Der BMW 5er feiert in diesem Jahr das Debüt seiner bereits siebten Generation (G30). Welche Änderungen die Bayrischen Motorenwerke vorgenommen haben und wie sportlich sich der neue 5er fährt, zeigt unser Testbericht. Unter der scheinbar wenig veränderten Hülle steckt mehr, als man glaubt. Von Thomas Majchrzak
Wem ein BMW 3er zu klein oder der 7er zu groß ist, der landet schlussendlich beim BMW 5er. Die 5er-Baureihe zählt nach dem 3er BMW zu den wichtigsten Baureihen der Münchener. Mehr als die Hälfte der Leute verbindet den 5er mit der Marke BMW, mehr noch als den 3er. Seit dem Produktionsstart 1972 wurden rund 7,6 Millionen BMW 5er weltweit verkauft, allein die sechste Generation wurde 2 Millionen Mal zugelassen, was einem Plus von 42 Prozent gegenüber der fünften Generation entspricht. Damit zählt der BMW 5er zu den global erfolgreichsten Limousinen.
Der neue 5er teilt sie die so genannte 35up Plattform mit dem neuen 7er. Das Chassis besteht aus einem Mix aus Aluminium und Stahl und kleinen Teilen Magnesium, so dass der neue 5er bis zu 100 kg Gewicht gegenüber dem Vorgänger einspart. Nur der Kohlefaser-Kernteil aus dem 7er wird nicht übernommen, vermutlich würde der 5er damit dann zu teuer für Hersteller und auch für die Kunden.
Wie bereits in den vorherigen Versionen, wird auch die siebte Generation als normale Limousine, Touring (Kombi), einer sportlich-komfortablen GT-Version und der Top-Sportversion M5 erhältlich sein. Die Ausstattungslinien teilen sich auf in Basis, Sport Line, Luxury Line und M Sportpaket. Dazu noch einmal der explizite Hinweis: Das eine ist die echte M-Version, die sich auf die Motorisierung bezieht. Das andere ist die M-Ausstattungsvariante, die man sich auch ohne M-Motor holen kann. Schließlich muss man noch zwischen der M Performance Variante M550i unterscheiden und den M5 der M GmbH, der zu einem späteren Zeitpunkt kommt und noch PS-kräftiger ist.
Den Einstiegspreis markieren 520d mit 45.000 Euro (Handschalter) und 530i mit 50.000 Euro, die M550i-Version liegt bei 83.000 Euro.
Exterieur
Woran erkennt man einen BMW immer am einfachsten? Genau, am Kühlergrill. Die charakteristische Doppelniere wurde im Verlauf der Designevolution immer weiter in die Breite gezogen. In der neuen Generation haben die Designer darauf geachtet, dass der Übergang zwischen Doppelniere und Leuchten stimmiger verläuft, beide Elemente sind verbunden. Die Frontleuchten sind standardmäßig mit LED ausgerüstet und können gegen Aufpreis das BMW Select Beam beinhalten, welches die Leucht-Reichweite auf 500 Meter erweitert. Ungewöhnlich, dass ein Hersteller die Leuchten serienmäßig mit LED ausrüstet, also explizit auch das Abblendlicht. Das gefällt. Ferner reicht die Motorhaube nun wieder bis ganz nach vorne und ist nicht durch ein kleines Element abgetrennt. Letzteres tun eigentlich immer mehr Hersteller, um die Versicherungseinstufung günstiger hinzubekommen, weil man bei einem Frontcrash dann nicht die gesamte Motorhaube austauschen muss. BMW hat hier dagegen den unteren Stoßfängerbereich etwas weiter nach vorne gezogen, um dort den ersten „Aneckpunkt“ zu schaffen. Uns freut es, denn eine durchgehende Motorhaube ist deutlich schöner.
In der Seitenansicht ist das Fahrzeug um gut 4 cm auf 4,94 Meter gewachsen, ohne dass sich viel am Radstand verändert hat. Des Weiteren sorgt das Spiel von Licht und Schatten entlang der Hauptdesignlinie für ein sehr elegantes Auftreten. Die Sicke ist deutlich ausgeprägter. Serienmäßig befinden sich 17 Zoll Felgen an der Limousine und können bis auf maximal 20 Zoll vergrößert werden. Unsere Fotos zeigen 18 Zoll in der Luxury Line.
Das Heck wirkt ziemlich breit, so wie man es aus anderen Modellen der Münchener gewohnt ist. Gestärkt wird der Eindruck von den nun weiter horizontal gezogenen Heckleuchten. Die serienmäßig ausgestatten LED-Rückleuchten sind in einer L-Form gehalten. Außerdem hat BMW ein wenig an der Symmetrie der Auspuffrohre gearbeitet, um einen noch strukturierteren Eindruck zu hinterlassen. In Abhängigkeit der Ausstattung sind die Rohre entweder trapezförmig, rund oder rechteckig.
