Mit dem neuen Mercedes E-Klasse Cabriolet ist die E-Klasse-Palette nun komplett. Alle E-Klasse-Fahrzeuge zeigen, woran sich die weiteren zu erneuernden Modelle orientieren werden. Im Gegensatz zum Mercedes C-Klasse Cabrio ist das E-Klasse Cabrio als Viersitzer ausgelegt. Wir testen das Mercedes E-Klasse Cabrio als E300. Von Thomas Majchrzak
Das Mercedes E-Klasse Cabriolet beginnt bei 54.000 Euro, ist natürlich deutlich teurer als das C-Klasse Cabrio (42.000 Euro), aber deutlich günstiger als das S-Klasse Cabrio, bei dem man sich fragt, wie sich dieses überhaupt vom E-Klasse Cabrio noch abheben kann. Wie man es von Mercedes gewohnt ist, gibt es sowohl für das Exterieur, als auch für das Interieur die Ausstattungslinien Avantgarde und AMG. Während man bei der Limousine die Ausstattungsvarianten außen und innen mischen kann, ist die Wahl beim Coupé und beim Cabriolet aneinander gekoppelt. Außerdem startet das Cabriolet direkt mit Avantgarde sozusagen als Basis-trim, die AMG-Line ist dann aufpreispflichtig.
Exterieur
An der Front unterscheidet sich das Cabriolet nicht allzu sehr von den anderen Varianten der E-Klasse. In der Ausstattungslinie Avantgarde sind die Stoßfänger mit Chrom verziert und auch der Diamantengrill ist mit an Bord – allerdings mit schwarzen Pins. In der AMG-Line sind die Diamanten-Pins in Hochglanz-Silber verziert, das wirkt noch ausdrucksstärker. Die größeren Lufteinlässe unterstreichen zudem die Sportlichkeit.
Die Frontleuchten signalisieren die grundsätzliche Designthematik: Geschwungene Linien, ein sinnliches Design, das nicht allzu extrem wirken soll. Die Frontleuchten kommen serienmäßig mit LED und können gegen einen Aufpreis von 1.300 Euro mit der Multibeam (LED-Fernlicht) ausgestattet werden (hier auch zu sehen). Die Motorhaube wurde zur Gewichtsersparnis aus Aluminium gefertigt.
Das Cabriodach wurde in der neuen Generation noch besser in die Seitenansicht integriert, es wirkt im geschlossenen Zustand flacher und gespannter. Verfügbar ist es in den Farben Blau, Rot, Schwarz und Braun, 20 Sek braucht es zum Schließen, und das bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h. Zur Serienausstattung zählen 17 Zoll Felgen, entscheidet man sich für den E 400 mit 4MATIC, so erhält man 18 Zoll Felgen. Die AMG-Version erhält durchgehend 19 Zöller als Serienausstattung. Optional kann man die Felgen auf bis 20 Zoll vergrößern, wie auch hier zu sehen.
Im Gegensatz zu einer C-Klasse ist das Heck der E-Klasse weniger geschwungen und orientiert sich eher an einer horizontalen Linie. Die Rückleuchten wirken so dynamischer und lassen das Heck breiter erscheinen. In der AMG-Variante erhält man dazu noch einen Diffusor.
Generell kann man optional auch das Night Paket beziehen, bei welchem viele Teile des Exterieurs mit schwarzem Hochglanz versehen sind, etwa die Außenspiegelkappen und die Fensterrahmen.
Insgesamt wirkt das Design sinnlich und gelungen, die Proportionen stimmen. Das E-Klasse Cabrio wirkt in der neuen Generation schlanker, obwohl es in der Länge um 12 cm zugelegt hat (4,70 m auf 4,82 m).
Interieur
Beim Interieur kann man festhalten, dass die E-Klasse hier zur Spitze im Segment zählt. Geschickt haben die Mercedes-Designer mögliche Kanten und Lücken versteckt, indem Teile des Interieurs etwas überlappen. In schwungvollen Formen wird die Sinnlichkeit des Interieurs betont. In unserem Testwagen finden wir schwarze Designelemente mit weißen Kontraststrichen. Natürlich kann man sich das Interieur auch sportlicher gestalten, etwa mit Alu oder Karbon-Look. Mattes Holz hat dagegen den Vorteil, dass man darauf keine Fingerabdrücke sieht. Die Verarbeitung ist generell auf höchstem Niveau. Nur der Rückspiegel wirkt etwas simpel.
Nennenswerte Serienausstattungselemente sind:
– keyless start (kein keyless entry)
– ein neuer eleganter Fahrzeugschlüssel
– Regensensor
– Vordersitze elektrisch einstellbar
– 2-Zonen-Klimaautomatik
– automatische Notbremse
– Multimedia-System Audio 20
Grundsätzlich stehen für außen und innen jeweils die Linien Avantgarde und AMG-Line zur Verfügung. Die Pakete sind hier aneinander geknüpft. Aufpreis kostet lediglich das AMG-Exterieur-Paket, das aber im Konfigurator automatisch übernommen werden muss, wenn man das Interieur-Paket anwählt.
