Die neue Generation des Mercedes GLE bringt einen moderneren Innenraum sowie neue Fahrwerkstechnologien. Zudem wächst der GLE etwas und vermittelt mit optional 7 Sitzen ein wenig zwischen dem bisherigen GLE und dem GLS. Produziert wird der GLE wie bisher in Tuscaloosa (Alabama/USA). Den neuen GLE sind wir bereits in verschiedenen Motorisierungen gefahren, die wir hier auch vergleichen. Von Thomas Majchrzak
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Exterieur
In der Front bleibt der GLE sich mit der prägnanten Motorhaube treu. Die beiden Tagfahrlichter formen sozusagen zwei Boomerangs – dort taucht dann auch der Blinker während des Abbiegevorgangs auf. Die Hauptscheinwerfer-Einheit, die Basis mit LED kommt, kann man optional mit einem Multibeam-LED-Fernlicht ausstatten, das 650 m reicht. Entweder gibt es im Kühlergrill waagerechte Doppelstreben oder ein Punkt-Design in der AMG-Line, letztere dann auch mit prägnanteren Spoilern. Zudem sind im sportlichen AMG-Look die Radhäuser in Wagenfarbe gehalten und nicht im Crossover-Look wie in der Standard-Variante. Der neue Mercedes GLE wächst um gut 10 cm auf 4,92 m, 8 cm Zuwachs davon gehen auf den nun längeren Radstand. Die Felgengrößen betragen 18 bis 22 Zoll. Die nach vorne gerichtete Form der C-Säule ist ein charakteristisches Merkmal des GLE. In der Heckansicht schließlich hat sich eigentlich am meisten getan, denn die Heckleuchten sind horizontal arrangiert, so dass der GLE am Heck nun agiler wirkt.
Interieur
Das Interieur zeichnet sich durch eine neue Digitalisierung aus, zwei waagerechte 12,3“ Bildschirme bilden serienmäßig eine Einheit. Optional erscheinen Informationen auch auf einem Head-up-Display im Blickfeld des Fahrers – und das auf einer wirklich sehr großen Fläche. Das neue MBUX Infotainment-System ermöglicht auch eine freie Spracheingabe, etwa um Temperatur oder Navigationsfunktionen zu steuern. Die Eingaben funktionieren sehr zuverlässig und sind derzeit führend. Die optionale Massagefunktion ist überzeugend. Generell ist das Cockpit-Setup horizontal angeordnet, etwa auch die vier Rundeck-Lüftungsdüsen, die nebeneinander zentral angeordnet sind. Als Zitat der Offroad-Fähigkeit teilen Griffe die untere Mittelkonsole. Die Material-Qualität ist sehr hochwertig, ein optimales Komfort- und Luxus-Erlebnis.
Als Bezüge startet der GLE in der optimalen Kombination Stoff innen und Artico Kunstleder außen – das ist nachhaltig, sieht gut aus und sorgt für den besten Klimakomfort Sommer wie Winter. Wählt man das AMG-Interieur-Paket, erhält man die Mischung Dinamica Mikrofaser innen und Kunstleder außen – ebenfalls zu empfehlen (hier zu sehen). Ferner stehen auch komplette Artico-Bezüge in Schwarz, Braun oder Beige zur Verfügung, wenn man eine einfacher abzuwischende Oberfläche wünscht.
Die zweite Sitzreihe ist entweder komplett fix, optional kann man sie elektrisch verstellen (10 cm in der Länge sowie Lehnen-Neigung). Die Beinfreiheit ist im Fond generell um gut 7 cm gegenüber dem Vorgänger gewachsen, in der Tat haben hier selbst große Erwachsene massig Platz – hier hat der GLE gegenüber dem BMW X5 und anderen Wettbewerbern die Nase vorn. Allerdings fällt die Sitzfläche auch nach hinten etwas ab, das ist eher unbequem auf längeren Fahrten – aber auf einem hohen Niveau gesprochen. Überm Kopf gibt’s 3 cm mehr Platz als im Vorgänger. Das Umlegen der Fondlehne geschieht optional elektrisch über eine separate Schalterleiste im Gepäckraum, ansonsten muss man die Sitze vom Fond aus umklappen oder vom Laderaum aus weit hineingreifen – z.B. auch, wenn man die Laderaumabdeckung praktisch im Unterboden verstaut hat. Das Kofferraum-Volumen beträgt 825 l bis 2.055 l (45 l Zuwachs gegenüber dem Vorgänger) im Fünfsitzer. Optional kann man sich eine dritte Sitzreihe bestellen, zu der man ebenfalls über den elektrischen Klappmechanismus kommt, in diesem Fall werden die Rücksitze etwas angehoben und nach vorne geschoben.
Motoren
Benziner
GLE 350 – 2,0 l 4-Zylinder mit 255 PS (hierzulande nicht erhältlich)
GLE 450 – 3,0 l 6-Zylinder mit 367 PS (Mild-Hybrid) – 5,7 Sek. 0-100 km/h – ab 73.000 Euro
AMG GLE 53
3,0 l R6 mit 435 PS (mit Mildhybrid)
5,3 Sek. 0-100 km/h
Weitere Extras für die AMG-Variante:
– AMG-Luftfahrwerk mit elektromechanischer Wankstabilisierung
– 20 bis 22″ Felgen sowie kräftigere Spoiler
– Sport Abgasanlage
– Sport-Sitze mit Dinamica Mikrofaser innen plus Artico Kunstleder außen
– Armaturenbrett in Artico
GLE 580 – 4,0 l V8 Biturbo mit 489 PS (Mild-Hybrid)
Mercedes GLE 63 (S) AMG
AMG 4,0 l V8 Biturbo mit 571 oder 612 PS (Mild-Hybrid jeweils)
4,0 / 3,8 Sek.
– AMG-Luftfahrwerk mit elektromechanischer Wankstabilisierung (- 10 mm im Sport-Modus oder oberhalb von 120 km/h)
active roll stabilisation system
– 20″ Felgen (Standard), 21″ (S-Modell Standard) bis 22″ Felgen sowie kräftigere Spoiler
– Größere Bremsen, optional Keramik
– Tierhautsitze Standard
– Im S-Modell Dinamica-Mikrofaser Lenkrad Standard
Diesel
GLE 300d – 2,0 l 4-Zylinder mit 245 PS – 7,2 Sek. 0-100 km/h – ab 66.000 Euro
GLE 350d – 3,0 l 6-Zylinder mit 272 PS – 6,6 Sek. 0-100 km/h
GLE 400d – 3,0 l 6-Zylinder mit 330 PS – 5,8 Sek. 0-100 km/h
Diesel-Plugin-Hybrid
GLE 350de – 2,0 l 4-Zylinder mit 320 PS Systemleistung – 6,8 Sek. 0-100 km/h
31 kWh Batterie, ca. 100 km elektrische Reichweite
Nachladen AC 7,4 kW und 60 kW DC möglich
Später folgt noch:
Benziner-Plugin-Hybrid
Fahrverhalten
Standard ist ein Stahlfahrwerk. Ebenso kann man wie bislang eine klassische Luftfederung wählen. Diese ist auch die Voraussetzung für die höchste Fahrwerks-Ausbaustufe. Denn besonderes Highlight im neuen Mercedes GLE ist die zusammen mit der Luftfederung 8.000 Euro teure E-Active Body Control (nicht für Vierzylinder). Hier setzt Mercedes auf eine Hydropneumatic, so dass jedes einzelne Rad in der Dämpferrate individuell geregelt werden kann. Das soll Bewegungen der Karosse zu jeglicher Seite entgegenwirken – ein Grund, weshalb Mercedes im neuen GLE keine separate Wankstabilisierung wie die Konkurrenz anbietet. Dafür kann sich das aktive Fahrwerk z.B. im Sand freirütteln, in dem es das Fahrzeug regelrecht aufschaukelt. Auf der Straße wiederum neigt sich der GLE im „Curve“-Modus wie ein Motorrad in die Kurve und reduziert beim Kurvenfahren die Querkräfte. Eine beeindruckende Technologie, die man schon aus dem Mercedes S-Klasse Coupé z.B. kennt, erstmals nun umgesetzt für ein großes SUV. In der Tat reduziert die Curve-Funktion die Fliehkräfte in den Kurven, zugleich ist das Fahren dynamischer und fühlt sich ungewohnt futuristisch an. Man kann die Intensität der Curve-Funktion in drei Stufen einstellen. Die normale Luftfederung tut allerdings auch ohne die Super-Technik gute Dienste, bietet mit den besten Komfort im Segment. Ein BMW X5 fährt sich sportlicher, der Mercedes GLE siegt im Komfort.
Den Mercedes GLE kann man weiterhin im 2.000 Euro teuren Offroad-Paket (nur für GLE 450) mit einer Untersetzung bestellen, zusammen mit dem neuen Fahrwerk soll sich dadurch eine nie dagewesene Offroad-Fähigkeit ergeben. Der Allradantrieb arbeitet variabel und verteilt das Drehmoment je nach Situation zwischen Hinter- und Vorderachse. Überdies ist fürs Offroadfahren auch eine Sperrwirkung verfügbar. Das ist zumindest alles so bei den Sechszylindern. Bei den Vierzylinder-Modellen startet der Allradantrieb mit einem Standard-Setup von 50:50. Der Vortrieb erfolgt in jedem Fall sehr harmonisch.
Wir testen primär den Mercedes GLE 450, den 6-Zylinder-Benziner mit 367 PS. Hier ist nun ein 48-Volt-Bordnetz dabei, ein Mild-Hybrid-System, mit dem man beim Rollen/Bremsen in eine Fahrzeugbatterie rekuperieren kann. Ob es daran liegt oder einfach am ausgereiften Motor, dass der Verbrauch niedrig bleibt, kommt wohl auf die Fahrsituation an. Jedenfalls kommen wir auf gut 9 l / 100 km, was für ein Fahrzeug dieses Bautyps niedrig ist. Ist Kraft gefragt, zeigt sich der Sechszylinder sehr kultiviert und macht auch Fahrfreude, ohne jemals angestrengt zu sein. Nur beim Durchtreten des Gaspedals macht sich der ebenfalls kultivierte Sound bemerkbar, ansonsten ist der Motor so abgedichtet, dass man ihn kaum hört. Überhaupt ist die Geräuschisolierung hervorragend.
Zum Vergleich schauen wir uns den Mercedes GLE 350d an, den 6-Zylinder-Diesel mit 272 PS. Der Diesel ist leise und man spürt beim Fahren nicht wirklich, dass man explizit mit einem Diesel unterwegs ist. Dank der 3,0 l Hubraum vermittelt der Diesel einen sehr kultivierten Eindruck und jederzeit einen guten Durchzug. Klar, der Benziner spricht etwas spontaner bei niedrigen Drehzahlen an, dafür powert der Diesel besser auf der Autobahn, wenn man schon auf Geschwindigkeit ist. Als Verbrauch erzielen wir hier minimal 7,5 l / 100 km, was durchaus in Ordnung geht, aber man sieht schon, dass wir mit dem Benziner nicht weit entfernt waren. Und teilweise kann der Diesel auch bis auf 9 l / 100 km hochgehen. Die Verbräuche von Benziner und Diesel gehen nur weiter auseinander, wenn man das Auto richtig tritt, dann bleibt der Diesel besser im Rennen, aber nur leicht.
Auch den Diesel-Plugin-Hybrid sind wir bereits gefahren, den 4-Zylinder-Diesel PHEV mit 320 PS. Dieser ist aus Platzgründen nicht mit der E-Active Body Control erhältlich, sondern nur mit dem Standard-Fahrwerk oder eben der Luftfederung. Das tut dem Fahrgefühl mit der normalen Luftfederung aber keinen Abbruch. Leise und elektrisch fährt man los, und wenn man im E-Fahrmodus den Wagen abstellt, springt er auch in diesem Modus wieder an. Gut gelöst. Das rein elektrische Fahren passt zum GLE, weil er mit der Luftfederung weich fährt, die Geräuschdämmung erste Sahne ist und sich das lautlose Gleiten damit sehr gut einfügt. Zudem hat man immer noch genügend Power, auch nur rein elektrisch, wenn man in der Stadt doch noch mal kurz eine Ampel erwischen möchte. Gerade für den Stop-and-Go-Verkehr in der Stadt ist das geeignet. Tritt man dagegen das Pedal komplett durch, springt auch der Diesel mit an. Klar ist, dass man den Diesel das erste Mal nicht direkt mit einer Hochbeschleunigung erwecken sollte, das tut keinem Motor gut. Allerdings betonen die Mercedes-Ingenieure, dass der PHEV mit seiner elektrischen Power die erste Sekunde etwas abfedert, so dass der Diesel nicht ganz urplötzlich sofort zulegen muss. Im Sport-Modus sind ebenfalls beide Antriebe aktiv, wenn man es mal kraftvoll haben möchte. Ansonsten genießt man eher die rein elektrische Reichweite, die sich tatsächlich gegen 100 km einpendelt.
Der neue Stauassistent arbeitet nun bis 60 km/h und hilft auch dabei, eine Rettungsgasse zu bilden, orientiert sich also nicht nur zur Mitte der Fahrbahn hin. Der neue Aktive Bremsassistent erkennt auch Fahrzeuge beim Abbiegen und kann hier autonom eingreifen. Und die Distronic Plus (adaptiver Tempomat) kann durch LiveTraffic-Informationen bei höheren Geschwindigkeiten vorsorglich auf 100 km/h reduzieren, wenn Informationen eines Stauendes eingespielt werden. Eines der wichtigsten optionalen Assistenzsysteme ist zudem der Aktive Totwinkel-Assistent mit Ausstiegswarnung. Wer den GLE mit Anhänger nutzt, kann einen neuen Anhänger-Rangier-Assistenten bestellen.
Abmessungen
Länge: 4,92 m
Radstand: 2,99 m
Breite: 1,95 m
Höhe: 1,77 m
Leergewicht: 2.170 – 2.220 kg
Fazit: Der neue Mercedes GLE sieht weiterhin prägnant, aber elegant aus. Das Interieur ist digital und modern, im Innenraum gibt es mehr Platz und ein großzügigeres Raumgefühl. Die Verarbeitung ist exzellent und die Technologie ist gut zu bedienen, die Sprachsteuerung ist die derzeit beste auf dem Markt. Mercedes zeichnet sich zudem durch eine Auswahl an nachhaltigen Materialien im Innenraum aus. Der 6-Zylinder-Benziner ist nicht nur auf Abruf kraftvoll, sondern mit der Mild-Hybrid-Technologie sogar sparsam, vielleicht sogar der sparsamste reine Verbrennungsmotor bei ruhiger Fahrweise. Interessant sind gerade die neuen Fahrwerkstechnologien und Upgrades bei den Assistenzsystemen. Der Mercedes GLE ist nicht der Sport-, aber der Technologie- und Komfort-König im Segment.
Autogefühl: *****
Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak