Polestar 2 Elektroauto Fahrbericht

Der Polestar 2 ist das erste komplett elektrische Auto aus dem „Hause Volvo“, wobei Polestar nun als eigenständige Marke geführt wird. Als Mittelklasse-Limousine soll der Polestar 2 z.B. gegen das Tesla Model 3 antreten und in Kraft- und Preisbereich kein Super-Performance-Auto sein, sondern eine noch erreichbare Premium-Mittelklasse-Limousine. Von Thomas Majchrzak




Exterieur

Der Polestar 2 basiert auf der kleineren CMA-Plattform, die auch der Volvo XC40 nutzt. Im Look erinnert der Polestar eher an den Volvo S60, kein Wunder, beides sind Mittelklasse-Limousinen. Als Elektro-Sport-Marke darf Polestar aber kräftiger ausschauen, etwa beim eigens designten Kühlergrill. Die inkludierten Pixel-­LED-­Scheinwerfer können beim Fernlicht einzelne LEDs abblenden. Das aus 27 Modulen bestehende Batteriepaket ist im Unterboden des Fahrzeugs untergebracht und trägt zur Steifigkeit des Chassis und zum Geräusch­- und Vibrationskomfort des Fahrzeugs bei. Im Vergleich zu einem konventionellen Chassis konnten die Fahrbahngeräusche laut Polestar um bis zu 3,7 dB verringert werden. Felgen kommen als Basis in 19 Zoll. Am Heck trägt der Polestar 2 eine sehr auffällige LED-Lichtsignatur, die Spange zieht sich über das gesamte Fahrzeug.

Optional kann man ein Performance Pack bestellen, das 22-fach von außen einstellbare Öhlins Dual Flow Valve-Dämpfer enthält, ein Brembo Vierkolben-Bremssystem, geschmiedete 20-Zoll-Leichtmetallfelgen sowie Ventilkappen und Sicherheitsgurte in Goldfarbe (Paketpreis 6.000 Euro).

Interieur

Der Innenraum des Polestar 2 ist standardmäßig komplett tierfrei, auch das Lenkrad (immer). Das vegane Interieur kommt in 2 Sitz-Farben, einmal dunkler/schwarz und einmal etwas heller/gräulich, ggf. ein leichter Blaustich, je nachdem, wie man es beurteilt. Bei den Sitzen bietet Polestar allerdings noch einen optionalen Tierhaut-Bezug an. Die verwendeten Stoffe und Kunstleder sind hochwertig und fühlen sich gut an. Das Kunstleder läuft unter dem Namen WeaveTech. Das „Plus“-Paket ist derweil serienmäßig und enthält neben den Pixel-LED-Scheinwerfern übrigens u.a. Panorama-Dach, Harman Kardon Soundsystem und beheizte Sitze.

Der Sitzkomfort vorne ist gut und ausreichend für große Personen, aber knapp. Der Polestar 2 ist schon recht flach gezeichnet. Beinfreiheit gibt es ebenfalls ausreichend für vier Personen. Der Mitteltunnel ist trotz des Elektro-Konzepts recht groß. Der Kofferraum öffnet im Stile eines Fastbacks, was z.B. eine einfachere Beladung ermöglicht als beim Tesla Model 3. Das Volumen beträgt 405 bis 1.095 l.

Als eines der ersten Fahrzeuge weltweit ist der Polestar 2 mit einem Infotainment­-System auf Basis des Betriebssystems Android Automotive ausgerüstet. Dazu ist in der Mitte ein 11,15″ großer vertikaler Touchscreen eingesetzt. Das erinnert schon ein wenig an Tesla. Allerdings hat Volvo auch schon in den Verbrenner-Modellen einen größeren vertikalen Screen, wenn auch nicht so groß. Gerade Android-Nutzer dürfen sich hier wohl über ein Maximum an Gewohnheit freuen. Aber auch Apple-Nutzer profitieren von der Einbindung von Google Maps, das schließlich die beste Routen-Navigation anbietet. Bisher konnte das nur Tesla bieten. Android Auto wird dementsprechend nicht angeboten, weil das System selber schon einfach auf „Hey Google“ oder „Ok Google“ hört und die Spracheingabe rasant schnell verläuft. 2021 kommt für Apple-Nutzer zusätzlich eine Apple CarPlay Schnittstelle. Die Instrumente links sind voll digital und kommen in 12,3 Zoll, hier kann man sich auch die Navi-Karte anzeigen lassen. Die Nutzung des eigenen Smartphones als Fahrzeugschlüssel erlaubt Car­Sharing­-Funktionen und unterstützt vernetzte Services wie das Abholen und Liefern von Waren ins Fahrzeug. Zudem erkennt der Polestar 2 den Fahrer, wenn er sich dem Fahrzeug nähert.

Motoren

Batterie 78 ­kWh brutto / 72,5 kWh netto ­
Zwei Permanentmagnet-Synchron-Elektromotoren (einer pro Achse), das ergibt einen elektrischen Allradantrieb
408 PS Peakleistung, max. 660 NM, 217 PS Dauerleistung
0-100 km/h in 4,7 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 205 km/h
AC-Laden bis 11 kW, DC-Laden bis 150 kW
Testverbrauch: 17 kWh / 100 km
Effektive Reichweite: 440 km

Preis: 55.000 Euro

Fahrverhalten

Die Platzierung der Batterie im Fahrzeugboden sorgt für einen niedrigen Schwerpunkt. Das wirkt sich positiv auf das Handling aus. Die Fahrleistungen sind zudem wie bei einem Sportwagen. Der Polestar 2 beschleunigt wirklich rasant, man kann aber auch einfach leise dahingleiten. Die Geräuschdämmung ist auf einem hohen Niveau. Der Allradantrieb (ein Motor vorne, ein Motor hinten) arbeitet mit einer festen Verteilung von 50:50. Die Lenkung ist direkt und weich, könnte aber etwas mehr Verbindung von Straße, Auto und Fahrer vermitteln. Wir testen hier einen Polestar 2 mit Performance-Paket, insofern ist die Dämpfung schon recht straff. Das macht sportlich Spaß, kostet aber durchaus Komfort. Wir empfehlen daher, bei der Basis-Federung zu bleiben. Die Rekuperation kann man einstellen, entweder sehr stark, so dass man ein One-Pedal-Feeling hat und die Bremse quasi gar nicht mehr benutzt, oder etwas schwächer oder ganz schwach. Wenn man die Bremse drückt, wird trotzdem erst rekuperiert, bevor die normalen Bremsen benutzt werden. So kann man sich den Fahrstil aussuchen. Starke Rekuperation hat den Vorteil, dass man schon in dem Moment verzögert, in dem man vom Gas geht, bevor man in einer halben Sekunde auf die Bremse wechselt – ein Sicherheitsvorteil. Man muss nur lernen, gerade zum Schutz der Mit-Insassen, das Gaspedal teilweise dosiert zu lupfen, damit nicht zu viele G-Kräfte für die Passagiere auftreten.

Toter-Winkel-Warner, Adaptive Geschwindigkeitsregelung mit Spurhalteassistent, Autonome Notbremse und Einparkhilfe sind serienmäßig.

Abmessungen

Länge: 4,60 m
Radstand: 2,73 m
Breite: 1,85 m
Höhe: 1,47 m

Fazit: Der Polestar 2 ist eine angemessene Antwort auf das Tesla Model 3 und überflügelt in einigen Aspekten auch die Verbrenner-Konkurrenz. Eine schicke Mittelklasse-Limousine mit einem attraktiven und nachhaltigen Interieur sowie einem modernen Infotainment-System, das auch Google Maps unterstützt, super schnell läuft und den besten Sprachinput bietet – übrigens auch für weibliche Stimmen, wo viele andere Infotainment-Systeme versagen. Die Produktion läuft in China, was durchaus Kritik weckt. Das Auto an sich ist nun insgesamt eines der besten überhaupt auf dem Markt.

Autogefühl: *****

Text: Autogefühl, Thomas Majchrzak
Videos & Fotos: Autogefühl, Jonas Bomba