Standard sind analoge Instrumente und ein 8,4 Zoll großes Display, optional erhält man zwei 12,3 Zoll Displays nebeneinander. Das optionale Ambiente-Licht hat 64 Farben auf dem Programm.
Hervorragend: Mercedes ist mit Tesla zusammen führend im Angebot von nachhaltigen Materialien in der Premium/Luxus-Klasse. Im Avantgarde-Interieur erhält der Kunde die Sitzoberflächen-Kombination Stoff innen und Artico-Kunstleder außen; in der AMG-Line ist es Mikrofaser innen und Kunstleder außen. Daran können sich andere Hersteller ein Beispiel nehmen. Erst gegen Aufpreis sind Tierhaut-Sitze verfügbar. Die AMG-Line unterscheidet sich z.B. noch durch ein unten abgeflachtes Lenkrad, grundsätzlich sind beide Ausstattungsvarianten sportlich gehalten. Auf Nachfrage erhält man beim Mercedes-Händler auch ein Kunstlederlenkrad, so kann man sich seinen Luxus-Mercedes sogar vegan gestalten – vorbildlich.
Aircap (Luft wird mit einem Segel an der Scheiben-Kante über die Kabine hinweg gedrückt) und Airscarf (Nackenheizung) kommen zusammen in einem Komfort-Paket. Man kann darauf verzichten, denn die Nackenheizung bringt nur etwas, wenn es kalt ist, aber man gleichzeitig ohne Schal oder Jacke fährt, die den Nacken bedeckt. Und Aircap schützt nicht so vor Windverwirbelungen wie ein klassisches Windschott, es hat nur den Vorteil, dass man damit auch noch mit den hinteren Passagieren fahren kann. Es steht aber auch ein klassisches Windschott zur Verfügung, das wir für sinnvoller halten. Im Test erweist sich der Aircap zwar als geeignet, die Luftverwirbelungen für die rückwärtigen Passsagiere zu reduzieren, doch sorgt er auch für mehr Windgeräusche. Wer meist zu zweit unterwegs ist, kann sich das Geld sparen und einfach auf das normale Windschott setzen, das hervorragend die Windverwirbelungen unterdrückt. Zudem ist es vergleichsweise einfach ein- und auszubauen.
Wie kann man auf der Rückbank mit geschlossenem Verdeck sitzen? Mit 1,86 m Körpergröße kann man auf den Rücksitzen höchstens noch ein Blatt Papier über den Kopf schieben, ebenso vor die Knie – zumindest wenn auch ein großer Fahrer vorne sitzt. Das ist trotzdem der größte Unterschied zum C-Klasse Cabrio. Während das C Cabriolet für ein bis zwei Leute ist, kann man ein E Cabrio durchaus mit Familie kaufen – auch wenn der Kombi oder selbst die Limousine natürlich deutlich praktischer wären. Der Kofferraum bleibt aufgrund des Softtops noch gut nutzbar. Die Sitze kann man einzeln umklappen. Beim Kofferraumvolumen kommt Mercedes aber nicht ganz an das Audi A5 Cabrio heran, das eigentlich sogar nur Konkurrenz zum C Cabrio ist. 310 l bis 385 l stehen beim E Cabrio auf dem Papier, und beim Audi A5 sind es 320 bis 380 l.
Motoren
Benziner
E 200 Cabriolet
2.0 Liter, 4-Zylinder, 184 PS, 6.0 l/100 km (49.000 Euro)
E 300 Cabriolet
2.0 Liter, 4-Zylinder, 245 PS, 6.4 l/100 km (60.000 Euro)
E 400 4MATIC Cabriolet
3.0 Liter, 6-Zylinder, 333 PS, 8.4 l/100 km (70.000 Euro)
Als sportliche Variante wird weder ein E43 noch ein E63 erwartet, sondern eine Leistungsoption dazwischen mit einem neuen Namen, vermutlich E50.
Erstmals bekommt man das Mercedes E-Klasse Cabriolet auch mit Allrad. Geschaltet wird stets über eine 9-G-Tronic (Wandler).
Diesel
E 220d Cabriolet
2.0 Liter, 4-Zylinder, 194 PS, 4.0 l/100 km (56.000 Euro)
Die Verbrauchswerte sind jeweils Herstellerangaben. Für einen realistischen Wert empfehlen wir in der Regel, zwei bis drei Liter auf diesen Wert zu addieren. Der E 400 im Test erweist sich als nicht besonders durstig, wir landen erstaunlich nah an der offiziellen Angabe. 9 l / 100 km hatte sich das E400 Coupé genehmigt, auf 10 l / 100 km kommen wir im Schnitt nun mit dem E300 Cabriolet. Das kommt natürlich auch immer auf das Geländeprofil an, aber die grundsätzliche Richtung wird klar.
