Mercedes GLE 350d Fahrbericht 2020

Die neue Generation des Mercedes GLE bringt einen moderneren Innenraum sowie neue Fahrwerkstechnologien. Zudem wächst der GLE etwas und vermittelt mit optional 7 Sitzen ein wenig zwischen dem bisherigen GLE und dem GLS. Produziert wird der GLE wie bisher in Tuscaloosa (Alabama/USA). Den neuen GLE sind wir bereits als Benziner gefahren, als GLE 450. Nun folgt die für den hiesigen Markt wichtige Variante Mercedes GLE 350d im Fahrbericht. Von Thomas Majchrzak

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Exterieur

In der Front bleibt der GLE sich mit der prägnanten Motorhaube treu. Die beiden Tagfahrlichter formen sozusagen zwei Boomerangs – dort taucht dann auch der Blinker während des Abbiegevorgangs auf. Die Hauptscheinwerfer-Einheit, die Basis mit LED kommt, kann man optional mit einem Multibeam-LED-Fernlicht ausstatten, das 650 m reicht. Entweder gibt es im Kühlergrill waagerechte Doppelstreben oder ein Punkt-Design in der AMG-Line, letztere dann auch mit prägnanteren Spoilern. Zudem sind im sportlichen Look die Radhäuser in Wagenfarbe gehalten und nicht im Crossover-Look. Der neue Mercedes GLE wächst um gut 10 cm auf 4,92 m, 8 cm Zuwachs davon gehen auf den nun längeren Radstand. Die Felgengrößen betragen 18 bis 22 Zoll. Durch die sich rasch senkende C-Säule und das abgetrennte hintere Fenster wirkt der neue GLE allerdings irgendwie kürzer als er ist. Die Form der C-Säule ist ein charakteristisches Merkmal des GLE. In der Heckansicht schließlich hat sich eigentlich am meisten getan, denn die Heckleuchten sind horizontal arrangiert, so dass der GLE am Heck nun agiler wirkt.

Interieur

Das Interieur zeichnet sich durch eine neue Digitalisierung aus, zwei waagerechte 12,3“ Bildschirme bilden serienmäßig eine Einheit. Optional erscheinen Informationen auch auf einem Head-up-Display im Blickfeld des Fahrers – und das auf einer wirklich sehr großen Fläche. Das neue MBUX Infotainment-System ermöglicht auch eine freie Spracheingabe, etwa um Temperatur oder Navigationsfunktionen zu steuern. Die Eingaben funktionieren sehr zuverlässig und sind derzeit führend. Das System kann auch die Hand des Fahrers von der des Beifahrers unterscheiden, weiß also, bei wessen Sitz zum Beispiel die Massagefunktion eingestellt werden soll. Allerdings ist diese Funktion weitgehend überflüssig, weil man direkt die jeweilige linke oder rechte Play-Taste für den Fahrer- oder Beifahrersitz wählt. Die optionale Massagefunktion ist überzeugend. Generell ist das Cockpit-Setup horizontal angeordnet, etwa auch die vier Rundeck-Lüftungsdüsen, die nebeneinander zentral angeordnet sind. Als Zitat der Offroad-Fähigkeit teilen Griffe die untere Mittelkonsole. Die Material-Qualität ist sehr hochwertig, ein optimales Komfort- und Luxus-Erlebnis.

Als Bezüge startet der GLE in der optimalen Kombination Stoff innen und Artico Kunstleder außen – das ist nachhaltig, sieht gut aus und sorgt für den besten Klimakomfort Sommer wie Winter. Wählt man das AMG-Interieur-Paket, erhält man die Mischung Dinamica Mikrofaser innen und Kunstleder außen – ebenfalls zu empfehlen. Ferner stehen auch komplette Artico-Bezüge in Schwarz, Braun oder Beige zur Verfügung, wenn man eine einfacher abzuwischende Oberfläche wünscht.

Die zweite Sitzreihe ist entweder komplett fix, optional kann man sie elektrisch verstellen (10 cm in der Länge sowie Lehnen-Neigung). Die Beinfreiheit ist im Fond generell um gut 7 cm gegenüber dem Vorgänger gewachsen, in der Tat haben hier selbst große Erwachsene massig Platz – hier hat der GLE gegenüber dem BMW X5 die Nase vorn. Allerdings fällt die Sitzfläche auch nach hinten etwas ab, das ist eher unbequem auf längeren Fahrten. Überm Kopf gibt’s 3 cm mehr Platz als im Vorgänger. Das Umlegen der Fondlehne geschieht optional elektrisch über eine separate Schalterleiste im Gepäckraum. Das Volumen dort beträgt 825 l bis 2.055 l (45 l Zuwachs gegenüber dem Vorgänger). Optional kann man sich eine dritte Sitzreihe bestellen, zu der man ebenfalls über den elektrischen Klappmechanismus kommt, in diesem Fall werden die Rücksitze etwas angehoben und nach vorne geschoben.

