Ford Focus RS Testbericht in Nitrous-Blau

Der Ford Focus RS, sportlicher König der Modellreihe, ist ein besonders auffälliges hot hatch, Spoiler satt, Sonderfarben und 350 PS. Wir haben den Kompakt-Renner getestet. Von Thomas Majchrzak





Exterieur

Für den Ford Focus RS stehen diverse Sonderfarben zur Verfügung, unser Favorit ganz klar: Nitrous-Blau. Damit ist auch unser Testfahrzeug ausgestattet. Allerdings ist auch das matte Slate-Grau sehr auffällig. Und darum geht es schließlich auch beim Ford Focus RS. Schon vorne fallen die tiefen Spoiler auf sowie die riesigen Lufteinlässe. Seitlich stellen sich serienmäßig 19 Zoll Felgen zur Schau, hier in Schwarz. Und die grundsätzlich eher zurückhaltende Seitenlinie des Ford Focus wird im RS durch einen massiven Spoiler getoppt, ein feststehender. Hinten schließlich fallen die Blicke auf den massiven Diffusor samt Sportabgasanlage. Das alles und auch das, was im Innenraum folgt, bekommt man für gut 40.000 Euro. Kein Schnäppchen im Vergleich zum Ford Focus Basispreis von gut 16.000 Euro, aber so teuer wie ein Golf R, nur dass man im Ford Focus noch mehr PS bekommt.

FordFocusRS_Farben
Grafik: Ford

Interieur

Auffälligstes Merkmal im Innenraum sind die Recaro-Sportsitze, die schon standardmäßig voluminös sind und viel Seitenhalt bieten. Ford setzt hier auf die Kombination von Mikrofaser innen und Tierhaut außen. Letzteres ist unnötig, hier wäre Kunstleder nachhaltiger gewesen. Dieselbe Mischung wird für die optionalen Sportschalensitze verwendet, die in unserem Testwagen verbaut sind. Der Sitzkomfort ist nach dem ersten Eindruck gut. Von der Mikrofaser-Sitzfläche profitiert man im Winter, weil sie nicht kalt wird, und im Sommer, weil man nicht am Sitz kleben bleibt, wenn man schwitzt. Gleichzeitig verrutscht man aber in schnellen Kurven nicht so sehr. Grundsätzlich raten wir dazu, beim Basis-Sitz zu bleiben, es sei denn, man möchte den Ford Focus RS explizit für die Rennstrecke. Dann bietet der Schalensitz mehr Seitenhalt und dadurch mehr Vorteile.

Die Verarbeitungsqualität ist sehr solide und lässt nichts zu meckern übrig. Vorne im Cockpit ist durch das neue Ford Sync 3 System alles aufgeräumter, das Infotainmentsystem ist nun auch gut zu bedienen und übersichtlich. In der Karte kann man schnell zoomen oder scrollen. Das Vorgänger-System war offen gesagt unmöglich, nun ist man hier endlich auf der Höhe der Zeit, man kommt sofort zurecht, kann sein Telefon koppeln und schnell im Navi-Menü alles eingeben. Insofern: Man hat alles, was man braucht, und findet sich schnell zurecht. Das Platzangebot für Erwachsene ist im vorderen Bereich ordentlich.

Im Fond dagegen zeigt der Ford Focus RS kein großartiges Package, gerade nicht mit den Schalensitzen. Mit 1,90 m kann man vom Kopfraum zwar noch gerade sitzen, doch an den Knien wird es eng. Insgesamt ist das Platzangebot aber im Durchschnitt der Kompaktklasse und geht daher voll in Ordnung. Die Sitzbank kann man leider nur vom Fond aus umklappen und nicht vom Kofferraum aus, denn die Knöpfe werden von der Kofferraumabdeckung verdeckt.

Motoren

Bekannt schon aus dem Ford Mustang, setzt der Ford Focus RS auf einen 2,3 l Turbo, der hier 350 PS hat (Mustang: 310). In 4,7 Sekunden geht es mit dem RS von 0 auf 100 km/h. Allrad ist Serie.