Fahrverhalten
An Fahrwerken stehen drei Stück zur Auswahl: Es startet mit dem normalen Fahrwerk „Direct Control“, geht optional weiter mit dem adaptiven Fahrwerk „Dynamic Body Control“ und mit der Luftfederung Air Body Control. Im Coupé hatten wir schon die optionale Luftfederung getestet, die für ein himmlisches Gleiten auf gerader Strecke sorgt. Mehr Komfort geht nicht. Zusammen mit der hervorragenden Geräuschisolierung und der angenehmen Sitzergonomie ergibt sich ein äußerst komfortables Reisen. Das gilt aber auch für das adaptive Fahrwerk ohne Luftunterstützung, dieses gleicht ebenfalls alle Unebenheiten perfekt aus. Es vermittelt etwas weniger ein Schwebegefühl, daber mehr Kontakt zur Straße. Das ist also eine Frage, was man lieber möchte. Mit dem Fahrmodus-Schalter kann man das Fahrwerk etwas straffer machen und auch die Schaltcharakteristik optimieren.
Der E300 hat als Vierzylinder nicht denselben sonoren Sound wie der Sechszylinder im E400, hat aber mehr als genügend Leisutung. Gerade, weil man ein E-Klasse Cabriolet nicht unbedingt um die Kurven jagt. Der Fahrspaß ist in jedem Fall noch gegeben, aber man merkt natürlich durchaus das Gewicht und die Abmessungen, ein Kurvenjäger wird das E Cabrio nicht, vielleicht einmal in der echten AMG-Version.
Vielmehr ist das E-Klasse Cabriolet aber für das stilvolle Gleiten gedacht, da spüren wir eben auch einen Unterschied zum sportlicheren und leichten C-Klasse Cabriolet. Dafür gibt es eben mehr Luxusfeatures, etwa die Sitzmassage. Das Soundsystem ist übrigens auch während der Fahrt hervorragend, wobei die Ausbaustufe der Burmester 3D-Soundsystems in der Limousine noch besser zur Geltung kommt. Subjektiv erkennt man einen klaren Unterschied, obwohl die Systeme technisch gleich sein sollen.
Positiv: Der Autonome Notbremsassistent ist serienmäßig. Und die optionalen Assistenzsysteme funktionieren perfekt, etwa auch der teilautonome Fahrassistent, der sogar Spurwechsel nur mit dem Setzen des Blinkers beginnen kann.
Offen fahren kann man in puncto Windverwirbelungen übrigens locker 120 km/h, selbst dann weht kaum ein Lüftchen ins E Cabrio. Nur wird es doch etwas lauter. Was klar ist: das neue Mercedes E-Klasse Cabriolet ist mehr denn je ein Ganzjahrescabrio, das man auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ohne Sorge fahren könnte. Ist das Verdeck geschlossen, wird es natürlich noch ruhiger. Naturgemäß kommt das Cabrio an die Geräuschisolierung von Limousine und Coupé nicht ganz heran, aber es ist schon richtig angenehme leise, auch wenn man es mit anderen Cabrios vergleicht.
Abmessungen
Länge: 4,83 m (Limousine/T-Modell: 4,92 m)
Breite: 2,06 m
Höhe: 1,43 m (Limousine/T-Modell: 1,47 m)
Radstand: 2,87 m (Limousine/T-Modell: 2,94 m)
Fazit: Das Mercedes E-Klasse Cabriolet ist in der Designausführung sinnlich und schön, außen wie innen. Im Innenraum erhält man wie bei jeder E-Klasse ein Übermaß an Infotainment, allerdings nur optional. Die analogen Instrumente mit dem kleineren Infotainment-Screen würden es auch tun. Die Verarbeitung ist auf höchstem Niveau und es gibt ausreichend hochwertige nachhaltige Sitzbezüge. Gerade mit den ausgezeichneten Fahrwerken ist das E-Klasse Cabriolet an der Spitze des Komforts, nur mit Gewicht und Sanftheit nicht an der Spitze der Sportlichkeit. So sortiert sich das E Cabriolet als Luxusvariante über dem C Cabriolet ein und lässt ein S-Klasse Cabriolet überflüssig werden. Das kauft man nun nur noch, wenn man bewusst mehr Geld ausgeben möchte – und dabei ist ein mit vielen Extras ausgestattetes E Cabrio schon teuer genug.
Autogefühl: *****
Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Fotos: Autogefühl, Thomas Blachetzki