Mercedes B-Klasse Test neue Generation

Nach der Mercedes A-Klasse erneuert Mercedes auch die B-Klasse. Sie soll weniger Van sein, sondern etwas dynamischer, aber trotzdem noch viel Platz bietet. Gelingt das? Wir sind die neue Mercedes B-Klasse gefahren, auch mit einem komplett neuen Motor. Von Thomas Majchrzak





Exterieur

Die Mercedes B-Klasse sieht nun etwas weniger van-artig aus, sondern eher wie ein A-Klasse-Kombi. In der Front kommt ein neuer dynamischer Mercedes-Grill, die Scheinwerfer (erhältlich aufsteigend in Halogen, LED, Multibeam LED) laufen Spitz zu und haben entgegen der A-Klasse eine doppelte Tagfahrlicht-Signatur. Die Motorhaube ist deutlich flacher geworden. Im Seitenprofil kommt dann doch noch die klassische B-Klasse zum Vorschein. Die Länge ist geringfügig um gut 4 cm auf 4,42 m gewachsen, 2,5 cm Zuwachs davon geht auf den Radstand. Die neue B-Klasse hat dieselbe Länge wie die neue A-Klasse. Doch die Unterschiede im Interieur sind groß, wie wir später darlegen. Die Felgengrößen betragen 16 bis 19 Zoll. Am Heck erinnert die B-Klasse eher an die Mercedes SUVs, das rundliche Design fließt wie ein Tropfen von oben nach unten ab, die horizontalen Rückleuchten betonen die Breite.

In der AMG-Line, die wir auch hier zeigen, sind Kühlergrill und Spoiler aggressiver gestaltet. Vorne kommt ein Diamant-Pin-Grill zum Einsatz, ferner sind an unserem Testfahrzeug die größten 19-Zoll-Felgen montiert.

Interieur

Die Sitze wurden neu gestaltet, so dass man mehr Kopffreiheit hat. Man sitzt aber immer noch gut 9 cm höher als in der A-Klasse. An den Schultern gibt es vorne nun 3 cm mehr Platz als im Vorgänger. Optional stehen Multi-Kontursitze zur Verfügung, die sogar eine Klimatisierung und Massagefunktion anbieten. Wir zeigen hier die Sportsitze mit dem Sitzbezug-Mix Dinamica Mikrofaser innen und Artico Kunstleder außen – eine perfekte Mischung. Die Sitzfläche ist gerade, man sitzt aufrecht und bequem und hat eine gute Übersicht. Der Basis-Sitz kommt mit Stoffbezug, optional kann man auch einen durchgehenden Kunstlederbezug erhalten, damit man die Sitze z.B. besser abwischen kann. Für den Klima-Komfort sind Stoff und Mikrofaser aber überlegen. Interessant ist auch die neue so genannte Sitzkinetic, eine Funktion, bei der nach der Aktivierung während der Fahrt oder auch im Stand die Sitze immer leicht verstellt werden in verschiedene Richtungen, damit man etwas aktiver sitzt und der Körper dadurch weniger ermüdet. Sehr auffallend ist auch – gerade im Vergleich zu anderen Mercedes-Modellen, dass die Innenseiten der Türen sehr schmal und wenig ausladend sind. Das ergibt ein noch großzügigeres Platzgefühl. Bei unserem ersten Test fällt uns auf, dass die Türen doch ein starkes Zuschwingen benötigen, damit sie richtig schließen. Das kann daran liegen, dass die ersten Testfahrzeuge noch teilweise von Hand gebaut sind, Mercedes verspricht, dass dies bis zur Serienfertigung verschwindet. Wir werden diesen Aspekt im Auge behalten.

Kernaufgabe des neuen Cockpits ist die Digitalisierung. Sie startet mit zwei 7-Zoll-Displays (links für die Instrumente und rechts fürs Infotainment), geht weiter über 7 Zoll links und 10,25 Zoll rechts und gipfelt in zwei 10,25 Zoll Bildschirmen, die optisch dann ineinander übergehen. Endlich gibt es bei Mercedes auch die Touchfunktion für den Screen, die mit der neuen A-Klasse eingeführt wurde. Außerdem kann man das MBUX mit „Hey Mercedes“ ansprechen und Sprachbefehle für Temperatur und Navigation geben – oder sogar die Sitzheizung der Sitze (beide Seiten) aktivieren. Prägnant sind auch die neuen beleuchteten runden Luftdüsen sowie das Dekor-Element auf der Beifahrerseite, das schwungvoll eingefasst ist. Emotional und funktional.

Die Lehne der Rücksitze ist serienmäßig 40:20:40 teilbar, die Fondsitzanlage ist ab Mitte 2019 um 14 cm verschiebbar, um entweder mehr Beinfreiheit im Fond oder mehr Kofferraum zu schaffen. Das Kofferraumvolumen variiert somit von 455 bis 705 Liter, maximal sind 1.540 Liter drin mit umgeklappten Sitzen. Ebenfalls ab Mitte 2019 steht ein umlegbarer Beifahrersitz zur Verfügung, wenn man besonders lange Gegenstände einladen möchten. Auch mit der Basis-Rückbank sitzt man hinten gut und aufrecht, so bequem wie selten in einem Auto. Der geraden Sitzfläche sei dank. Auch im Fond machen sich die schmalen Türinnenseiten bemerkbar, man sitzt hier besser als in mancher Luxuslimousine. Auch die Beinfreiheit ist mehr als ausreichend für vier große Erwachsene. Der Kofferraum ist mit gut 80 cm nicht allzu lang, ganz klar liegt bei der B-Klasse der Fokus auf dem Platz für die Passagiere, im Gegensatz z.B. zu einem Kompakt- oder Mittelklasse-Kombi, bei denen eher der Kofferraum lang gemacht wird. Das Gesamt-Package der B-Klasse ist ausgezeichnet. Was fehlt? Man kann vom Kofferraum aus die Rücksitze nicht entriegeln, sondern nur vom Fond aus.

Motoren

Benziner
B180 – 1,33 l mit 136 PS, 7G-DCT Doppelkupplungsgetriebe
B200 – 1,33 l mit 163 PS, 7G-DCT Doppelkupplungsgetriebe

Diesel
B180d – 1,5 l mit 116 PS, 7G-DCT Doppelkupplungsgetriebe
B200d – 2,0 l mit 150 PS, 8G-DCT Doppelkupplungsgetriebe (dieser Motor feiert Debüt)
B220d – 2,0 l mit 190 PS, 8G-DCT Doppelkupplungsgetriebe (dieser Motor feiert Debüt)

Serienmäßig ist ein 43 Liter großer Tank verbaut, optional ist je nach Motorisierung ein 51-Liter-Tank verfügbar.

Die Motoren mit mehr als 1,5 l Hubraum sind eigene Mercedes-Entwicklungen, die kleineren kommen aus der Kooperation mit Renault.

Fahrverhalten

Neben dem Basisfahrwerk steht ein Komfortfahrwerk mit Tieferlegung und ein Fahrwerk mit adaptiver Verstelldämpfung zur Verfügung. Komfortfahrwerk mit Tieferlegung? Das nennt Mercedes so, weil es zwar 1,5 cm tiefer gelegt ist für eine sportlichere Optik, aber dieselbe Dämpferrate hat wie das Basis-Fahrwerk (also nicht härter). Wählt man eine der Fahrwerksoptionen oder eine der stärkeren Motorisierungen oder auch die 18- oder 19-Zoll-Felgen, erhält man eine andere Hinterachse als in der Basisversion, die dann aufwändiger und vibrationsärmer ist. Nach Mercedes-Angaben soll die Basis-Hinterachse aber nicht unkomfortabler sein, weil man dann gleichzeitig mit geringeren Geschwindigkeiten und kleineren Felgen unterwegs ist.

Wir testen das adaptive Fahrwerk, das in seiner Mischung aus Komfort und Sportlichkeit überzeugt. Schon im Comfort-Modus ist keine nennenswerte Wankneigung zu verspüren. Im Sport-Modus bekommt man dann etwas mehr Rückmeldung von der Straße. Gleichzeitig stellen sich Lenkung und Gasannahme auf den Fahrmodus ein. In der Tat ist der größte Unterschied zur Vorgänger-Generation, dass die B-Klasse nun richtig Freude in den Kurven macht. Sie fährt sich so sportlich wie eine A-Klasse und bietet eben nicht nur die Vielfältigkeit eines Kompakt-Vans, sondern nun auch richtig Fahrspaß. Dazu kommt eine bessere Geräuschisolierung.

Als Motor nehmen wir den neuen 2,0-Liter-Diesel unter die Lupe, den B200 mit 150 PS. Leistung vermissen wir nicht, der Vierzylinder läuft überaus kultiviert – und sehr leise. Man spürt in keiner Situation negativ, dass man „nur“ einen Diesel fahren würde. Zudem bleibt der Verbrauch niedrig, 5 l / 100 km kann man erreichen, mit 6 l / 100 km ist man schon in der Stadt und etwas dynamisch unterwegs.

Die neue Mercedes B-Klasse erhält die Assistenzsysteme aus der S-Klasse und bietet somit den vollen Umfang. Der Notfall-Bremsassistent ist weiterhin serienmäßig, optional gibt es die adaptive Geschwindigkeitsregelung Distronic sowie einen erweiterten aktiven Bremsassistenten (beide zu empfehlen). Wir konnten exklusiv die Assistenzsysteme mit Übungs-Hindernissen testen. Die B-Klasse reagierte auf eine Fußgängersimulation, auf ein plötzlich bremsendes Fahrzeug und auch auf ein stehendes Fahrzeug einwandfrei. Womöglich eine der besten Integrationen von Assistenzsystemen. Auch die automatische Einpark-Funktion (optional) funktioniert gut und schnell. Wer keine Lust hat, selber einzuparken, hat hier nun eine neue Möglichkeit.

Abmessungen

Länge: 4,42 m
Radstand: 2,72 m

Fazit: Die neue Mercedes B-Klasse ist im Design außen dynamischer geworden, im Innenraum gibt es etwas mehr Raum auf den Sitzplätzen. Das Interieur ist deutlich moderner und aufgeräumter geworden und bietet die höchste Digital-Ausbaustufe bei Mercedes mit einer hervorragenden Spracherkennung. Insgesamt ist die B-Klasse weiterhin die „cleverste“ Wahl bei Mercedes und zusammen mit dem neuen leisen, kultivierten, sparsamen und nun auch überraschend sportlichen Fahrverhalten mit Freude sogar bei dynamischen Kurvenfahrten muss man rein objektiv ganz trocken sagen: Die neue B-Klasse ist der im Gesamtpaket bislang beste Mercedes.

Autogefühl: *****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Video: Autogefühl, Jonas Bomba