In den Ausstattungslinien Sport und Luxury Line sind 18-Zoll Felgen serienmäßig mit an Bord, diese können aber auf 19 Zoll erweitert werden. Bei ersterer Linie kommen noch Sport Line Schriftzüge und Logos hinzu. Die Luxury Line erhält verchromte Nierenstäbe, die zusätzlich von weiteren Chromstäben unterstützt werden, wenn diese geschlossen sind. Der deutsche Premiumhersteller hat nämlich am Luftwiderstand gewerkelt und konnte diesen um rund 10 Prozent gegenüber dem Vorgänger verringern. Ein Punkt ist die neue Luftklappensteuerung, bei welcher die vorderen Kühlöffnungen nur geöffnet werden, falls ein erhöhter Kühlbedarf besteht. Ansonsten bleiben sie geschlossen, um den Luftwiderstand zu verringern. Weitere Elemente wären dann noch der Air Curtain an der Windschutzscheibe, der die Luft optimaler weiterleitet und der Air Breather, der für weniger Windverwirbelung in den Radkästen sorgt.
In der M550i-Variante ist das Fahrzeug um 10 mm tiefer gelegt und erhält auch serienmäßig 18 Zoll Felgen (max. 19 Zoll). Darüber hinaus beinhaltet diese Version das M-Aerodynamikpaket, bei welchem die Frontschürzen vergrößerte Lufteinlässe erhalten. Dazu kommen größere seitliche Schwellerleisten und eine Heckschürze.
Interieur
Zwar ist das Fahrzeug ein wenig länger geworden, aber das ist nicht der ausschlaggebende Grund, weshalb es sich geräumiger im Innenraum anfühlt. Das Armaturenbrett wurde leicht abgesenkt und stärker gewölbt. Das Infotainmentsystem ist auf das Armaturenbrett aufgesteckt, wirkt aber relativ gut integriert. Standardmäßig kommt ein 8,8 Zoll Display, das bereits ein Navi inkludiert hat – ebenfalls erstaunlich, sonst muss man das immer extra zahlen. Neu ist, dass man den maximal 10,25 Zoll großen Bildschirm (zu sehen auf den Fotos) nicht nur über den Knopf in der Mittelkonsole bedienen kann, sondern wie im 7er nun auch via Touch. Das erleichtert vor allem dem Beifahrer die Bedienung. Wem die Bedienung via Touch zu “anstrengend” ist, der kann auf die Sprach- und Gestensteuerung zurückgreifen, etwa das Kreisen des Fingers nach rechts oder links für die Änderung der Lautstärke.
Zu bemängeln haben wir die Software des Infotainmentsystems, die in der Menüstruktur viel zu tief und kleinteilig ist, es dauert zu lange und es ist zu unübersichtlich, Funktionen werden nicht intuitiv gefunden. Zudem brauchen wir viele Anläufe dabei, das Telefon per Bluetooth zu koppeln.
Mit dem neuer 5er feiert auch das BMW Connected Feature Remote 3D seine Premiere. Normalerweise ruft man den 360-Grad-Blick über das Infotainmentsystem auf, doch mit Hilfe dieses Tools kann man das Bild auch auf sein Smartphone übertragen. BMW möchte dem Fahrer einen Kontrollblick auf das geparkte Auto aus beliebiger Entfernung ermöglichen. Ferner steht auch die Fernpark-Möglichkeit über den Schlüssel aus dem 7er zur Verfügung, mit dem man das Auto dann z.B. in eine enge Garage dirigieren kann.
Gegen Aufpreis gibt es erneut ein Head-Up-Display, welches nun über eine 70 Prozent größere Projektionsfläche verfügt.
Seine persönliche Playlist kann man via Bluetooth oder Apple CarPlay/Android Auto wiedergeben. Als erstes Fahrzeug bietet BMW im neuen 5er eine kabellose Verbindung von CarPlay an (Wireless CarPlay). Die Verbindung läuft dann auch über Bluetooth. Dieses System bietet BMW dann nach und nach für alle Modelle an, die auch generell CarPlay anbieten. Für Musikliebhaber ist das optionale Bowers & Wilkins Soundsystem. Der Sound ist sehr klar und auch der Bass kann sich hören lassen. Die exzellente Atmosphäre liegt aber auch an dem neuen Dachhimmel, der viele Geräusche von Außen bemerkenswert absorbiert und das Fahren dadurch angenehmer macht. Eine optionale Akustik-Frontscheibe verstärkt diesen Eindruck.