Motoren

Benziner
GLE 350 – 2,0 l 4-Zylinder mit 300 PS
GLE 450 – 3,0 l 6-Zylinder mit 367 PS (Mild-Hybrid) – 5,7 Sek. 0-100 km/h – ab 73.000 Euro

AMG GLE 53
3,0 l R6 mit 435 PS (mit Mildhybrid)
5,3 Sek. 0-100 km/h
Weitere Extras für die AMG-Variante:
– AMG-Luftfahrwerk mit elektromechanischer Wankstabilisierung
– 20 bis 22″ Felgen sowie kräftigere Spoiler
– Sport Abgasanlage
– Sport-Sitze mit Dinamica Mikrofaser innen plus Artico Kunstleder außen
– Armaturenbrett in Artico

GLE 580 – 4,0 l V8 Biturbo mit 489 PS (Mild-Hybrid)

Mercedes GLE 63 (S) AMG
AMG 4,0 l V8 Biturbo mit 571 oder 612 PS (Mild-Hybrid jeweils)
4,0 / 3,8 Sek.
– AMG-Luftfahrwerk mit elektromechanischer Wankstabilisierung (- 10 mm im Sport-Modus oder oberhalb von 120 km/h)
active roll stabilisation system
– 20″ Felgen (Standard), 21″ (S-Modell Standard) bis 22″ Felgen sowie kräftigere Spoiler
– Größere Bremsen, optional Keramik
– Tierhautsitze Standard
– Im S-Modell Dinamica-Mikrofaser Lenkrad Standard

Diesel
GLE 300d – 2,0 l 4-Zylinder mit 245 PS – 7,2 Sek. 0-100 km/h – ab 66.000 Euro
GLE 350d – 3,0 l 6-Zylinder mit 272 PS – 6,6 Sek. 0-100 km/h
GLE 400d – 3,0 l 6-Zylinder mit 330 PS – 5,8 Sek. 0-100 km/h

Diesel-Plugin-Hybrid
GLE 350de – 2,0 l 4-Zylinder mit 320 PS Systemleistung – 6,8 Sek. 0-100 km/h
31 kWh Batterie, ca. 100 km elektrische Reichweite
Nachladen AC 7,4 kW und 60 kW DC möglich

Später folgen:
Benziner-Plugin-Hybrid
V8-Benziner

Fahrverhalten

Standard ist ein Stahlfahrwerk. Ebenso kann man wie bislang eine klassische Luftfederung wählen. Diese ist auch die Voraussetzung für die höchste Fahrwerks-Ausbaustufe. Denn besonderes Highlight im neuen Mercedes GLE ist die zusammen mit der Luftfederung 8.000 Euro teure E-Active Body Control (nicht für Vierzylinder). Hier setzt Mercedes auf eine Hydropneumatic, so dass jedes einzelne Rad in der Dämpferrate individuell geregelt werden kann. Das soll Bewegungen der Karosse zu jeglicher Seite entgegenwirken – ein Grund, weshalb Mercedes im neuen GLE keine separate Wankstabilisierung wie die Konkurrenz anbietet. Dafür kann sich das aktive Fahrwerk z.B. im Sand freirütteln, in dem es das Fahrzeug regelrecht aufschaukelt. Auf der Straße wiederum neigt sich der GLE im „Curve“-Modus wie ein Motorrad in die Kurve und reduziert beim Kurvenfahren die Querkräfte. Eine beeindruckende Technologie, die man schon aus dem Mercedes S-Klasse Coupé z.B. kennt, erstmals nun umgesetzt für ein großes SUV. In der Tat reduziert die Curve-Funktion die Fliehkräfte in den Kurven, zugleich ist das Fahren dynamischer und fühlt sich ungewohnt futuristisch an. Die normale Luftfederung tut allerdings auch ohne die Super-Technik gute Dienste, bietet mit den besten Komfort im Segment. Ein BMW X5 fährt sich sportlicher, der Mercedes GLE siegt im Komfort.

Den Mercedes GLE kann man weiterhin im 2.000 Euro teuren Offroad-Paket (nur für GLE 450) mit einer Untersetzung bestellen, zusammen mit dem neuen Fahrwerk soll sich dadurch eine nie dagewesene Offroad-Fähigkeit ergeben. Der Allradantrieb arbeitet variabel und verteilt das Drehmoment je nach Situation zwischen Hinter- und Vorderachse. Überdies ist fürs Offroadfahren auch eine Sperrwirkung verfügbar. Das ist zumindest alles so bei den Sechszylindern. Bei den Vierzylinder-Modellen startet der Allradantrieb mit einem Standard-Setup von 50:50. Der Vortrieb erfolgt in jedem Fall sehr harmonisch.

Wir testen zunächst den Mercedes GLE 450, den 6-Zylinder-Benziner mit 367 PS. Hier ist ein 48-Volt-Bordnetz dabei, ein Mild-Hybrid-System, mit dem man beim Rollen/Bremsen in eine Fahrzeugbatterie rekuperieren kann. Ob es daran liegt oder einfach am ausgereiften Motor, dass der Verbrauch niedrig bleibt, kommt wohl auf die Fahrsituation an. Jedenfalls kommen wir auf gut 9 l / 100 km, was für ein Fahrzeug dieses Bautyps niedrig ist. Ist Kraft gefragt, zeigt sich der Sechszylinder sehr kultiviert und macht auch Fahrfreude, ohne jemals angestrengt zu sein. Nur beim Durchtreten des Gaspedals macht sich der ebenfalls kultivierte Sound bemerkbar, ansonsten ist der Motor so abgedichtet, dass man ihn kaum hört. Überhaupt ist die Geräuschisolierung hervorragend.

Nun schauen wir uns den Mercedes GLE 350d an, den 6-Zylinder-Diesel mit 272 PS. Der Diesel ist leise und man spürt beim Fahren nicht wirklich, dass man explizit mit einem Diesel unterwegs ist. Dank der 3,0 l Hubraum vermittelt der Diesel einen sehr kultivierten Eindruck und jederzeit einen guten Durchzug. Klar, der Benziner spricht etwas spontaner bei niedrigen Drehzahlen an, dafür powert der Diesel besser auf der Autobahn, wenn man schon auf Geschwindigkeit ist. Als Verbrauch erzielen wir hier minimal 7,5 l / 100 km, was durchaus in Ordnung geht, aber man sieht schon, dass wir mit dem Benziner nicht weit entfernt waren. Und teilweise kann der Diesel auch bis auf 9 l / 100 km hochgehen. Die Verbräuche von Benziner und Diesel gehen nur weiter auseinander, wenn man das Auto richtig tritt, dann bleibt der Diesel besser im Rennen, aber nur leicht.

Der neue Stauassistent arbeitet nun bis 60 km/h und hilft auch dabei, eine Rettungsgasse zu bilden, orientiert sich also nicht nur zur Mitte der Fahrbahn hin. Der neue Aktive Bremsassistent erkennt auch Fahrzeuge beim Abbiegen und kann hier autonom eingreifen. Und die Distronic Plus (adaptiver Tempomat) kann durch LiveTraffic-Informationen bei höheren Geschwindigkeiten vorsorglich auf 100 km/h reduzieren, wenn Informationen eines Stauendes eingespielt werden. Eines der wichtigsten optionalen Assistenzsysteme ist zudem der Aktive Totwinkel-Assistent mit Ausstiegswarnung. Wer den GLE mit Anhänger nutzt, kann einen neuen Anhänger-Rangier-Assistenten bestellen.

Abmessungen

Länge: 4,92 m
Radstand: 2,99 m
Breite: 1,95 m
Höhe: 1,77 m
Leergewicht: 2.170 – 2.220 kg

Fazit: Der neue Mercedes GLE ist optisch hauptsächlich in den Leuchtgrafiken verändert worden, sieht weiterhin prägnant, aber elegant aus. Das Interieur ist digital und modern, im Innenraum gibt es mehr Platz und ein großzügigeres Raumgefühl. Die Verarbeitung ist exzellent und die Technologie ist gut zu bedienen, die Sprachsteuerung ist die derzeit beste auf dem Markt. Mercedes zeichnet sich zudem durch eine Auswahl an nachhaltigen Materialien im Innenraum aus. Interessant sind gerade die neuen Fahrwerkstechnologien und Upgrades bei den Assistenzsystemen. Der Mercedes GLE ist nicht der Sport-, aber der Technologie- und Komfort-König im Segment. Der 350d ist ein sehr kultivierter Diesel für Langstrecken.

Autogefühl: *****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak