Audi RS3 Fahrbericht 2018

Was ist das schärfste Fahrzeug im Kompakt-Segment? Audi meint: Unser RS3. Stimmt das? Dafür eignet sich am besten eine freie Autobahn, wenn man eine findet. Doch der Audi RS3 kann vielleicht noch mehr. Von Thomas Majchrzak





Exterieur

Mit Einstiegspreisen von 56.000 Euro für die Sportback-Version (Hatch) und 57.000 für die Limousine ist der Audi RS3 für einen Kompaktwagen in der obersten Preiskategorie – mit Extras kann man sogar auf 70.000 Euro kommen. Die grundsätzliche klassische Form bleibt, der RS zeigt aber sportliche Merkmale wie ein so genanntes Blade (also Schwert) unter dem Grill, das sich quer über die Wagenbreite zieht und an den Enden hörnerartig nach oben biegt. Das macht das Auto optisch breiter. Insgesamt ist das komplette Auto scharf geschnitten, rundliche Elemente – sehen wir mal vom Audi Logo ab – spielen praktisch keine Rolle. Von der Seite betrachtet ist der RS einfach ein Audi A3. Bis auf die mächtig ausgestellten Radhäuser. Die 235er 19 Zöller brauchen ihren Platz; vorne sind sogar optional 255er Reifen möglich. Beim Blick auf die Reifen fallen dann die Bremsen auf, groß mit 370 mm Durchmesser vorn und 310 mm Durchmesser hinten, vorne optional auch als Carbon-Keramik Bremsen. Wer schnell fährt, muss auch mal hart bremsen. Die großen Scheiben sehen natürlich auch nett und sportlich aus. Am Heck sind vor allem die überdimensionierten Auspuffrohre bemerkenswert. Erst recht, wenn der röhrende Motor die Blicke darauf lenkt. Der Sound ist eine Klasse für sich dank einer besonderen Zündfolge des 5-Zylinder Motors. Hier ist auch die 1.000 Euro aufpreispflichtige Performance-Abgasanlage verbaut, die man sich im Video anhören kann.

Interieur

Beim ersten Blick in den Wagen denkt man sofort an den normalen Audi A3, das Grundkonzept wurde beibehalten. Im Detail wurde aber eine Menge beim RS im Vergleich zum Familienmodell verändert. Zum Beispiel das Lenkrad, unten abgeflacht überzogen mit einem Mix aus Tierhaut und Alcantara – und Alcantara genau dort, wo auch die Finger beim Fahren zu sitzen haben. Das erhöht die Griffigkeit; selbst bei feuchten Händen und die kann einem das Auto schon bescheren.

Zu haben ist das Auto einerseits mit Sportsitzen und optional mit aus dem Rennsport nachempfundenen Sitzen mit integrierter Kopfstütze. Jeweils komplett in Tierhaut; Stoff oder Alcantara-Varianten zur Auswahl hätten wir gerne gesehen. Die Sitze sind so bequem, wie sie können für eine Sportmaschine und das heißt, da wäre noch Luft nach oben an Komfort. Sitze im RS müssen in erster Linie den Seiten-Halt des Fahrers unterstützen. Sportlich gesehen sind die Sitze top, auf der Langstrecke ist es besser, bei den Basis-Sportsitzen zu bleiben und auf die schalenartigen zu verzichten. In unserem Testwagen ist zusätzlich das RS-Designpaket verbaut, das für noch mehr rote Akzente sorgt, selbst an den Gurten.

Das Armaturenbrett ist sachlich-technisch gehalten, die Instrumentierung mit der Hauptanzeige für die Drehzahl und auch Anzeigen für Leistung und Drehmoment ist stark auf das Thema Sport fokussiert. Das Audi Virtual Cockpit ist optional und sicher eine Variante, über die man nachdenken sollte. Auch hier dominiert ein zentraler Drehzahlmesser mit integrierten Digitalziffern für das Tempo. Weitere Anzeigen zu Drehmoment, Leistung, Reifendruck und g-Kräften runden hier das Bild ab.

Zeitgemäß sind wenige Bedienelemente zu sehen. Vieles lässt sich über den Drehknopf unterhalb des Automatik-Wahlhebels regeln, zum Beispiel die Steuerung des Infotainment-Systems. Das wird beim Start hochgefahren aus dem Armaturenbrett, der Audi A3 ist eins der wenigen Autos, das diese bei vielen beliebte Lösung noch anbietet. Alles was ein modernes Auto braucht, ist in dem sehr einfach zu bedienenden System auch zu finden. Auch die vier verschiedenen Fahr-Modi des RS werden auf dem Bildschirm angezeigt.