Fahrverhalten

Der Lenkeinschlagswinkel ist wie bei vielen sportlichen Fahrzeugen verringert, so muss man im Alltag beim Ein- und Ausparken häufiger kurbeln. Das Lenkrad ist allerdings bei geringen Geschwindigkeiten durchaus leichtgängig, so dass man zurecht kommt. Eine Einschränkung ist es trotzdem. Nimmt man ein wenig Fahrt auf, macht die Lenkung dagegen nur Freude. Super direkt, sportlich, natürlich, was will man mehr. Durch die kompakte Bauweise verhält sich der Ford Focus RS zudem schön ausgeglichen und glänzt mit bestem Handling.

Der Allradantrieb funktioniert im Ford Focus RS grundsätzlich nach dem Prinzip vorne + hinten, allerdings kann man über die Fahrmodi einstellen, dass mehr Kraft auf die Hinterräder geleitet wird und dass sich auch das Stabilitätsprogramm etwas zurückzieht. So gibt es die Modi Normal, Sport, Race und Drift. Im Driftmodus kann man somit gezielt übersteuern, was sonst nur mit einem Hecktriebler funktionieren würde. Maximal 70 Prozent des Drehmoments wird dabei dann über die Hinterräder geleitet. Die letzteren beiden Modi sind aber nur etwas für eine Rennstrecke mit genügend Auslaufzonen oder für einen leeren Übungsplatz.

Das Fahrwerk ist sportgemäß deutlich straffer, und zwar kompromisslos. Während ein VW Golf GTI und sogar noch ein Golf R einen guten Alltragskompromiss darstellen, will der Ford Focus RS auf die Rennstrecke. Auch wenn die Straßen nicht wirklich schlecht sind, man spürt jedes Schlagloch und jede Bodenwelle. Vergleichbar wäre da ein Honda Civic Type R.

Der Auspuffsound ist mächtig und nicht nachbarschaftskompatibel. Und das schon im normalen Modus. Allerdings kann man das durchaus dosieren, denn am Anfang bleibt der Ford Focus RS noch recht leise, und bei ordentlichen Drehzahlen geht es dann los. Nimmt man dann den Fuß schnell vom Gaspedal, ploppt es auch kräftig aus dem Auspuff.

Das 6-Gang-Schaltgetriebe kommt bewusst ohne eine Automatik-Option aus, weil Ford Gewicht sparen wollte. Dafür sind die Gänge schnell einzulegen, der Schaltknüppel kurz in der Höhe und auch mit kurzen Wegen.

Abmessungen

Länge: 4,39 m
Breite: 1,82 m
Höhe: 1,49 m
Radstand: 2,65 m

Fazit: Der Ford Focus RS ist ein besonders aggressiver Vertreter der hot hatch Klasse. Mit kräftigen Spoilern und auffälligen Farbe zieht er die Blicke auf sich. Die Verarbeitung im Innenraum ist tadellos, man merkt, dass der Ford Focus mittlerweile sehr ausgereift ist und sich dem Ende des Lifecycle entgegen bewegt. Der RS markiert hier die Krönung. Auffälligstes RS-Merkmal im Innenraum sind die Sportsitze. Das Sync 3 System erfreut den Nutzer nun mit einer einfachen und schnellen Bedienung. Platz ist genügend im Ford Focus RS, wenn auch nicht übermäßig – Klassenschnitt. Fahrspaß ist auf jeden Fall gegeben, mehr PS gibt es selten im Kompakt-Segment, und Spielereien wie die drehzahlbegrenzende Launch Control (dazu ESP deaktivieren) oder der Drift Mode lassen die Herzen von Petrolheads höher schlagen. Kosten: Natürlich mindestens 40.000 Euro und die Nachteile, mehr beim Parken kurbeln zu müssen und auch für Alltagsfahrten ggf. unter der ruppigen Federung zu leiden.

Autogefühl: ***

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Michel Weigel