Zur optionalen Ausstattung zählt ebenso ein Entertainmentsystem für die Mitfahrer auf der Rückbank. Darüber kann man z.B. fernsehen oder auch Spielekonsolen anschließen, nur schade, dass es keine 230 Volt Steckdose gibt. Wenigstens ist ein WLAN-Hotspot verfügbar.
Die getesteten Komfort-Sitze sind sehr bequem und machen auch auf längeren Fahrten keine Probleme. Serienmäßig können diese elektrisch verstellt werden und optional ist ebenfalls eine Massagefunktion erhältlich. Die Standardausstattung in Deutschland umfasst einen Stoffbezug für die Sitze – sehr gut.
Die Sportsitze in der Sport Line bieten in der Form einen besseren Seitenhalt. Sie kommen automatisch in einer Stoff-Leder-Kombination. Die Zierleisten sind aus Aluminium.
Die Luxury-Line kommt leider mit komplettem Tierhautbezug und Holz-Applikationen (siehe Fotos).
Sportlich und nachhaltig kommen dagegen die M-Varianten: Hier sind die Sitze in einer klimatechnisch optimalen Mischung Stoff/Alcantara überzogen. BMW hat offensichtlich verstanden, dass man solche Kombinationen auch in den höheren Ausstattungsvarianten anbieten muss. Das M Sportpaket enthält traditionsgemäß ferner das geschätzte M-Lenkrad.
Neben der Sitzheizung gibt es auch ein beheizbares Lenkrad, welches vor allem in den kälteren Tagen ein Segen ist. Aktiviert wird die Lenkradheizung über einen separaten Knopf direkt auf dem Lenkrad, das Feedback wird dann unten in die Instrumente eingeblendet.
Im Fond gibt es nun mehr Beinfreiheit als im Vorgänger, mit vier großen Erwachsenen kann man problemlos sitzen. Da fragt man sich wirklich, wozu es noch den 7er gibt. Denn der 5er bietet eigentlich schon alles. Der Kofferraum fasst 530 Liter, daher sollte dem einfachen Wocheneinkauf nichts im Wege stehen. Mehr Platz wird es dann im Touring geben, denn die Belademöglichkeit ist vergleichsweise in einer klassischen Limousine natürlich eingeschränkt. Die Rückbank kann gegen Aufpreis im Verhältnis 40:20:40 umgeklappt werden, leider muss man diese vom Kofferraum aus entriegeln und dann herum zum Fond gehen und dort die Sitze klappen.
Und der Gesamteindruck? BMW hat ordentlich an der Verarbeitungsqualität im Interieur gefeilt, das fällt auf. In den letzten Jahren ist BMW in puncto Interieur stark hinter Audi und Mercedes zurückgefallen, jetzt ist man in München aufgewacht und präsentiert passgenaue Fugen, hochwertige Knöpfe und auch hochwertige Kunststoffoberflächen.
Motoren
Folgende Motoren sind zum Markstart (Februar 2017) verfügbar:
Benziner
530i, 2.0 l, 4-Zylinder, 252 PS (Verbrauch: 5,9 l/100 km Werksangabe)
540i, 3.0 l, 6-Zylinder, 340 PS (6,4 l/100 km)
M550i, 4.4 l, 8-Zylinder, 462 PS (8,9 l/100 km)
Diesel
520d, 2.0 l, 4-Zylinder, 190 PS (4,5 l/100 km)
530d, 3.0 l, 6-Zylinder, 265 PS (4,9 l/100 km)
Geschaltet wird stets über eine 8-Stufen-Steptronic, das ist eine Wandler-Automatik. Lediglich der 520d steigt mit einer 6-Gang-Handschaltung ein. Optional gibt es jeweils Allrad.
Hybrid
530e iPerformance, 2.0 l, 4-Zylinder Benziner und Elektromotor, 252 PS
45 km elektrische Reichweite
Fahrverhalten
Wir fahren den 3,0 Liter Sechszylinder Diesel. Der laufruhige 530d überzeugt mit Souveränität, hat für einen Diesel einen angenehmen Klang und immer genug Leistungsreserven. Im Comfort-Modus kann man ruhig rollen und smooth schalten, im Sport-Modus werden die Gänge weiter ausgedreht und früher wieder heruntergeschaltet, gut für Bergstraßen. Dass BMW im 5er im Gegensatz zu Audi A6 und Mercedes E-Klasse keine Luftfederung anbietet, stört nicht. Denn die klassische Stahlfeder-Öldämpfer-Federung glänzt auf ganzer Linie. Sportlich und komfortabel zugleich, und wenn man jemandem sagen würde, hier fährt man gerade eine Luftfederung – keiner könnte spontan gefühlt das Gegenteil beweisen. Die Entscheidung war bei BMW zudem auch bewusst gefallen, weil man die Sportlichkeit betonen wollte und in der Luftfederung nicht den optimalen Weg sieht, die Verbindung von Fahrer, Auto und Fahrbahn herzustellen. Letztere ist im 5er in der Tat hervorragend gelungen.
Schon in einem normalen 5er fühlt man sich so sportlich wie bei den Sportversionen von A6 und E-Klasse. Hier setzt BMW also den Benchmark.
Ein Rezept dafür ist auch die neue „Integral-Aktivlenkung“, eine Hinterachs-Lenkung, die bis zu 2,7 Grad mitlenkt. Bis 60 km/h entgegen der Vorderräder (z.B. auch zum Rangieren/für den Wendekreis), oberhalb davon parallel zur Richtung der Vorderräder, um die Querbeschleunigungskräfte zu reduieren und für mehr Stabilität zu sorgen. Das System arbeitet allerdings eher unauffällig, d.h. man spürt die Agilität, aber hat nicht das Gefühl, dass das Heck sich herumbewegen würde. Das ist z.B. bei Renault anders, hier kommt die Hinterachslenkung bei Talisman, Espace und Megane zum Einsatz, und bei den etwas weiteren 3,5 Grad Einschlagwinkel hat man manchmal das Gefühl, das Heck kommt einem herum. Bei BMW gab es die Hinterachslenkung zwar auch schon in der 5er-Vorgängergeneration, doch nun ist das Konzept auch mit Allrad kombinierbar und wurde neu abgestimmt. Im Ergebnis reduziert sich übrigens auch der Lenkeinschlag im Cockpit, das hilt gerade beim Rangieren in der Stadt.
In puncto Autonomes Fahren bietet BMW nun auch einen Mitlenkassistenten an, der sich in einem 2.800 Euro teuren Assistenz-Paket befindet. Von diesem können wir allerdings abraten, denn hier bleibt BMW deutlich hinter Mercedes und Tesla. Der Lenkassistent reagiert häufig zu spät, hält das Fahrzeug nicht richtig mittig und reagiert dann über. Nach nur wenigen Versuchen brechen wir den Test lieber ab. In einer E-Klasse oder im Tesla hat man dagegen schon das Gefühl, im Grunde bräuchte man kein Lenkrad mehr.
Ansonsten bleibt der neue BMW 5er gewohnt ruhig, souverän, aber immer sportlich auf Abruf. Chapeau.
Abmessungen
Länge: 4,94 m (+3,6 cm gegenüber Vorgänger)
Breite: 1,87 m
Höhe: 1,47 m
Radstand: 2,98 m
Fazit: Der neue BMW 5er ist im Design eher konservativ geblieben, BMW wollte da nichts anbrennen lassen. Doch man hat behutsam nachgefeilt und einen modernen Auftritt geschaffen. Das Konzept ist das eines kleinen und günstigeren 7ers, wobei der neue 5er tatsächlich alles bietet, was der 7er auch hat, nur mit etwas weniger Gesamtlänge. Die größten Fortschritte sind der Gewichtsverlust im Rahmen der neuen Chassis-Materialien und das hervorragende Fahrwerk, das nochmals mehr Fahrspaß und Komfort bietet. In der Agilität macht dem 5er keiner etwas vor. Der Innenraum wurde aufgewertet und modernisiert, die Verarbeitungsqualität ist top, hier herrschte auch dringend Handlungsbedarf. Äußerst positiv ist, dass ein Basis-5er bereits viel Ausstattung enthält, etwa LED-Scheinwerfer, Navigationssystem und Bluetooth-Freisprechanlage. Mankos: 1. Das neue Infotainmentsystem ist zu umständlich gestaltet und zeigt bei uns und auch bei Kollegen im Test in mehreren Fahrzeugen Smartphone-Verbindungsprobleme. Daher raten wir dazu, nicht alle Infotainment-Optionen auszuwählen (Stichwort Wireless CarPlay, Hotspot…), das System damit einfacher zu halten und auf die klassische Bluetooth-Verbindung zu vertrauen. 2. Die autonome Technologie bleibt deutlich hinter der Konkurrenz. Das kann man aber verkraften, wenn man die ausgezeichnete Agilität genießt und ohnehin lieber selber fährt.
Autogefühl: *****
Text & Fotos: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Und hier die Perspektiven auf den neuen 5er von den Kollegen:
https://der-autotester.de/der-brandneue-bmw-5er/
https://mein-auto-blog.de/hersteller/bmw/erster-test-bmw-fuenfer-2017-g30.html