Nissan Juke Fahrbericht neue Generation 2020 Test

Der Nissan Juke polarisierte in der ersten Generation extrem – Love or hate it, lautete die Devise. In der zweiten Auflage kommt der Crossover in einem deutlich geglätteten Design Doch wie wirkt sich das auf das Platzangebot und das Fahrverhalten aus? Erfahrungen mit dem neuen Juke in der Ausstattung N-Connecta. Von Thomas Imhof

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2018 feierte das Werk Sunderland den Bau des eine Millionsten Nissan Juke. Nimmt man noch die im japanischen Werk Oppama gefertigten Modelle dazu, fand der 2010 eingeführte Rebell unter den Crossovern weltweit sogar über 1,5 Millionen Käufer. Ein erstaunlicher Erfolg für ein Auto, das bewusst polarisieren wollte. Können die Japaner mit dem Nissan Juke der zweiten Generation daran anknüpfen?

Exterieur

Erinnerte der erste Juke mit seinen sehr üppigen Rundungen und den skurrilen Scheinwerferaugen wie an ein Auto aus einem Cartoon, wirkt das neue Modell nun deutlich weniger verspielt und insgesamt erwachsener. Dabei schafften es die Designer, dennoch genügend Elemente beizubehalten, um auch den Nissan der zweiten Generation eindeutig als Juke erkenntlich zu machen. Allen voran mit den diesmal lediglich durch ein dreiflügeliges Propeller-Element ergänzten Hauptscheinwerfer – mit schlitzaugenförmigen Tagfahrlichtbändern darüber – oder den in der C-Säule versteckten Türgriffen. Für eine Streckung des Aufbaus sorgt der weniger bauchig ausgeformte hintere Teil des Fahrzeugs – eine gerade durchgezogene Schulter, die von der Heckleuchte zum vorderen Türgriff läuft – verleiht ebenso Spannung wie eine glänzend schwarze Zierleiste, die vom hinteren kleinen Dreiecksfenster zur Heckscheibe zieht. Auch die A-Säulen, die Rückspiegelkappen, die Haifischflossen-Antenne und der zweigeteilte Dachheckspoiler setzen sich – weil in schwarz – sehr schön von der Perleffekt Lackierung unseres Testwagens in Pearl White ab. Ein Effekt, den die in der N-Connecta-Ausstattung ab der B-Säule verdunkelten Scheiben (Seite und Heck) noch verstärken. Die Rückleuchten nehmen die Boomerang-Signatur des Vorgängers auf, ohne wieder so hoch in Richtung Dach zu ziehen.

An der Front hat es Nissan derweil gut geschafft, ein echtes Corporate- oder Family-Face zu gestalten – taucht der Juke der zweiten Generation im Rückspiegel auf, lässt er keine Zweifel, zu welcher Marke er gehört. Noch ein Wort zu den Felgen: Mit den serienmäßigen 17-Zöllern steht der Juke ein wenig hoch, sprich es ist recht viel Luft im Radkasten. Das wird mit den 19-Zöllern, die in der gehobenen Tekna-Version Serie sind, dann anders. Was aber, wie wir erleben werden, auch Nachteile mit sich bringt.

Zwischenfazit: Das Design polarisiert weniger als zuvor, verhindert aber dank genügend Juke-DNA, dass das Auto in der Masse untergeht. Good job, Nissan Design!

Interieur

Auch im Interieur tauchen Elemente aus der ersten Generation auf – wenngleich auch hier in abgemilderter Form. Beispiel: Mitteltunnel. Er sollte im Juke Mk1 an den Tank eines Motorrads erinnern. Im neuen Modell kann man davon nur noch im Ansatz etwas ahnen. Ziemlich ähnlich dagegen die Einfassung für den Schalthebel des manuellen Sechsgang-Getriebes – sie wirkt wie die sprichwörtliche Rührschüssel.

Sieht man von Hartplastik an den Brüstungen der Türen und den A-Säulen ab, wirkt die Verarbeitung deutlich wertiger als im Vorgänger. Neben vielen Oberflächen in „soft-touch“ zeugen speziell die feinen „Klick“-Feedbacks beim Bedienen der Drehregler auf der Mittelkonsole vom Willen der Designer, dem Auto etwas Premium-Flair zu verleihen. Den frechen Juke-Spirit verströmen dagegen die bullaugen-artigen Luftausströmer – drei in der Mitte und je ein weiterer an den Seiten des Instrumententrägers.

Die Instrumente hingegen sind eher konventionell – analoge Skalen für Geschwindigkeit und Drehzahl mit einem zwischen beiden sitzenden digitalen Infodisplay.

Die Sitzposition im Nissan Juke der zweiten Generation ist nur leicht erhöht, mehr Crossover, ja fast schon Hatch, als SUV. Die Sicht nach vorn und zu den Seiten ist manierlich, nur nach hinten und schräg hinten deutlich eingeschränkt. Unser Modell war mit eher schlichten, aber bequemen Stoffsitzen bestückt. Es gibt reichlich Auswahl an nicht-tierischen Polsterstoffen – von Kunstleder bis zu Alcantara. In allen Fällen als Integralsitz, also mit integrierter Kopfstütze.

Gut im Blick der 8 Zoll Farbtouchscreen auf der Mittelkonsole mit Apple Car Play und Android Auto. Klimaautomatik, Rückfahrkamera und hintere Einparksensoren sind im N-Connecta Serie, ebenso wie die stylische Ambientebeleuchtung, die unter anderem rings um die Schaltknüppelkonsole oder in den Türen aufleuchtet. Gegen Aufpreis installiert war im Testwagen noch das aktuell wenig nachgefragte Winterpaket mit Sitzheizung und beheizbarer Frontscheibe (359 Euro).

Der Nissan Juke der zweiten Generation basiert auf der Renault/Nissan-Plattform CMF-B, die unter anderem auch der Renault Captur nutzt. Dank des verlängerten Radstands (2636 mm) und der um acht Zentimeter auf 4,21 Meter gewachsenen Länge bietet der Juke nun vor allem im Fond und Kofferraum mehr Platz als der immer etwas höhlenartige Vorgänger. Vier Personen können nun wirklich vernünftig reisen. Der Kofferraum fasst zwischen 422 und 1305 Liter; beim Umklappen der Rücksitzlehne ergibt sich eine komplett ebene Ladefläche von 1,50 Meter, falls der doppelte Laderaumboden zuvor auf die gleiche Höhe gesetzt wird. Man kann ihn aber auch schräg aufstellen oder ganz nach unten setzen, das schafft zusätzlich Variabilität beim Transportieren. Liegt er in der oberen Position, ergibt sich ein von außen nicht einsehbarer Laderaum von immerhin 18 Zentimetern Höhe. Das Beladen an sich gelingt auch recht bequem – dank einer nur 83 Zentimeter hohen Ladekante.

Motoren

Leider bietet Nissan den Juke der zweiten Generation in allen Varianten nur mit einem Motor an:

1.0 Liter Turbo Benziner, 999 cm3, 117 PS

In Kombination mit dem Handschalter spurtet der Nissan Juke der zweiten Generation mit diesem Allianz-Motor (u.a. auch im Renault Clio) laut Werk in 10,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h; mit dem optionalen Doppelkupplungsgetriebe (Aufpreis ab 1600 Euro) dauert es untypischerweise länger, nämlich 11,1 Sekunden.

Die gute Nachricht: Selten zuvor haben wir einen solch kultivierten, sprich leisen, Dreizylinder gefahren. Vielleicht auch einer sehr guten Geräuschdämmung mitgeschuldet, gibt er sich weitgehend frei vom sonst so typischen, weil rauen Dreizylinder-Grundrauschen. Nur beim strammen Beschleunigen in hohe Drehzahlen macht sich der Dreier akustisch bemerkbar. Mit einem maximalen Drehmoment von 180 Nm (200 Nm mit Overboost, für 20 Sekunden) kann der weiterhin in Sunderland produzierte Nissan natürlich keine Bäume ausreißen. Aber da dieses Pfund schon ab 1750 U/min abrufbar und das Sechsgangtriebe, zwar auf etwas langen Wegen, flüssig zu schalten ist, ist es jederzeit möglich, durch Zurückschalten die kleine Turbine unter der Haube zum schnelleren Rotieren zu bewegen.

Wobei sich eine gemäßigte Fahrweise auszahlt: Denn auf unserer Verbrauchsrunde mit gemischtem Anteil City/Landstraße/Autobahn genehmigte sich der Nissan Juke der zweiten Generation gerade einmal 6,3 Liter/100 km – was nicht allzu weit von der euphemistischen Werksangabe von 4,9 Litern/100 km entfernt ist. Nur bei zügiger Autobahnfahrt steigt der Verbrauch in den Bereich über 7 Liter/100 km.

Eine Nismo-Version wie vom Vorgänger wird es aller Voraussicht nach vom Nissan Juke der zweiten Generation nicht geben. Und angesichts der momentanen Sparprogramme bei den Japanern und der ungewissen Zukunft von Renault dürfte so schnell auch nicht mit weiteren Motorisierungen zu rechnen sein. Für einen solch kompakten Crossover, der zudem preislich attraktiv gestaltet wird, reicht der Dreizylinder-Turbo aber allemal aus.

