Die neue Generation des Honda Civic kommt mit vielen Änderungen, der Civic ist zum Beispiel gewachsen und bewegt sich Richtung Mittelklasse, er hat ein neues Design und ein neues Setup der Karosserievarianten. Wir klären über alle Details im Fahrbericht auf und werfen auch einen Blick auf die Entwicklung der Generationen. Von Thomas Majchrzak
Seit 1972 gibt es den Honda Civic nun schon, Honda feiert also 45-jähriges Bestehen, in bislang neun Generationen. Global gesehen gibt es den neuen Honda Civic (10. Generation) in drei Varianten: als Limousine mit separatem Kofferraum, als Coupé und als Hatch/Schrägheck/Fastback – je nachdem, wie man das nennen möchte. Fakt ist, dass letztere Version auf den europäischen/deutschen Markt fokussiert ist, sie ist zudem am praktischsten, weil die Heckklappe sich hier weit öffnet und einen offenen Übergang zum Fahrzeuginnenraum ermöglicht, wenn man die Sitze umklappt. Basispreis: 20.000 Euro. Hoch geht es bis auf 33.000 Euro. Die Hatch/Fastback-Variante wird in Swindon, England, gebaut, die Limousine in Indiana (USA) und Ontario (Kanada). Design-technisch sind Fastback und Limousine auf den ersten Blick nur schwer auseinanderzuhalten. Man erkennt die Limousine daran, dass sie erstens ein volles drittes Seitenfenster hat und der Abstand zwischen Fensterlinien-Spitze und Heckleuchten etwas größer ist. Diese Proportion wirkt deutlich harmonischer, da hat die Limousine einen Vorteil. Die Länge steigt von Coupé (4,49 m) über Fastback (4,51 m) zu Limousine (4,63 m).
Exterieur
So haben sich die zehn Generationen über die Zeit entwickelt, der Honda Civic ist gewachsen, die Frontleuchten sind erst immer schmaler, dann wieder höher, dann wieder schmaler geworden.
Der neue Honda Civic ist vorne nicht mehr so weit Richtung Straße gezogen, die Vorgänger-Generation schloss optisch mit der Motorhaube sozusagen ganz unten ab, jetzt fließt eine weitere Blickrichtung vom Kühlergrill Richtung untere Schweller. Das verdrängt den bisherigen Van-Look und leitet die neue Designsprache ein, die in Verbindung mit der gewachsenen Länge eher eine Mittelklasse-Limousine andeutet, obwohl der Honda Civic eigentlich im Kompakt-Segment unterwegs ist. Gerade für den deutschen Markt ist das allerdings gut, weil es den Honda Accord hierzulande nicht mehr gibt, insofern übernimmt der Civic nun Kompakt- und Mittelklasse-Segment. Seitlich zeichnet der Honda Civic auch in den Viertürer-Versionen schon ein Coupé-artigeres Bild, sehr sportlich und ausdrucksstark. Zurückhaltung ist hier nicht angesagt. Im 3/4 Profil von hinten erkennt man den Unterschied zwischen Hatch und Limousine daran, dass man den Spalt für die Heckklappen-Öffnung entdeckt. Zudem ist wie schon beschrieben der Abstand zwischen Heckleuchten und Fenster bei der Limousine größer und es bleibt eine größere waagerechte Fläche über dem Kofferraum. Unsere Fotos zeigen komplett die Hatch-Variante, und zwar in der Ausstattung Sport mit schwarzen Elementen an Spoilern und schwarzen 17-Zoll-Felgen. Die Rückleuchten spannen ein dramatisches „C“ und sorgen mit dem flachen Heck für einen sportlichen Look. Größte Änderung gegenüber der Vorgänger-Generation ist hier also, dass auch die Hatch-Variante nicht steil hinten abschließt wie die meisten anderen europäischen Kompakt-Wagen, sondern auch schon eine Andeutung der Limousinen-Form zeigt.
Interieur
Im Innenraum hat sich das bisherige Design ebenfalls etwas „normalisiert“, die separat sehr hoch angeordneten Instrumente sind zum Beispiel verschwunden. Stattdessen hat der neue Honda Civic ein neues digitales Display an der normalen Instrumenten-Stelle.
Das Infotainment-System wurde überarbeitet, hat nun eine intuitivere Software, so dass man auch in der Kartenansicht einfach wie beim Smartphone mit zwei Fingern rein- und rauszoomen kann. Allerdings ist es etwas umständlich, dass man für die Klima-Bedienung immer erst den entsprechenden Knopf drücken muss, damit man dann im Infotainment-System die Lüftung verstellen kann. Immerhin: Die Temperatur-Regelung ist noch separat, und das über einen qualitativ hochwertigen Knopf. Das Telefon kann man über Bluetooth oder auch übers Kabel dann per Smartphone-Mirroring verbinden. Auch die Rückfahrkamera hat eine akzeptable Auflösung, zudem ist sie durch den Weitwinkel so ausgerichtet, dass man beim Rückwärts-Ausparken aus einer Parkbox sogar Fahrzeuge sehen kann, die sich hinten von der Seite nähern. Zusätzlich warnt ein Ton davor, wenn man die herannahenden Fahrzeuge nicht erkennt.
In der Verarbeitungsqualität gibt es Licht und Schatten. Schön gelöst ist zum Beispiel der seitliche Textilbezug des vorderen Mitteltunnels. Platz für Getränke gibt es reichlich, dazu zwei USB-Ladebuchsen. Auf der anderen Seite finden wir viel dünnes Hartplastik, um die Lenkrad-Höhen/Weiten-Verstellung oder an den Innenseiten der Türen.
Das Platzangebot ist ausreichend bis knapp unter 1,90 m, allzu viel Kopfraum gibt es also nicht, im Fond ein wenig weniger als vorne. In puncto Kniefreiheit ist der Klassenstandard erreicht, das funktioniert ebenfalls für vier Erwachsene. Die Magic Seats aus dem Vorgänger sind leider verschwunden, weil der Tank nicht mehr unter den Vordersitzen platziert wurde. Somit hatte man keinen Platz mehr für die hochklappbaren Sitze. Laderaum ist generell dafür aber noch genügend vorhanden. Der Kofferraum fasst 478 Liter und lässt sich einfach erreichen, das ist der Vorteil des Hatch/Fastbacks. Interessant ist auch das Gepäckrollo gelöst, man kann es seitlich öffnen – wieso nicht.
Die Ausstattungslinien sind in S, Comfort, Elegance, Executive, Executive Premium, Sport, Sport Plus und Prestige aufgeteilt – recht kompliziert.
Ab Elegance kommen Navi, Klimaautomatik und Rückfahrkamera hinzu, ab Executive adaptive Dämpfer und Panoramadach. Diese Varianten bekommt man jeweils noch mit Stoffsitzen.
Ab Executive Premium muss man Tierhaut-Sitze mitbestellen. Sport und Sport Plus laufen dagegen separat und kommen entsprechend der sportlichen Ausrichtung ohne Leder, dafür mit sportlichen Elementen außen wie innen, etwa eine Sport-Abgasanlage. Die Ausstattung ist dann mit dem 1.5 l Turbo-Benziner verbunden.
Top: Das Kollisionswarnsystem mit aktivem Bremseingriff und Fußgängererkennung CMBS (Collision Mitigation Brake System) kommt serienmäßig.
Motoren
Den Diesel kennt man bereits aus dem Vorgänger-Modell, die Benziner wurden neu entwickelt.
Benziner
1.0 l 3-Zylinder Turbo mit 130 PS
1.5 l 4-Zylinder Turbo mit 180 PS
In den USA steht ferner ein 2,0 l Sauger zur Verfügung.
Im Honda Civic Type R wird ein 2.0 l 4-Zylinder Turbo mit 320 PS (+10 hp gegenüber Vorgänger) zum Einsatz kommen, auf 100 km/h geht es dann in ca. 5,7 Sekunden. Hier ein Blick vorab auf den neuen Civic Type R, den es voraussichtlich nur als Hatch-Version geben wird:
Diesel
1.6 l 4-Zylinder mit 120 PS
Geschaltet wird entweder manuell oder über eine stufenlose Automatik (CVT).
Fahrverhalten
Eines ist ganz klar dominierend im Fahrverhalten für dieses Kompakt-Fahrzeug: die Sportlichkeit. Der Honda Civic Sport ist nicht etwa tiefergelegt, das ist erst der Type R. Trotzdem hat man direkt das Gefühl, in einem Kompakt-Renner zu sitzen. Man sitzt also relativ tief, zudem ist das Fahrwerk ebenfalls recht straff ausgelegt, ohne aber zu übertreiben. Jedenfalls liegt der neue Honda Civic wie ein Brett auf der Straße, und dementsprechend macht er auch sportlich Spaß. Dazu trägt auch die direkte aber gleichzeitig natürlich anmutende Lenkung bei, vermutlich die beste Lenk-Konfiguration, die wir bisher in einem Fahrzeug eines japanischen Herstellers erlebt haben. Hier dezent der Hinweis, dass dies keineswegs despektierlich gemeint ist, im Gegenteil. Nur haben die japanischen Fahrzeuge in der Regel andere Stärken, aber nicht unbedingt bei einer sportlich-gefühlvollen aber direkten Lenkung. Honda zeigt hier schon mit dem Basismodell, dass sie es auch können – Respekt! Selbst bei sehr hohen Geschwindigkeiten bleibt das Fahrzeug absolut ruhig im Fahrverhalten und extrem souverän, beeindruckend. Lediglich die Geräuschisolierung kann nicht ganz damit mithalten.
Wir fahren den 1.5 l Turbo-Benziner mit 180 PS mit Handschaltung. Der Schaltknüppel ist extrem kurz und vermittelt somit ein bisschen Rennsport-Flair. Die Schaltvorgänge gehen zügig und geschmeidig, so soll es sein. Der Motor fühlt sich für das Fahrzeug absolut harmonisch an, nicht zu viel, nicht zu wenig. In 8,2 Sekunden geht es auf 100 km/h, derzeit noch der stärkste Motor, bevor der neue Type R kommt. Der Motor ist drehfreudig und der Turboboost kommt nicht ruckartig, sondern genau richtig. Der im Vergleich zur Vorgänger-Generation 10 cm längere Radstand sorgt zudem für mehr Stabilität und ein souveräneres Fahrverhalten, ohne Abstriche bei der Agilität zu machen. Nur der Verbrauch ist wie bei allen kleinen Turbomotoren recht hoch. 7,5 l / 100 km mit bei vorwiegend Autobahnnutzung, eher gegen 10 Liter bei vorwiegend Stadtverkehr.
Abmessungen Honda Civic Hatch/Fastback
Länge: 4,51 m
Breite: 1,79
Höhe: 1,42 m
Radstand: 2,70 m
Leergewicht: 1.229 – 1.364 kg
Fazit: Der neue Honda Civic stellt in der Tat eine weitreichende Generations-Änderung dar. Außen wie innen ist er mehr eine Mittelklasse-Limousine als ein Kompakt-Hatch. Die Limousine ist von den Proportionen noch schöner als die gezeigte Hatch-Variante, wobei diese im Vergleich zum Vorgänger schon flüssiger rüberkommt. Wenn man nicht gerade riesig ist, geht das Platzangebot im Innern völlig in Ordnung, auffällig sind viele praktische Ablagen. Auch das Infotainment-System hat die notwendigen Updates erhalten. Im Fahrverhalten zeigt sich der neue Honda Civic extrem sportlich, deutlich sportlicher als alle anderen Basismodelle vergleichbarer Konkurrenten. Da muss man ansonsten schon die separate Sportversion ordern. Für den Alltag macht der Honda Civic Sport mit dem 1.5 Liter Benziner am meisten Sinn, der Type R war schon in der Vorgängerversion für den Alltag eigentlich zu straff und eher für die Rennstrecke gedacht. Wer Sportlichkeit bereits im Keim möchte, der ist mit dem Civic in der Kompaktklasse richtig. Honda hat es geschafft, dem Civic richtig viel Fahrfreude und Souveränität einzuhauchen.
Autogefühl: ****
Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Michel Weigel