Volkswagen besitzt weltweit eine der größten Fahrzeugflotten. Aus diesem Bestand möchte VW gerne eine Community schaffen, denn bislang steht die Marke kaum mit ihren Kunden direkt in Kontakt. Mit Volkswagen We wird nun eine digitale Serviceplattform geschaffen, die alle Dienste rund ums Auto bündeln soll – sozusagen ein Smartphone auf Rädern, „immer dann, wenn der Kunde es wünscht“, so Sales-Vorstand Jürgen Stackmann. Wir haben uns das neue Konzept im Volkswagen digital:lab angesehen. Von Thomas Majchrzak
Das VW digilab, so kurz genannt, ist so ganz anders als eine aufgeräumte nüchterne Produktionshalle oder ein Büro im Wolfsburger Hochhaus. Eine offene und kreative Arbeitsatmosphäre soll hier herrschen, inspiriert von Technologie-Riesen wie Google. Die Mitarbeiter dürfen zwischendurch auch mal Tischtennis spielen oder auf der Gaming-Konsole zocken, erhalten mehr Flexibilität, frühstücken gemeinsam und arbeiten auch mehr im Team.
Diese kreative neue Arbeitsatmosphäre soll die Software-Entwicklung verbessern und beschleunigen, VW vom reinen Automobilkonzern auch zur Softwarefirma werden lassen. IT-Spezialisten und Mitarbeiter aus den Fachbereichen arbeiten dabei zusammen. Die Rahmenbedingungen beim Arbeiten sollen sich auch auf die Produkte auswirken. Dazu zählen auch die Reduktion von E-Mails und Meetings. Stattdessen arbeiten 2er Teams mit gespiegelten Bildschirmen gemeinsam an neuen Lösungen, wobei die Team-Paarungen häufiger wechseln, damit der Wissensaustausch gesteigert wird. Software-Lösungen schneller zu entwickeln heißt auch: Nicht lange bis zur Veröffentlichung warten, sondern schnell auch Feedback vom Kunden einzuholen und dann die Software sozusagen live zu verbessern.
Zur IAA 2017 schickt Volkswagen daher nun das digitale Ecosystem Volkswagen We ins Rennen. Dieses bündelt unter anderem folgende Ansätze:
Volkswagen Park – bei Parkplatz-Anbietern, die kooperieren, kann man bargeldlos über die VW App bezahlen.
Volkswagen Deliver – macht das Auto zur Packstation, Kooperationspartner können Lieferungen in den Kofferraum des Kundenfahrzeugs legen. Volkswagen hat dazu jüngst eine Kooperation mit DHL verkündet.
Volkswagen Commerce – zeigt für den Kunden relevante Angebote in der Nähe, gemäß Gewohnheiten und Vorlieben für Produkte/Dienstleistungen lernt das System, wann der Autofahrer Hinweise erhalten möchte und wann nicht. Hier hat sich VW die Softwarefirma IBM ins Boot geholt, um diesen lernenden Algorithmus zu installieren.
Volkswagen Car-Net / Volkswagen Connect – die Anbindung des Fahrzeugs reicht von der automatischen Notruffunktion über Live-Verkehrs-Auskunft bis hin zu Concierge-Services im Auto auf Knopfdruck.
Schon jetzt ist App Connect erhältlich, also eine Handy-App, über die man aktuelle Fahrzeugdaten aufrufen kann und z.B. einen Spritspartrainer nutzen kann. Der VW Passat erhält 2018 dann als erstes Fahrzeug eine neue Ausbaustufe der Konnektivität. Die Software-Dienste, die aus der Cloud bedient werden, sind damit auch ständig over-the-air zu updaten, wobei VW dies zunächst auf das Infotainment beschränkt. Komplette Fahrzeugupdates über die Internetverbindung wie bei Tesla, das könnte es frühestens 2019 beim ganz neuen Golf geben.
Um schneller Tritt zu halten, hat Volkswagen neben dem digilab in Berlin schon weitere ähnliche Standorte aufgebaut, ferner werden in der Gläsernen Manufaktur in Dresden einige neue Startups beheimatet und unterstützt. Die Jagd nach neuen Ideen hat begonnen, in den nächsten Jahren wird sich herausstellen, welche zusätzlichen Dienste der Kunde gut annimmt und welche er ablehnt. Und dann wird sich auch ein klassischer Automobilhersteller an neue Vertriebswege gewöhnen müssen, eben über den Mehrwert-Verkauf in Form von Apps oder Dienstleistungen. Jede dritte Autofahrt ist übrigens mehr oder minder mit einem kommerziellen Zweck verbunden, da scheinen die Chancen groß.
Das digital:lab zeigt, dass man mit „Business as usual“ nicht mehr einfach weiterkommt, sondern auch neue Wege gehen muss.