Neuer BMW 1er Test 118d

Der BMW 1er geht in die neue Generation, mit vier von fünf Käufern aus Europa ist die Modellreihe gerade in unseren Breitengraden sehr beliebt. Zentral in der neuen Generation ist der Wechsel von der Heckantriebs-Architektur zur Frontantriebsarchitektur mit quer eingebauten Motoren. Heißt: Keine Basis-Versionen mit Heckantrieb, was BMW-Puristen vielleicht ärgern wird, aber weiterhin Allradantrieb und mehr Praxis-Nutzen durch mehr Platz im Innenraum. Wir haben die Details und sind nach dem M135i nun auch den 118d gefahren. Von Thomas Majchrzak

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Exterieur

Vergleich M135i

Da die Motoren in der Frontantriebsarchitektur noch quer eingebaut werden, wird die Motorhaube kürzer. Die BMW-Niere ist größer geworden. Der M135i trägt als Topmodell ein Gittergeflecht anstatt senkrechter Stäbe im Kühlergrill. Beim Leuchtendesign zeichnet sich der kompakte 1er dagegen deutlich von den restlichen BMW-Modellen ab. Basis sind Halogen-Scheinwerfer, optional gibt’s LED, dann mit Tagfahrlicht in L-Form. Seitlich gesehen kommt bei BMW die Sharknose zurück, also die spitz zulaufende Front in der vorderen Motorhaubenmitte – zumindest ansatzweise. Die Gesamtlänge bleibt mit 4,32 m fast unverändert. Dafür ist der neue 1er gut 3 cm breiter. Die Basisversion kommt mit Stahlrädern mit Abdeckkappen oder Leichtmetallrädern in 16 Zoll. Die Modelle Luxury Line, Sport Line und M Sport sind serienmäßig mit Leichtmetallrädern in 17 Zoll ausgerüstet. Der BMW M135i xDrive verfügt ab Werk über einen integrierten Heckspoiler sowie über spezifische glanzgedrehte 18-Zoll-Leichtmetallräder. Auf Wunsch sind für ihn sowie das Modell M Sport neu gestaltete 19-Zoll-Leichtmetallräder erhältlich. Die Karosserie ist steifer als beim Vorgänger und mit 30 kg etwas leichter. Der M135i erhält zusätzliche Streben zur Steigerung der Verwindungssteifigkeit, etwa im Motorraum.

Interieur

Vergleich M135i

Der neue Innenraum ist übersichtlicher gestaltet, die Materialqualität wurde deutlich erhöht. Bei den Anzeigen geht es los mit analogen Instrumenten mit 5,1″ Screen sowie einem Infotainment-Bildschirm mit Touch in 8,8″ (BMW Operating System 6.0). Das größte Infotainment-System hat eine Größe von 10,25 Zoll (mit BMW Operating System 7.0), ebenso die digitalen Instrumente in 10,25 Zoll. Optional steht auch ein Head-Up-Display zur Verfügung. Das neue Infotainmentsystem bietet auch die umfangreiche Sprachbedienung, etwa für Zieleingabe oder Temperatureinstellung, die über „Hey BMW“ erreichbar ist.

Neue Akzente setzt BMW an den Türinnenseiten, die farbenfroher gestaltet sind und ein Ambientelicht beherbergen, das mit einer Art Schraffur leicht versteckt ist. Bei den Sitzen gibt es grundsätzlich einen offeneren Standard-Sitz sowie einen Sport-Sitz. Bei den Bezügen starten beide mit schwarzem Stoff, darüber hinaus ist eine Verbindung aus Stoff innen und Sensatec-Kunstleder außen verfügbar – toll gemacht. Im Modell Sport Line sind die Sportsitze mit Stoff-/Sensatec-Bezug und grauen Highlights enthalten, optional sind die Highlights auch in Orange bestellbar. Zum Modell M Sport und zur Serienausstattung des BMW M135i xDrive gehören das M Sportlenkrad und die Sportsitze mit dem Bezug Trigon/Sensatec in schwarz. Für das Modell M Sport und den BMW M135i xDrive ist ferner ein M Sportsitz mit integrierter Kopfstütze und verlängerbarer Sitzfläche bestellbar, hier mit einem Bezug im Stoff/Alcantara-Mix. Häufig sind die Supersportsitze eher unbequemer, hier empfinden wir einen Komfortgewinn durch den höchsten Sportsitz-Trim.

Das neue Panorama-Schiebedach ist im Übrigen deutlich größer. Wie beschrieben sind die Motoren nun alle quer eingebaut und Frontantrieb ist Standard. Dadurch kann man im Chassis für mehr Platz sorgen, hinten gibt es z.B. einen einfacheren Einstieg und 3 cm mehr Beinfreiheit und 2 cm mehr Kopffreiheit. Man kann im BMW 1er nun mit vier großen Erwachsenen problemlos unterwegs sein, ehrlich gesagt gibt es im Fond nicht wirklich weniger Platz als im Dreier. Mit dem M-Sportsitz verliert man aufgrund der Dicke des Sitzes etwas an Beinfreiheit, allerdings ist die Rückseite ohne Hartschale wie beim Standard-Sportsitz, so dass man sich das Knie ggf. nicht hart stößt. Der Kofferraum wächst um 20 l auf 380 l. Bei umgeklappter Rückbank sind es 1.200 Liter. Hier gibt es dann einen Längenunterschied zum Dreier. Erstmals ist für den BMW 1er auch eine elektrische Bedienung der Heckklappe erhältlich, darüber hinaus auch ein Fußgesten-Mechanismus zum Öffnen.

Motoren

Benziner

1,5 l 3-Zylinder
118i mit 140 PS (von 0 auf 100 km/h in 8,5 Sekunden)

2,0 l 4-Zylinder
M135i xDrive mit 306 PS (von 0 auf 100 km/h in 4,8 Sekunden)
Soundaktuator verstärkt den Sound in der Fahrerkabine

Diesel

1,5 l 3-Zylinder
116d mit 116 PS

2,0 l 4-Zylinder
118d mit 150 PS
120d xDrive mit 190 PS (von 0 auf 100 km/h in 7 Sekunden)

6-Gang-Handschaltgetriebe oder 7-Gang-Steptronic (Doppelkupplungsgetriebe für die Dreizylinder 116d und 118i) oder 8-Gang Steptronic (Wandler-Automatik) für die PS-starken Modelle (Serie für xDrive Modelle).

Preislich steigt der neue BMW 1er bei gut 28.000 Euro ein, der BMW M135i xDrive bewegt sich schon um gut 50.000 Euro. Allerdings kommt selbst der hier gezeigte Testwagen mit Optionen auf 53.000 Euro – Aua.

Fahrverhalten

An Fahrwerken gibt es ein Standard-Fahrwerk, ein M Sportfahrwerk mit 10 mm Tieferlegung und ein Adaptives Fahrwerk. Der M135i erhält serienmäßig das M Sportfahrwerk, wir fahren diesen allerdings mit dem adaptiven Fahrwerk, das auch zu empfehlen ist. Beim M135i ist das adaptive Fahrwerk in der gesamten Ausprägung etwas straffer ausgelegt als wenn man das adaptive Fahrwerk für eine andere 1er-Version bestellt. In beiden Fällen stellt das adaptive Fahrwerk eine größere Spreizung zwischen Komfort und Sportlichkeit dar. Interessant: Das adaptive Fahrwerk kann man nur mit max. 18-Zoll-Felgen bestellen, und für diese Größe wurde es auch speziell entwickelt. Die Kombination aus fixem Sportfahrwerk und 19-Zoll-Felgen wird allerdings etwas straff.

Der optionale (oder serienmäßig für M135i) Allradantrieb xDrive schickt bei Bedarf bis zu 50 Prozent des Drehmoments an die Hinterachse. In der Tat funktioniert es recht gut, dass dadurch beim M135i kein Gefühl einer Vorderrad-Lastigkeit entsteht. Ganz so wie bei einem Hecktriebler ist es natürlich nicht, dass man das Fahrzeug aus den Kurven herauszirkeln kann. Aber der neue Einser gibt sich im Handling sehr ausgewogen und ausbalanciert. Die Lenkung ist sportlich direkt und vermittelt eine tolle Verbindung zur Straße.

Als Technologie-Transfer vom BMW i3 setzt BMW beim neuen 1er auf die ARB-Technologie (Actornahe Radschlupfbegrenzung), die ein Untersteuern verhindern soll, wie es sonst bei Frontantriebs-Fahrzeugen üblich ist. Durch selektive Bremseingriffe kann zudem die Funktion einer Vorderachsdifferenzialsperre simuliert werden. Eine echte mechanische Differenzialsperre erhält der M135i. Diese sorgt dafür, dass man selbst, wenn man aus der Kurven rausbeschleunigt und das Gas voll durchtritt, keinen Untersteuern-Effekt hat. Man wird nicht etwa in die Kurve hineingezogen, wie man es von anderen kräftigen reinen Fronttrieblern kennt. Klar, der Allradantrieb sorgt auch mit dafür, aber die Vorderachse ist wirklich sehr gut zu kontrollieren.

Die Beschleunigung erfolgt beim M135i kräftig und zügig, und durch den Allradantrieb ebenfalls harmonisch. Das einzige, was uns dabei negativ auffällt: Die Schaltvorgänge sind im Sport-Modus deutlich spürbar, so dass das Auto regelrecht beim Übergang zuckt. Bei einer Geradeausbeschleunigung erzeugt das ein sportliches Gefühl, dafür ist es wohl auch gedacht. Wenn man allerdings stark in einer Kurve beschleunigt wird der Übergang vom ersten zum zweiten oder vom zweiten zum dritten Gang etwas unangenehm und bringt einen aus der Balance. Da ist es schon besser, den manuellen Schaltmodus zu wählen und über die Paddles am Lenkrad den Schaltpunkt ggf. bis zum Kurvenausgang zu verzögern.

Bei hohen Geschwindigkeiten glänzt der neue 1er mit einer hervorragenden Geräuschdämmung und einer überzeugenden Laufruhe. Wir erzielen als realistischen Mix-Verbrauch gut 7,5 l / 100 km mit dem M135i.

Nun probieren wir den 118d, u.a. auch, um einen besseren Verbrauch zu erzielen. Der 2,0 l 4-Zylinder mit 150 PS hat Frontantrieb. Hier ist die Vorderradlastigkeit einerseits einfacher zu spüren, andererseits ist es so, dass man mit weniger PS auch wiederum weniger Effekt auf die Beschleunigungscharakteristik hat. Trotzdem muss man sagen: Mit Hinterradantrieb beschleunigt es sich dynamischer aus den Kurven heraus. Hat man den Allrad wie z.B. im M135i, dann fühlt sich der Unterschied zum Vorgänger nicht so groß an. Tritt man jedoch beim Frontantriebs-Modell richtig aufs Gaspedal, so merkt man, dass sich das Fahrzeug „am Lenkrad aufhängt“, also dass die Traktion der Vorderräder sich auf die Lenkbewegungen auswirken. Bei normal gemächlicher Fahrt fällt dies jedoch nicht auf. Durchzug hat der 118d wirklich genug, ist also für das Fahrzeug richtig dimensioniert. Und mit einem Verbrauch von unter 6 l / 100 km kann man auch zufrieden sein.