Bei den Fahrer-Assistenzsystemen verfügt Audi über einen gut gefüllten Baukasten. Weniges ist Serie im RS3, optional ist das Fahrzeug aber massiv hochzurüsten. Seit dem Facelift im Angebot für das Fahrzeug ist der Stauassistent, der dem Fahrer in dieser Situation die Arbeit abnimmt (bis zu einer Geschwindigkeit von 65 km/h), der Notfallassistent, der das Auto selbst bis zum Stillstand abbremst und der Querverkehrsassistent, der beim Rückwärtsfahren vor Kollisionen warnt.

Auf den Rücksitzen können zwei große Erwachsene übrigens nur mit Mühe untergebracht werden, denn die Supersportsitze sind sehr voluminös – auch deswegen ist man mit den normalen Sportsitzen besser bedient, die dann die Kniefreiheit im Fond nicht so sehr einschränken. Der Kofferraum ist gut für die Kompaktklasse und die Sitze lassen sich auf Wunsch einzeln umklappen. Bei der Limousine ist der Kofferraum länger, beim Hatch ist er dafür besser zu beladen.

Motoren

Angetrieben wird der Audi RS3 von einem überarbeiteten 5-Zylinder Turbo, 2,5 Liter mit 400 PS und 480 Newtonmeter Drehmoment. Der stärkste RS3 aller Zeiten und der stärkste Serien-Fünf-Zylinder weltweit. Wobei Fünf-Zylinder nun nicht gerade häufig sind. Der RS3 hat Allrad mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Der neue Motor hat durch Alu-Bauteile im Gewicht um 27 Kilogramm abgespeckt. Insgesamt wiegt das komplette Auto nur 1.510 Kilogramm. Audi rechnet vor, jede Pferdestärke muss nur 3,78 Kilogramm bewegen. Das macht schon klar, was für ein Geschoss hier gebaut wurde. Öffnet man die Motorhaube, ist überraschend viel zu sehen vom Herz des RS3, sehr kundenfreundlich, da haben die Käufer was zum Vorzeigen.

Fahrverhalten

In nur 4,1 Sekunden geht es von Null auf Hundert. Der Wagen hat eine Launch Control; d.h. nach Ausschalten von ESP, Automatik-Hebel auf S und Wahl des Dynamik-Modus kann man gleichzeitig Bremse und Gaspedal treten und den Motor auf Drehzahl bringen. Nimmt man dann den Fuß von der Bremse, krallen sich die vier Räder in den Asphalt und beschleunigen den RS3 atemberaubend.

Auch im Normalbetrieb lässt die Beschleunigung natürlich keine Wünsche offen. Man merkt den Unterschied zu den 2.0-Liter-Vierzylinder-Hot-Hatches. Durchaus überraschend bei unserer Testfahrt: Der RS3 lässt sich im Normal-Modus absolut alltagstauglich fahren, hat kein nervöses Gaspedal. Andererseits ein kleiner Druck mehr und schon geht die Post ab. Man muss höllisch aufpassen, im Nu sind alle Geschwindigkeitsbeschränkungen überschritten. Im unteren und mittleren Tempobereich ist der RS3 im Innenraum so leise, dass auch akustisch nicht davor gewarnt wird.

Auch in den Kurven überzeugt der RS3 durch seine direkte Lenkung und weil es ein Wagen mit kompakten Abmessungen ist, ist er auch ausgesprochen wendig. Die Bremsen lösen das ein was sie optisch durch ihre Größe versprechen. Es ist eine Freude, mit dem Auto auf kurvenreichen Strecken gern auch bergauf, bergab unterwegs zu sein.

Allerdings stellt diese Fahrweise auch Ansprüche an den Fahrer. Und nach zwei, drei Stunden merkt man, dass die sportliche Sitzposition in den Supersportsitzen letztlich auch fordernd, wenn nicht ermüdend ist. Der RS3 ist eben doch ein kräftiger Sportwagen, auch wenn er außen noch alltagstauglich ausschaut.

Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 250 km/h, auf Wunsch 280 km/h, wenn Audi den Begrenzer entfernt – austesten sollte man das eher nicht. Als Testverbrauch erzielen wir gut 10 l / 100 km – nicht weniger als Downsizing-Motoren, die 400 PS fordern ihren Tribut, wenn man sie denn mal auskostet.

Abmessungen

Länge: 4,23 m (Sportback) 4,48 m (Limousine)
Breite: 1,80 m
Höhe: 1,39 m

Fazit: Der Audi RS3 vermittelt sicheren Fahrspaß, bricht in der Kompaktklasse im gesamten Volkswagen-Konzern mit der Vierzylinder-Regel und kitzelt heraus, was aktuelle konservative Fahrzeug-Technik leisten kann. Das Interieur ist wie gewohnt exzellent verarbeitet, unverständlich sind lediglich die fehlenden sportlichen Oberflächenmaterialien für die Sitze. Der bessere sportliche Kompromiss für den Alltag zum geringeren Preis ist sicher der Audi S3, der RS3 ist dagegen die Sport-Maschine, die mehr kann als die meisten größeren Sportwagen.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak