One 4 Leather – Die Lederindustrie bläst zur großen Einflussnahme

In der Autoindustrie und bei Autokäufern wird das Bewusstsein für einen nachhaltigen und tierfreundlichen Innenraum immer größer. Die Qualität an Stoffen und Kunstledern nimmt derweil zu, so dass kein Autokäufer auf einen gewohnten Look oder ein gewohntes Gefühl verzichten muss. Schließlich kauft man lieber ein hochwertiges Material, bei dem klar ist, dass dafür weder Mensch noch Tier leiden musste. Die Lederindustrie nimmt diesen Trend wahr, aber stellt ihre Produktion nicht auf neue Gegebenheiten ein. Stattdessen startet sie unter dem Label „One 4 Leather“ eine neue PR-Vereinigung, in dem sich die größten Lederproduzenten bündeln und gemeinsam die Werbetrommel rühren. Der Gründungskongress findet übrigens in München statt, nach eigenen Angaben bewusst, um eine Nähe zum Autobauer BMW zu suggerieren, der damit unfreiwillig vereinnahmt wird.

Ein großer Teil der neuen Strategie ist es auch, Journalisten, Influencer, Blogger, YouTuber und Mitarbeiter der Autoindustrie zu beeinflussen. Wir möchten vorab darauf aufmerksam machen, so dass Leser/Zuschauer und Mitarbeiter der Autoindustrie wissen, was auf Sie zukommt. Wenn in bestimmten Kanälen also plötzlich besonders positiv über Tierhaut-Leder gesprochen wird, kann man also besser einordnen, wieso. Nach einem Kampagnen-Papier, das der Redaktion vorliegt, soll die Aktion bewirken, dass sich „Die Menschen wieder in das Material Leder verlieben“. Der Autogefühl-Redaktion wurden hierzu allein im ersten Schritt mindestens 15.000 Euro angeboten, um Tierhaut-Leder in einem positiven Licht darzustellen. Ja, Medien benötigen Werbe-Partner, um zu überleben. Auch wir freuen uns daher natürlich über Anzeige-Buchungen, die hier auch so gekennzeichnet sind. Wir wehren uns aber strikt gegen jegliche redaktionelle Einflussnahme. Und wir stellen keine Fakten um, nur, weil jemand dafür bezahlt. Unser Video thematisiert unsere Reaktion auf die versuchte Einflussnahme:

Jens Stratmann von Rad-Ab wehrt sich ebenfalls gegen Einflussnahme und hat der Thematik ferner einen Artikel gewidmet, zudem ist in Videoform auch ein ausführliches Interview auf Deutsch erschienen:

Wer sich für das Thema interessiert, hier noch einige nützliche Informationen.

Rein praktische Gründe gegen Tierhaut-Ledersitze:

1. Ledersitze werden im Sommer heiß und man bleibt ggf. mit der Kleidung daran „kleben“.
2. Im Winter ist die Oberfläche dagegen sehr kalt.
3. Auf Stoff oder Mikrofaser benötigt man weder Sitzkühlung und ggf. auch keine Sitzheizung.
4. Einige Ledersitze werfen schnell falten und sehen schnell sehr abgenutzt aus.
5. Allergiker können Probleme wegen der eingesetzten Chemikalien bekommen.
6. Wer gerne den Leder-Look haben möchte oder gerne glatte Sitze „abwischt“, wenn sie dreckig werden (Hunde, Kinder…), kann auf hochwertige Kunstleder zurückgreifen.

Nachhaltigkeitsgründe (Mensch, Tier, Umwelt):

1. Leder ist kein einfaches Nebenprodukt der Fleischindustrie, in vielen Produktionen wird gezielt für die Haut gezüchtet und geschlachtet, zum Teil unter völlig inakzeptablen Bedingungen:

2. Die Diskussion, für welches Körperteil zuerst geschlachtet wurde, ist im Grunde eine groteske Diskussion, in jedem Fall unterstützt man durch den Kauf von Leder finanziell die Massentierhaltung. Wenn die Fleischindustrie behaupten würde, dass Fleisch nur ein Nebenprodukt der Lederproduktion sei, würde man dies nicht glauben. Andersherum ist es aber nicht glaubwürdiger.
3. Die Haut der Kuh ist der profitabelste einzelne Teil, das zeigt erneut die finanzielle Bedeutung für die Industrie.
4. Wenn es sich lediglich um ein Neben- oder Abfallprodukt handeln würde, dann würde es nicht für immense Aufpreise verkauft.
5. Der Großteil der Tierhaltung und Lederproduktion geschieht in Ländern ohne Umweltstandards, was dazu führt, dass Menschen giftigen Chemikalien ausgesetzt sind und tödlich krank werden, eine eindrucksvolle ZDF-Doku zum Thema Leder gibt es hier:

Minute 27:46 ist insbesondere wichtig in puncto Tierleid, und im Anschluss sieht man auch das verseuchte Wasser, aus dem auch Kinder trinken müssen.

6. Insgesamt sind die Auswirkungen an Wasser-, Ressourcen-, und Chemikalien-Verbrauch immens.
7. Stoffe und Kunstleder werden dagegen häufig aus Recycling-Materialien hergestellt, der ggf. neue dafür benötigte Kunststoff hat zudem nur einen minimalen Teil an der Kunststoff-Industrie, die wiederum einen nur kleinen Anteil am weltweiten Ölverbrauch hat (Hauptverbrauch: Kraftstoff, Heizung).
8. Noch besser/nachhaltiger sind neue Konzepte auf Basis z.B. von Ananas-Blättern (Pinatex), Myzelien (Pilze) und Kork. Es gibt sogar schon Methoden, wie man Hautzellen im Labor wachsen lassen kann, ohne dass man dafür Tiere schlachten muss.

Einen guten Einstieg in das Thema und die Verbindung zum Automobil liefert auch ein weiterer Artikel auf unserer Homepage.

Und auf Englisch eine sehr umfassende Übersicht zum Thema.

Und noch eine Auswahl von neuen Autos, die mit einem hochwertigen, zum Teil schon komplett tierfreien Innenraum auskommen:

Wer sich für das Thema „Vegane Autos“ noch weiter interessiert:

Hier eine umfassendere Liste von Autos, die man tierfrei kaufen kann.