Porsche Panamera GTS Fahrbericht 2019

In der neuen Generation der Porsche Panamera Reihe kommt nun der Porsche Panamera GTS, der sich unterhalb der Turbo-Modelle positioniert, aber GTS-typisch mit aggressivem Styling und viel Alcantara kommt. Wir haben den Panamera GTS getestet, auch auf der Rennstrecke. Von Thomas Majchrzak

Der Name Panamera leitet sich von der mexikanischen Rennsportveranstaltung Carrera Panamericana ab. In der neuen Panamera-Generation beträgt der Aluminium-Anteil an der Karosserie 45 Prozent, so ziemlich alles, was man von außen sieht, also die obere Schicht, besteht aus Aluminium. Die Verwindungssteifigkeit wurde erhöht. Die Stoßfänger bestehen dagegen aus leichten Plastik-Teilen, das bringt das Gewicht weiter runter und verbilligt auch Reparaturen.

Preislich beginnt die Basisversion bei 91.000 Euro (330 PS), der GTS mit 460 PS liegt „mittig“ bei 139.000 Euro, Spitze der Modellreihe ist der Turbo S E-Hybrid mit 680 PS Systemleistung. Preis: 185.000 Euro.




Exterieur

Sport Turismo in Karmin-Rot

Sport Turismo in Weiß, Mamba-Grün und Silber

Limousine in Sapphir-Blau, Kalk-Weiß/Grau, Karmin-Rot und Mamba Grün

Die Front des Porsche Panamera in der neuen Generation lehnt sich stärker an die markeninternen Kollegen an. Aus manchen Blickwinkeln von vorne mag man ihn sogar kurz mit einem 911er verwechseln. Die Porsche-Modelle rücken also, wie bei vielen Herstellern auch, optisch näher zusammen. Die Leuchten haben an Kante gewonnen, die Frontschürzen sind einheitlicher und horizontaler gezeichnet. In der Länge ist der neue Porsche Panamera um 3,5 cm auf 5,05 m gewachsen, 3 cm davon gehen auf den längeren Radstand zurück. Der Kombi / Sport Turismo hat dieselbe Länge, der Unterschied ist lediglich, dass die Dachlinie aufrecht bis zum Heckabschluss fortgeführt wird. Optisch tut das dem Fahrzeug keinen Abbruch, im Gegenteil. Immer mehr Stimmen melden sich, die den Sport Turismo sogar schöner finden als die Limousine. Felgen gibt es von 19 bis 21 Zoll. Adaptive Heckspoiler gibt es in unterschiedlichen Versionen: Für die Limousine einen „normalen“, der hochklappt, ebenso für die obere Dachabrisskante des Sport Turismo. Für die GTS Limousine kommt darüber hinaus der größere Spoiler vom Turbo, der nicht nur nach oben, sondern auch in einem Klappmechanismus zur Seite ausfährt. Am Heck verbindet wie schon beim 911 Facelift oder beim 718 Boxster eine LED-Leiste die beiden horizontal gezogenen Rückleuchten. Der neue Porsche Panamera wirkt insgesamt eleganter und flüssiger als sein Vorgänger.

Die Hybrid-Variante (sowohl V6 als auch V8) zeigt übrigens Kontraste in Acid Green bzw. Giftgrün, und zwar mit den Panamera-Schriftzügen seitlich und hinten sowie an den Bremszangen. Daran erkennt man dann den Hybrid von außen.

Der Panamera GTS kommt mit größeren Lufteinlässen, kräftigeren Spoilern, adaptiven LED-Scheinwerfern, schwarzer Fensterrahmengrafik, schwarzen 20-Zoll-Felgen und schwarzem GTS-Badge. Porsche nennt das Sport Design Package, es enthält auch Änderungen am Interieur. Hinten sind die LED-Leuchten ebenfalls dunkel unterlegt, die Sport-Abgasanlage sorgt für den GTS-Sound.

