BMW 7er Facelift Fahrbericht 750i V8 vs 745e Plugin-Hybrid

Der BMW 7er erhält zur Mitte des Lifecycles ein Facelift, das vorwiegend beim vorderen Erscheinungsbild sowie beim Infotainment und bei den Benzin-Motoren inkl. Hybrid Hand anlegt. Wir haben die Details und sind den V8 sowie den neuen Plugin-Hybrid gefahren. Von Thomas Majchrzak





Exterieur

Die BMW-Doppelniere ist nun noch größer geworden – und sie leitet optisch in die nun flacheren Scheinwerfer über, die serienmäßig mit adaptiver LED-Technik kommen und optional mit Laserlicht mit 600 m Fernlicht-Reichweite. Die BMW-Nierenstäbe agieren aktiv, beim „Active Air Stream“ erfolgt die Luftzufuhr nur bei Bedarf, um den Strömungswiderstand zu optimieren. Die gesamte Front wurde um 5 cm angehoben, um die Präsenz auf der Straße zu stärken. Die hier gezeigte Farbe: Bernina-Grey.

Die Seitenlinie zeichnet die einer klassischen Limousine. Mutiger ist der Chrom-Kontrast im unteren Bereich, der beim Luftauslass bei den Radhäusern beginnt. Dieser sorgt dafür, die Luftverwirbelungen im Radhaus zu reduzieren. 18-Zoll-Leichtmetallräder sind Basis, wobei wohl kaum ein 7er mit diesen Felgen unterwegs sein wird. Unser Testfahrzeug zeigt die größten in 20 Zoll. Ein weiteres Highlight ist das Umgebungslicht, das nicht wie bei anderen Fahrzeugen unterhalt der Spiegel montiert ist, sondern im Bereich der seitlichen Chromspange. Das Licht zaubert dann BMW-Flügel an die Seite des Fahrzeugs.

Der G11 / kurzer Radstand ist übrigens 5,10 m lang, der G12 / langer Radstand kommt auf 5,24 m.

Die Heckleuchten wurden ebenfalls überarbeitet, sie sehen nun dreidimensionaler aus. Ferner spannt sich ein Leuchtenband über die komplette Breite. Im unteren Bereich kommen nun immer dieselben Auspuff-Zierblenden, egal, welche Motorisierung man nimmt.

Im Bereich der Fahrgastzelle hat BMW bei dieser 7er-Generation auch Karbon verwendet, um das Fahrzeug leichter zu machen. Insgesamt besteht es aus einem Mix aus Stahl, Aluminium und Kohlefaser, hat im Schnitt gut 200 kg abgespeckt im Vergleich zur Vorgänger-Generation und zählt zu den leichtesten Oberklasse-Limousinen, er bringt es auf nur 1.800 kg Leergewicht (wenn man beim kleinen Motor bleibt).

Interieur

BMW hat im Interieur im 7er einst die Gestensteuerung eingeführt, um das Bedienen einfacher zu machen. So ist es möglich, mit einer Drehbewegung des ausgestreckten Zeigefingers die Lautstärke hoch- oder herunterzuregeln. Ferner kann man für die Geste „Zeigefinger und Mittelfinger nach vorne gestreckt“ eine Funktion zuordnen – etwa jüngste Anrufe aufrufen, Sound auf mute stellen oder zur Heimatadresse steuern. BMW hat für das Facelift mehr Infotainment draufgelegt: Links kommen nun immer Digitalinstrumente in 12,3″, rechts ein neues 10,25″ Infotainment-System mit der neusten Software. Und das enthält die Sprachbedienung, die ab sofort die wichtigste Input-Funktion werden kann. Aktivieren kann man sie per Knopf am Lenkrad oder mit „Hey BMW“, und dann kann man die Temperatur verändern, Navigationsziele eingeben oder den neuen Well Being Mode aktivieren, der Ambiente-Licht, Massagesitze und Sitzheizung zugleich verändert, damit man sich besser entspannen kann.

Trotzdem sind hier noch recht viele Knöpfe geblieben: Wer gerne noch an einem dicken Knopf für die Temperatur dreht, ist hier richtig. Während der Fahrt ist das deutlich sicherer und schneller, als wenn man am Infotainment-System herumspielt. Optisch auffällig ist das Spangen-Design, dass also die Form des nach oben ragenden Bildschirms unten durch die Spange rund um die Klima-Einheit wieder aufgegriffen wird. Die Anzeige für die Lüftungsstärke und die Sitzheizung, rein kapazitive Felder mit Hintergrundbeleuchtung, ist eine nette Spielerei. Qualität und Verarbeitung sind überaus gut. So tragen zum Beispiel alle Schalter eine echt metallisierte Oberfläche. Heißt, sie müssen nicht komplett aus Metall bestehen, aber zumindest ist es die Oberfläche.

Eine Variante mit Stoff-Polsterung für die sehr bequemen Sitze, Alcantara oder aber dem gerade in den USA weit verbreiteten Sensatec Kunstleder von BMW gibt es für den 7er leider nicht, das wäre wünschenswert. Echte Tierhaut „Dakota“ ist leider Standard. Ansonsten muss man sich erfreulicherweise kaum mit Extras beschäftigen. Es gibt zwar viele, aber im Grunde genommen könnte man einen 7er BMW auch mit Basis-Ausstattung nehmen, denn dazu zählt:

– Sitzheizung für Fahrer und Beifahrer
– Edelholzausführung Fineline hochglänzend mit Blende Aluminium Fußmatten in Velours
– Ambiente-Beleuchtung
– 2-Zonen Klimaautomatik
– Blende und Tasten in metallisierter Oberfläche
– Adaptiver LED-Scheinwerfer
– BMW Gestiksteuerung
– Elektrische Einparkhilfe Park Distance Control (PDC) vorn und hinten
– Navigationspaket ConnectedDrive mit Navigationssystem Professional
– 12 Lautsprecher

Auch bei hochpreisigen Fahrzeugen ist das Navi häufig nicht inkludiert, hier ist es endlich einmal der Fall.

Platz gibt es vorne natürlich massig. Auffällig ist, dass der Fahrer besonders viel Platz für die Füße hat, auch für den linken Fuß zum Abstellen. Im Fond dagegen bleibt zwar auch in der Limousine mit kurzem Radstand genügend Kopf- und Kniefreiheit für 1,90 m Personen, doch das haben wir teilweise schon in der Kompaktklasse erlebt. D.h. die Raumausnutzung bleibt für ein Oberklasse-Fahrzeug eher mäßig, hier hätte man mehr herausholen können. Die Version mit langem Radstand bietet dann natürlich deutlich mehr Beinfreiheit. Für die Rückbank gibt es folgende Optionen: Basis-Rückbank mit 3 Sitzplätzen, elektrisch verstellbare Rückbank, dann nur für die LWB-Varianten (long wheel base) das Executive Seating mit zwei Einzelsitzen und Liegeposition (Beifahrersitz geht nach vorne und klappt einen Fußschemel aus) sowie als finale Option eine Mittelkonsolen-Trennung mit zusätzlicher Klima-Einheit und Klapptisch. Dahinter kann man ferner einen Flaschen-Kühlschrank platzieren. Der Kofferraum ist limousinen-gemäß unpraktisch (Ladehöhe ca. 60 cm), bietet aber immerhin Länge, gut einen Meter – und 530 l Volumen. Allerdings ist auch hier die Breite recht eingeschränkt. Ein Platzmeister ist der 7er also nicht. Beim Plugin-Hybrid ist die Höhe des Kofferraums weiter eingeschränkt, wobei man den vorderen Bereich der Ladeabdeckung in der Nähe der Ladekante herablassen kann, so dass man dort auch noch Rucksäcke aufrecht hinstellen kann.

Ein technisches Highlight beim 7er (aber durchaus klobig beim Einstecken) ist der dicke Schlüssel, der ein Computer für sich ist. Hier sieht man auf dem Display, wie viel Reichweite man noch hat, ob Türen und Fenster geschlossen sind und einiges mehr. Hat man optional die Remote-Parking-Funktion gewählt, kann man mit dem Schlüssel auch seinen 7er BMW in eine enge Garage einparken lassen und vorher aussteigen.

Motoren

Benziner
730i – 2 Liter 4-Zylinder (nur in Asien erhältlich)
740i – 3 Liter 6-Zylinder mit 340 PS – Basispreis gut 90.000 Euro
745e – 3 Liter 6-Zylinder mit 394 PS Systemleistung, reine elektrische Reichweite 50 km (10,4 kWh Batterie, nachladen mit max. 3,6 kW komplett in 4 Stunden) – Preis gut 100.000 Euro
750i – 4,4 Liter 8-Zylinder mit 530 PS (nur mit Allrad) – 3,9 Sek. 0-100 km/h
M760Li – 6,6 Liter 12-Zylinder mit 585 PS (nur mit Allrad und auch nur als Langversion) – Preis gut 175.000 Euro

Später wird auch noch ein Plug-In-Hybrid 740e verfügbar sein, dann mit Vierzylinder plus Elektromotor. Die rein elektrische Reichweite soll 40 km betragen. Und ohne Elektromotor wird der Vierzylinder als 730i verfügbar sein, vermutlich primär für den chinesischen Markt.

Diesel
730d – 3 Liter 6-Zylinder mit 265 PS (auch mit Allrad verfügbar) – Basispreis gut 90.000 Euro
740d – 3 Liter 6-Zylinder mit 320 PS (auch mit Allrad verfügbar)
750d – 3 Liter 6-Zylinder mit 400 PS (nur mit Allrad)

Alle Versionen gibt es auch als Lang-Variante, dann wird jeweils ein “L” vor das d oder das i gestellt (z.B. 740Li).

Fahrverhalten

Serienmäßig kommt der 7er BMW mit einem 8-Gang Steptronic Getriebe, das beinahe unbemerkt die Gänge durchschaltet. Noch geschmeidiger fühlt sich aber die serienmäßige adaptive Luftfederung an, die wohl-schaukelnd alle Bodenwellen ausgleicht, ein Fahren wie auf Wolken. Fährt man langsam, liegt der Fokus beim Komfort. Je schneller man fährt, desto mehr Rückmeldung gibt die Federung von der Straße. Dadurch kann man den 7er auch sportlich bewegen. Für die Größe ergeben sich beachtliche Dynamik-Leistungen. Hilfreich dabei ist auch die Hinterachslenkung, die bei niedrigen Geschwindigkeiten die Hinterachs-Räder gegensinnig einlenkt und bei höherer Geschwindigkeit parallel.

Den BMW 740i rein als Benziner sind wir bereits gefahren. Schon beim 740er geht es in gut 5 Sekunden von 0 auf 100 km/h, das reicht dicke. Leistung wird kaum jemand vermissen. Der Motor fühlt sich einfach so ausgereift und perfekt an, eine angenehm dezente Akustik gepaart mit extremer Laufruhe. Dabei kann man auf der Autobahn durchaus sparsam fahren, 8,5 Liter sind realistisch für eine reine Autobahn-Nutzung. Bei Stadtverkehr geht es dann eher gen 10 Liter, aber das ist auch noch akzeptabel. Es zeigt sich der Vorteil der Leichtbauweise für so ein großes Fahrzeug. 10 Liter Verbrauch haben wir teilweise mit 2-Liter-Benzinern in der Kompaktklasse.

Diesmal testen wir den 4,4 l V8 mit 530 PS, der einen etwas grollenderen Sound hat als der Sechszylinder, wobei der Klang beim 7er bewusst etwas zurückhaltend gestaltet ist, wohingegen der Motor deutlich lauter bei den SUVs oder gar bei der 8er-Serie klingt. Der Durchzug ist kräftig, durch den Allradantrieb wird die Kraft auch gut auf die Straße gebracht. Die Ruhe und die Souveränität, mit der man den V8 gleichzeitig fahren kann, ist schon toll. Allerdings steht da schnell auch 14 l / 100 km auf der Uhr, was für 2019 inaktzeptabel ist. Insofern macht es da also Sinn, eine Alternative zu suchen.

Eine Alternative ist der neue Plugin-Hybrid, der nun nicht mehr an den 4-Zylinder, sondern an den 6-Zylinder gekoppelt ist. Hier geht es in 5,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h, also ebenfalls rasant, wenn Verbrenner und Elektromotor zusammenspielen. Haupt-Sinn ist aber, hier rein im elektrischen Modus zu fahren, und gut 45 km kann man wirklich realistischerweise rein elektrisch erreichen. Fürs elektrische Pendeln kann das in vielen Fällen also reichen. Und man kann tatsächlich weitgehend im elektrischen Modus bleiben, nur beim absoluten Kickdown wechselt der 7er Plugin-Hybrid zum zweifachen Antrieb. Geht man von direkt per Taste in den Hybrid-Modus, muss das nicht heißen, dass der Verbrenner sofort aktiviert wird. Wenn man rollt oder nur langsam beschleunigt, bleibt auch hier der Elektrofokus. Und es passt zum Auto, das leise Dahingleiten.

Überzeugend sind auch die optionalen Kamerasysteme, mit denen man zum Beispiel eine gute Übersicht beim Einfahren in eine Tiefgarage erhält. Kleine orangefarbene und rote Plättchen zeigen dann an, wo es eng wird – und man sieht es auch live auf der Kamera. Bei der Breite des Fahrzeugs ist das auch bitter nötig. Neu verfügbar ist nun ein Park-Hilfs-Paket, das sowohl einen Assistenten beinhaltet, der beim Rangieren denselben Weg wieder automatisch langsam zurückfährt, praktisch, wenn man z.B. aus einer engen Einfahrt wieder rückwärts raus muss, weil man z.B. doch nicht weiter kommt oder doch nicht wenden kann. Funktioniert super. Auch der Einpark-Assistent funktioniert sehr gut, einmal aktiviert erkennt dieser eine Parklücke und parkt dann vollautonom ein. Auch eine automatische Dashcam ist nun verfügbar, die die letzten Sekunden eines Ereignisses festhalten kann.

Die weiteren Fahr-Assistenzsysteme sind wie von BMW gewohnt ausgereift, getestet haben wir die adaptive Geschwindigkeitsregelung und auch den Lenkassistenten, der einen in der Spur hält. Eigentlich fährt der BMW 7er damit semi-autonom, nur die Hände muss man noch am Lenkrad halten, weiter will man aus gesetzlichen Gründen noch nicht gehen. Der Verkehrsassistent fährt automatisch im Stau wieder an.

Abmessungen

Länge: 5,10 – 5,24 m (Langversion)
Breite: 1,90 m (ohne Außenspiegel)
Höhe: 1,47 m
Radstand: 3,07 – 3,21 m (Langversion)
Leergewicht: 1.800 – 2.070 kg

Fazit: Der BMW 7er ist mit dem Facelift noch prägnanter und markanter, weil die Front komplett geändert wurde. Weiterhin zeigt der 7er sein durchdachtes Leichtbaukonzept, das sich unmittelbar auf den Verbrauch auswirkt – mit dem richtigen Motor. Schon mit dem 740i ist man mehr als ausreichend motorisiert, gerade mit den jüngsten Power-Upgrades für die Benziner. Der V8 macht Laune, verbraucht aber zu viel. Der neue Plugin-Hybrid kann da eine gute Alternative sein. Die Luftfederung hebt den Fahrkomfort auf ein extrem hohes Niveau, sowohl beim Cruisen als auch beim Schnellfahren. Und auch die gesamte Verarbeitung überzeugt. Das Interieur zeigt einen grundsätzlich konservativen Ansatz leider ohne Tierhaut-Alternative, das Infotainment-System-Update bringt nun alles auf den neusten Stand – nur Android Auto gibt es nach wie vor nicht, nur Apple CarPlay (wireless). Visuell bleibt die nun riesige Doppelniere in Erinnerung, an die man sich aber beim realen Auto schnell gewöhnt hat.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Video: Autogefühl, Jonas Bomba