettbewerbsfähig wirken. Daher steckt moderne Strömungswert-Technologie dahinter. So sind die unteren Lufteinlässe mit einer Luftklappensteuerung versehen, so dass diese sich nur öffnen, wenn tatsächlich eine Kühlung benötigt wird. Ansonsten bleiben die Klappen geschlossen und optimieren den Windwiderstand. Die seitlichen Lufteinlässe vorne leiten die Luft günstiger an die Radkästen, als wenn die Luft sich komplett den Weg herum suchen müsste. Serienmäßig ist ebenfalls ein LED-Tagfahrlicht dabei.

Die Seite ist wie auch bei der Crossover-Konkurrenz eher unspektakulär gehalten, lediglich erhält sie Struktur durch eine Einkerbung in den Türen. Serienmäßig kommt der Koreaner mit 16-Zoll-Felgen auf den Markt, dann mit Leichtlaufreifen mit geringem Rollwiderstand. Die 18-Zoll-Felgen dagegen haben eine breite Auflagefläche, einen höheren Rollwiderstand und sind für eine sportliche Fahrweise ausgelegt. Der Verbrauchsunterschied soll 0,6 l / 100 km betragen.

Das Heck wird durch kastenförmige LED-Rückleuchten gekennzeichnet, die in 3D-Manier herausgestellt sind. Ein kontrastierender Spoiler in Schwarz kommt besonders zur Geltung, wenn man eine helle Farbe wählt. Während die neue Generation des Kia Sportage gewachsen ist, wirkt der neue Kia Niro wie ein kleiner Bruder des Sportage, nur eben mit Elektro-Technik unter der Haube.

Interieur

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Im Interieur finden wir, wie bei allen neuen Kia-Modellen, eine sehr gute Verarbeitungsqualität sowie vergleichsweise große Knöpfe und intuitive Anordnungen. Hier hat sich bei Kia gerade in jüngster Zeit viel getan. Wir finden sogar eine bessere Verarbeitungsqualität als in manchen Fahrzeugen der Premium-Klasse. So sind die meisten Kunststoff-Oberflächen aufgeschäumt, so dass sich ein Soft Touch ergibt. Alle Schalter wirken hochwertig, Türgriffe & Co. sind galvanisiert. Hochglanz-Flächen schaffen ein modernes Ambiente. Die weiße Version ist allerdings vorerst nicht in Deutschland bestellbar, unsere Fotos zeigen ein Fahrzeug, das so in diesem Style z.B. in Frankreich zu bestellen wäre. Deutschland erhält hier zunächst nur graue und schwarze Hochglanzflächen. Das Infotainment-System punktet mit kurzen Reaktionszeiten und alle Funktionen sind auf den ersten Blick sofort erkannt, ein Auto, das man nicht erst “lernen” muss. Die Smartphone-Verbindung erfolgt über Bluetooth oder eine Spiegelung wie Android Auto. Zum Aufladen gibt es eine Buchse, die die Verbindung herstellt und eine zweite Buchse unterhalb der Armlehne, die nur zum Laden vorgesehen ist – damit man im Bluetooth-Modus auf Wunsch die Verbindung nicht durch eine USB-Verknüpfung aussetzt.

Die Sitzposition ist Crossover-gemäß aufrecht und angenehm auch für große Menschen. Im Fond bleibt, trotz der relativen Kürze des Fahrzeugs, genügend Kniefreiheit, auch noch für 1,90 m. Auch über dem Kopf bleibt dann noch Platz, insgesamt ein sehr gutes Package. Selten hat man auf dieser Länge so viel Platz.

Schauen wir uns die Unterschiede in den Ausstattungsvarianten an:

In der Edition7 sind die Sitze mit Stoff bezogen, man erhält zudem direkt einige Features wie 2-Zonen-Klimaautomatik oder Tempomat.

Ab Vision finden wir Sitze in der Kombination Stoff/Leder, leider ist der Anteil Echtleder für ein nachhaltiges Auto mit Hybrid-Technik der falsche Ansatz, glücklicherweise aber wohl der einzige echte Kritikpunkt an diesem Auto. Vision enthält dann auch das Navigationssystem mit Rückfahrkamera und WiFi-Funktion sowie eine Sitzheizung. Sein Smartphone kann man bspw. via Android Auto ebenfalls in dieser Ausstattungsvariante verbinden.

Die Top-Variante Spirit kommt dann mit voller Tierhaut auf den Sitzen, einer wireless charging Funktion für Mobiltelefone und Front-Parksensoren. Das Highlight stellt das JBL Soundsystem dar.

Im Hinblick auf Stauraum passen 427 Liter in den Kofferraum und bei umgeklappter Rückbank 1.425 Liter. Die Rückbank lässt sich im Übrigen nach einer 60 zu 40 Vorlage umklappen und das auch relativ einfach zugänglich sowohl von der Fahrerkabine als auch vom Kofferraum aus. Die Ladekante ist niedrig und die grundsätzlichen Abmessungen versprechen eine einfache Zuladung.

Motoren

Kia setzt bei den Motoren auf den Benzin/Elektro-Hybridantrieb des Hyundai Ioniq. Ebenfalls soll in Zukunft auch ein Plug-In-Hybrid auf den Markt gebracht werden. Die Spezifikationen für den bisher erhältlichen Inbuilt-Hybrid sehen wie folgt aus:

4-Zylinder, 1.6 l Hubraum
105 PS (Verbrenner, Sauger¬) und 44 PS (Elektromotor)
Vorderradantrieb
6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
0-100 km/h in 11,5 Sekunden
Verbrauch
4,4 l/100 km (kombiniert, offizielle Angabe mit 18-Zoll-Rädern)
3,8 l/100 km (kombiniert, offizielle Angabe mit 16-Zoll-Rädern)

Fahrverhalten

Beim eingebauten Hybrid geht es nicht darum, rein elektrisch zu fahren, das reicht nur für rein rechnerisch zwei Kilometer. Vielmehr soll man die ersten und letzten Kilometer vor der Haustür elektrisch fahren können oder im Stau vermeiden, dass der Motor immer an und ausgeht oder im Leerlauf einfach durchdreht. So kann man nämlich auch Emissionen vermeiden und den Verbrauch senken. Der Kia Niro hat auf der linken Seite der Instrumente eine separate Anzeige für den Ladestatus der Batterie. Hier sieht man auch, wenn rekuperiert wird, also wenn man den Fuß vom Gas nimmt und Energie eingespeist wird. Das kleine grüne EV-Symbol (Electriv Vehicle) zeigt an, wann man rein elektrisch fährt. Das passiert immer, wenn man ausrollt und bergabfährt, oder wenn man langsam anfährt. Die Übergänge werden reibungsfrei von Steuereinheit und Doppelkupplungsgetriebe übernommen. Auch wenn nur der Benziner aktiv ist, bleibt der Kia Niro erstaunlich ruhig. Niedrig bleibt auch der Verbrauch, wir erzielen mit den 16-Zoll-Rädern den offiziellen Verbrauch der 18-Zoll-Variante, 4,4 l / 100 km. Angesichts dieses tollen Ergebnisses sehen wir gerne über die Rädergröße hinweg.

Die Lenkung ist angenehm direkt, das Fahrwerk zeigt sich durchweg unaufgeregt. Der Kia Niro hat ein neutrales Setup, geht also in keine bestimmte Ausrichtung. Zusammen mit der aufrechten Sitzposition ergibt sich aber auch für große Menschen ein entspanntes Fahrgefühl – gerade, wenn man lautlos unterwegs ist.

Als spezielles Feature zum Spritsparen ist eine Bergauffahrerkennung verfügbar, allerdings nur, wenn man ein Auto mit Navi geordert hat und dann auch nur, wenn eine Route aktiviert ist. Letzteres kann der Wettbewerb schon besser, bei Audi und Porsche funktioniert der prädiktive Effizienzassistent mit GPS und Kamera auch, wenn keine Navi-Route eingestellt ist. Dafür ist dieses System aber auch bedeutend teurer.

Adaptiver Tempomat ACC und autonomes Notbremssystem (AEB) sind erst ab dem mittleren Ausstattungsniveau inkludiert. Den AEB sollte Kia von vornherein mit inkludieren. Der AEB besitzt unter anderem auch eine Fußgänger-Erkennung.

Wer mit dem Kia Niro übrigens einen Anhänger ziehen möchte, findet hier eine größere Anhängelast als bei anderen Hybridfahrzeugen. 1.300 kg ist die maximale Anhängelast, allerdings nur mit einem optionalen Paket.

Abmessungen

Länge: 4,36 m
Breite: 1,81 m
Höhe: 1,54 m und 1.55 m (mit Dachreling)
Radstand: 2,70 m

Fazit: Der Kia Niro sucht sich seine eigene Nische als kompakter Hybrid-Crossover, ein ganz spannendes Konzept. Das Platzangebot ist vorne, hinten und im Kofferraum angesichts der geringen Länge richtig gut. Die Verarbeitung ist Spitze und kann mit Premium-Vehikeln locker mithalten. Das Hybrid-Konzept funktioniert auch schon in der Inbuilt-Variante, selten haben wir mit einem Verbrenner so wenig Sprit verbraucht. Der Kia Niro zählt angesichts des erreichbaren Preises und des Gesamtkonzepts zu einer der überzeugendsten Neuvorstellungen in diesem Jahr.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos & Video: Autogefühl, Michel Weigel