Über den Drive-Mode-Schalter auf dem Mitteltunnel kann der Fahrer zwischen den Fahrmodi Eco, Normal und Sport wählen. Anders als von vielen Konkurrenten gewohnt, ergeben sich zwischen den drei Programmen deutlich spürbare Unterschiede. In Sport packt der Motor deutlich giftiger an, zugleich wird die Lenkung etwas schwergängiger. Es lohnt sich also, je nach Gusto und Fahrbahnverhältnissen zu experimentieren.

Fahrverhalten

Der Nissan Juke der zweiten Generation will sicher kein Racer sein. Doch gelang es Nissan, einerseits die Lenkung sehr zielgenau und progressiv auszulegen. Sowie andererseits Aufbaubewegungen auf ein Minimum zu reduzieren. Und mit den 17-Zoll-Reifen gelingt obendrein ein insgesamt sehr ausgewogener Abrollkomfort. Ganz anders bei den Juke-Modellen mit 19-Zöllern, die zum Beispiel mit Querfugen größere Probleme haben.

Auf der Autobahn gibt sich der Juke als durchaus angenehmer Reisewagen – allerdings nehmen die Windgeräusche bei höherer Geschwindigkeit deutlich zu.

Schon ab Basisausstattung Visia sind ein autonomer Bremsassistent mit Fußgänger- und Radfahrererkennung sowie ein Spurhalte-Assistent mit korrigierendem Bremseingriff ab Werk installiert. Der Testwagen war zusätzlich (für 790 Euro) mit dem Nissan Safety Shield Paket bestückt: Bestehend aus einem autonomen Lenk-Assistenten für selbstständiges Spurhalten (siehe unser Video oben von der Präsentation in Barcelona), einem adaptiven Geschwindigkeits- und Abstands-Assistenten, einem 360 Grad-Monitor und nicht nur hinteren, sondern auch vorderen Einparkpiepsern. Durch die Extras, zu denen auch das Navigationssystem Nissan Connect zählte, erhöhte sich der Testwagenpreis von 22.990 auf 25.370 Euro.

In der Basisversion Visia, die durchaus schon umfangreich ausgestattet ist, beginnt der Juke-Spaß bei bereits sehr attraktiven 18.990 Euro. LED-Licht, Verkehrszeichenerkennung und die geteilt umklappbare Rückbank sind darin unter anderem inkludiert. Die Top-Version Tekna bietet neben Sitzen mit Tierhaut (Teilleder) zum Beispiel noch einen Querverkehr- und Totwinkel-Assistenten, kostet aber nochmals 2800 Euro mehr als die N-Connecta-Line.

Abmessungen

Länge: 4,21 m
Radstand: 2,63 m
Breite: 1,80 m
Höhe: 1,60 m
Leergewicht): 1.180-1.260 kg

Fazit: Der Nissan Juke der zweiten Generation bereichert das kompakte Crossover-Segment durch sein jugendlich-frisches Design, ohne wie der Vorgänger die Autowelt auf den Kopf stellen zu wollen. Zum insgesamt erwachseneren Auftritt gesellt sich ein geräumigerer Innenraum – bei weiterhin kompakten Grundmaßen –, eine in weiten Teilen wertigere Qualitätsanmutung und ein Fahrwerk, das trotz des nur durchschnittlich temperamentvollen Motors viel Spaß aufkommen lässt. Dass Nissan nur einen Motor anbietet, ist ungewöhnlich, doch überzeugt der Dreizylinder-Turbo bei nicht allzu aggressiver Fahrweise durch einen moderaten Verbrauch und – untypisch für normalerweise raue Dreizylinder – dezente Geräuschemissionen. Im Konkurrenzumfeld kommt der Toyota C-HR dem Nissan Juke der zweiten Generation vielleicht am nächsten – doch startet dieser bereits bei 26.290 Euro. Sein 1,2 Liter großer Vierzylinder-Turbo bringt ihn mit 166 PS auf lediglich 190 km/h – nur 10 km/h über der Bestmarke des Nissan. Und beim Sprint von 0 auf 100 km/h nimmt der deutlich leichtere Juke dem Konkurrenten sogar eine halbe Sekunde – 10,4 gegen 10,9 Sekunden – ab. Dazu kommt ein Toyota-Design, dass ähnlich stark polarisiert wie beim Nissan Juke Mk1. Unsere Wahl in diesem direkten Vergleich fiele also eindeutig zugunsten des Juke aus. Der sich vom jugendlichen Rebellen zum gereiften Progressiven entwickelt hat.

Autogefühl: ****

Text: Autogefühl, Thomas Imhof