Anders als der erste Ford Puma, ein zwischen 1997 und 2001 gebautes Coupé, ist der zweite Ford mit diesem Namen ein kompaktes SUV. Was beide verbindet ist die jeweils vom Fiesta übernommene technische Basis. Wir fuhren die Version mit dem 125 PS starken Dreizylinder-Einliter-Benziner und Mildhybrid-System. Von Thomas Imhof
Der erste Puma, übrigens gestylt vom späteren Jaguar Chefdesigner Ian Callum, war ein schickes Coupé. Seinen gleichnamige „Nachfolger“ hat Ford Europa zwischen EcoSport und Kuga positioniert; gebaut wird er ebenso wie der EcoSport im rumänischen Ford-Werk Craiova. Oberhalb der Serienausstattung Titanium kann man den kompakten Crossover über die Lines Titanium X, ST-Line, ST-Line X und ST-Line Vignale Schritt für Schritt veredeln. Wir fuhren die sportlich angehauchte ST-Line X, die in Verbindung mit dem 125 PS-Motor ab 27.400 Euro in der Liste steht.
Exterieur
ST-Line X (ST-Line ohne X sieht bis auf 17″ statt 18″-Felgen außen genauso aus)
Titanium X (Titanium ohne X sieht bis auf 17″ statt 18″-Felgen außen genauso aus)
Das Exterieur Design des Ford Puma Hybrid gefällt durch seine runden und geschwungenen Formen. Die in einem angenehmen Kontrast zur in Konkurrenzkreisen – zum Beispiel Seat – eher scharfkantigen und eckigen Formensprache steht. Die Puma-Gene werden also weitergegeben. Die sehr hoch gezogene Frontpartie verströmt sogar einen Hauch Porsche Macan und die Scheinwerfer-Grafik erinnert – ob nun gewollt oder nicht – sogar ein wenig an das kleine Puma Coupé aus den späten 90ern. Der Kühlergrill passt zur Ford Design DNA, ohne so aufdringlich zu sein wie aktuelle Kühlerschilde zum Beispiel von BMW. Sehr viel Mühe haben sich die Designer beim filigranen LED-Tagfahrlicht gegeben; ähnlich komplex gestaltet sind auch die seitlichen Einsätze des Stoßfängers mit den serienmäßigen Nebelleuchten. Das Heck dagegen verzichtet weitgehend auf Spielereien und kommt auch ohne gefakte Auspuffendstücke aus. Das winzige dritte Seitenfenster bringt, wie sich zeigen wird, in punkto Übersichtlichkeit nichts und ist somit ein reines Styling-Feature.
Die ST-Line X für den Ford Puma Hybrid kommt ab Werk mit getönten Fondscheiben und steht auf attraktiven 18-Zoll-Felgen (Serie 17 Zoll). ST-Line und ST-Line X kommen mit schwarzer Grilleinfassung sowie Spoilern und Radhausverkleidungen in Wagenfarbe. Der schwarze Schriftzug Puma am Heck hebt sich nur schwach von der Karosserie ab, der jedoch ist in unserem Fall extrem attraktiv, entspricht der Metalliclack Dynamic Blau doch ziemlich exakt der Ford Corporate Colour.
Mit einer Länge von 4,19 m liegt der Ford Puma Hybrid ziemlich exakt zwischen EcoSport (4,01 m) und Ford Kuga (4,52 m). Obwohl auf der Fiesta-Bodengruppe, legt er bei Länge (+14 cm) und Radstand (+9 cm) gegenüber der Limousine zu. Außerdem ist er fünf Zentimeter höher.
Interieur
ST-Line X
Titanium X
Beim Starten des Motors erscheint im Kombiinstrument des Ford Puma Hybrid ein stilisierter Puma – netter Gag zum Beginn einer jeden Fahrt. Die Cockpitlandschaft wirkt sehr vertraut – hier wurde so viel wie möglich vom Plattformspender Fiesta übernommen.
Natürlich ist die Sitzposition ein wenig höher als im Fiesta, leider gibt es die abnehmbaren Stoff-Sitzbezüge mit Reißverschluss jedoch nur im Titanium X. Die meisten Trims kommen mit Stoffsitzen, nur in unserem ST-Line X-Testwagen scheint an den Außenwangen Tierhaut durch. Hier wäre zum Beispiel Alcantara die nachhaltigere Lösung gewesen. Dafür bieten die Sitze mehr Seitenhalt und lassen sich ergonomisch optimal verstellen – per Ratsche (Wippe) in der Höhe und per Drehrad zum Verstellen der Rücksitzlehnen-Neigung. Eine Lendenwirbelstütze und das in Höhe wie Weite verstellbare Lenkrad tragen zusätzlich dazu bei, dass im Ford Puma Hybrid fast jeder eine gute Sitzposition findet.
Im ST-Line X-Modell sorgen rote Akzente rund um die Lüfterdüsen, ebenfalls rote Kontrastnähte am Lenkrad, Einlagen aus Kohlefaser-Imitat am Instrumententräger und Pedale in Alu-Optik für hübsche Farbtupfer und edle Akzente. Das komplett digitale Kombiinstrument im Format 12,3 Zoll gibt es nur in der ST-Line und ST-Line X; wie heute üblich lässt es sich zum Beispiel in Verbindung mit den verschiedenen Fahrmodi individuell konfigurieren. Es wird ergänzt um das aus dem Fiesta bekannte 8‘‘-Infotainment-Display, hübsch in die Instrumententafel integriert statt nur einfach aufgesetzt.
Dass Ford auch mal gespart hat, zeigt sich an den Haltegriffen am schwarzen Dachhimmel – sie sind nicht silikongedämpft, schnellen beim Loslassen mit einem „Klack“-Geräusch verzögerungsfrei zurück in die Ruhestellung. Kein wirkliches Komfort-Manko, aber selbst Kleinwagen machen das schon längst anders.
Kein Mangel herrscht dagegen an Ablagen aller Art. In den Türablagen haben auch große Flaschen Platz, das Handschuhfach ist außergewöhnlich voluminös und verfügt über ein eigenes (oberes) Fach für das Bordhandbuch. Vor dem Schaltknüppel findet sich ein für Smartphones optimal ausgeformtes Fach und in den Lehnen der Vordersitze gibt es jeweils ein Gepäcknetz.
Soweit die guten Nachrichten – nun die eher schlechten. Konnte Ford auf den Vordersitzen durch Ausbuchtungen im Dachhimmel noch so viel Kopffreiheit wie möglich herausholen, schrumpft diese im Ford Puma Hybrid als Folge der doch stark abfallenden Dachlinie auf den Rücksitzen drastisch zusammen. Für Menschen mit einer Körpergröße über 1,80/18,5 Meter wird es dann definitiv knapp. Wer jedoch einen Ford Puma Hybrid primär mit Kindern fortbewegt – auch in der Breite geht er eher als Vier- denn vollwertiger Fünfsitzer durch – kann mit den beengten Verhältnissen sicher leben. Oder greift gleich zum Kuga.
Noch ein Wort zur Ausstattung: Die ST-Line X glänzt ab Werk mit einer Klimaautomatik, Ford Navi mit DAB/DAB+Radio und AppLink, B & O Soundsystem mit 10 Lautsprechern inklusive Subwoofer, Scheibenwischer mit Regensensor und einem höhenverstellbaren Beifahrersitz. Zu den schon ab Titanium Line ab Werk installierten Assistenzsystemen gehört die Falschfahrer-Warnfunktion, die visuell und akustisch warnt, wenn man in eine Einbahnstraße fährt. Die hierfür benötigten Informationen erhält das System über die Frontkamera und das Navigationssystem.
Für 1200 Euro war der Testwagen mit dem empfehlenswerten Fahrerassistenz-Paket bestückt, das eine ganze Reihe hochinteressanter Helfershelfer auffahren lässt. Wie:
• adaptive Geschwindigkeitsregelanlage mit Verkehrsschild-Erkennung
• Pre-Collision Assist inkl. Auffahrwarnsystem mit Fußgänger- und Fahrraderkennung
• Distanzanzeige und Distanzwarner
• Ausweichassistent
• Toter-Winkel-Assistent (inkl. Cross Traffic Alert) mit Notbrems-Funktion beim Rückwärts-Ausparken
• Aktiver Park-Assistent mit Ein- und Ausparkfunktion
• Park-Pilot-System vorn
• Rückfahrkamera mit „Split View“-Technologie
Für 300 Euro war der Ford Puma Hybrid zudem mit dem Winter-Paket bestückt. Damit lassen sich die Frontscheibe, die Sitze und das Lenkrad erwärmen.
So knapp es im Fond des Ford Puma Hybrid zugeht, so viel Platz gibt es im Kofferraum. Was vor allem an dem treffenderweise „MegaBox“ genannten Unterflurfach liegt. Die 80 Liter fassende Box eignet sich für schmutzige und nasse Sportswear, aber auch für Pflanzen mit Gardemaß oder sonstige Dinge mit einer Höhe von bis gut 1,10 Meter. Das Fach ist wasserdicht und hat sogar eine Ablassschraube zum Ausspülen. Ist die Schraube herausgedreht, leuchtet tatsächlich der Boden durch! Der gesamte Kofferraum fasst 456 Liter (inkl. Box) und ist bei aufgestellter Rückbank 73 Zentimeter lang und nicht ganz einen Meter breit. Die Ladekantenhöhe beträgt 83 Zentimeter, und nach Umlegen der Rücksitze ergibt sich eine ebene Ladezone.
Bleibt nur die Frage, wo da noch Platz blieb für den Pannen-Set, speziell das Tire Fit-System, blieb? Nein – in den Seitenwänden des Kofferraums versteckt es sich nicht, dafür aber unter dem Beifahrersitz, wo es aber auch nur von der Rückbank aus zu greifen ist. Eine mehr als ungewöhnliche Lösung, hier wäre es sicher cleverer gewesen, im Kofferraum selbst noch ein Plätzchen zu finden.
Motoren
Ford bietet den Puma mit zwei Benzinern und einem Diesel-Motor an. Dass die Ecoboost-Version ohne 48-Volt-Riemenstartergenerator 1800 Euro teurer ist als die gleichstarke (125 PS) Hybrid-Version, ist dem hier serienmäßigen Siebenstufen-Automatikgetriebe geschuldet.
Benziner / Dreizylinder
1.0 Ecoboost Hybrid, 999 ccm, 125 PS, Sechsgang-Getriebe
1.0 Ecoboost, 999 ccm, 125 PS, Siebenstufen-Automatik
1.0 Ecoboost Hybrid, 999 ccm, 155 PS, Sechsgang-Getriebe
Diesel / Vierzylinder
1.5 EcoBlue, 1499 ccm, 120 PS, Sechsgang-Getriebe
Der 1,0 Liter große Ecoboost-Dreizylinder ist vielfach preisgekrönt und mit doppelt verstellbaren Nockenwellen, Direkteinspritzung, Turboaufladung, Zylinderabschaltung und Ottopartikelfilter technologisch auf Höhe der Zeit. Das 125 PS starke Triebwerk wird als Mildhybrid von einem riemengetriebenen 48-Volt-Riemenstartergenerator unterstützt, der bei niedrigen Drehzahlen zusätzliches Drehmoment bereitstellen und den Verbrauch senken soll.
Alle Ford Puma haben Frontantrieb, eine Allradvariante gibt es nicht.
Der Ecoboost-Dreizylinder macht aus der Zahl seiner Brennräume keine Mördergrube. Sprich: er ist akustisch in den meisten Fahrzuständen durchaus präsent. Beim Bremsen und Ausrollen wird Energie in die 48-Volt-Batterie zurückgeführt – nachzuverfolgen an einer Anzeige im Kombiinstrument. Rein elektrisch fahren ist mit dem Ford Puma Hybrid dagegen nicht möglich. Als eine Art erweiterten Stopp-Start-Mechanismus empfanden wir die Eigenart, dass beim gleichzeitige Treten von Kupplung und Bremse sowie bei unter 20 km/h der Motor schon vor dem kompletten Stillstand – zum Beispiel vor einer Ampel – abgeschaltet wird.
Der Verbrauch auf unserer Standard-Strecke betrug 6,2 Liter/100 km; im Bordcomputer zuvor abgerufene Werte wiesen Verbräuche zwischen 5,9 Liter/100 km (über 546 km) und 7,0 Liter/100 km (über die lange Distanz von 1382 km) aus. In der Praxis dürften daher mit dem Ford Puma Hybrid niedrige Sechser-Werte real sein.
Auf der Autobahn brauchte der Puma mit 125 PS relativ lange, bis er in den Bereich seiner Höchstgeschwindigkeit von 191 km/h kam. Auch im Durchzug von „unten heraus“ wirkte er nicht übermäßig spritzig (0 bis 100 km/h in 9,8 Sekunden), so dass mitunter der Eindruck einer leichten Untermotorisierung aufkam. Der sich bei Besatzung mit vier Personen samt Gepäck sicher noch verstärken dürfte. Ein wenig mehr Pfeffer lässt sich immerhin durch den zwischen den Vordersitzen angebrachten Fahrmodus-Schalter einstreuen: Im „Sport“-Modus werden dann nicht nur das ESC-System, sondern auch die Lenkung und das Gaspedal-Mapping „schärfer“ gestellt.
Dennoch sollte man die nur 1500 Euro teurere Mildhybrid-Variante des Ford Puma Hybrid mit 155 PS und 240 statt 210 Nm Drehmoment durchaus in Erwägung ziehen – zumal wenn man öfters mit der ganzen Familie und Gepäck unterwegs ist oder auf langen Strecken etwas souveräner unterwegs sein will.
Fahrverhalten
Im Vergleich zum Fiesta haben die Kölner dem Ford Puma Hybrid größere Stoßdämpfer und steifere Fahrwerkslager spendiert. Trotzdem wird im Puma deutlich, das ein Crossover mit höherem Schwerpunkt und ein paar Kilo mehr auf den Rippen nicht so wieselflink durch die Kurven eilt wie etwa ein Fiesta oder gar Focus. Die Feder/Dämpfer-Abstimmung ist selbst in der ST-Line X fast etwas zu weich, die Lenkung spricht zwar Ford-typisch gut an, doch der Kontakt zur Straße könnte noch verzahnter sein. Der Ford Puma Hybrid gehört beim Handling sicher zur Spitze im Segment und macht durchaus Spaß; eine führende Position würden wir ihm aber nicht zubilligen – speziell die Modelle aus dem VW-Konzern, aber auch ein Nissan Juke sehen im direkten Vergleich nicht schlechter aus.
Abmessungen
Länge: 4,19 m
Radstand: 2,59 m
Breite: 1,93 m
Höhe: 1,54 m
Leergewicht: 1.280 kg
Fazit: Der Ford Puma Hybrid ist ein willkommener Farbtupfer im hart umkämpften Segment der kompakten Crossover/SUV. Das Platzangebot ist nur auf den Vordersitzen wirklich erwachsenentauglich, dafür eröffnet die Mega-Box im Kofferraum megamäßigen Platz. Die Mildhybriden helfen, den Verbrauch in Grenzen zu halten, doch genehmigte sich der von uns getestete Nissan Juke mit 6,3 Liter/100 km und 117 PS auf identischer Verbrauchsstrecke nur 0,1 Liter mehr als der Ford – und das ohne 48-Volt-Startergenerator. Was zeigt, das ein Mildhybrid-System nur sehr beschränktes Potential hat, den Flottenverbrauch und die -emissionen einer Marke zu senken. So bleibt am Ende vor allem das gefällige und wirklich „runde“ Design sowie das zumindest auf den Vordersitzen angenehme Ambiente, das für den Kauf eines Ford Puma Hybrid spricht. Vor allem beim Fahrwerk könnten wir uns durchaus noch eine etwas agilere Abstimmung oder eine wirkliche Sport-Variante vorstellen. Wobei Ford angesichts seiner schon vor der Corona-Krise kritischen Absatzlage in Europa aktuell sicher andere Prioritäten setzen muss.
Autogefühl: ****
Text: Autogefühl, Thomas Imhof