Interieur

3-er Rückbank anstatt Einzelsitze

Das vom 918 Spyder inspirierte Lenkrad mit sportlichen Aussparungen ist der Fokus des Fahrers, zudem kann man hier den neuen Fahrmodus-Schalter bedienen, damit man nicht ins Infotainment-System während der Fahrt muss. Das serienmäßige Porsche Advanced Cockpit löst die klassischen Analog-Instrumente ab und stellt außer dem Drehzahlmesser rein digitale Elemente dar, bis hin zur Night-Vision-Camera. Interessant hierbei: Man ist in der Darstellung flexibler, z.B. ist die Standard-Darstellung wie bislang in fünf runde Instrumente geteilt, doch wenn man eine Navi-Route eingestellt hat und die nächste Kreuzung erreicht, wird auf den zwei rechten Elementen der Kartenausschnitt eingeblendet, damit man die Abbiegung nicht verpasst – und das in beiden rechten Rundungen, damit die Display-Fläche größer ist.

Auf dem 12,3 Zoll großen Touchscreen in der Mitte lässt sich das zentrale Infotainmentsystem bedienen, insgesamt ist es doppelt so groß wie das Infotainment-System des Vorgängers. Das Display ist nahtlos in das Armaturenbrett integriert, das sieht gut aus. Der Funktionsumfang ist allerdings derart umfangreich, dass man sich fragt, ob man nicht etwas zu viel des Guten getan hat. Immerhin: Je häufiger wir mit dem Panamera zu tun haben, desto mehr gewöhnen wir uns an den Funktionsumfang. Auf jeden Fall ist eine Vielzahl der Funktionen nicht mehr während der Fahrt ruhigen Gewissens zu verstellen, sondern man muss dem Auto vor der Fahrt eine Art personalisiertes Grund-Setting verpassen wie man es von vielen Computerprogrammen kennt. Gut gelöst ist, dass ein Wechsel der Fahrmodi, etwa von Komfort auf Sport, nicht nur über diesen Touchscreen möglich ist, sondern eben auch über den neuen Fahrmodus-Drehknopf direkt am Lenkrad. So ist diese häufig genutzte Funktion schnell und ohne Ablenkung vom Straßengeschehen einzustellen.

Durch die Modernisierungsmaßnahmen sind im Cockpit viele Knöpfe in der Mittelkonsole verschwunden, ersetzt von kapazitiven Berührflächen, die eine Vibrationsrückmeldung geben. Das räumt das Cockpit ordentlich auf, lässt aber noch genügend Direkt-Bedienmöglichkeiten. Die schwarze Hochglanzoberfläche sammelt allerdings sehr schnell Fingerabdrücke.

Neu für den Panamera führt das GTS Modell nun auch ein Head-Up-Display ein, das man dann auch für alle anderen Modelle bestellen kann. Das HUD ist zudem mehrfarbig.

Die Sitzposition ist wie von Porsche gewohnt sehr sportlich und tief, die Sitze lassen sich elektrisch mit mehr Seitenhalt an Beinen und Schultern versehen. Insgesamt sind die Standard-Sportsitze im Panamera sehr bequem. Zudem hat man ein offeneres Raumgefühl als in den Porsche SUVs. Leider gibt es für die meisten Panamera-Varianten keine Alternativen zu den serienmäßigen Tierhaut-Bezügen der Sitze, es sei denn man geht über das Porsche Exclusive Programm. Die GTS-Version kommt dagegen nun wie gewohnt mit Alcantara auf Sitzen, Innenseiten der Türen und am Lenkrad – serienmäßig im GTS auch beheizt. Auch der Dachhimmel ist sportlich-wohnlich mit Alcantara ausgekleidet. Standard sind für den GTS die Supersportsitze in Schalenform und noch mehr elektrischen Verstellmöglichkeiten. Alternativ kann man ohne Aufpreis sozusagen downgraden zu den normalen Sportsitzen, ebenfalls mit Alcantara auf den Mittelbahnen. Die hart gepolsterten Supersportsitze geben zwar auf der Rennstrecke mehr Seitenhalt und sie sehen sportlich-aggressiver aus, für den Alltag empfehlen wir jedoch in der Tat für mehr Komfort und mehr Bewegungsfreiheit die normalen Sportsitze.

Im Fond bleibt im Sport Turismo noch mehr Kopfraum für große Erwachsene. Während es in der Limousine knapp wird, wenn man sich mit 1,90 m ganz nach hinten lehnt, hat der Sport Turismo hier mehr Freiheit zu bieten, selbst mit Panoramadach. Der Laderaum erhält eine elektrische Ladeklappe, die sehr weit nach oben öffnet. Zudem gibt es serienmäßig eine Rückbank statt Einzelsitze, also ein 2+1 Sitz-Setup. Optional sind auch Einzelsitze für den Sport Turismo erhältlich. Bei der Limousine ist es andersherum, hier sind die hinteren Einzelsitze Standard und die durchgehende Rückbank optional. Die Rückbank ist ebenfalls umklappbar und praktischer umzuklappen als die Einzelsitze, weil dann keine hintere Mittelkonsole nach dem Umlegen übrig bleibt. Das Umklappen geht praktisch per Knopfdruck vom Laderaum aus. Das Ladevolumen beträgt in der Limousine 495 l, im Porsche Panamera Sport Turismo 520 l bis 1.390 l. Wichtigster Vorteil des Sport Turismo ist die ebenere Ladekante, die das Be- und Entladen deutlich erleichtert.

Das optionale Rear-Seat-Entertainment-System funktioniert über Android-Tablets, die entnehmbar sind, man kann diese also auch unabhängig als Tablet nutzen. Das Interessante an der Fahrzeug-Einbindung ist, dass man eine Porsche-Oberfläche behält, d.h. es schaut so aus, als würde man das zentrale Infotainmentsystem vorne bedienen. Somit bleibt man auch beim RSE in der Porsche-Markenwelt. Performance-Liebhaber können sich auch auf den Rücksitzen die Fahrdaten wie den Live-Tacho auf das hintere Tablet holen.

Die Hybrid-Varianten zeigen übrigens zusätzliche Details in Acid Green, etwa die Zeiger für Drehzahl und Chronometer. Im Infotainment-System taucht ein zusätzliches Menü auf für die Hybrid-Elemente und Fahrmodi.

Motoren

Folgende Turbo-Motoren kommen zunächst zum Einsatz, wobei die „4“ direkt Allrad bedeutet, den Sport Turismo gibt es nur mit Allrad. Insofern entfällt das Einstiegsmodell mit Heckantrieb, wie es bei der Limousine erhältlich ist.

Panamera mit 2,9 l V6 Benziner, 330 PS, 5,7 Sekunden 0-100 km/h, ab 91.000 Euro
Panamera 4 mit 2,9 l V6 Benziner, 330 PS, 5,5 Sekunden 0-100 km/h, ab 95.000 Euro
Panamera 4S mit 2,9 l V6 Benziner, 440 PS, 4,4 Sekunden 0-100 km/h, ab 115.000 Euro
Panamera 4 E-Hybrid mit 2,9 l V6 Benziner, 330 PS plus Elektromotor = 462 PS, 4,6 Sekunden 0-100 km/h, ab 109.000 Euro
Panamera GTS mit 4,0 l V6 Benziner, 460 PS, 4,1 Sekunden 0-100 km/h, ab 139.000 Euro
Panamera Turbo mit 4,0 V8 Benziner, 550 PS, 3,8 Sekunden 0-100 km/h, ab 155.000 Euro
Panamera Turbo S Hybrid (nur Limousine) mit 4,0 V8 Benziner, 550 PS plus Elektromotor = 680 PS, 3,4 Sekunden 0-100 km/h, ab 185.000 Euro

Die Sport Turismo Modelle kosten jeweils ein paar tausend Euro Aufpreis.

Alle Motoren werden mit dem neuen Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe versehen. Mit Sport-Chrono-Paket senkt sich die Beschleunigungszeit jeweils noch um 0,2 Sek, diese Zeiten sind hier schon berücksichtigt.

Was fällt auf? Die V6-Hybrid-Variante ist fast mit die schnellste und gleichzeitig die mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Ein klares preisliches Bekenntnis von Porsche zum Thema Hybrid, ebenso nun bei der Top-Variante. Somit überwiegen in Europa schon die Hybrid-Verkäufe, liegen bei 2/3 Anteil in der Modellreihe. Weltweit macht der Hybrid schon fast 1/3 aus, am stärksten ist global noch die Einstiegsvariante, die in den USA und vor allem in China sehr beliebt ist, wo die Motorisierung eine untergeordnete Rolle spielt.