Bei den Assistenzsystemen gibt es eine aktive Geschwindigkeitsregelung. Das System ist bei Geschwindigkeiten bis 160 km/h nutzbar, bremst Automatik-Fahrzeuge bei Bedarf bis zum Stillstand ab und fährt je nach Standzeit auch selbsttätig oder vom Fahrer ausgelöst wieder an. Bei Modellen mit Handschaltgetriebe arbeitet das System zwischen 30 und 160 km/h. Zur Serienausstattung in Europa gehört die Auffahr- und Personenwarnung mit City-Bremsfunktion, die auch auf Radfahrer hinweist. Je nach Situation kann das System den BMW 1er bis zum Stillstand verzögern und damit eine Kollision vermeiden oder deren Folgen minimieren. Serienmäßig an Bord ist auch die bei Geschwindigkeiten zwischen 70 und 210 km/h nutzbare Spurverlassenswarnung mit aktiver Rückführung. Im Gegensatz zu BMW X1 und X2 bietet der neue 1er auch einen Toten-Winkel-Warner.

Die optionale Park Distance Control (PDC) mit Sensoren an Front und Heck bietet optische und akustische Hinweise zur Vermeidung von Kollisionen mit Hindernissen im seitlichen oder hinteren Umfeld des Fahrzeugs. Auf Wunsch ist eine Rückfahrkamera verfügbar. Der optionale Parkassistent ermöglicht darüber hinaus das automatisch unterstützte Einparken in Stellflächen parallel oder quer zur Fahrbahn. Dabei übernimmt das System neben den Lenkaufgaben auch die Beschleunigungs- und Bremsmanöver sowie bei Fahrzeugen mit Automatikgetriebe zusätzlich die notwendigen Schaltvorgänge. Bei Modellen mit Handschaltung erfolgt die Längsführung durch den Fahrer.

Der außerdem nun auch im 1er erhältliche Rückfahrassisstent ermöglicht ein automatisiertes und damit besonders komfortables Zurücksetzen in engen und unübersichtlichen Umgebungen wie Parkhäusern oder Hofeinfahrten. Dazu speichert er die Lenkbewegungen auf der zuletzt vorwärts und mit einer Geschwindigkeit von maximal 36 km/h gefahrenen Strecke. Anschließend kann das System das Fahrzeug im Rückwärtsgang auf einer Strecke von bis zu 50 Metern exakt auf der zuvor vorwärts absolvierten Linie halten. Der Fahrer muss sich dabei lediglich auf das Betätigen des Gas- und des Bremspedals sowie auf die Überwachung des Umfelds konzentrieren. Die beim automatisierten Zurücksetzen erreichte Geschwindigkeit kann bis zu 9 km/h betragen.

Abmessungen

Länge: 4,32 m
Radstand: 2,67 m
Breite: 1,80 m
Höhe: 1,45 m

Fazit: Der neue BMW 1er ist optisch stringenter designed und in mehreren Sport-Linien auch dynamisch zu trimmen. Das Interieur hat an Materialqualität zugelegt und kommt optional voll digital, dann so, wie man es von den großen BMW-Fahrzeugen kennt. Besonders positiv stechen die vielen attraktiven Stoff-und Alcantara-Bezüge bei den Sitzen hervor in den sportlichen trims. Auch die Assistenzsysteme aus den höheren Klassen sind verfügbar. Nun kann man mit vier großen Erwachsenen im 1er unterwegs sein, der Umstieg auf die neue Plattform hat sich also gelohnt. Abstriche bei der Fahrdynamik muss man dabei nicht machen, das Handling des neuen Einser überzeugt, insbesondere als M135i mit Allradantrieb. Nur die reine Heckantriebscharakteristik, die ist natürlich verloren. Einziger Nachteil der Top-Version: Sie hat locker den doppelten Preis wie die Einstiegsvariante. Und BMW Sport-Fans seien getröstet: Das 2er Coupé wird weiterhin auf Heckantrieb (oder dann optional Allrad) basieren. Der 118d als Beispiel für eine 1er Version mit Frontantrieb zeigt, dass der Frontantriebscharakter ohne Allrad doch stärker auffällt im Vergleich zum Vorgänger, allerdings hauptsächlich, wenn man richtig Gas gibt. In den meisten ruhigen Alltagssituationen spielt der 1er dann eher die neuen Vorteile aus.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak