Jaguar Sportwagen alt & neu beim Oldtimer-Grand-Prix

Beim 44. AvD Oldtimer-Grand-Prix trafen wieder tausende Rennsport-Enthusiasten zusammen, die die Leidenschaft für historische Fahrzeuge teilen. Insbesondere bei Jaguar konnte man mit der Classic Challenge und mit den zahlreichen Ausstellungs-Modellen sehen, wie sich die Entwicklung der Sportwagen für Rennstrecke und Straße gestaltet – von frühen Erfolgen in Le Mans über den aktuellen F-TYPE SVR bis zum Formel E Auto. Von Thomas Majchrzak

Was macht das Image einer Marke aus? Natürlich die Attraktivität und Qualität der aktuellen Produkte, aber auch die Vergangenheit, das Erbe. Jaguar schöpft da aus einer Geschichte von Rennerfolgen, zu einer Zeit, zu der eben diese in der Mainstream-Meinung noch viel wichtiger waren. Win on Sunday, sell on Monday, hieß es damals. Heutzutage sind Rennsporterfolge dagegen kaum messbar, wenn man an den Vertrieb denkt. Trotzdem profitiert Jaguar noch heute von den historischen Rennfahrzeugen, denn durch diese Entwicklungen wurden Legenden und Werte geschaffen.

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Mit dem Jaguar XK120C, C für Competition, also den Renneinsatz, landete Jaguar den ersten großen Erfolg bei den 24 Stunden von Le Mans, 1951. Dabei war der XK, dessen Namen noch lange weiter benutzt werden sollte, auch schon auf der Straße eines der schnellsten Fahrzeuge seiner Zeit. Von 1948 bis 1954 wurde der XK120 gebaut, und mit seinem 3,4 Liter 6-Zylinder mit 160 PS kam er auf Geschwindigkeiten von gut 200 km/h, was damals kaum ein anderes Fahrzeug erreichte. Abgelöst wurde er schließlich vom XK140.

Jaguar XK120 im Renneinsatz, unrestauriert und restauriert
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JaguarXK120_unrestauriert

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Auf Basis des XK120C feilte Jaguar an einem neuen Rennwagen, der übrigens, was damals nicht ungewöhnlich war, immer noch eine Straßenzulassung erhalten konnte. 1953 gelang es dem Jaguar-Team, erneut in Le Mans erfolgreich zu sein, dann mit dem C-Type, der auf gut 200 PS getuned wurde und über 230 km/h schnell war. 1954 wurde die Produktion nach 53 Exemplaren eingestellt.

Jaguar C-Type
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Der markante Nachfolger war dann der Jaguar D-Type, der schon von weitem an der Heckflosse zu erkennen ist. Mit seinen nun über 250 PS erreichte der D-Type gleich drei Le Mans Siege in Folge, 1955, 1956 und 1957. Zunächst mit dem Jaguar Werksteam, dann zweimal mit der Ecurie Ecosse.

Jaguar D-Type in Le Mans
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Norman Dewis hat als Testfahrer und Ingenieur die Rennfahrzeuge maßgeblich mitentwickelt. Er war an der Entwicklung so ziemlich aller bekannter Jaguar-Modelle beteiligt, zuletzt noch am XJ40 (bis 1994).

Norman Dewis im D-Type 1955 und heute
Norman Dewis Long Nose D-type MIRA 1955 JC1980

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1966 oder 1967 wollte Jaguar eigentlich wieder in Le Mans antreten, und zwar mit einem neuen V12 im XJ13, einem Einzelstück. Die neue Dachorganisation British Motor Holdings lehnt jedoch das Rennsportengagement weitgehend ab, zudem waren die Ford GT Fahrzeuge dominierend. Also wurde der Plan verworfen. Beim Dreh 1971 für einen Werbeclip des neuen E-Type V12 wurde der XJ13 als spannendes Element eingesetzt. Norman Dewis fuhr den Boliden, allerdings löste sich die Magnesium-Felge bei der Fahrt auf und der Wagen verunglückte. Obwohl man damals noch keine Anschnallgurte hatte und sich der XJ13 mehrfach überschlug, blieb Norman Dewis zum Glück unverletzt. „Ich habe mich gewundert, dass mir niemand zu Hilfe kam“, erzählt Norman Dewis, der eigenhändig aus dem Fahrzeug aussteigen konnte. Er ging zurück zur restlichen Crew und fragte entsetzt, warum ihn niemand geholfen hätte. „Wir dachten, du hättest den Wagen abgestellt, weil der Sprit ausgegangen ist“, entgegneten ihm die Kollegen. Eine Situation, über die Norman Dewis glücklicherweise heute lachen kann.

Später wurde der XJ13 restauriert, er dient heute als unbezahlbares Ausstellungsstück.

Norman Dewis und der XJ13, der Unfall und das wieder aufbereitete Unikat
1971 MIRA XJ-13 Norman Dewis #13A

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Jaguar XJ13

JaguarXJ13

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Die historischen Rennfahrzeuge erfreuen sich heute immer größerer Beliebtheit, und manche Enthusiasten möchten ihre Leidenschaft auch auf der Rennstrecke ausleben. So wurde die Jaguar Classic Challenge geboren, in der C-Type, D-Type, Mark I und Mark II sowie E-Type vor 1966 teilnehmen können. Wer glaubt, dass die sündhaft teuren Oldtimer zaghaft bewegt werden, der irrt. Rennen gab es bereits in Donington Park und in Le Mans, nun am Nürburgring. Für 700 Pfund Startgeld ist man dabei. Wobei das angesichts der bewegten Werte kaum ins Gewicht fällt.

Jaguar Classic Challenge
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Übrigens gewann Jaguar noch zweimal mehr die 24 Stunden von Le Mans, 1988 im XJR-9 und 1990 im XJR-12. Die XJR-Prototypen waren sich optisch weitgehend ähnlich, der 12er wurde dann dem Namen nach dem eingesetzten V12 Motor gerecht.

Jaguar XJR-9
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Für Furore sorgte später der Jaguar XJ220, der von 1992 bis 1994 ganze 275 Mal gebaut wurde. Dabei hatte sich eine Gruppe von Jaguar-Ingenieuren der Konstruktion des XJR-9 bedient und nach Feierabend selbstständig an diesem Projekt gearbeitet, bis es auch in der Chefetage Anklang fand. Der XJ220 erhielt schließlich einen 3,5 Liter V6 mit 549 PS, der bei Testfahrten gut 350 km/h erreichte. Eigentlich hatte der XJ220 auch 1993 in Le Mans gewonnen, die Fahrzeuge wurden allerdings nachträglich wegen fehlenden Katalysators disqualifiziert. Im Autorennspiel Need for Speed II fand der Jaguar XJ220 Eingang in die Populärkultur.

Jaguar XJ220
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JaguarXJ220_silber

Nachdem die Jaguar XK Serie zumindest zwischenzeitlich eingestellt ist und der PS-stärkste Jaguar XK-RS passé, ist der neue Jaguar F-Type SVR mit 575 PS der stärkste und schnellste Jaguar-Sportwagen. Mit Handling und Leistung könnte er locker mit den reinen ehemaligen Rennsport-Fahrzeugen mithalten, nur ist er durchaus auch komfortabel auf der Straße zu fahren. In vielen Design-Elementen spannt er einen Bogen von der Vergangenheit zur Gegenwart.

Jaguar F-Type SVR
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Was hält die Zukunft bereit? Künftige Jaguar-Sportwagen werden vermutlich auch mit Elektro-Antrieb versehen, so lässt sich zumindest das Engagement in der Formel E erklären. Denn während die Fahrzeuge dort (noch) weitgehend einheitlich gestaltet sind, werden Motor und Getriebe vom eigenen Jaguar-Rennteam entwickelt, und künftig vielleicht sogar noch mehr. So will sich Jaguar auch im Elektro-Rennsport mehr Expertise holen, von der letztlich dann auch Straßenversionen profitieren könnten.

Jaguar Formel E Renner

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Produktion: Autogefühl, Michel Weigel & Thomas Majchrzak
Historische Fotos: Jaguar