Fahrverhalten

Die ab dem 4S serienmäßige Dreikammer-Luftfederung ermöglicht nicht nur sportliches, sondern auch komfortables Fahren. Der Panamera schwebt sozusagen über der Straße. Bei sportlichen Manövern bleibt er trotzdem rennstreckenkonform. Der GTS ist hierbei vom Setup noch mal etwas sportlicher abgestimmt, sitzt z.B. direkt 10 mm tiefer. Die Abstimmung macht den GTS im Alltag deutlich rauer, aber auf der Rennstrecke agiler. Die Geräuschisolierung ist top, es bleibt also stets auch bei höheren Geschwindigkeiten sehr leise im Porsche Panamera. Ob man den Kombi oder die Limousine fährt, fällt nicht ins Gewicht, das ändert nichts am Fahrverhalten. Auch die Beschleunigungswerte sind identisch, das Gewicht des Sport Turismo liegt minimal höher. Übrigens liegt der Kombi-Anteil in Europa bei gut der Hälfte, weltweit liegt er bei einem Viertel. Viele finden, dass der Sport Turismo sogar besser ausschaut, praktischer ist er allemal. Der Panamera hat in allen Versionen ausreichend Kraftreserven und hat zusammen mit den SUVs deutlich mehr Langstrecken-Komfort als die Porsche-Sportwagen, darum wird er auch gekauft.

Mit dem Hybrid konnten wir übrigens sogar auf 7 l / 100 km Verbrauch kommen. Das ist mit den reinen Benzinern nicht möglich. Der Hybrid ist somit auch der Diesel-Ersatz, denn Diesel gibt es bei Porsche seit der jüngsten Entscheidung gar nicht mehr. Im Panamera GTS im Straßen-Test erzielen wir gut 11 l/ 100 km.

Über das Lenkrad sind die Fahrmodi anwählbar. Auf der Rennstrecke zeigt der Porsche Panamera GTS für sein Segment unerreichte Leistungen. Die Karosserie schwankt kaum nach links und rechts, nur in engen Kurven merkt man das Gewicht, weil es einen nach außen schiebt. Aber dieser Effekt ist angesichts der Größe und des Gewichts vergleichsweise minimal. Erstaunlich. Wenn man bei 3/4 Gas noch mal durchdrückt, kommt noch mal ein massiver Schub. Die 8-Stufen-PDK (Doppelkupplungsgetriebe) sorgt dabei für schnelle Schaltvorgänge. Die Allradverteilung ist bei allen Panamera vorwiegend so gedacht, dass die meiste Kraft auf die Hinterräder geschickt wird, im leichten Fahrbetrieb vielleicht 10 % Prozent nach vorne. Je stärker man beschleunigt, desto mehr wird nach vorne geschoben, z.B. ein Drittel. Bei maximal der Hälfte ist Schluss.

Für mehr Agilität und Alltagstauglichkeit sorgt ferner die optionale Hinterachslenkung, bei niedriger Geschwindigkeit lenken die Hinterräder gegensinnig ein, um den Wendekreis zu verringern, bei höherer Geschwindigkeit gleichsinnig, um das Fahrzeug zu stabilisieren.

Abmessungen

Länge: 5,05
Breite: 1,93 m
Höhe: 1,42 m
Radstand: 2,95 m
Leergewicht: 2.100 kg

Fazit: Der Porsche Panamera GTS ist nicht ganz so extrem wie der Turbo, zeigt aber im Styling die „dunkelste“ Note. Erfreulich sind die sportlichen Alcantara-Akzente im Interieur, das vermittelt gleichzeitig sowohl eine dynamische, als auch eine wohnliche Atmosphäre – und stellt auch die einzige nachhaltige Interieur-Wahl dar. Insofern ist der GTS in puncto Ausstattung die erste Wahl, wobei man für die Alltagstauglichkeit auf die normalen Sportsitze downgraden sollte. Im Alltag muss man die rauere Gangart des Fahrwerks mögen. Ein Standard-Panamera zeigt deutlicher, dass er eine Luftfederung hat, der GTS zeigt seine Sportlichkeit. Rein vom Motor her ist der V6-Hybrid die beste Preis-Leistungs-Wahl, der GTS ist und bleibt eine sehr emotionale Wahl.

Autogefühl: ****

Text & Fotos: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Video: Autogefühl, Holger Majchrzak